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nloads: Prof. Gabrysch bei der Urkundenübergabe. Foto: Peitz/Charité

Erste Professur für Klimawandel und Gesundheit in Deutschland

Macht der Klimawandel krank?

Um die Zusammenhänge zwischen Klimaveränderungen und der Bevölkerungsgesundheit zu erforschen, hat die Charité – Universitätsmedizin Berlin gemeinsam mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) die bundesweit erste Professur für Klimawandel und Gesundheit eingerichtet. Für die neue Position konnte jetzt die Medizinerin und Epidemiologin Prof. Dr. Dr. Sabine Gabrysch gewonnen werden.

 Prof. Gabrysch bei der Urkundenübergabe. Foto: Peitz/Charité
Prof. Gabrysch bei der Urkundenübergabe. Foto: Peitz/Charité

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit sind vielfältig. Sie zu untersuchen und Lösungsansätze zu entwickeln, ist das Ziel von Prof. Gabrysch. „Bisher standen vor allem die Folgen von Hitzewellen und die Ausbreitung tropischer Infektionskrankheiten im Fokus der Forschung“, sagt die Wissenschaftlerin. „Aber auch die Ernährungssicherheit ist bedroht, wenn der Regen ausbleibt, zu stark, zu spät oder zu früh einsetzt.“ Dabei sind ärmere Menschen in Ländern mit unzureichenden sozialen Sicherungssystemen besonders stark betroffen. „Wenn etwa häufigere Dürren zu Mangelernährung von Schwangeren führen, können die ungeborenen Kinder bleibende Schäden davontragen – mit gesundheitlichen Folgen für deren gesamtes Leben“, erklärt Prof. Gabrysch. „Dem Thema Ernährung als wichtigem Bindeglied zwischen Umwelt und Gesundheit möchte ich mich in meiner Forschung daher im Besonderen widmen.“ Am PIK wird Prof. Gabrysch eng zusammenarbeiten mit Agrarökonomen, die die Wechselwirkung zwischen Landwirtschaft und Klimawandel untersuchen. 

Die Medizinerin und Epidemiologin möchte beispielsweise erforschen, welchen Einfluss die Veränderung der Landwirtschaft auf die Ernährungsgewohnheiten und die Gesundheit verschiedener Bevölkerungsgruppen in Entwicklungs- und Schwellenländern hat. „Gleichzeitig möchte ich auch die Wirksamkeit und den Ausbau von sogenannten Win-win-Lösungen prüfen – also Lösungen, die sowohl für die Menschen als auch für die Umwelt gut sind“, ergänzt Prof. Gabrysch. „Beispiele reichen von agrarökologischen Anbaumethoden bis zu fußgänger- und fahrradfreundlichen Städten.“ 

Die Wissenschaftlerin plant, ihre Forschung nicht ausschließlich auf den Klimawandel zu begrenzen, sondern in das größere Konzept der „Planetary Health“ einzubetten und damit auch andere Aspekte menschenbedingter Umweltveränderungen, wie den Verlust an Biodiversität und Bodenverschlechterung, zu berücksichtigen. „Das große Ziel ist: gesunde Menschen auf einem gesunden Planeten“, betont Prof. Gabrysch. „Mit meiner Forschung möchte ich also dazu beitragen, die Gesundheit der Menschen weltweit zu verbessern und gleichzeitig die natürlichen Systeme zu stabilisieren, von denen die Menschheit letztendlich abhängt.“ 

Verbunden mit der Professur übernimmt Prof. Gabrysch am PIK die Ko-Leitung der Forschungsabteilung Klimaresilienz. Die neu eingerichtete Professur wird zusätzlich durch die Stiftung Charité unterstützt und ist am Institut für Public Health der Charité angebunden. So wird die Wissenschaftlerin auch Charité Global Health, das Zentrum für globale Gesundheit, mit ihrer Expertise unterstützen.

