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Dr. – Oetker – Produkte Doktorarbeit mit Mängeln

M1601Das Verbrauchermagazin ÖKO-TEST geht in der aktuellen Januar-Ausgabe der Frage nach, wie gut die Produkte von Dr. Oetker sind.

Das Ergebnis: Es steckt erstaunlich oft Mineralöl in den Lebensmitteln. Weitere Kritikpunkte sind aber auch industriell hergestellte Aromen und ein Zuviel an Zucker.

ÖKO-TEST hat 26 Dr.-Oetker-Produkte, darunter Pudding, Müsli, Pizza, Milchreis, Vanillezucker und Kakaopulver, ins Labor geschickt. Rund in jedem zweiten Produkt fand das Labor erhöhte Mengen an Mineralöl. Dieses kann die Leber und Lymphknoten schädigen.
Eintragsquellen gibt es verschiedene: Das Mineralöl kann von den
Druckfarben der Papier- und Kartonverpackungen auf Lebensmittel
übergehen; es kommen aber auch Schmieröle, die etwa bei der
maschinellen Produktion eingesetzt werden, in Betracht.

In einigen Dr.-Oetker-Produkten analysierte das Labor einen stark erhöhten Mineralölgehalt

In einigen Dr.-Oetker-Produkten analysierte das
Labor einen stark erhöhten
Mineralölgehalt

Nach eigener Aussage setzt Dr. Oetker so wenig Zusatzstoffe wie möglich ein, vor allem um Produkte sicher und haltbar zu machen. Doch in 16 der 26 Produkte verwendet der Hersteller Aromen, um wenig aromatische
Zutaten geschmacklich aufzuwerten. Dazu steckt in einem Großteil der Dr.-Oetker-Produkte zu viel Zucker – auch da, wo man es nicht erwartet wie etwa im Pizzaburger. Ein 500 Gramm-Becher Grießpudding natur enthält insgesamt 60 Gramm Zucker. Die Saccharose macht davon 47 Gramm aus, das entspricht 16 Würfelzucker. Im Paula Schoko-Pudding hat das Labor 13 Gramm Saccharose pro Becher analysiert – das sind viereinhalb Stück Würfelzucker. Ärgerlich ist zudem die Produktverpackung, die eine
glückliche Kuh in einer kindgerecht aufbereiteten Weide darstellt. Der niedrige Gehalt an Omega-3-Fettsäuren zeigt aber, dass die Milch gebenden Kühe wohl eher nicht das Glück hatten, auf einer Wiese zu grasen, sondern im Stall gestanden und Kraftfutter bekommen haben.

foodwatch hat bereits vor einiger Zeit auf Mineralölrückstände in Lebensmitteln hingewiesen.

Produktrückruf: „Curtiriso Langkorn-Naturreis“

Pressemitteilung

Öffentlicher Produktrückruf: „Curtiriso Langkorn-Naturreis“ aus dem Kaufland-Sortiment mit gefährlichen Mineralöl-Rückständen belastet – Ware aus dem Verkauf genommen

• Nach foodwatch-Labortest: Handelsunternehmen räumt Produkte aus den Regalen
• Kaufland verweigert auf Anraten des Lobbyverbands BLL aber Kundeninformation
• foodwatch ruft Käufer auf, das belastete Produkt in die Filialen zurückzubringen

+++ Aktion in Berlin am Dienstag, 24.11. um 12 Uhr: foodwatch wird Rückruf in Kaufland-Filiale Residenzstraße 85, 13409 Berlin-Wedding plakatieren und Kunden informieren +++

Berlin, 20. November 2015. Kaufland hat den mit potenziell gesundheitsgefährdenden Mineralölen belasteten Curtiriso Langkorn-Naturreis aus dem Verkauf genommen. Das Handelsunternehmen reagierte damit auf Ergebnisse eines Labortests der Verbraucherorganisation foodwatch. Allerdings lehnte es Kaufland auf Anraten des Lobbyverbandes BLL ab, mit einer öffentlichen Warnung auch diejenigen Kundinnen und Kunden zu informieren, die den belasteten Reis bereits gekauft haben. Anstelle des Unternehmens veröffentlichte daher foodwatch unter tinyurl.com/kaufland-produktrueckruf einen öffentlichen Rückruf. Der Reis sollte nicht verzehrt werden: Im Labortest waren in dem Produkt des italienischen Herstellers Curti aromatische Mineralöle nachgewiesen worden, die die EU- Lebensmittelbehörde EFSA als potenziell krebserregend und erbgutverändernd beschreibt.

„Das betroffene Produkt sollte wegen ernsthafter Gesundheitsrisiken auf keinen Fall verzehrt werden. Wir raten allen Kundinnen und Kunden, den Reis in ihre Kaufland-Filiale zurückzubringen und eine Erstattung des Kaufpreises zu verlangen“, erklärte Luise Molling von foodwatch. Deutlich kritisierte sie das Vorgehen von Kaufland: „Hersteller und Händler waren sich einig darin, dass der Reis aufgrund der Mineralölbelastung aus dem Verkauf genommen werden musste. Es ist weder zu erklären noch zu verantworten, dass Kaufland keinen öffentlichen Rückruf startet, um alle diejenigen zu informieren, die den potenziell gesundheitsschädlichen Reis bereits gekauft haben.“

Neben der Rückruf-Veröffentlichung im Internet kündigte foodwatch an, anstelle von Kaufland selbst Verbraucheraushänge am kommenden Dienstag um 12 Uhr in der Kaufland-Filiale in Berlin-Wedding (Residenzstr. 85, 13409 Berlin) zu plakatieren und die anwesenden Kundinnen und Kunden zu informieren, sollte der Handelskonzern bis dahin nicht selbst aktiv werden. Parallel forderte foodwatch die für Lebensmittelkontrollen zuständigen Länderministerien sowie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf, die Produktwarnung zu verbreiten.

foodwatch hatte Ende Oktober die Ergebnisse einer umfangreichen Laboranalyse von insgesamt 120 Produkten aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden veröffentlicht. 43 Prozent davon enthielten aromatische Mineralöle, in Deutschland war jedes fünfte getestete Lebensmittel (9 von 42 Produkten) belastet – darunter unter anderem Cornflakes, Reis und Grieß. Es ist seit langem bekannt, dass Mineralölrückstände häufig aus den Druckfarben stammen, die in Verpackungen oder Umverpackungen aus Recycling-Karton enthalten sind und die besonders gut auf trockene, lange haltbare Lebensmittel übergehen können.

