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Zucker, Aroma und Palmöl: foodwatch kritisiert Verbrauchertäuschung bei Nestlé-Teekapseln

400 Produkte auf Werbelügen-Plattform Schummelmelder.de online

• „Dolce Gusto“-Teekapsel wirbt mit Grüntee und Minze, besteht aber zu 95 Prozent aus Zucker
• foodwatch: Nestlé soll Verbrauchertäuschung beenden
• Nutzer meldeten 400 Werbelügen u.a. von Hipp, Knorr und Lindt auf foodwatch-Plattform Schmummelmelder.de

Das Foto zeigt Dolce gusto von Nestlè. Links das Original und rechts mit dem wahren Inhalt von 95% Zucker
Foto: Foodwatch
Produktinformation: Nescafé Dolce Gusto Marrakesh Style Tea
Unter dem Namen „Dolce Gusto“ vertreibt Nestlé insbesondere Kaffeekapseln, aber auch Tee-Produkte. 
Zutaten: Zucker (95,5%), Grüntee-Extrakt-Pulver (3,4%), natürliches Krauseminzaroma, pflanzliche Öle (Palm, Palmkern). Kann enthalten: Milch und Soja.
Preis: ab 4,99 Euro/Packung mit 16 Kapseln 

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Süßigkeiten soweit das Auge reicht

Es gibt viel Kritik am Ernährungsreport 2019

foodwatch zum „Ernährungsreport 2019“ von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner

Süßigkeiten werden gerne als Belohnung gegeben, das setzt falsche Anreise.
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Berlin, 10. Januar 2019. Zu dem gestern von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner vorgestellten „Ernährungsreport 2019“ erklärt Martin Rücker, Geschäftsführer der Verbraucherorganisation foodwatch: 

„Wir sollten die Arbeit des Ernährungsministeriums nicht an der Qualität seiner PR-Aktivitäten messen, sondern an seinem verbraucherschutzpolitischen Handeln. Die Menschen erwarten wirksame Maßnahmen für eine bessere Tierhaltung oder zur Förderung eines gesunden Lebensmittelangebots, aber gewiss keine Scheinpolitik. Frau Klöckner offenbart ein fragwürdiges Verständnis von ihrem Amt als Bundesernährungsministerin. Sie verteidigt wirtschaftliche Interessen gegen Anliegen des Verbraucherschutzes, wenn sie allein auf freiwillige Maßnahmen setzt. Ein freiwilliges Tierwohl-Label wird am katastrophalen Gesundheitszustand zahlreicher Nutztiere kaum etwas ändern. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Lebensmittelindustrie, den Zucker zu reduzieren, ist zum Scheitern verurteilt. 

Süße Getränke
Süße Getränke sind sehr beliebt
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Wir brauchen eine verständliche Lebensmittelampel für Zucker, Fett & Co., ein Verbot für die Vermarktung ungesunder Lebensmittel an Kinder und eine ‚Limo-Steuer‘, damit Hersteller einen Anreiz haben, weniger Zucker in ihre Getränke zu mischen. Bereits vergangenes Jahr haben mehr als 2.000 Ärztinnen und Ärzte in Deutschland Frau Klöckner zum Handeln aufgefordert – aber die Ministerin stellt sich taub. Andere Länder machen längst Ernst im Kampf gegen Fettleibigkeit und führen Ampelkennzeichnungen ein, beschränken die Werbung an Kinder oder besteuern überzuckerte Limonaden. Deutschland hinkt im Kampf gegen Fehlernährung und die massiven Folgeerkrankungen der internationalen Entwicklung meilenweit hinterher – und Frau Klöckner trägt dafür Verantwortung. Es reicht eben nicht, die Hersteller freundlich zu bitten, etwas weniger Zucker in ihre Produkte zu kippen – denn das sind nun einmal die Produkte, die sich am profitabelsten verkaufen lassen.“

„Hauptsache, es schmeckt. Das ist 99 Prozent der Deutschen beim Essen wichtig“, meldet die Ärztezeitung: http://bit.ly/2sfHEjc

Alkohol und Zucker
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Hintergrund:

Der „Ernährungsreport“ ist eine jährliche repräsentative Umfrage des Bundesernährungsministeriums unter 1.000 Verbraucherinnen und Verbrauchern über Ess- und Einkaufsgewohnheiten – abrufbar unter: t1p.de/xwon
Vergangenes Jahr forderten 2.000 Ärztinnen und Ärzten, Krankenkassen und Fachgesellschaften die Bundesregierung zum Handeln auf – siehe: t1p.de/c85o

Deutsche Diabetes Gesellschaft zum Ernährungsreport 2019:

Ministerin Klöckner stellt sich gegen die Verbraucher 

Berlin – Zum Ernährungsreport 2019 des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erklärt Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft DDG: 

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„Der Report enthält eine klare Handlungsaufforderung an die Ernährungsministerin: 91 Prozent der Befragten wollen, dass Lebensmittel gesund sind. Doch zurzeit ist in Deutschland das Gegenteil Realität: Viele Fertiglebensmittel sind zu süß, zu fett, zu salzig. Daran wird auch die Nationale Reduktionsstrategie von Frau Klöckner nicht viel ändern, denn die darin bisher vereinbarten Ziele sind viel zu gering – und sie sind nur freiwillig. Damit ignoriert Frau Klöckner ganz klar den Befund, dass 84 Prozent der Befragten den Zuckeranteil in Fertiggerichten reduzieren möchten. 

An mehreren anderen Stellen erscheint die Interpretation des Ministeriums deutlich zu positiv. So sollte der Befund, dass fast 30 Prozent der Bevölkerung nicht täglich Obst und Gemüse essen, eigentlich ein Weckruf für eine Ernährungsministerin sein. Frau Klöckner sieht darin offenbar kein Problem. Dabei fordern Wissenschaftler schon länger, die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse abzuschaffen und im Gegenzug ungesunde Lebensmittel stärker zu besteuern. 