Kurzvita Sabine Gabrysch
Nach ihrem Medizinstudium an der Eberhard Karls Universität Tübingen, der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der amerikanischen Brown University in Providence wurde Sabine Gabrysch in Tübingen zum Doktor der Medizin promoviert. Sie war als Assistenzärztin in Schweden tätig, bevor sie ein Studium der Epidemiologie mit anschließender Promotion zum PhD an der London School of Hygiene & Tropical Medicine absolvierte. Anschließend wechselte sie an das Institut für Global Health des Universitätsklinikums Heidelberg, wo sie sich 2014 habilitierte und die Leitung der Sektion Epidemiologie und Biostatistik sowie die stellvertretende Institutsleitung übernahm. Im Jahr 2018 wurde die heute 43-Jährige zur außerplanmäßigen Professorin ernannt und für ihre Forschung in Bangladesch mit dem „Preis für mutige Wissenschaft“ des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet.

Den Blutdruck zu senken ist gesund! Oder?

Neue Erkenntnisse zum Blutdruck im Alter

Berlin, 07.03.2019 Bislang haben Mediziner angenommen, dass es für ältere Menschen gesünder ist, wenn ihr Blutdruck auf unter 140/90 mmHg eingestellt wird. Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben jetzt festgestellt, dass diese Annahme nicht für alle Bluthochdruckpatienten gilt. Im Gegenteil: Bei Menschen, die älter als 80 Jahre sind oder die bereits einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt hatten, steigt das Sterberisiko sogar. Veröffentlicht wurde die Studie jetzt im European Heart Journal*.

Etwa 70 bis 80 Prozent der über 70-Jährigen haben einen erhöhten Blutdruck, der langfristig lebensbedrohliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall nach sich ziehen kann. Bei der Entscheidung, ob und wie Ärztinnen und Ärzte Menschen mit Bluthochdruck behandeln, richten sie sich nach den Empfehlungen der Fachgesellschaften. Laut den europäischen Leitlinien soll der Blutdruck bei über 65-Jährigen auf unter 140/90 mmHg eingestellt werden, um sie vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu schützen. Diese Zielwerte gelten auch für über 80-Jährige, bei ihnen sind jedoch verstärkt individuelle Faktoren wie Begleiterkrankungen zu berücksichtigen. Die US-amerikanischen Fachgesellschaften empfehlen für alle Bluthochdruckpatienten, die älter sind als 65 Jahre, sogar eine Einstellung des Blutdrucks auf unter 130/80 mmHg. Welche Zielwerte nun tatsächlich für die Behandlung älterer Menschen mit Bluthochdruck die besten sind, ist Gegenstand einer aktuellen wissenschaftlichen Debatte. 

In einer Beobachtungsstudie konnten Forschende der Charité jetzt zeigen, dass die medikamentöse Senkung des Blutdrucks auf unter 140/90 mmHg – und insbesondere auf unter 130/90 mmHg – nicht grundsätzlich eine schützende Wirkung hat. Grundlage der Analyse sind epidemiologische Daten von mehr als 1.600 Frauen und Männern, die zu Beginn der Studie im Jahr 2009 mindestens 70 Jahre alt waren und unter blutdrucksenkender Behandlung standen. Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler feststellten, hatten bei den über 80-Jährigen diejenigen, deren Blutdruck bei unter 140/90 mmHg lag, ein um 40 Prozent höheres Sterberisiko als diejenigen, deren Blutdruck mehr als 140/90 mmHg betrug. Eine ähnliche Beobachtung machte die Forschungsgruppe bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Studie, die in der Vergangenheit einen Schlaganfall oder Herzinfarkt erlitten hatten: Bei denjenigen, deren Blutdruck bei unter 140/90 mmHg lag, stieg das Sterberisiko sogar um 61 Prozent im Vergleich zu denjenigen, deren Blutdruck trotz der medikamentösen Behandlung oberhalb dieses Grenzwertes blieb. „Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass die Behandlung eines erhöhten Blutdrucks bei diesen Patientengruppen individuell angepasst werden sollte“, erklärt Dr. Antonios Douros vom Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Charité. Der Erstautor der Studie betont: „Wir sollten davon abkommen, die Empfehlungen der Fachgesellschaften pauschal bei allen Patientengruppen anzuwenden.“ 

Erfasst wurden die epidemiologischen Daten im Rahmen der „Berliner Initiative Studie“, die von Prof. Dr. Elke Schäffner, Stellvertretende Direktorin des Instituts für Public Health der Charité, geleitet wird. Ihr Team befragte die Studienteilnehmer alle zwei Jahre zu ihren Erkrankungen und Medikamenten, maß Blutdruck und Nierenfunktion und analysierte Blut und Urin. Nach sechs Jahren untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit statistischen Methoden, inwiefern der zu Beginn gemessene Blutdruck mit dem Tod in Zusammenhang stand. Dabei wurden auch Einflussfaktoren wie Geschlecht, Body-Mass-Index, Raucherstatus, Alkoholkonsum, Diabetes und die Anzahl der blutdrucksenkenden Mittel berücksichtigt. „Als nächstes wollen wir untersuchen, welche Patientengruppen von einer Blutdrucksenkung tatsächlich profitieren“, erklärt Prof. Schäffner.