Curti, der italienische Hersteller des belasteten Reis‘, hatte foodwatch gegenüber angekündigt, dass er seine Verpackung überarbeiten wolle und in einem ersten Schritt seinen deutschen Abnehmer Kaufland anhalte, die Ware zurückzurufen. Tatsächlich erklärte Kaufland auf Anfrage von foodwatch per E-Mail: „Nachdem beim Produkt Curtiriso Langkorn-Naturreis Parboiled 4×125 g Beutel pro Verpackung Mineralölrückstände nachgewiesen wurden, wurde die komplette Ware aus dem Verkauf genommen.“ In einer Stichprobe bei Berliner Kaufland-Filialen fand foodwatch dies bestätigt und dokumentierte die leergeräumten Regalflächen mit Fotos. Allerdings lehnte der Handelskonzern eine Information der Kunden, die den Reis bereits gekauft haben, ab – ein Ergebnis von Beratungen mit dem Branchenlobbyverband BLL, wie Kaufland in einer weiteren E-Mail angab: „Zur Beurteilung der Befunde haben wir den Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) hinzugezogen. Dieser bestätigte uns, dass keine gesundheitliche Risikobewertung vorliegt, welche einen öffentlichen Rückruf impliziert.“
Der vom BLL erweckte Eindruck ist jedoch falsch: Nicht nur die EU-Lebensmittelbehörde EFSA sieht die Risiken aromatischer Mineralöle (MOAH) – auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) betont, aufgrund der Risikoeinschätzung „sollte kein nachweisbarer Übergang von MOAH auf Lebensmittel stattfinden.“

Am Regal in einer Kauflandfiliale hieß es irreführend, die Ware sei „ausverkauft“. Einen Hinweis auf potenzielle Gesundheitsgefahren unterließ Kaufland auch hier.

Mineralölrückstände in Lebensmitteln

foodwatch-Test: Gefährliche Mineralöl-Rückstände in Reis, Nudeln, Cornflakes & Co. gefunden – Viele Altpapierverpackungen sind Gesundheitsrisiko für Verbraucher

Deutschland_Gruppenfoto_finalBerlin, 27. Oktober 2015. Nudeln, Reis, Cornflakes und andere Lebensmittel sind oft mit gesundheitsgefährdenden Mineralölrückständen belastet. Das ist das Ergebnis einer umfangreichen Laboranalyse der Verbraucherorganisation foodwatch. Von den insgesamt 120 Produkten aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden enthielten demnach 43 Prozent sogenannte aromatische Mineralöle – diese stehen in Verdacht, krebserregend und erbgutschädigend zu sein. In Deutschland war jedes fünfte getestete Lebensmittel (9 von 42 Produkten) mit aromatischen Mineralölen belastet – darunter die Cornflakes von Kellogg’s, der Spitzen-Langkornreis von reis-fit und der Bio-Weichweizengrieß von Rewe. Eine wesentliche Quelle für die Verunreinigungen sind Verpackungen aus Altpapier: Darin enthaltene Mineralöle aus Druckfarben sowie etliche andere gefährliche Substanzen wie Weichmacher und Lösungsmittel können auf Lebensmittel übergehen.

„Obwohl die Problematik seit Jahren bekannt ist, enthalten noch immer zahlreiche Lebensmittel gefährliche Mineralölbestandteile – der gesundheitliche Verbraucherschutz versagt hier auf der ganzen Linie“, erklärte Luise Molling von foodwatch. „Die Lebensmittelhersteller handeln offenbar nur auf Druck. Deshalb müssen Bundesregierung und EU endlich aktiv werden. Ein Fokus muss dabei auf die Verpackungen gelegt werden: So umweltfreundlich das Recycling von Altpapier auch ist, als Lebensmittelverpackung kann daraus ein echtes Gesundheitsrisiko werden.“
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Konkret forderte foodwatch:

• Die EU muss „funktionelle Barrieren“ für alle Lebensmittelverpackungen aus Papier vorschreiben. Denn es gibt bereits heute geeignete Materialien z.B. für Innenbeutel oder Beschichtungen, die Altpapier und Produkt so voneinander trennen, dass sowohl Mineralöle als auch hunderte weitere, zum Teil gesundheitsgefährdende Chemikalien nicht auf die Lebensmittel übergehen können.

• Die EU muss erstmalig Grenzwerte für Mineralöle in Lebensmitteln erlassen – bei den besonders kritischen aromatischen Mineralölen (MOAH) muss Null-Toleranz gelten. Dadurch wird sichergestellt, dass auch aus anderen Quellen (Produktionsmaschinen, Transport-Umverpackungen etc.) kein Mineralöl in gesundheitsgefährdenden Mengen auf Lebensmittel übergehen kann.

Bis eine EU-weite Regelung verabschiedet ist, forderte foodwatch die Bundesregierung auf, unverzüglich entsprechende nationale Gesetze zu erlassen.

Gerade Bio-Lebensmittel sind oft in Altpapier verpackt

Gerade Bio-Lebensmittel sind oft in Altpapier verpackt

Mineralöle sind die größte Verunreinigung im menschlichen Körper. Sowohl die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) als auch das zuständige deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) verweisen auf das krebserregende Potenzial aromatischer Mineralöle. „Deshalb sollte kein nachweisbarer Übergang von MOAH auf Lebensmittel stattfinden“, folgerte das BfR bereits 2012. In dem von foodwatch beauftragten Labortest fanden sich neben aromatischen Mineralölen (MOAH) in vier von fünf Produkten auch sogenannte gesättigte Mineralöle (MOSH), meist jedoch in geringer Konzentration. Gesättigte Mineralöle reichern sich im Körper an und können Organe schädigen. Für die Laboranalyse hat foodwatch 120 trockene und lang haltbare Lebensmittel ausgewählt – Produkte, die für die Migration von Mineralölen bekanntermaßen anfällig sind. In den Test waren Markenprodukte ebenso wie Handelsmarken integriert, konventionelle ebenso wie Bio-Produkte. Das vollständige Testergebnis ist unter www.mineraloel-test.foodwatch.de im Internet abrufbar.

In Deutschland war die Mineralölbelastung von Lebensmitteln durch einen Test von Adventskalendern durch die Stiftung Warentest im Dezember 2012 in den öffentlichen Fokus gerückt. Bereits vorher hatte ein mehrjähriges Forschungsprojekt im Auftrag der Bundesregierung gezeigt, dass bestimmte Lebensmittelgruppen die bedenklichen Substanzen aus der Altpapierverpackung aufnehmen, und war bereits damals zum Schluss gekommen, dass Barrieren für Altpapierverpackungen erforderlich seien. Auf entsprechende, ihre Gesundheit konsequent schützende gesetzliche Vorschriften warten Verbraucher bislang vergeblich.

Hier können Sie die Forderungen von foodwatch unterstützen:

foodwatch forderte die Europäische Kommission auf, sogenannte „funktionelle Barrieren“ für alle Lebensmittelverpackungen aus Papier vorzuschreiben sowie erstmals Grenzwerte für Mineralöle in Lebensmitteln zu erlassen. Mit einer unter www.mineraloel-aktion.foodwatch.de gestarteten E-Mail-Aktion können Verbraucherinnen und Verbraucher EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis auffordern, tätig zu werden.

https://drive.google.com/file/d/0By5nb3ePBP31Y3RlMks2b1Ayb2c/view

Scientific Opinion on Mineral Oil Hydrocarbons in Food

Hier finden Sie das EFSA Journal 2012;10(6):2704

 

 

Verstößt die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission gegen das Grundgesetz?

