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DGVS aktualisiert Leitlinie zur Diagnostik von Colitis ulcerosa

Leitlinie für die Behandlung der Colitis ulcerosa

Berlin – Krampfartige Bauchschmerzen, Blut im Stuhl und immer wieder Durchfälle: In Deutschland sind rund 150.000 Menschen an der chronisch entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa (CU) erkrankt. Colitis ulcerosa, die meist im jungen Erwachsenenalter, nicht selten auch schon bei Jugendlichen und Kindern, beginnt, verläuft in Schüben und begleitet die Betroffenen in der Regel ein Leben lang. Unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) haben Experten nun die Leitlinie für die Behandlung der Colitis ulcerosa auf den aktuellen Stand der Wissenschaft gebracht. Ein besonderes Augenmerk haben die Autoren dabei auf die erhöhten Infektionsrisiken von CU-Patienten und den Aspekt Ernährung gelegt. Die Rolle der Ernährung wurde viele Jahre überschätzt: Abgesehen vom Stillen gibt es keine wissenschaftlich belegte Ernährungsform, die das Risiko für die Entstehung einer CU-Erkrankung reduziert.

Fälle von Colitis ulcerosa wurden bis Ende der 1950er-Jahre in Deutschland selten diagnostiziert und haben seitdem in allen westlichen Industrieländern deutlich zugenommen. Ein wichtiger Auslöser der Erkrankung und eine Erklärung für die Zunahme der CU scheint in veränderten Umwelt- und Hygienebedingungen der modernen Zivilisation zu liegen. CU tritt eher in Industrieländern als Entwicklungsländern, eher bei Städtern als in der Landbevölkerung auf. „Die Zunahme der Fallzahlen in den letzten Jahrzehnten führte zudem zur Theorie, dass der Auslöser für die Erkrankung auch in den modernen Ernährungsgewohnheiten zu finden sein könnte“, sagt Professor Dr. med. Axel Dignaß von der Medizinischen Klinik I des AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUSES in Frankfurt, einer der Koordinatoren der Leitlinie. Studien hätten diesen Zusammenhang bisher allerdings nicht bestätigt. Einzige Ausnahme sei das Stillen: Kinder, die mindestens sechs Monate lang gestillt wurden, haben ein um fast ein Viertel reduziertes Risiko, später an CU zu erkranken, als nicht oder nur kurz gestillte Kinder.

Während eine Prävention über die Ernährung also nicht effektiv möglich zu sein scheint, kommt der Ernährung bei bereits bestehender CU eine große Bedeutung zu. „Wegen der wiederkehrenden Durchfälle und der Schädigung der Darmschleimhaut haben die Patienten ein hohes Risiko für eine Mangelernährung“, sagt Professor Dr. med. Torsten Kucharzik von der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie des Klinikums Lüneburg, der die Aktualisierung der Leitlinie ebenfalls als Koordinator betreut hat. Oft schwächten die Komplikationen, die durch den Nährstoffmangel hervorgerufen würden, die Patienten mehr, als die Darmentzündung selbst. Besonders Kinder weisen häufig – in bis zu 85 Prozent der Fälle – Zeichen einer Mangelernährung auf. Neben starken Proteinverlusten wirken sich auch eine zu geringe Versorgung mit Mikronährstoffen wie Eisen, Vitamin D, Folsäure oder Zink negativ auf Wachstum und Entwicklung aus. Die Versorgung mit Nährstoffen sollte daher regelmäßig überprüft und fehlende Nährstoffe als Tablette oder Infusion zugeführt werden, empfiehlt die Leitlinie.

Die Ursachen für die Entstehung einer CU sind nach wie vor nicht vollständig geklärt, zentral scheint jedoch eine Fehlsteuerung des Immunsystems zu sein. Die Patienten werden daher meist mit immunsuppressiven Medikamenten behandelt. Damit steigt jedoch die Gefahr von bakteriellen oder viralen Infektionen deutlich an. „Besonders die Kombination mehrerer Medikamente stellt ein Problem dar“, erläutert Kucharzik. In Studien hatten Patienten, die mehrere solcher Medikamente einnehmen mussten, ein um das 14,5-Fache erhöhtes Infektionsrisiko. Die Mediziner raten daher dazu, noch vor Beginn der Therapie den Impfstatus der Patienten zu überprüfen und fehlende Impfungen nachzuholen. Auch die jährliche Grippeimpfung sei für immunsupprimierte Patienten dringend zu empfehlen.