*Douros A et al., Control of blood pressure and risk of mortality in a cohort of older adults: the Berlin Initiative Study. Eur Heart J. 2019 Feb 25. doi: 10.1093/eurheartj/ehz071.

Berliner Initiative Studie
In der Berliner Initiative Studie (BIS) wird seit 2009 die Entwicklung der Nierenfunktion von rund 2.000 älteren Patientinnen und Patienten beobachtet. Ziel ist es, die medizinische Situation und Versorgung von über 70-Jährigen mit chronischer Niereninsuffizienz zu verbessern. Die BIS ist am Institut für Public Health der Charité angegliedert und wird von Prof. Dr. Elke Schäffner geleitet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie sind bei der AOK Nordost versichert. An der Durchführung der Studie sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Medizinischen Klinik für Nephrologie an den Charité-Standorten Campus Virchow-Klinikum und Campus Benjamin Franklin, des Vivantes Klinikums im Friedrichshain und des Instituts für Klinische Epidemiologie und angewandte Biometrie des Universitätsklinikums Tübingen beteiligt. 

Studie könnte zum besseren Verständnis von Hirnerkrankungen beitragen

Neurowissenschaftler entdecken bislang unbekannte Funktion von Cannabinoid-Rezeptor
Studie könnte zum besseren Verständnis von Hirnerkrankungen beitragen

Berlin, 02.05.2016 Im Gehirn herrscht ein sensibles Zusammenspiel von Signalstoffen und zellulärer Aktivität. Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) haben in diesem Orchester einen weiteren Akteur identifiziert: In einer Laborstudie stellten sie fest, dass der sogenannte Cannabinoid-Rezeptor Typ 2 die Informationsverarbeitung innerhalb des Hippocampus beeinflusst. Dieses Hirnareal ist maßgeblich an der Bildung von Langzeit-Erinnerungen beteiligt. Die Erkenntnisse könnten zu einem besseren Verständnis der Krankheitsmechanismen von Schizophrenie und Alzheimer beitragen, sie sind im aktuellen im Fachjournal Neuron* veröffentlicht.

Der Cannabinoid-Rezeptor Typ 2, auch CB2-Rezeptor genannt, ist ein spezielles Membranprotein, über das eine Zelle chemische Signale empfangen kann. Dadurch wird ihre Aktivität gesteuert. „Dieser Rezeptor galt bisher vor allem als Teil des Immunsystems, ohne Funktion in Nervenzellen. Unsere Studie zeigt nun, dass er auch für die Signalverarbeitung des Gehirns eine wichtige Rolle spielt“, erläutert Prof. Dr. Dietmar Schmitz, Direktor des Neurowissenschaftlichen Forschungszentrums an der Charité (NWFZ) und Berliner Standortsprecher des DZNE. Neben Berliner Fachkollegen haben sich an der aktuellen Studie auch Wissenschaftler der Universität Bonn und des US-amerikanischen National Institute on Drug Abuse beteiligt.

Wie die Forscher im Tiermodell nachweisen konnten, hebt der CB2-Rezeptor die Erregungsschwelle von Nervenzellen des Hippocampus. „Die Arbeitsweise des Gehirns beruht darauf, dass Nervenimpulse auf nachgeschaltete Zellen in manchen Situationen erregend, in anderen Fällen unterdrückend wirken“, sagt Dr. Vanessa Stempel, Erstautorin der aktuellen Veröffentlichung. „Der CB2-Rezeptor wirkt wie eine Stellschraube, mit der solche Kommunikationsprozesse justiert werden“, so die Wissenschaftlerin weiter, die inzwischen im britischen Cambridge forscht.