Pressemitteilung foodwatch

Verfassungsrechtler: Lebensmittelbuch-Kommission ist verfassungswidrig

foodwatch fordert Abschaffung des Geheimgremiums


Berlin, 15. Dezember 2014. Keine Legitimation, keine Transparenz, keine ausreichende Kontrolle: Nach Einschätzung des Staatsrechtlers Prof. Dr. Stephan Rixen verstößt die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission gegen das Grundgesetz. Das Gremium, das gängige Produktbezeichnungen und -zusammensetzungen festlegt, habe „keinerlei demokratische Legitimation“, sagte er dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel (Ausgabe 51/15.12.2014). „Da liegt das Problem, denn die [von der Kommission festgesetzten] Leitsätze wirken wie Gesetze, ohne offiziell Gesetze zu sein.“ Das Bundesernährungsministerium habe „keine Kontrolle über das Gremium“, so Rixen weiter. „Ist es einmal berufen, sieht die Geschäftsordnung weder effektive Einflussmöglichkeiten vor, noch können Mitglieder der Kommission abgesetzt werden – selbst wenn sie Parlamentsgesetze missachten.“ Die Verbraucherorganisation foodwatch forderte die Abschaffung des Geheimgremiums.

In dem in Fachkreisen renommierten Deutschen Verwaltungsblatt (Heft 15/2014) hatte Rixen, der an der Universität Bayreuth Verfassungsrecht lehrt, bereits geschrieben: „Die Aufgabe, Leib und Leben der Bürgerinnen und Bürger als Lebensmittelkonsumenten zu schützen, darf unter dem Grundgesetz nicht länger an ein Gremium delegiert werden, das ohne demokratische Legitimation darüber mitentscheidet, ob fundamentale Grundrechte bei der Ernährung real wirksame oder nur rhetorische Größen sind. Die bisherige Konstruktion der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission ist verfassungsrechtlich unhaltbar geworden.“

Die Verbraucherorganisation foodwatch forderte Bundesernährungsminister Christian Schmidt auf, das Gremium abzuschaffen: „Die Kommission ist ein demokratisches Fehlkonstrukt. Sie hat oft genug irreführende Produktbezeichnungen legitminiert und aufgrund der Veto-Macht der Lebensmittelwirtschaft verbraucherfreundliche Produktbezeichnungen verhindert“, erklärte foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. „Dieses Geheimgremium muss endlich abgelöst werden durch ein demokratisches und transparentes Verfahren, bei dem zum Beispiel das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Leitsätze erarbeitet und sich dabei an der Erwartung der Verbraucher, nicht aber an den ökonomischen Interessen der Hersteller orientiert.“

Die geheim tagende Lebensmittelbuch-Kommission ist beim Bundesernährungsministerium angesiedelt. Das Gremium erarbeitet sogenannte Leitsätze zur Produktkennzeichnung und -zusammensetzung. Diese sind zwar formal unverbindlich, doch weil sich Hersteller, die amtliche Lebensmittelüberwachung und auch Gerichte permanent an ihnen orientieren, erlangen sie normativen Charakter – das bedeutet, sie sind im Effekt mit Gesetzen vergleichbar. Acht der 32 Mitglieder der Kommission stammen aus der Lebensmittelwirtschaft. Die Geschäftsordnung sieht vor, dass sie mit ihren acht Stimmen alle Entscheidungen blockieren können. In der Vergangenheit mutete die Lebensmittelbuch-Kommission den Verbrauchern zahlreiche irreführende Produktbezeichnungen zu: Schokoladenpudding, der nur einen Mini-Anteil Kakao enthält ist demnach ebenso Usus wie Kirschtee ohne Kirschen oder Lachs-Imitat, das unter dem Namen „Alaska-Seelachs“ verkauft wird.

Der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Stephan Rixen argumentiert im Kern wie folgt: Der Schutz vor Gesundheitsgefahren und Irreführung ist eine staatliche Aufgabe. Damit das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gewahrt wird, muss die Information über Lebensmittel verlässlich sein. Die Arbeit der Lebensmittelbuch-Kommission ist wie eine Rechtsetzung zu bewerten, da die von der Kommission erarbeiteten Leitsätze vom Ministerium veröffentlicht werden und sich Gerichte wie Hersteller darauf berufen. Wer aber an Rechtssetzung, noch dazu in einem grundrechtsrelevanten Bereich, mitwirkt, muss hinreichend demokratisch legitimiert sein – bei der Kommission ist dies aber nicht der Fall: Weder gibt es konkrete Arbeitsaufträge des Parlaments, noch kontrolliert das Ministerium die Kommissionsarbeit effektiv. Hat es die Mitglieder des Gremiums einmal ernannt, gibt es die Kontrolle ab – nicht einmal bei klaren Gesetzesverstößen kann es Mitglieder abberufen.

Link:

E-Mail-Aktion für die Abschaffung der Lebensmittelbuch-Kommission: www.foodwatch.de/aktion-lebensmittelbuch  

foodwatch informiert: Thema: Allergen-Kennzeichnung

Bessere Allergen-Kennzeichnung: Bundesernährungsministerium reagiert teilweise auf Kritik – Weiterhin mangelhafte Information bei Zusatzstoffen und Aromen

Berlin, 18. November 2014. Das Bundesernährungsministerium hat seinen Entwurf für die Allergen-Kennzeichnung bei unverpackten Lebensmitteln nachgebessert. Es reagiert damit auf die Kritik, die unter anderem die Verbraucherorganisation foodwatch im August 2014 in einer Stellungnahme an das Ministerium geäußert hatte.

Ursprünglich hatte das Ministerium vorgesehen, dass Gastwirte, Bäcker oder Metzger in vielen Fällen lediglich mündlich über allergieauslösende Inhaltsstoffe in unverpackten Lebensmitteln informieren. Nun sollen die Lebensmittelunternehmen eine schriftliche Dokumentation über die Allergene „für den Endverbraucher auf Nachfrage leicht zugänglich“ machen. Zudem sollen die Kunden in jedem Fall „vor Kaufabschluss“ anstatt „spätestens bei Abgabe“ der  Lebensmittel informiert werden. Diese Änderungen gehen aus dem neuen Entwurf des Ministeriums für eine Vorläufige Lebensmittelinformations-Ergänzungsverordnung (VorlL-MIEV) vom 13. November 2014 hervor.