Viele kritische Punkte fragt der Bericht auch gar nicht ab, etwa die Frage, ob die Verbraucher die derzeitige Lebensmittelkennzeichnung verstehen.“

foodwatch kritisiert geplante Reform des Lebensmittelrechts

„Julia Klöckner macht ihren Job nicht“: foodwatch kritisiert geplante Reform des Lebensmittelrechts – Ministerin will Verbraucherrechte beschneiden

Rot-weiß-Banner mit Aufschrift "Küche kein Zutritt"Berlin, 4. Juli 2018. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat eine von Bundernährungsministerin Julia Klöckner geplante Änderung des Lebensmittelgesetzes als Geschenk an die Lebensmittelbranche kritisiert. Der Gesetzentwurf der Ministerin schütze Betriebe, die gegen Hygienevorgaben verstoßen und werde einem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht gerecht. Obwohl das Gericht kürzlich eindeutig den Informationsrechten der Verbraucherinnen und Verbraucher verfassungsrechtliche Bedeutung beigemessen hatte, stelle die jetzt vorgelegte Gesetzesänderung aus Verbrauchersicht sogar noch eine Verschlechterung dar, so foodwatch. Kundinnen und Kunden würden damit weiterhin in aller Regel nicht erfahren, wenn Lebensmittelbetriebe bei Kontrollen beanstandet würden.

„Julia Klöckner macht ihren Job nicht. Das höchste deutsche Gericht stärkt mit seinem Beschluss die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher, aber Frau Ministerin Klöckner ist das offenbar herzlich egal. Der Gesetzentwurf ist ein Geschenk an Schmuddelbetriebe und Gammelfleischhändler, die weiter darauf hoffen können, von den Behörden gedeckt zu werden“, sagte Johannes Heeg von foodwatch. „Die Ministerin legt ein Gesetz vor, das weder dem Gesetzeszweck gerecht wird noch dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Karlsruhe hat unmittelbar aus dem Grundgesetz ein umfassendes Recht der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Informationen als Grundlage für eigenständige Kaufentscheidungen abgeleitet – doch stattdessen arbeitet Frau Klöckner daran, die Informationsrechte weiter zu beschneiden.“ 

foodwatch forderte Julia Klöckner auf, dringend nachzubessern und eine echte Gesetzesnovelle vorzulegen: Anstatt – je nach Ermessen der Behörden – nur einzelne Hygieneverstöße von Betrieben zu veröffentlichen, müsse die Ministerin die rechtliche Grundlage für ein Transparenzsystem schaffen, das ausnahmslos alle Ergebnisse amtlicher Lebensmittelkontrollen öffentlich mache. Vorbild müsse das erfolgreiche „Smiley-System“ aus Dänemark sein, wo seit mehr als 15 Jahren alle Kontrollergebnisse öffentlich einsehbar sind – und zwar sowohl im Internet als auch direkt an der Tür von Restaurants, Metzgereien oder Kantinen. Die Verbraucherorganisation hat dazu eine ausführliche Stellungnahme beim Bundesernährungsministerium eingereicht.

Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Beschluss vom 21. März dieses Jahres ausdrücklich die Informationsrechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern anerkannt. Allerdings verlangten die Richterinnen und Richter, dass eine gesetzliche Frist festgeschrieben wird, nach der Lebensmittelkontrollergebnisse wieder gelöscht werden. Der Gesetzgeber hat bis April 2019 Zeit, eine entsprechende Regelung zu erlassen. Vorausgegangen war eine Normenkontrollklage des Landes Niedersachsen zur zentralen Vorgabe in § 40 Abs. 1a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB). Bundesverbraucherministerin Julia Klöckner hat daraufhin nun im Juni eine Gesetzesnovelle für § 40 LFGB vorgelegt. Diese adressiert jedoch lediglich den Punkt Löschfristen – und hätte hier sogar noch eine Schlechterstellung der Verbraucherschutzinteressen zur Folge: Anstatt nach zwölf Monaten, wie von den Behörden lange praktiziert, sollen nun bereits nach sechs Monaten alle behördlichen Veröffentlichungen wieder gelöscht werden.

„Es ist nicht damit getan, einfach einen Halbsatz zur Löschfrist im Lebensmittelrecht zu ergänzen – der sogar noch eine Verschlechterung aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher darstellt“, kritisierte Johannes Heeg. „Wenn Frau Klöckner den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ernst nimmt, muss sie jetzt endlich dafür sorgen, dass die Kundinnen und Kunden erfahren, welche Betriebe gegen Hygienevorgaben verstoßen und wo alles in Ordnung ist.“

Quellen und weiterführende Informationen:
– foodwatch-Stellungnahme zur Reform des Lebensmittelgesetzes: tinyurl.com/ybwegvbw
– Bundesverfassungsgericht zu § 40 Abs. 1a LFGB: tinyurl.com/yd488r5z
– Mehr Informationen zum dänischen „Smiley-System“: www.foodwatch.de/smiley

Hersteller verschleiert Risiken

Rückruf von keimbelasteter Lyoner-Wurst: Hersteller verschleiert Risiken, bayerische Behörden versagen beim Gesundheitsschutz

Krankheitserreger wurde trotz öffentlichen Rückrufs tagelang verschwiegen
– Behörden in Bayern dulden verharmlosende Information der Öffentlichkeit
– foodwatch fordert verbindliche Standards für Lebensmittelrückrufe

Report: Lebensmittelrückrufe Berlin, 8. September 2017. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat den bayerischen Lebensmittelbehörden im Zusammenhang mit dem Rückruf eines belasteten Wurst-Produkts Versagen vorgeworfen. Nach Auffassung von foodwatch warnte der Hersteller nur lückenhaft und verschwieg Risiken für die Menschen – weil die Behörden dies duldeten, nahmen sie Gesundheitsgefahren in Kauf.

Ende der vergangenen Woche hatte die Otto Nocker GmbH aus Germaringen (Landkreis Ostallgäu) mehrere Chargen eines Lyoner-Produkts zurückgerufen. Tagelang ließen Hersteller und Behörden die Öffentlichkeit jedoch im Unklaren über den genauen Grund des Rückrufs, Anfragen dazu blieben ohne Auskunft. Inzwischen ist die Ursache bekannt: eine Belastung mit der hochgefährlichen Bakterienart Listeria, die schwerwiegende Erkrankungen auslösen kann. Doch statt die potenziellen Symptome und Gesundheitsrisiken konkret zu benennen, werden diese bis heute als mögliche „Beschwerden“ verharmlost. Die bayerischen Behörden verzichteten nach Kenntnis von foodwatch auf eine eigene Warnung.