Der CB2-Rezeptor zählt zum endogenen Cannabinoid-Systems (ECS). Diese Familie aus Rezeptoren und Botenstoffen kommt bei vielen Lebewesen vor, so auch beim Menschen. Es handelt sich um ein biochemisches Regelsystem, das an der Steuerung zahlreicher physiologischer Vorgänge beteiligt ist. Sein Name basiert auf der bereits länger bekannten Tatsache, dass Wirkstoffe der Cannabispflanze an Rezeptoren des ECS ankoppeln. Bislang sind zwei Sorten solcher Rezeptoren bekannt. Der CB2-Rezeptor hat keine psychoaktive Wirkung. Die durch Einnahme von Cannabis aufgelösten Rauscheffekte werden daher dem Cannabinoid-Rezeptor Typ 1 zugeschrieben.

Die Ergebnisse der aktuellen Studie könnten zum besseren Verständnis von Krankheitsmechanismen beitragen und einen Ansatzpunkt für neuartige Medikamente aufzeigen. „Bei Schizophrenie, Depression, Alzheimer und anderen neuropsychiatrischen Erkrankungen ist die Hirnaktivität gestört. Pharmaka, die an den CB2-Rezeptor binden, könnten die Aktivität der Hirnzellen möglicherweise beeinflussen und somit Bestandteil einer Therapie sein“, resümiert Prof. Schmitz.

*A. Vanessa Stempel, Alexander Stumpf, Hai-Ying Zhang, Tugba Özdogan, Ulrike Pannasch, Anne-Kathrin Theis, David-Marian Otte, Alexandra Wojtalla, Ildikó Rácz, Alexey Ponomarenko, Zheng-Xiong Xi, Andreas Zimmer, Dietmar Schmitz. Cannabinoid type 2 receptors mediate a cell type-specific plasticity in the hippocampus. April 2016, Neuron. doi: 10.1016/j.neuron.2016.03.034.
http://www.cell.com/neuron/fulltext/S0896-6273(16)30025-3

Wegsperren oder helfen?

Fachtagung zur Arbeit mit sexuell grenzverletzenden Menschen

Flyer WegsperrenBerlin, 21.04.2016 Die Charité – Universitätsmedizin Berlin beteiligt sich an der Fachtagung „Wegsperren – und zwar für immer?“ Möglichkeiten und Grenzen der Arbeit mit sexuell auffälligen Menschen“. Ziel der Veranstaltung ist es, die vielfältigen therapeutischen und pädagogischen Angebote, die in Deutschland für potenzielle und reale Verursacher (sexueller) Gewalt existieren, vorzustellen und zu diskutieren.

„Unsere klinischen Erfahrungen der vergangenen Jahre belegen, dass Jugendliche und Erwachsene mit einer sexuellen Ansprechbarkeit für den kindlichen Körper über eine gezielte Medienarbeit für präventive therapeutische Angebote erreichbar sind. Es hat sich gezeigt, dass diese Angebote erfolgreich sexuellen Kindesmissbrauch verhindern können“, erklärte Prof. Dr. Dr. Klaus M. Beier auf der Pressekonferenz. Er ist Leiter des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité und Sprecher des Präventionsnetzwerks „Kein Täter werden“ sowie Leiter des Projekts „Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch durch Jugendliche“ (PPJ).

Die Angebote im Präventionsnetzwerk und im PPJ richten sich an Menschen aus dem Dunkelfeld, die der Justiz nicht bekannt sind, gleichwohl problembewusst und ohne rechtliche Auflagen Hilfe in Anspruch nehmen wollen. Prof. Beier wies darauf hin, dass neun von zehn Teilnehmern am Berliner Standort des Netzwerks „Kein Täter werden“, die bereits sexuelle Übergriffe begangen oder Missbrauchsabbildungen genutzt hatten, dafür nicht von der Polizei belangt worden seien. Diese Menschen gelte es, frühzeitig anzusprechen und therapeutisch zu erreichen – möglichst bevor sie erstmals sexuelle Übergriffe begehen.

Sigrid Richter-Unger, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung und -vernachlässigung e.V. (DGfPI), ergänzte: „Pädagogische und therapeutische Angebote für potenzielle und reale Täter sexueller Gewalt sind ein wichtiger Baustein, um sexuelle Traumatisierungen von Kindern und Jugendlichen zu verhindern. Das gilt sowohl für erstmalige Taten als auch für die Prävention von Folgedelikten.“

Die Experten betonten ausdrücklich ihr gemeinsames Ziel, die Prävention sexueller Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen zu optimieren. Es solle nicht das eine gegen das andere Angebot ausgespielt werden. „Vielmehr gehe es darum, das Sowohl-als-auch zu betonen“, sagte Sigrid Richter-Unger.