Oliver Huizinga, foodwatch-Experte für Lebensmittelkennzeichnung, wertete die Änderungen als Fortschritt für Allergiker. Schließlich sei bekannt, dass bei einer nur mündlichen Information über die 14 Hauptallergene die Wahrscheinlichkeit von Falschauskünften erheblich größer ist. Dennoch lasse der Verordnungsentwurf viele Probleme ungelöst. „Richtig wäre es, die Verbraucher bei loser Ware genauso über wesentliche Produkteigenschaften zu informieren, wie es bei verpackten Lebensmitteln längst vorgeschrieben ist“, so Huizinga. „Ernährungsminister Christian Schmidt enthält uns weiterhin wesentliche Angaben über die Inhaltsstoffe vor. Es ist inakzeptabel, dass die Verbraucher nicht auch bei loser Ware über alle eingesetzten Aromen und Zusatzstoffe ins Bild gesetzt werden müssen.“ Für einige Zusatzstoffe muss bei Brot in Bedientheken oder Speisen in der Gastronomie überhaupt keine Deklaration erfolgen, bei anderen nur in Form von Gruppen (z.B. „mit Farbstoff“, „mit Konservierungsstoff“).

Anmerkung d. Redaktion:

Ich verlasse mich grundsätzlich nicht auf die Auskünfte, die ich mündlich erhalte. Da habe ich in früheren Jahren schon viel zu viele unangenehme Überraschungen erlebt. Manche lügen einen sogar frech ins Gesicht, obwohl sie wissen, dass es lebensgefährlich werden kann. Bedauerlich, dass man vom Gesetzgeber nicht geschützt wird.

 

Gefährliche Wachmacher von Red Bull, Monster & Co

Pressemitteilung

Thema: Energydrinks

Gefährliche Wachmacher von Red Bull, Monster & Co.: Nach Verbot in Litauen fordert foodwatch auch in Deutschland Verkaufsstopp von Energydrinks an Minderjährige – Bundesregierung muss Empfehlungen von WHO-Forschern umsetzen

Berlin, 4. November 2014. Nachdem koffeinhaltige Energydrinks in Litauen nicht mehr an Kinder und Jugendliche verkauft werden dürfen, fordert die Verbraucherorganisation foodwatch auch in Deutschland ein Verkaufsverbot für Red Bull, Monster & Co. an Minderjährige. Erst im Oktober warnten Wissenschaftler der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor den Risiken der aufputschenden Getränke und empfahlen ein Verbot des Verkaufs an Jugendliche unter 18 Jahren. Energydrinks sind vor allem bei jungen Leuten sehr beliebt, stehen aber im Verdacht Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Nierenversagen und sogar Todesfälle zu verursachen.

„Litauen zeigt den EU-Partnern, wie es geht – in Deutschland verhindert die Lebensmittellobby noch immer einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen“, erklärte Oliver Huizinga von foodwatch. „Ernährungsminister Christian Schmidt muss endlich auf die eindringlichen Warnungen der Wissenschaftler reagieren und den Verkauf von Energydrinks an Kinder und Jugendliche unterbinden.“

Über eine E-Mail-Protestaktion unter www.foodwatch.de/aktion-energyshots unterstützen bereits mehr als 15.000 Verbraucher die foodwatch-Forderung.

Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatten im Oktober 2014 eine Studie zu den Gesundheitsrisiken veröffentlicht, in der erneut vor Energydrinks gewarnt und ein Verkaufsverbot an Kinder und Jugendliche ausdrücklich empfohlen wurde. Wissenschaftler verweisen seit längerem auf mögliche Gefahren der stark koffein- und taurinhaltigen Getränke, sie werden mit Herzrhythmusstörungen, Krampfanfällen, Nierenversagen und sogar Todesfällen in Verbindung gebracht. Problematisch ist dabei nicht allein der erhöhte Koffeingehalt: Gesundheitliche Risiken werden auch mit möglichen Wechselwirkungen mit dem hochkonzentriert zugesetzten Inhaltsstoff Taurin sowie mit begleitend konsumiertem Alkohol und in Zusammenhang mit ausgiebiger sportlicher Betätigung begründet. Hinzu kommt: Durch den süßen Geschmack und das gezielte Marketing sind die Produkte – anders als etwa Kaffee – gerade bei Kindern und Jugendlichen beliebt.

Die Bundesregierung erkennt die Risiken zwar an, handelt aber nicht. So hatte sich die frühere Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner für einen Warnhinweis auf Energydrinks ausgesprochen, wonach der „Verzehr größerer Mengen, insbesondere bei ausgiebiger sportlicher Betätigung, sowie ein gleichzeitiger Genuss alkoholischer Getränke vermieden werden sollte“. Doch Initiativen für einen solchen Warnhinweis scheiterten. Die Lebensmittellobby hatte sich vehement dagegen ausgesprochen.

Als weltweit erstes Land greift Litauen durch. In dem EU-Staat dürfen seit vergangenem Samstag Energydrinks nicht mehr an Minderjährige verkauft werden.

foodwatch fordert auch in Deutschland eine Altersbeschränkung für Energydrinks ab 18 Jahren, um Minderjährige vor den gesundheitlichen Risiken zu schützen. Zudem sollten nach Ansicht von foodwatch die besonders hoch konzentrierten sogenannten Energy-„Shots“ generell verboten werden. Diese im Vergleich zu herkömmlichen Energydrinks kleineren Fläschchen enthalten Koffein und Taurin in noch stärkerer Konzentration als herkömmliche Energydrinks – die Gefahr einer Überdosierung ist daher besonders groß.

Einer Studie der EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) zufolge konsumiert fast jeder dritte Erwachsene Energydrinks, besonders beliebt sind sie jedoch bei Kindern und Jugendlichen: 68 Prozent der Teenager greifen zu den Getränken. Davon sind laut der Behörde 12 Prozent „high cronic consumers“ (Konsum mindestens viermal wöchentlich) sowie 12 Prozent „high acute consumers“ (mehr als ein Liter pro Konsum).

Link:

E-Mail-Protestaktion von foodwatch zu Energydrinks: www.foodwatch.de/aktion-energyshots

Lebensmittelkennzeichnung schafft mehr Verwirrung als Aufklärung

3 von 4 Verbrauchern scheitern an Lebensmittelkennzeichnung: Produktqualität kaum zu bewerten – Kunden wünschen sich mehr Information auf der Verpackung – „Verbraucherreport 2014“ mit repräsentativen Umfragedaten von Emnid vorgestellt

Fehlende Informationen, unverständliche Angaben, zu kleine Schrift: Die gegenwärtige Kennzeichnung von Lebensmitteln lässt Kunden oft ratlos zurück. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung, die das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid im Auftrag der Verbraucherorganisation foodwatch durchgeführt hat. Drei Viertel der Befragten (74 Prozent) halten es demnach für schwierig, die Qualität von Lebensmitteln anhand der Angaben auf der Verpackung richtig zu beurteilen. 69 Prozent wünschen sich „mehr Informationen“ über die Produkte direkt auf den Etiketten. Rund 9 von 10 Bundesbürgern halten beispielsweise eine Angabe zur Herkunft der wichtigsten Zutaten für wichtig – eine solche Kennzeichnung fehlt bislang auf den meisten Lebensmitteln, da sie nicht verpflichtend vorgeschrieben ist.