„Wenn ein Hersteller völlig unzureichend vor einem belasteten Lebensmittel warnt, bei Nachfragen mauert und auch nach Tagen noch die Gesundheitsgefahren verharmlost, müssen die Behörden einschreiten: Sie können die Menschen selbst warnen oder eine angemessene Information durch den Hersteller anordnen. Die bayerischen Behörden tun beides nicht, sondern verschließen ihre Augen vor dem Unwillen oder der Unfähigkeit des Herstellers – das ist fahrlässig“, erklärte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen bei foodwatch. „Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf muss erklären, wie es erneut zu einem solch eklatanten Versagen der Lebensmittelbehörden im Freistaat kommen kann und wie sie dies in künftig verhindern will.“

Vom Rückruf der Otto Nocker GmbH sind mehrere Chargen „Lyoner, in Streifen geschnitten“ betroffen – als Grund nannte der Hersteller zunächst lediglich nicht näher spezifizierte „mikrobiologische Verunreinigungen“. In der ohne Datum veröffentlichten Pressemitteilung des Unternehmens hieß es lapidar: „Das Produkt ist geeignet, gesundheitliche Beschwerden hervorzurufen.“

Das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) wies erstmals am 1. September 2017 auf dem staatlichen Portal lebensmittelwarnung.de auf den Rückruf hin. Weder Unternehmen noch Behörden informierten die Öffentlichkeit darüber, um welche „Verunreinigung“ es sich handelte, welche „Beschwerden“ bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern auftreten können und wie groß die Risiken einzuschätzen sind. Eine Anfrage von foodwatch vom 4. September an das zuständige Landratsamt Ostallgäu wurde bis zum heutigen Tag noch nicht beantwortet. Die Otto Nocker GmbH teilte am 5. September auf Anfrage lediglich mit, sie habe den Text des Rückrufs mit der „zuständigen Überwachungsbehörde abgestimmt“ – und bat darum, „von weiteren Nachfragen abzusehen“. Zunächst hatte es das Unternehmen bereits gegenüber dem Onlinemagazin cleankids.de abgelehnt, weitere Fragen zu dem Rückruf zu beantworten.

Fünf Tage nach dem ursprünglichen Rückruf aktualisierten Hersteller und Behörden ihre Information und gaben nun an, dass es sich bei den gefundenen Keimen um Listerien handelt – bis heute ist allerdings auch in der erneuerten Pressemitteilung weiterhin nur unzureichend von möglichen „gesundheitlichen Beschwerden“ die Rede. Dabei handelt es sich bei Listerien um eine Bakterienart, die insbesondere bei Schwangeren, Säuglingen sowie immungeschwächten Menschen eine seltene Infektionskrankheit (Listeriose) auslösen kann, die in Einzelfällen sogar mit Todesfolge verbunden sein kann. Bis heute unbekannt ist die Höhe der Keimbelastung, zudem verzichten Unternehmen wie Behörden nach wie vor auf eine Benennung der Verkaufsstellen der betroffenen Produkte.

Sowohl der Rückruf als auch die öffentliche Warnung vor einem unsicheren Lebensmittel ist in erster Linie Aufgabe der Unternehmen. Die Behörden haben jedoch die Möglichkeit, dem Hersteller anzuordnen, seinen Rückruf zu korrigieren oder Gesundheitsgefahren deutlicher zu benennen. Wie ein öffentlicher Rückruf genau zu erfolgen hat, dafür gibt es jedoch keine verbindlichen Vorgaben. foodwatch forderte die Bundesregierung daher auf, eine klare Rechtsgrundlage für behördliche Anordnungen zu schaffen. Es  brauche verbindliche Standards für Rückrufe – so müssten künftig etwa der genaue Grund für den Rückruf und die damit verbundenen Risiken angegeben werden.

Der aktuelle Fall um die Lyoner-Wurst ist laut foodwatch keine Ausnahme. Gesundheitliche Risiken von Lebensmitteln, die zum Beispiel mit Bakterien belastet sind oder Fremdkörper enthalten, würden von Herstellern und Behörden immer wieder verharmlost, so das Ergebnis eines Reports, den die Verbraucherorganisation vor kurzem veröffentlichte. Etliche Lebensmittelwarnungen kämen zudem verspätet, manche sogar gar nicht. foodwatch kritisierte in dem Report auch das Internetportal lebensmittelwarnung.de als gescheitert. Eine Auswertung von allen 92 Rückrufaktionen, die dort in zwei Testzeiträumen über insgesamt zwölf Monate hinweg veröffentlicht wurden, ergab: Die verantwortlichen Behörden stellen fast jede zweite Warnung (47 Prozent) verspätet auf die Seite. Die betroffenen Lebensmittelunternehmen nutzen praktisch nie alle verfügbaren Kommunikationskanäle, um vor unsicheren Produkten zu warnen.

Link:

– E-Mail-Aktion von foodwatch: www.warn-mich.foodwatch.de

Quellen und weiterführende Informationen:

– Stellungnahme der Firma Otto Nocker gegenüber foodwatch: www.tinyurl.com/ybrea4pk
– Stellungnahme der Firma Otto Nocker gegenüber cleankids.de: www.tinyurl.com/y8vsyf4o
– Alte Pressemitteilung der Firma Otto Nocker zum Lyoner-Rückruf: www.tinyurl.com/ybzd8cyg
– Aktualisierte Fassung der Pressemitteilung: www.tinyurl.com/yaflewqp
– Warnung auf lebensmittelwarnung.de: www.lebensmittelwarnung.de/bvl-lmw-de/app/process/warnung/detail17/26989
– foodwatch-Report: „Um Rückruf wird gebeten“: www.tinyurl.com/rueckrufereport 

Haferflocken von Alnatura mit gefährlichen Mineralölen belastet

Pressemitteilung

foodwatch-Test: Haferflocken von Alnatura mit gefährlichen Mineralölen belastet – Kinder besonders gefährdet

ec41dbe2216a3-o7s0cwBerlin, 26. Mai 2016. Bio-Haferflocken des Herstellers Alnatura enthalten gesundheitsgefährdende Mineralöle. Das ist das Ergebnis eines Labortests der Verbraucherorganisation foodwatch. Demnach sind „Alnatura Haferflocken zartschmelzend“ mit aromatischen Mineralölen (MOAH) belastet, die potenziell krebserregend und erbgutschädigend sind.