Die Fachtagung findet vom 21. bis 22. April im VKU Forum, Invalidenstr. 91 in 10115 Berlin statt. Eröffnet wird die Veranstaltung mit Grußworten von Dr. Stefanie Hubig, Staatssekretärin im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, und Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs.

Die Fachtagung wird gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung und -vernachlässigung e.V. (DGfPI), der Bundesarbeitsgemeinschaft „Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit sexualisiert grenzverletzendem Verhalten (BAG KJSGV e.V.), der Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt (BAG TäHG e.V.), dem Projekt „Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch durch Jugendliche (PPJ)“ der Charité und des Vivantes-Klinikum im Friedrichshain sowie des Präventionsnetzwerks „Kein Täter werden“ und der theaterpädagogischen werkstatt gGmbH (tpw) durchgeführt.

Downloads:
Flyer_Fachtag_Täterarbeit__2_.pdf (74 KB)

Links:
Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin

Wie frei ist der Wille wirklich?

Berliner Wissenschaftler prüfen Grundmuster von Entscheidungen

 

Proband im Hirnduell gegen den Computer, Copyright Charité, Carsten Bogler.

Proband im Hirnduell gegen den Computer, Copyright Charité, Carsten Bogler.

Unser Wille ist freier als bislang angenommen. In computergestützten Experimenten haben Hirnforscher der Charité – Universitätsmedizin Berlin Entscheidungsabläufe am Beispiel von Bewegungen untersucht. Die entscheidende Frage: Lassen sich Prozesse im Gehirn wieder stoppen, wenn sie einmal angestoßen sind? Die Forscher kommen zu dem Schluss: Ja, bis zu einem gewissen Punkt, dem „point of no return“. Die Ergebnisse der Studie sind im aktuellen Fachmagazin PNAS* veröffentlicht.

Hintergrund der neuen Untersuchungen: Spätestens seit den 1980er Jahren diskutieren Hirnforscher, Psychologen, Philosophen und Öffentlichkeit über die Bewusstheit und Vorbestimmtheit menschlicher Entscheidungen. Seinerzeit studierte der amerikanische Forscher Benjamin Libet Hirnprozesse von Probanden, während sie einfache freie Entscheidungen fällten. Er zeigte, dass das Gehirn Entscheidungen bereits unbewusst vorwegnahm. Noch bevor sich eine Person willentlich entschieden hatte, war ein sogenanntes „Bereitschaftspotenzial“ in ihren elektrischen Hirnwellen zu erkennen.

Wie aber kann es sein, dass das Gehirn vorab weiß, wie sich ein Proband entscheiden wird, obwohl es diesem selbst noch gar nicht bewusst ist? Die Existenz der vorbereitenden Hirnwellen galt bis dato oft als Beleg für den sogenannten „Determinismus“. Demnach ist der freie Wille eine Illusion – unsere Entscheidungen werden durch unbewusste Hirnmechanismen erzeugt und nicht durch unser „bewusstes Ich“ gesteuert. Die Forscher um Prof. Dr. John-Dylan Haynes vom Bernstein Center for Computational Neuroscience der Charité haben die Thematik gemeinsam mit Prof. Dr. Benjamin Blankertz und Matthias Schultze-Kraft von der Technischen Universität Berlin neu aufgerollt. Mit aktuellen Messtechniken sind sie der Frage nachgegangen, ob Menschen geplante Bewegungsabläufe stoppen können, nachdem das Bereitschaftspotential für eine Handlung ausgelöst worden ist.

„Unser Ziel war herauszufinden, ob mit dem Auftreten der frühen Hirnwellen eine Entscheidung automatisch und unkontrollierbar erfolgt, oder ob sich der Proband noch umentscheiden, also ein ‚Veto’ ausüben kann“, erklärt Prof. Haynes. Dazu haben die Wissenschaftler Probanden in ein „Hirnduell“ mit einem Computer geschickt und während des Spiels die Hirnwellen per Elektroenzephalographie abgeleitet. Ein speziell „trainierter“ Computer versuchte anhand der Hirnwellen vorherzusagen, wann sich ein Proband aufgrund von Anreizen bewegen würde und sollte den Probanden überlisten: Sobald die Hirnwellen Anzeichen dafür gaben, dass sich der Proband in Kürze bewegen würde, wurde das Spiel zugunsten des Computers manipuliert.