Dass viele Werbeaussagen und Produktkennzeichnungen irreführend sind, liegt demnach auch an lückenhaften Kennzeichnungspflichten: Obwohl sich die Hersteller in den allermeisten Fällen an die gesetzlichen Vorgaben halten, werden die Verbraucher oft getäuscht. Wenn ein Lebensmittel beispielsweise als „regional“ beworben wird, gleichzeitig aber die Herkunft der Zutaten nicht deklariert werden muss, fehlt den Kunden die Möglichkeit zur Überprüfung der Werbeversprechen. Ein solches Produkt ist auch Kandidat bei der Wahl zum Goldenen Windbeutel, die foodwatch jährlich durchführt, um auf das Problem des „legalen Etikettenschwindels“ hinzuweisen. Bei der laufenden Abstimmung können Verbraucher unter www.goldener-windbeutel.de noch bis zum 30. September über die „dreisteste Werbelüge des Jahres“ abstimmen.

„Alle reden vom mündigen Verbraucher – doch weder Hersteller noch Gesetzgeber geben uns die Informationen an die Hand, die uns Verbraucher erst mündig machen würden“, erklärte foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. „Eine klare Information über die wesentlichen Eigenschaften eines Lebensmittels ist Voraussetzung für das Funktionieren des Marktes, sie ist Voraussetzung für bewusste Kaufentscheidungen und gleichzeitig der beste Schutz vor Täuschung. Nicht zuletzt hilft Transparenz auch allen Qualitätsanbietern, weil erst Information Qualität erkennbar macht. Die heutigen Gesetze reichen nicht aus, um für ein ausreichendes Maß an verständlicher und verlässlicher Information zu sorgen.“

Die Emnid-Befragung ist Teil des heute in Berlin vorgestellten foodwatch-Verbraucherreports 2014, der unter dem Titel „Was der Kunde nicht weiß…“ umfassend über die derzeitigen Kennzeichnungsvorgaben und -lücken informiert. Demnach gaben 68 Prozent der Befragten an, sich „manchmal“ oder „häufig“ Sorgen darüber zu machen, „dass wichtige Angaben zu den Inhaltsstoffen nicht oder nur versteckt auf der Packung stehen“. Die Sorge, „dass ein Lebensmittel nicht so gesund ist, wie es die Verpackung verspricht“, haben ebenfalls zwei Drittel (67 Prozent) zumindest „manchmal“; „dass in einem Produkt nicht drin ist, was drauf steht“ 61 Prozent der Befragten.

Die Umfrageergebnisse stellen auch der Politik ein schlechtes Zeugnis aus. So hatte die Europäische Kommission für Pflichtangaben auf Lebensmitteletiketten ursprünglich eine Mindestschriftgröße von 3 Millimetern vorgeschlagen. Auf Druck der Wirtschaftslobby und mit Zustimmung der Bundesregierung wurden schließlich jedoch 1,2 Millimeter festgesetzt, für kleine Verpackungen sogar nur 0,9 Millimeter (bezogen auf das kleine „x“). Die Vorgabe greift zwar erst im Dezember 2014, in der Regel werden diese Maße jedoch auch heute von den Herstellern nicht unterschritten. Für die meisten Kunden ist das eindeutig zu klein: Zwei Drittel der Bundesbürger geben an, sich schon über eine zu kleine Schrift auf Verpackungen geärgert zu haben. In der Altersgruppe der Über-60-Jährigen sind es 87 Prozent, aber auch bei den 14-29-Jährigen bereits bemerkenswerte 31 Prozent. Nach Auffassung von foodwatch zeigt dieses Beispiel exemplarisch, dass sich die Gesetzgebung vor allem an den Interessen der Lebensmittelwirtschaft und nicht an denen der Verbraucher ausrichtet.

Weitere Ergebnisse der TNS-Emnid-Befragung:

Vertrauen: Wenn es um zuverlässige Informationen über Qualität und Beschaffenheit von Lebensmitteln geht, vertrauen nur 36 Prozent der Befragten den Herstellern, 39 Prozent den Supermärkten. Die höchsten Vertrauenswerte erzielen Behörden wie Lebensmittelkontrollämter (76 Prozent) vor Verbraucherorganisationen, Verwandten/Bekannten sowie Test- und Prüforganisationen (alle mehr als 70 Prozent).

Wunsch nach mehr Information: Angaben über alle verwendeten Zutaten finden 89 Prozent der Befragten „eher wichtig“ oder „sehr wichtig“. Auch Informationen zur Herkunft (88 Prozent), Hinweise auf in der Herstellung eingesetzte Tierbestandteile (78) und Agrargentechnik in der Produktion (76) werden als wichtig angesehen – eine grundsätzliche Kennzeichnungspflicht besteht für diese Punkte nicht.

Gesundheitsversprechen: Dass Hersteller selbst für Produkte wie Süßigkeiten oder Softdrinks mit Gesundheitsversprechen werben dürfen, wenn sie einfach Mineralstoffe oder Vitamine zusetzen, finden 82 Prozent der Verbraucher unangemessen.

Zusatzstoffe: 6 von 10 Befragten (62 Prozent) sprechen sich dafür aus, auf Zusatzstoffe vorsorglich zu verzichten, wenn diese gesundheitlich umstritten sind – selbst wenn bislang kein eindeutiger Beweis für ein gesundheitliches Risiko erbracht ist.

Nährwertangaben: Mit 58 Prozent hält zwar eine Mehrheit der Befragten die Prozentangaben, mit denen Hersteller häufig den Nährwertgehalt ihrer Produkte angeben, für verständlich. Doch auch nach jahrelanger Gewöhnung finden immer noch 4 von 10 Verbrauchern dieses von der Industrie entwickelte Kennzeichnungsmodell unverständlich.

Aromendeklaration: Wenn Fruchtaromen zum Beispiel aus Baumwurzeln oder mit Hilfe von Pilzkulturen im Labor gewonnen werden, dürfen sie als „natürliches Aroma“ deklariert werden. 69 Prozent der Verbraucher sind damit einverstanden, dass der Gesetzgeber eine solche Kennzeichnung erlaubt.

Geschmacksverstärker: 82 Prozent der Bundesbürger halten es für „irreführend“, wenn auf Etiketten der Hinweis „ohne Zusatzstoff Geschmacksverstärker“ prangt, das Produkt aber die geschmacksverstärkende Zutat Hefeextrakt enthält.

Mogelpackungen: Drei Viertel der Befragten haben sich schon einmal darüber geärgert, dass in einer Packung weniger Inhalt steckte, als sie aufgrund von Größe und Gestaltung der Verpackung vermutet haben.