„Krebsverdächtige Mineralöle haben in unseren Lebensmitteln nichts zu suchen – erst recht nicht in Produkten, die bevorzugt von Kindern verzehrt werden“, kritisierte Johannes Heeg von foodwatch. Kinder sind laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) stärker mit Mineralölen belastet als Erwachsene. foodwatch forderte von Alnatura, das Produkt im Interesse des Gesundheitsschutzes öffentlich zurückzurufen.

foodwatch testete zwei Produkte von Alnatura auf mögliche Mineralöl-Belastungen. Während „Alnatura Haferflocken zartschmelzend“ MOAH enthalten, konnten im „Alnatura Weizengrieß“ geringe Werte von gesättigten Mineralölen (MOSH) nachgewiesen werden. MOSH kommen häufiger und in größeren Mengen in Lebensmitteln vor, reichern sich in den Körperorganen an und können diese schädigen. Mineralöle können auf verschiedenen Wegen in Lebensmittel gelangen. Eine häufige Quelle sind Verpackungen aus Altpapier, die Mineralöle aus Druckfarben enthalten. Doch auch aus den Pappkartons, die für Lagerung und Transport verwendet werden, können Mineralöle durch die Produktverpackung hindurch auf die Lebensmittel übergehen.

Die foodwatch-Testergebnisse deuten zwar darauf hin, dass Alnatura bei den belasteten Haferflocken eine Verpackung aus Frischfasern statt Altpapier verwendet. foodwatch kritisierte solche Verpackungen jedoch als unzureichend, um das Problem zu lösen: „Nur eine wirksame Barriereschicht zwischen Verpackung und Lebensmittel kann den Übergang von Mineralölen in Lebensmittel sicher verhindern. Alnatura setzt die Verbraucherinnen und Verbraucher einem unnötigen Gesundheitsrisiko aus“, sagte Johannes Heeg. Es gebe bereits geeignete Materialien, etwa Innenbeutel oder Beschichtungen, die Kartonverpackung und Produkt so voneinander trennen, dass sowohl Mineralöle als auch hunderte weitere, zum Teil gesundheitsgefährdende Chemikalien nicht auf die Lebensmittel übergehen können.

foodwatch fordert, dass funktionelle Barrieren für alle Lebensmittelverpackungen aus Papier vorgeschrieben werden. Außerdem müsse es spezifische Grenzwerte für Mineralöle in Lebensmitteln selber geben: MOAH sollten aufgrund ihrer möglichen erbgutverändernden und krebserregenden Wirkung gar nicht in Lebensmitteln nachweisbar sein, für MOSH sollten strikte Höchstwerte festgesetzt werden. Bis es zu einer europäischen Regelung kommt, sei die Bundesregierung in der Pflicht, ein nationales Gesetz zu beschließen.

Bereits im Oktober 2015 hatte foodwatch in 52 von 120 Produkten aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden krebsverdächtige Mineralöle nachgewiesen. Kurz vor Ostern dieses Jahres fand foodwatch in 8 von 20 untersuchten Schokohasen aromatische Mineralöle. Da sich bei krebserregenden Substanzen keine gesundheitlich unbedenkliche Aufnahmemenge definieren lässt, bewertet die EFSA die Aufnahme von MOAH durch die Nahrung generell als potenziell krebsauslösend und erbgutverändernd. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt schon seit 2012, dass kein nachweisbarer Übergang von MOAH auf Lebensmittel stattfinden sollte.

Die Bezeichnung „Soft Drinks“ verharmlost Gesundheitsgefahren

Pressemitteilung

Zuckergetränke

Sechs bittere Wahrheiten über süße Getränke: Wie Cola & Co. die Gesundheit schädigen

Berlin, 25. Mai 2016. Von Zahnschäden über Fettleibigkeit bis hin zu Diabetes und Potenzstörungen: Stark zuckerhaltige Getränke wie Cola können zu weit ernsteren Krankheiten führen als häufig angenommen. Darauf hat die Verbraucherorganisation foodwatch aufmerksam gemacht.

„Cola, Fanta und Co. sind keine ’soften‘ Drinks, sondern flüssige Krankmacher“, sagte Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelmarketing bei foodwatch. „Klar, Cola ist nicht gesund – das wird den meisten von uns schon als Kind beigebracht. Aber über das wahre Ausmaß der Gesundheitsgefahren von Zuckergetränken wird zu wenig gesprochen.“

Prof. Dr. med. Thomas Danne, Chefarzt am Kinderkrankenhaus auf der Bult in Hannover und Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, erklärte: „Jungen im Alter von sechs bis sieben Jahren konsumieren allein durch das Trinken von Limonaden fünf Kilogramm Zucker pro Jahr. Limonade ist Zuckerwasser und man trinkt viele Kalorien, ohne dass sich ein Gefühl von Sattsein einstellt. Limonadenkalorien sind deshalb immer zusätzliche und unnötige, sogar schädliche Kalorien.“

Screenshot des Videoclips

Screenshot des Videoclips

Ein Video, das foodwatch heute unter www.cola-fakten.de veröffentlicht hat, zeigt sechs bittere Fakten über Zuckergetränke:

1) Deutschland ist Europameister im Konsum von Zuckergetränken.

Die Deutschen trinken im europäischen Vergleich am meisten Cola, Fanta und Co. Der Pro-Kopf-Verbrauch von „Erfrischungsgetränken“ hat seit den 1970er Jahren um 150 Prozent zugenommen und belief sich 2014 auf 119,8 Liter pro Jahr. Davon sind etwa 80 Liter zuckergesüßte Getränke wie Limo, Energydrinks oder Fruchtsaftgetränke. Besonders beliebt sind Zuckergetränke bei jungen Männern: Sie trinken im Schnitt drei 200ml-Gläser pro Tag.