Wenn es Probanden möglich ist, aus der Falle der Vorhersagbarkeit ihrer eigenen Hirnprozesse zu entkommen, wäre dies ein Anzeichen dafür, dass sie über ihre Handlungen noch weit länger Kontrolle haben, als bisher angenommen. Genau das konnten die Forscher nun aufzeigen: „Die Probanden sind den frühen Hirnwellen nicht unkontrollierbar unterworfen. Sie waren dazu in der Lage, aktiv in den Ablauf der Entscheidung einzugreifen und eine Bewegung abzubrechen“, sagt Prof. Haynes. „Dies bedeutet, dass die Freiheit menschlicher Willensentscheidungen wesentlich weniger eingeschränkt ist, als bisher gedacht. Dennoch gibt es einen Punkt im zeitlichen Ablauf von Entscheidungsprozessen, ab dem eine Umkehr nicht mehr möglich ist, den ‚point of no return’.“ In weiteren Studien werden die Berliner Wissenschaftler komplexere Entscheidungsabläufe untersuchen.

*Matthias Schultze-Kraft, Daniel Birman, Marco Rusconi, Carsten Allefeld, Kai Görgen, Sven Dähne, Benjamin Blankertz and John-Dylan Haynes. Point of no return in vetoing self-initiated movements. Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA, Dec. 2015. doi/10.1073/pnas.1513569112.

 

Krankheitserfahrungen teilen

Ein Internetportal startet die neuen Module Brust- und Prostatakrebs und testet ein weiteres zum Thema Darmkrebs

ScreenshotErfahrungsberichte, Information, Unterstützung: Die kostenlose Internetseite „krankheitserfahrungen.de“ bietet zwei neue Module zu den Themen Brust- und Prostatakrebs. In Audio-, Video- oder Textdateien berichten Betroffene über ihren Alltag mit der Krankheit sowie ihre Erfahrungen mit Behandlungen und Nebenwirkungen. Zudem vermittelt das Portal Informationen zu Diagnose, Therapie und Unterstützungsmöglichkeiten. Krankheitserfahrungen.de richtet sich darüber hinaus an medizinisches Personal, das die Einblicke in Patientenerfahrungen zu Fort- und Weiterbildungszwecken nutzen kann. Weitere Angebote gibt es bereits zu den Themen chronischer Schmerz, Diabetes, Epilepsie und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Institut für Psychologie der Universität Freiburg und vom Institut für Allgemeinmedizin der Universität Göttingen betreuen die Internetseite.
Ein weiteres Modul zum Thema Darmkrebs ist derzeit in Planung. Vor dem Start des Moduls soll eine Online-Studie Aufschluss darüber geben, inwieweit das Portal Patientinnen und Patienten den Umgang mit der Erkrankung erleichtern kann. An der Studie teilnehmen können Patienten, die entweder innerhalb der vergangenen drei Jahre erstmals an Darmkrebs erkrankt oder von Metastasen oder Rückfällen betroffen sind. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beantworten in einem Zeitraum von sechs Wochen Fragebögen am Computer. Außerdem haben sie zwei Wochen lang Zugang zu  dem noch nicht freigeschalteten Modul mit Erfahrungsberichten anderer Betroffener und Informationen zum Thema Darmkrebs. Ein Team von der Berlin School of Public Health der Charité – Universitätsmedizin Berlin  unter der Leitung von Dr. Christine Holmberg hat das Projekt in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe DIPEXGermany am Institut für Psychologie der Universität Freiburg um Prof. Dr. Gabriele Lucius-Hoene entwickelt.


Links:

www.krankheitserfahrungen.de
www.darmkrebsstudie-charite.de

Das Internetportal kann Menschen helfen, ihre Krankheit besser zu verstehen. Man sollte es sich aber sehr gut überlegen, ob man die eigene Krankheitsgeschichte mit vollem Namen im Internet veröffentlichen möchte. Vor allem jüngere Menschen sollten da vorsichtig sein. Arbeitgeber, aber auch Versicherungen informieren sich auf solchen Websites auch.