Im Auftrag von foodwatch hatte TNS Emnid am 29. und 30. August 1.005 Bundesbürger bevölkerungsrepräsentativ befragt.

2014-09-12_foodwatch-Verbraucherreport_2014

Neue Leitsätze für die Kennzeichnung von Fleischprodukten

Pressemitteilung – Thema: Lebensmittelbuchkommission

Wegen Schweige-Pflicht: foodwatch lehnt Mitarbeit bei Erarbeitung von Leitsätzen der Lebensmittelbuchkommission ab

Berlin, 7. Juli  2014. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat eine Einladung der Deutschen Lebensmittelbuchkommission abgelehnt, sich an der Erarbeitung neuer Leitsätze für die Kennzeichnung von Fleischprodukten zu beteiligen. Grund dafür: Die Kommission hatte Verschwiegenheit über die Diskussion zur Voraussetzung für eine Mitwirkung gemacht. foodwatch fordert jedoch Transparenz über die Diskussionen in der Lebensmittelbuchkommission.

„Für die Entwicklung verbraucherfreundlicher Leitsätze ist ein für alle Verbraucher nachvollziehbares Verfahren essentiell. Was alle betrifft, müssen auch alle erfahren dürfen – und wenn am Ende Klarheit für die Verbraucher geschaffen werden soll, dann gibt es auch keinen Grund für eine Debatte im Geheimen“, erklärte foodwatch-Sprecher Martin Rücker.

Die Geschäftsstelle der Deutschen Lebensmittelbuchkommission hatte foodwatch neben anderen Verbänden am 28. Mai dieses Jahres angeschrieben und um eine Kommentierung von geplanten Änderungen der „Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse“ gebeten. An foodwatch übermittelt wurde eine Beschlussempfehlung, die bereits von den Fachausschüssen der Kommission verabschiedet worden war. Die Mitwirkung der Verbände sollte unter folgender Maßgabe erfolgen, wie die Geschäftsstelle in ihrer E-Mail mitteilte: „Die Verwendung dieser Leitsatzempfehlung oder von Auszügen daraus in Gutachten, Stellungnahmen, Vorträgen oder in der Fachpresse ist nicht zulässig.“

Bei den Leitsätzen handelt es sich um die Festlegung gängiger Lebensmittelbezeichnungen und Herstellungsweisen. foodwatch und andere hatten immer wieder kritisiert, dass die Kommission dabei auch irreführende Kennzeichnungspraktiken legitimiere. So entschied sie beispielsweise, dass „Alaska-Seelachs“ keinen Lachs und Himbeertee keine Himbeeren enthalten muss.

foodwatch hat sich bei diesen alle Verbraucher betreffenden Festlegungen dafür ausgesprochen, dass die Diskussion transparent und öffentlich erfolgen müsse. Die Lebensmittelbuchkommission tagt hinter verschlossenen Türen. Die Abstimmungsmodalitäten sehen vor, dass eine Entscheidung gegen die Stimmen der aus der Lebensmittelwirtschaft stammenden Kommissionsmitglieder nicht zustande kommen kann. Eine Beteiligung unter der Maßgabe der Verschwiegenheit ist für die Verbraucherorganisation daher inakzeptabel.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat die Lebensmittelbuchkommission vor einigen Monaten grundsätzlich auf den Prüfstand gestellt und eine umfangreiche Evaluierung ihrer Arbeit in Auftrag gegeben. foodwatch fordert, die Deutsche Lebensmittelbuchkommission ganz abzuschaffen und Leitsätze stattdessen in einem demokratischen Verfahren, in dem die Erwartungen der Verbraucher maßgeblich sind für die Entscheidung über Produktbezeichnungen und Kennzeichnungen.

Link:
E-Mail-Aktion von foodwatch  zur Abschaffung des Geheim-Gremiums Lebensmittelbuchkommission: www.foodwatch.de/aktion-lebensmittelbuch

Hintergrund:
– Hintergrundinformationen zur foodwatch-Kritik an der Lebensmittelbuchkommission: bit.ly/1iXJ9dn
– Interview mit foodwatch im Rahmen der Evaluation der Lebensmittelbuchkommission im Auftrag des Bundesernährungsministeriums: bit.ly/1slHOh2

Der EHEC-Auslöser ist nicht wirklich geklärt

Da dieser Artikel auf dem alten Blog veröffentlicht wurde, stellen wir ihn hier nochmals ein.

Robert-Koch-Institut bestätigt: Für 90 Prozent aller Erkrankungsfälle ist Ursache nicht aufgeklärt

foodwatch: Berlin, 20. September 2013. Die Bundesregierung hat die Bevölkerung beim weltweit größten EHEC-Ausbruch im Frühjahr 2011 bewusst getäuscht. Anders als Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) und Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) mehrfach behauptet haben, ist die Ursache der Epidemie, die in Deutschland 53 Todesopfer forderte, bei weitem nicht aufgeklärt: Höchstens 500 von insgesamt mehr als 3.800 Krankheitsfällen konnten aufgeklärt werden, mindestens 87 Prozent aller gemeldeten EHEC-Fälle wurden ohne Klärung der Ansteckungsursache zu den Akten gelegt. Das hat das zuständige Robert-Koch-Institut nun gegenüber foodwatch bestätigt.

„Die Bundesregierung hat sich stets für ihr Krisenmanagement gefeiert und behauptet, die Ursache des tödlichen EHEC-Ausbruchs sei identifiziert worden. Doch das ist schlichtweg falsch“, sagte Matthias Wolfschmidt, stellvertretender Geschäftsführer von foodwatch. „Selbst das Robert-Koch-Institut gibt zu: Für mindestens 87 Prozent aller EHEC-Fälle wurde die Ursache nie aufgeklärt.“

Bereits kurz nach Ausbruch der EHEC-Epidemie im Mai 2011 war ein Sprossenerzeuger in Niedersachsen von den Behörden als Auslöser der Krise präsentiert worden. Ein Jahr später erklärten Ilse Aigner und Daniel Bahr in einer Pressemitteilung, man hätte die Ursache des Ausbruchs „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ identifiziert: Bockshornkleesamen aus Ägypten, die von dem Sprossenbetrieb im Kreis Uelzen gekeimt und in Verkehr gebracht worden seien.