2) Zuckergetränke fördern Übergewicht und Fettleibigkeit.

Der regelmäßige Konsum von Zuckergetränken fördert nachweislich Übergewicht sowie Fettleibigkeit. Erwachsene, die täglich Zuckergetränke zu sich nehmen, haben ein 27 Prozent höheres Risiko für Übergewicht oder Fettleibigkeit als Erwachsene, die keine Zuckergetränke trinken. Bei Kindern erhöht schon ein einziges zusätzliches Zuckergetränk am Tag das Risiko für Fettleibigkeit um 60 Prozent.

3) Zuckergetränke fördern Diabetes Typ 2.

Der regelmäßige Verzehr von Zuckergetränken erhöht nicht nur das Risiko für Übergewicht und Fettleibigkeit, sondern auch für die Entstehung von Diabetes Typ 2: Erwachsene, die ein bis zwei Dosen pro Tag trinken, haben ein 26 Prozent höheres Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken als Erwachsene, die selten Zuckergetränke trinken. Aktuell sind in Deutschland mehr als sechs Millionen Menschen von der Krankheit betroffen – das entspricht einer altersbereinigten Steigerung um 24 Prozent seit 1998. Durch Diabetes Typ 2 und Folgekrankheiten entstehen jedes Jahr Gesundheitskosten von schätzungsweise 48 Milliarden Euro.

4) Etwa die Hälfte der Männer mit Diabetes leiden unter Potenzstörung (erektile Dysfunktion).

Eine häufige Folge von Diabetes: Potenzstörungen. Die Krankheit schädigt Nerven und Gefäße und kann so Lustempfinden und Erektionsfähigkeit verringern. Diabetes-Patienten sind deutlich häufiger von erektiler Dysfunktion betroffen als die Allgemeinbevölkerung – zudem tritt die Störung etwa 10 bis 15 Jahre früher auf.

5) Diabetes führt in Deutschland zu etwa 40.000 Amputationen pro Jahr.

Diabetes ist der Hauptgrund für Amputationen. Durch Diabetes wird die Durchblutung und Schmerzwahrnehmung an Beinen und Füßen gestört, was häufig zu Geschwüren und chronischen Wunden führt. Die Folge: Etwa 40.000 Amputationen am Fuß pro Jahr allein in Deutschland – in etwa der Hälfte der Fälle wird der gesamte Fuß oberhalb des Sprunggelenks entfernt.

6) Zuckergetränke schädigen die Zähne.

Auch die Zähne leiden unter dem Konsum von Cola, Fanta, Sprite & Co. Der häufige Verzehr zuckerhaltiger Nahrung und Getränke zwischen den Hauptmahlzeiten ist nach Meinung von Zahnmedizinern einer der Hauptgründe für die Entstehung von Zahnerkrankungen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung warnt davor, dass Zucker-Getränke aufgrund der nachgewiesenen „zahnschädigenden Wirkung“ durch Zucker und Säuren „besonders gefährlich für die Zähne“ sind. Diabetiker haben zudem ein dreifach erhöhtes Risiko an Parodontitis, einer Entzündung des Zahnbetts, zu erkranken.

Das heute von foodwatch veröffentlichte Video ist eine ins Deutsche übersetzte Version des Films „The Real Bears – the unhappy truth about soda“ der Organisation Center for Science in the Public Interest (CSPI), der in den USA bereits eine breite Debatte über die Gefahren zuckerhaltiger Getränke angestoßen hat.

Quellenangaben:
– Quellen- und Studienverweise: tinyurl.com/quellenverzeichnis 

Hepatitis E in Schweinefleisch

Hepatitis E in Schweinefleisch: Bundesregierung lässt Verbraucher schutzlos – Schwangere besonders gefährdet

Berlin, 10. Mai 2016. Ärzte melden in Deutschland immer mehr Fälle von Hepatitis E: Im Jahr 2015 waren es 1.267 infizierte Personen, knapp doppelt so viele wie im Vorjahr und dreimal so viele wie 2013.  Die Bundesregierung bleibt trotz der alarmierenden Zahlen tatenlos, kritisierte die Verbraucherorganisation foodwatch. Die Politik lässt demnach zu, dass infiziertes Schweinefleisch ungehindert verkauft wird, obwohl Hepatitis E-Erkrankungen beim Menschen schwere Verläufe nehmen können bis hin zu Todesfällen. Bei Schwangeren beträgt die Sterblichkeitsrate bis zu 25 Prozent.

„Die Bundesregierung weiß, dass jedes Jahr rund 1,8 Millionen Schweine mit infektiösen Hepatitis E-Viren geschlachtet und vermarktet werden. Der Kontakt mit diesen Schweinen, aber auch der Verzehr von daraus erzeugtem Mett- und Rohwürsten stellt daher ein ernstes Infektionsrisiko dar. Angesichts drastisch steigender Neuinfektionen muss die Bundesregierung umgehend dafür sorgen, dass Fleisch und Innereien von Hepatitits-E-infizierten Schweinen nicht mehr roh an Endverbraucher abgegeben werden dürfen“, erklärte Matthias Wolfschmidt, stellvertretender Geschäftsführer von foodwatch.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) lehnte es bislang ab, das Virus bereits im Stall zu bekämpfen. Dazu gebe es „keine konkreten Pläne“, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums gegenüber dem Südwestrundfunk. Sie verwies indes auf das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das Verbraucherinnen und Verbrauchern rät, strenge Hygienemaßnahmen einzuhalten, Fleisch lange genug zu kochen oder zu braten und auf den Verzehr von Rohwürsten wie Mettwurst gänzlich zu verzichten.