„Die Behauptung der Bundesregierung, ein Hof in Niedersachsen sei die einzige Verbreitungsquelle des EHEC-Erregers gewesen, hält einer Überprüfung nicht stand“, kritisierte Matthias Wolfschmidt von foodwatch. So wurde im EHEC-Abschlussbericht des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) behauptet, die von Bund und Ländern eingesetzte „Task-Force EHEC“ habe eine Gesamtliste aller EHEC-Ausbruchsorte erstellt. Doch diese Liste wurde nie veröffentlicht. foodwatch stellte daher im Mai 2012 Antrag auf Akteneinsicht bei den zuständigen Behörden, um in dieser „Gesamtliste“ nachzuvollziehen, ob es entsprechende Verbindungen zu dem Sprossenerzeuger gebe. Mittlerweile haben sowohl das BVL als auch das Robert-Koch-Institut (RKI), die zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention, bestätigt: Eine solche „Gesamtliste“ mit allen 3.842 EHEC-Erkrankungen und den Verbindungen zu dem Sprossenbetrieb hat es nie gegeben. Das RKI räumte gegenüber foodwatch ein, dass in einer ersten Liste lediglich 350 Fälle untersucht und aufgelistet worden waren und man später eine etwa 500 Fälle erfassende zweite Liste erstellt habe. Im Ergebnis heißt das: Für rund 3.300 EHEC-Fälle wurde offenbar nicht einmal der Versuch unternommen, eine Verbindung zu dem Sprossenbetrieb zu finden.

Matthias Wolfschmidt von foodwatch: „Bei bestenfalls 13 Prozent aller EHEC-Erkrankungen haben die Behörden eine Spur auf den Sprossen-Hof identifiziert. Das reichte offensichtlich aus, um diesen der Öffentlichkeit als Verursacher der EHEC-Krise zu präsentieren. Der Verdacht liegt nahe, dass die Bundesregierung hier ein Bauernopfer zur Beruhigung der verunsicherten Bevölkerung gesucht und gefunden hat. Weder Behörden noch Bundesregierung haben offenbar ein echtes Interesse an einer Aufklärung des EHEC-Geschehens. Die Bundesregierung hat einen Erfolg gefeiert, der so ominös ist wie das Auftreten und Verschwinden des EHEC-Erregers. Das foodwatch-Fazit: Der weltweit größte EHEC-Ausbruch ist nicht aufgeklärt, die Bundesregierung hat die Bevölkerung belogen – und wiegt sie in falscher Sicherheit.“

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Ein Jahr nach der EHEC-Krise: Epidemie nicht aufgeklärt, Schwachstellen nicht beseitigt – Bundesregierung betreibt Geschichtsklitterung, sagt foodwatch

Ein Jahr nach der EHEC-Krise mit 53 Todesfällen im Frühsommer 2011 ist die Epidemie noch immer völlig unzureichend aufgearbeitet. Anders als in der gestern publizierten gemeinsamen Bilanz der Bundesministerien für Gesundheit und Verbraucherschutz dargestellt, ist weder der EHEC-Ausbruch aufgeklärt noch wurden die Schwachstellen in Lebensmittelüberwachung und Gesundheitsschutz offen analysiert, geschweige denn behoben. Zu diesem Ergebnis kommt eine 29-seitige Analyse, die die Verbraucherorganisation foodwatch heute unter dem Titel „Im Bockshorn“ veröffentlichte.

Zu Beginn der EHEC-Epidemie Anfang Mai 2011 hat weder das Frühwarnsystem funktioniert noch die behördliche Zusammenarbeit. Am 23. Mai, als sich bereits 3.500 Menschen und damit 90 Prozent aller Erkrankten infiziert hatten, lag dem zuständigen Robert-Koch-Institut des Bundes lediglich eine einzige Erkrankungsmeldung vor. Die zentrale Bund-Länder-Task-Force wurde vom Bundesverbraucherministerium am 3. Juni eingesetzt und konnte damit kaum noch Einfluss auf den Verlauf der längst abgeschwächten Epidemie nehmen. Die erste öffentliche Warnung vor Bockshornklee-Sprossen erfolgte in Niedersachsen am 5. Juni, bundesweit erst am 10. Juni.

„Die EHEC-Bilanz der Minister Bahr und Aigner ist ein Fall von Geschichtsklitterung: Sie stellen ägyptische Sprossensamen als quasi-erwiesene Quelle der Keime dar, obwohl es dafür keinen einzigen Tatsachenbeleg gibt. Sie sprechen von einer erfolgreichen Bewältigung der Krise, obwohl ein untaugliches Meldesystem das Ausmaß der Epidemie nicht erkannt hat. Und sie loben die Zusammenarbeit von Bund und Ländern, obwohl es dazu erst kam, als der EHEC-Ausbruch seinen Höhepunkt längst überschritten hatte“, erklärte der stellvertretende foodwatch-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt.

Für die These, dass der EHEC-Erreger über verunreinigte Bockshornklee-Samen aus Ägypten importiert und über einen Bio-Sprossenerzeuger im niedersächsischen Bienenbüttel verbreitet wurde, gibt es zwar Hinweise, aber keinen Beleg. Es besteht viel Grund zu Skepsis:

Die These stützt sich auf nur rund 300 der mehr als 3.800 Erkrankungsfälle, die an 41 Orten auftraten und auf den Bienenbütteler Sprossenhof zurückzuführen waren, in dem Samen aus Ägypten ausgekeimt wurden. Die Übersicht über alle Fälle hat die von der Bundesregierung eingesetzte „Task Force EHEC“ nie veröffentlicht.

Gerade einmal 75 von 15.000 Kilogramm der mutmaßlich kontaminierten Samen-Chargen aus drei ägyptischen Farmen – also 0,5 Prozent – wurden an den Bienenbütteler Sprossenhof geliefert. Offen ist, weshalb die an andere Händler in Deutschland, Österreich, Spanien oder Schweden gelieferten Samen aus denselben Chargen nicht zu EHEC-Infektionen führten (lediglich aus Frankreich ist ein Ausbruch bekannt, der in Verbindung mit den ägyptischen Samen gebracht wurde).

Weder auf den betroffenen Samen noch auf den ägyptischen Farmen konnte der Keim je nachgewiesen werden.

foodwatch kritisiert, dass mit der Festlegung auf die unbewiesene Ägypten-These den Verbrauchern vermittelt werde, der Fall sei gelöst und die Ursache des Problems liege im fernen Ägypten. „Es ist völlig unklar, woher der Erreger kam und ob er wieder virulent werden kann“, so Matthias Wolfschmidt.

In der heute veröffentlichten EHEC-Analyse weist foodwatch nach, dass die Behörden das bekanntermaßen von Sprossen zum Roh-Verzehr ausgehende Risiko unterschätzt haben. So stuften die niedersächsischen Behörden den Sprossenhof in Bienenbüttel als „Gartenbaubetrieb“ und nicht als Lebensmittelhersteller ein – mit der Folge, dass er niedrigeren Hygienestandards und weniger strengen Kontrollen unterworfen war.

foodwatch forderte die Bundesregierung auf, die Hygiene- und Überwachungsstandards für sensible Rohkost (wie Sprossen oder vorgeschnittenen Salat) denen für leicht verderbliche tierische Lebensmittel anzupassen und regelmäßige Untersuchungen auf pathogene E.coli-Bakterien vorzuschreiben. Zudem müssen die Meldefristen für Erkrankungen an dem von EHEC ausgelösten HU-Syndrom erheblich verkürzt werden. Nach der von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr geplanten Reform könnten noch immer drei Tage vergehen, bis das Robert-Koch-Institut des Bundes von den lokalen Gesundheitsämtern über den Zwischenschritt Länderbehörden informiert wird. Es gibt aus Sicht des Verbraucherschutzes keinen Grund dafür, weshalb die Gesundheitsämter nicht gleichzeitig an Landesbehörde und RKI melden sollten – und zwar tagesaktuell.

Weiter muss die von der EU bereits seit 2005 (!) gesetzlich vorgeschriebene Rückverfolgbarkeit endlich durchgesetzt werden – und zwar nicht nur für Sprossen, sondern für alle Lebensmittel. Während der EHEC-Krise ging viel Zeit für die Rekonstruktion von Lieferwegen und Warenströmen verloren.

Schließlich muss die Struktur der Lebensmittelüberwachung endlich den globalen Warenströmen im Lebensmittelmarkt angepasst werden, indem auf Landesebene die Fach- und Dienstaufsicht für sämtliche Überwachungstätigkeiten zusammengefasst wird. Dadurch lägen alle Kompetenzen, Durchgriffsmöglichkeiten und Verantwortlichkeiten bei der jeweiligen Landesregierung. Eine bundesweite Koordinierungsstelle (Task Force) ist sinnvoll, kann jedoch auf Landesebene zentral organisierte Strukturen der Lebensmittelüberwachung und des Öffentlichen Gesundheitsdienstes nicht ersetzen.

Der EHEC-Ausbruch begann Anfang Mai 2011. Dem Ausbruchgeschehen wurden bis Ende Juli 2011 insgesamt 2.987 Fälle von EHEC-Gastroenteritis und 855 Erkrankungen an dem schweren hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) zugeordnet, zusammen also 3.842 Erkrankungen; 53 Menschen starben. Auslöser der Epidemie war der vorher kaum auffällige E.coli-Stamm EHEC O104:H4, der gegen Magensäure und Antibiotika weitgehend resistent ist.

Link:

Die foodwatch-Analyse zur EHEC-Epidemie steht unter http://bit.ly/JXEYfj zum Download bereit (direkt zur pdf-Datei: http://bit.ly/Ix4Zln

Verbraucherprotest gegen versteckte Gentechnik

McDonald’s: 140.000 Verbraucher protestieren gegen versteckten Gentechnik-Einsatz

Pressefoto foodwatch

Pressefoto foodwatch

– foodwatch fordert Fast-Food-Kette zu Transparenz auf

Berlin/München, 26. Mai 2014. Zehntausende wehren sich gegen den versteckten Einsatz von Gentechnik bei McDonald’s: Die Verbraucherorganisation foodwatch hat heute drei Pakete mit rund 35.000 Protest-Unterschriften an die Deutschland-Zentrale des Konzerns in München geschickt. Sie stammen aus einer Straßen-Unterschriftensammlung der vergangenen drei Jahre. Insgesamt haben sich der foodwatch-Protestaktion seit dem Start vor zehn Jahren bereits rund 140.000 Bürger angeschlossen, auf der Straße und im Internet unter www.burgerbewegung.de. Die Unterzeichner fordern McDonald’s auf, auf genveränderte Futtermittel bei der Herstellung seiner Burger zu verzichten – oder den Einsatz von Gentechnik klar zu kennzeichnen.

In Deutschland lehnt die große Mehrheit der Verbraucher Agrar-Gentechnik ab. Sie haben jedoch meist keine Wahlfreiheit, weil Anbieter wie McDonald’s ihre Kunden nicht darüber informieren, dass die Burger der Fast-Food-Kette mit Hilfe von genveränderten Futtermitteln hergestellt werden. „McDonald’s macht seine Kunden zu Zwangsunterstützern der Agrar-Gentechnik“, erklärte Maximiliane Schwerdt von foodwatch. „Transparenz ist für den Konzern offenbar nur ein leeres Versprechen. Würde er seine Kunden ernstnehmen, würde er sie in den Restaurants über den Gentechnik-Futter-Einsatz informieren – weil er weiß, dass die Verbraucher Gentechnik ablehnen, schweigt er jedoch lieber.“ Einer aktuellen Studie des Bundesumweltministeriums zufolge sprechen sich 84 Prozent der Bürger für ein Verbot von Agrargentechnik aus.

Seit 2004 müssen Futtermittel EU-weit gekennzeichnet werden, wenn sie genveränderte Bestandteile enthalten. McDonald’s kann sich also bei seinen Lieferanten alle Informationen beschaffen, um bei jedem einzelnen Produkt anzugeben, ob es mit Hilfe von Agrargentechnik hergestellt wurde oder nicht. Zuletzt hatte die Burgerkette eine Selbstverpflichtung aufgekündigt, nach der Lieferanten von Hähnchenfleisch noch bis Anfang 2014 auf genveränderte Futter verzichten mussten. Seitdem müssen McDonald’s-Kunden also nicht nur bei Rinderburgern, sondern auch bei Chicken McNuggets, McChicken & Co. damit rechnen, dass die Tiere mit gentechnisch veränderten Pflanzen wie zum Beispiel Mais oder Soja gefüttert wurden.

Sowohl bei Hähnchen- als auch bei Rindfleisch hatte McDonald’s Deutschland argumentiert, dass es keine ausreichenden Mengen an bezahlbarem konventionellem Futter auf dem Markt gebe. Tatsächlich hatte foodwatch dem Konzern bereits 2007 das Angebot einer brasilianischen Firma vorgelegt, die ausreichend gentechnikfreie Soja für den Rindfleischbedarf aller deutschen McDonald’s-Filialen liefern könnte. Dieses Angebot hätte einen Hamburger um gerade einmal 1,4 Cent verteuert.

Maximiliane Schwerdt von foodwatch: „McDonald’s versteckt sich hinter faulen Ausreden und verweigert seinen Kunden die Transparenz, die das Unternehmen immer wieder verspricht. Die Verbraucher aber sollten ein Recht darauf haben, sich gegen Gentechnik im Essen zu entscheiden.“

Von Gesetzes wegen müssen tierische Lebensmittel – wenn sie mit Hilfe gentechnischer veränderter Futtermittel hergestellt wurden – nicht entsprechend gekennzeichnet werden. Verbraucher unterstützen somit beim täglichen Einkauf von Fleisch, Milch und Eiern zwangsläufig den Einsatz von Agrargentechnik, auch wenn sie diese ablehnen. foodwatch fordert Bundesregierung und EU seit langem auf, diese Kennzeichnungslücke endlich zu schließen und eine verpflichtende Kennzeichnung vorzuschreiben.

Link:
• E-Mail-Protestaktion an McDonald’s: www.burgerbewegung.de