„Statt die Ursachen zu bekämpfen, wälzt die Regierung das Risiko auf das Schlachthofpersonal und die Verbraucher ab, schwere Erkrankungen bis hin zu Todesfällen inklusive“, sagte Matthias Wolfschmidt.

foodwatch forderte routinemäßige serologische Tests aller Schlachtschweine. Bei Virus-positiv getesteten Schweinen müsse sichergestellt sein, dass deren Fleisch und Innereien bei der Verarbeitung ausreichend erhitzt werden. Dringend seien zudem öffentliche Investitionen in Forschungsprojekte, um Hepatitis E flächendeckend in deutschen Ställen nachweisen und bekämpfen zu können.

Lange Zeit galt Hepatitis E als eine aus Asien und Afrika importierte Infektionskrankheit. Doch mittlerweile ist bewiesen, dass auch das Virus des Genotyps 3 in Deutschland heimisch ist. Dessen Hauptübertragungswege sind sowohl der direkte Kontakt mit infizierten Tieren, zumeist mit Haus- und Wildschweinen, sowie der Verzehr kontaminierter Lebensmittel, darunter Schweinefleisch, das bei der Zubereitung nicht ausreichend erhitzt wurde. Auch Mettwurst und andere Rohwürste können betroffen sein. Rund drei Schweine von Hundert (1,8 Millionen jährlich) sind zum Schlachtzeitpunkt akut mit Hepatitis E infiziert und kommen unbemerkt in den Handel.

Hepatitis E verläuft beim Menschen in den meisten Fällen ohne jegliche Symptome. Doch Risikogruppen, darunter Schwangere, Immunschwache und Leberkranke, können an einer akuten und zum Teil tödlichen Leberentzündung erkranken.

Tipp: Die SWR-Fernsehsendung „odysso“ berichtet am Donnerstag, den 12. Mai 2016 ab 22 Uhr ausführlich zu Hepatitis E in Lebensmitteln.

EU sind keinen Grund für Verbot von Gesundheitswerbung auf Lebensmitteln

EU-Parlament will irreführende Gesundheitswerbung weiter erlauben – foodwatch-Statement zur Resolution im EU-Parlament über Gesundheitswerbung auf Lebensmitteln

Zu süß, zu fettig oder zu salzig – foodwatch hat die Nährwertzusammensetzung von Produkten mit Vitaminwerbung untersucht und festgestellt, dass 90 Prozent der Produkte ungesund sind.

Zu süß, zu fettig oder zu salzig – foodwatch hat die Nährwertzusammensetzung von Produkten mit Vitaminwerbung untersucht und festgestellt, dass 90 Prozent der Produkte ungesund sind.

Berlin, 12. April 2016. Zu der heutigen Resolution des Europäischen Parlaments, sogenannte Nährwertprofile aus der EU-Verordnung zu Gesundheitswerbung auf Lebensmitteln („Health Claims-Verordnung“) zu streichen, erklärt Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelmarketing bei der Verbraucherorganisation foodwatch:

„Das Europäische Parlament schlägt sich auf die Seite der Lebensmittellobby. Ob zuckrige Limo mit ‚wertvollen Vitaminen‘, Schokolade mit ‚Calcium‘ oder gefährliche Energydrinks mit ‚B-Vitaminen‘: Die Industrie soll weiterhin Zuckerbomben und Junkfood ganz legal mit Gesundheitsbotschaften bewerben dürfen. Wenn der zuständige EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis dieser absurden Einschätzung des Parlaments folgt, kann die Zucker-Lobby die Korken knallen lassen! Das einträgliche Geschäft mit billigen Vitaminzusätzen in profitablem Junkfood kann weiter gehen.

Die alltägliche Verbrauchertäuschung mit irreführender Gesundheitswerbung muss aufhören. Es wäre ein Leichtes das Nährwertmodell der Weltgesundheitsorganisation umzusetzen: Nur noch Produkte, die den WHO-Kriterien für ausgewogene Lebensmittel entsprechen, sollten mit Gesundheitsbotschaften werben dürfen.“

Hintergrund:
Die EU hätte bereits 2009 sogenannte Nährwertprofile mit Mindestanforderungen festgelegen müssen – so steht es in der Health Claims-Verordnung. Danach sollten Produkte, die zu viel Fett, Salz oder Zucker enthalten, nicht mit gesundheits- oder nährwertbezogenen Angaben werben dürfen. Das EU-Parlament hat sich nun heute dafür ausgesprochen, dass solche Mindestanforderungen für die Nährwertzusammensetzung aus der Verordnung gestrichen werden. Wenn das passiert, dürfen weiterhin auch unausgewogene Produkte wie Süßigkeiten oder Limonade ganz legal mit Gesundheitsslogans beworben werden. Die Resolution des Parlaments ist nicht verbindlich, sondern ein Appell an die zuständige EU-Kommission.

Eine foodwatch-Studie hatte vergangene Woche belegt, wie weit verbreitet die systematische Verbrauchertäuschung mit Gesundheitsversprechen ist: 90 Prozent der Lebensmittel, die auf der Verpackung mit Vitaminen werben, sind in Wahrheit zu süß, zu fettig oder zu salzig und entsprechen nicht den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für ausgewogene Lebensmittel. foodwatch fordert eine gesetzliche Regelung, so dass nur noch solche Produkte mit Gesundheitsbotschaften beworben werden dürfen, die den WHO-Kriterien für ausgewogene Lebensmittel genügen. Dabei spielen unter anderem die Anteile von Fett, Zucker und Salz, aber auch der Kaloriengehalt oder zugefügte Süßstoffe eine Rolle.

Quellen und Links:
– foodwatch-Studie zu Vitaminwerbung: tinyurl.com/vitaminwerbung
– Nährwertmodell der Weltgesundheitsorganisation: tinyurl.com/h79bnrv

Gesundheit von Verbrauchern für BLL scheinbar nicht wichtig

Pressemitteilung – Thema: Mineralöl in Lebensmitteln

Streit zwischen Aldi Süd und Lobbyverband über Mineralölverunreinigungen: Original-Briefe auf foodwatch-Internetseite abrufbar

Labor1Berlin, 7. März 2016. Im Streit zwischen Aldi Süd und dem Lobbyverband der Lebensmittelindustrie über Mineralölverunreinigungen sind die Original-Schreiben auf der Internetseite der Verbraucherorganisation foodwatch abrufbar. In einer am gestrigen Sonntag, 6. März 2016, verbreiteten Pressemitteilung äußerte sich der „Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde“ (BLL) über seine Auseinandersetzung mit Aldi Süd. Der Discounter hatte von den Produzenten seiner Eigenmarken verlangt, in Zukunft ausschließlich Lebensmittel ohne nachweisbare Mineralölbestandteile zu  liefern. Daraufhin forderte der BLL den Handelskonzern schriftlich auf, seine Lieferantenvorgaben wieder zurückzunehmen. foodwatch hatte den Vorgang vergangene Woche publik gemacht. Sowohl das entsprechende Schreiben des Lobbyverbandes an Aldi Süd als auch der Original-Brief von Aldi Süd an seine Lieferanten sind auf der Homepage der Verbraucherorganisation veröffentlicht.

„Aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher ist der Vorstoß von Aldi Süd unbedingt zu begrüßen – die seit Jahren andauernde Debatte um gesundheitlich bedenkliche Mineralölbelastungen in Lebensmitteln kommt dadurch einem überfälligen,  ganzheitlichen Lösungsansatz entschieden näher. Anders als der BLL behauptet, lassen die wissenschaftliche Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit sowie des Bundesinstituts für Risikobewertung keinen Zweifel daran: Insbesondere aromatische Mineralölgemische (MOAH) haben in unserem Essen nichts zu suchen. Wir empfehlen allen Mitgliedern des BLL, diese Dokumente selbst aufmerksam zu lesen, um sich so ein qualifiziertes Urteil über die Sachlage zu bilden“, so Luise Molling von foodwatch.

Mineralöle sind die größte Verunreinigung im menschlichen Körper. Insbesondere die aromatischen Mineralöle (MOAH) stehen unter Verdacht, krebserregend und erbgutverändernd zu sein; die sogenannten gesättigten Mineralöle (MOSH) reichern sich in den Körperorganen an und können diese schädigen.

Link:
– E-Mail-Protestaktion von foodwatch für einen besseren Schutz vor Mineralölbelastungen: www.mineraloel-aktion.foodwatch.de

Quellen und weiterführende Informationen:
– Schreiben des Lobbyverbandes BLL an Aldi Süd: tinyurl.com/zfwp45a
– Schreiben von Aldi Süd an Zulieferbetriebe: tinyurl.com/huzkgy7
– Pressemitteilung des BLL vom 6. März 2016: www.bll.de/de/presse/pressemitteilungen/pm-20160306-foodwatch-mineraloel
– foodwatch-Hintergrundpapier zu Mineralöl: www.mineraloel-hintergrund.foodwatch.de
– Testergebnisse von foodwatch: www.mineraloel-test.foodwatch.de
– Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu Mineralöl: tinyurl.com/ovgvtkz

Ernährungsreport 2016: Eigenwillige Interpretation

Pressemitteilung

Suggestive Fragen, falsche Angaben, verzerrte Darstellungen: Wie Minister Schmidt Umfragedaten für seinen „Ernährungsreport“ manipulierte

Berlin, 14. Januar 2016. Bundesernährungsminister Christian Schmidt hat in seinem „Ernährungsreport 2016“ Umfrageergebnisse falsch dargestellt und ein manipulatives Bild der öffentlichen Meinung gezeichnet. Das kritisierte foodwatch am Donnerstag nach Auswertung der Originaltabellen und -Fragestellungen des Meinungsforschungsinstituts Forsa, auf denen der Ernährungsreport basiert und die der Verbraucherorganisation vorliegen. Demnach wurden Ergebnisse unterschlagen, sachlich falsche Angaben in den Fragestellungen gemacht, die Befragten mit suggestiven Formulierungen oder durch die Vorgabe von Antwortmöglichkeiten geleitet, Zahlen falsch in den Ernährungsreport übertragen sowie für eine Grafik manipulativ-verzerrte Größenverhältnisse gewählt. Auffällig oft dienen die Manipulationen des Ministeriums dem Politikverständnis von Minister Christian Schmidt, der in der Ernährungspolitik auf Aufklärung und freiwillige, gemeinsam mit den Unternehmen entwickelte Selbstverpflichtungen statt auf regulative Vorgaben für die Lebensmittelwirtschaft setzt.

„Der Ernährungsreport ist keine objektive Bestandsaufnahme, sondern ein interessengeleitetes Zerrbild. Um seine Politik der wirkungslosen Selbstverpflichtungen und windelweichen Aufklärungskampagnen zu rechtfertigen, manipuliert Minister Christian Schmidt sogar Umfragedaten“, kritisierte Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelmarketing bei foodwatch.

Bundesernährungsminister Christian Schmidt hatte den „Ernährungsreport 2016“ am 5. Januar in Form einer aufbereiteten Broschüre publik gemacht. Nicht veröffentlicht wurden jedoch die Umfragedaten und Fragestellungen im Original. Der entsprechende Tabellenband von Forsa liegt foodwatch mittlerweile vor. Im Einzelnen kritisiert die Verbraucherorganisation:

Unliebsame Umfrageergebnisse wurden nicht veröffentlicht: Aus den Forsa-Tabellen (Frage 18/Folie 145) geht hervor, dass 83 Prozent der Befragten eine klare Gentechnikkennzeichnung „sehr wichtig“ oder „wichtig“ wäre. Im Ernährungsreport wird dies mit keinem Wort erwähnt. Hintergrund: In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD ursprünglich auf eine bessere, verpflichtende Kennzeichnung von Agrargentechnik auch bei Tierprodukten verständigt – mittlerweile hat sich die Koalition davon aber verabschiedet.

Manipulative Antwortauswahl: Zur Förderung gesunder Ernährung hat das Ministerium die Zustimmung zu drei Ansätzen abgefragt: kindgerechte Aufklärung/Ernährungsbildung, neutrale Informationen, Steuerpolitik. Bei diesen Optionen fehlt jedoch ausgerechnet der Ansatz, der von zahlreichen gesundheitspolitischen Fachverbänden und Verbraucherorganisationen gefordert wird: Eine Beschränkung von Werbe- und Marketingmaßnahmen für ungesunde Lebensmittel insbesondere für Kinder (Frage 25/Folie 187). Mehrere Umfragen in den vergangenen Jahren haben ergeben, dass eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung eine solche Regulierung befürwortet.

Suggestive Formulierungen: Beim selben Thema fragt das Ministerium auch nach der Akzeptanz steuerpolitischer Maßnahmen zur Förderung gesunder Ernährung. Die Formulierung dieser Option lautet: „Besteuerung ungesunder Lebensmittel, z.B. besonders fett- oder zuckerreicher Lebensmittel, sodass diese für den Verbraucher deutlich teurer werden“. Das ist deutlich wertend und suggestiv („deutlich teurer“) und zudem einseitig – weil die Möglichkeit weggelassen wird, dass im Gegenzug gesunde Lebensmittel steuerlich besser gestellt werden könnten, so dass es für die Verbraucher unter dem Strich nicht zu einer Verteuerung von Lebensmitteln insgesamt kommen müsste.

Manipulative Wiedergabe der Ergebnisse: Obwohl also einschlägig diskutierte, regulative Optionen gar nicht und andere Regulierungsmaßnahmen nur suggestiv abgefragt wurden, behauptet das Ministerium im Ernährungsreport wahrheitswidrig, dass „Zwangsmaßnahmen“ von einer Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt würden (S. 29). Auf seiner Internetseite behauptet das Ministerium, dass die „Mehrheit der Deutschen zwar staatliche Maßnahmen für besonders geeignet hält, um einer gesunden Ernährung den Weg zu ebnen, aber nicht in Form von Verboten und Gesetzen.“ (Quelle: www.tinyurl.com/bmel-text) Das ist manipulativ, denn eine Absage an Gesetzesänderungen lässt sich aus der Umfrage gerade nicht ableiten.

Verzerrte Grafiken: Noch weiter verstärkt wird die Präferenz des Ministeriums für aufklärerische Maßnahmen in der grafischen Darstellung. So ist der Anteil der Befragten, die Ernährungsbildung befürworten, gut doppelt so groß wie der Anteil derer, die – selbst unter der suggestiven Fragestellung – eine höhere Besteuerung von ungesunden Lebensmitteln befürworten. In der Grafik im Ernährungsreport wird die Zustimmung zu mehr Ernährungsbildung jedoch mit einer fast fünf Mal größeren Kreisfläche dargestellt als der Zuspruch zu Steuererhöhungen (S. 28).

Falsche Angaben: In einer Fragestellung zur Wichtigkeit von Herkunftsangaben wird behauptet, dass die Herkunft von Lebensmitteln bereits zu den „verbindlich gekennzeichneten Angaben“ gehört. Dies ist sachlich falsch: Bis auf einige Ausnahmen (wie unverarbeitetes Fleisch, Obst und Gemüse) muss auf den meisten verarbeiteten Produkten keine Angabe zur Herkunft gemacht werden. In anderen Umfragen war dies einer der dringlichsten Wünsche der Verbraucher für die Lebensmittelkennzeichnung. In der Fragestellung der BMEL-Umfrage wird weiter suggeriert, die in der Produktion eingesetzten Hilfsstoffe müssten verpflichtend gekennzeichnet werden – auch diese Angabe ist falsch, es besteht hier keine Kennzeichnungspflicht.

Irreführende Schlussfolgerungen: Die Frage „Wie gut fühlen Sie sich alles in allem über die Lebensmittel, die Sie einkaufen und essen, informiert“ haben 13 Prozent der Befragten mit „sehr gut“, weitere 64 Prozent mit „gut“ beantwortet (Frage 12/Folie 101). Daraus leitet das Bundesernährungsministerium ab, dass Lebensmittelkennzeichnung aus Sicht der Verbraucher weitgehend funktioniert – wörtlich heißt es auf der Internetseite des Ministeriums: „Grundsätzlich sind sie mit den zur Verfügung stehenden Informationen beim Einkauf zufrieden“. Diese Folgerung ist jedoch irreführend. Denn gefragt wurde nicht nach einer Zufriedenheit mit den zur Verfügung stehenden Informationen. Hier kommen eine ganze Reihe von Umfragen – selbst die von der Ernährungswirtschaft beauftragten – zu ganz anderen Ergebnissen:

– 92,4 Prozent stimmen der Aussage „Es sollten mehr Informationen über Lebensmittel zur Verfügung stehen“ voll und ganz, eher oder teils/teils zu, ergab eine Studie der Universität Göttingen für den Lobbyverein „Die Lebensmittelwirtschaft“ (bit.ly/1vHKllH, 2014).

– Eine Umfrage von TNS Emnid für foodwatch kam zu folgenden Resultaten: 74 Prozent stimmen der Aussage (voll und ganz bzw. eher) zu: „Es ist schwierig, die Qualität von Lebensmitteln anhand der Verpackung richtig zu beurteilen.“ 68 Prozent machen sich häufig oder manchmal Sorgen darüber, dass wichtige Angaben zu den Inhaltsstoffen nicht oder nur versteckt auf der Verpackung stehen. Und 69 Prozent wünschen sich mehr Informationen über Lebensmittel direkt auf der Verpackung (tinyurl.com/foodwatch-verbraucherreport, 2014).

– Gerade einmal 18,1 Prozent vertrauen den Angaben der Hersteller über die Qualität von Lebensmitteln, ermittele 2011 die GfK im Auftrag der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie BVE (www.tinyurl.com/bve-gfk).

Ganz offensichtlich antworten die Menschen also wohlwollender, wenn nach dem Maß ihrer Informiertheit gefragt wird und nicht nach dem Bedürfnis an Informationen – irreführend ist es aber, daraus absolut abzuleiten, dass die Menschen mit den zur Verfügung stehenden Angaben zufrieden seien.

Quellen:

– Ernährungsreport 2016 des Bundesernährungsministeriums (BMEL): www.tinyurl.com/bmel-ernaehrungsreport

– Forsa-Tabellenband zum Ernährungsreport: www.tinyurl.com/tabellen-ernaehrungsreport

– BMEL zu den Ergebnissen des Ernährungsreports: www.tinyurl.com/bmel-text