Obwohl die Krankheit nicht selten ist, dauert es bei vielen CU-Patienten noch immer lange, bis sie die richtige Diagnose und eine adäquate Therapie erhalten. „Umso wichtiger war uns die Aktualisierung der Leitlinie“, sagt DGVS-Experte Dignaß. Besonders in den Händen von Hausärzten und der Patienten selbst könne sie wertvolle Hinweise für eine frühzeitige Diagnosestellung und optimale Behandlung der Krankheit geben. Die aktualisierte S3-Leitlinie wurde federführend von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten erstellt und fasst den aktuellen Stand der Wissenschaft bei Diagnostik und Behandlung der Colitis ulcerosa zusammen. Die Leitlinie ist abrufbar unter https://www.dgvs.de/wissen-kompakt/leitlinien/leitlinien-der-dgvs/colitis-ulcerosa/

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 5500 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten.

Alkohol ist ein wichtiger Risikofaktor für Darmkrebs

Darmkrebsmonat März: Alkohol ist ein wichtiger Risikofaktor für Darmkrebs

Foto zeigt Sektgläser mit SektBerlin – Das Trinken von Alkohol ist gesellschaftlich breit akzeptiert, trotz der Risiken, die mit seinem Konsum einhergehen. Alkohol ist an der Entstehung von mehr als 200 Erkrankungen beteiligt, so die Autoren des Alkoholatlas Deutschland 2017. Leberschäden gehören dabei zu den weitgehend bekannten Folgen. Doch auch das Risiko für Darmkrebs steigt. Anlässlich des Darmkrebsmonats März macht die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) darauf aufmerksam, dass auch der vergleichsweise moderate Konsum von Alkohol das Risiko für eine Darmkrebserkrankung erhöht. Ausschlaggebend ist dabei allein die Menge des konsumierten Alkohols, nicht die Art des alkoholischen Getränks. In ihrem Aufruf an die Politik „Prävention beginnt in den Verdauungsorganen“ fordert die DGVS unter anderem eine bessere Aufklärung über die Gefahren des Alkohols sowie mehr Regularien für die alkoholproduzierende Industrie, auf diese Risiken hinzuweisen.

Darmkrebs gehört in Deutschland mit rund 64 000 Neuerkrankungen und etwa 26 000 Todesfällen pro Jahr zu den häufigsten Krebserkrankungen. Männer sind häufiger betroffen und erkranken auch früher als Frauen. „Der Zusammenhang zwischen hohem Alkoholkonsum und Darmkrebsrisiko ist mittlerweile durch zahlreiche Studien gut belegt“, sagt Professor Dr. med. Christian Trautwein, Direktor der Medizinischen Klinik III der RWTH Aachen und Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Eine Auswertung von 14 prospektiven Kohortenstudien zeigte, dass bereits der Konsum von 100 Gramm Alkohol pro Woche mit einem 15-prozentigen Anstieg des Darmkrebsrisikos einhergeht. Ein Standardglas Bier oder Wein enthält jeweils rund 10 bis 12 Gramm reinen Alkohol. „Wer regelmäßig noch mehr Alkohol konsumiert, bei dem nimmt auch das Risiko weiter zu“, so Trautwein. Die Metaanalyse zeigte auch, dass die Gruppe der stärksten Konsumenten im Vergleich zu den Probanden mit dem geringsten Alkoholkonsum ein um rund 50 Prozent erhöhtes Darmkrebsrisiko aufwies. Ausschlaggebend ist dabei allein die Menge des konsumierten Alkohols, nicht die Art des alkoholischen Getränks. Wein oder Bier sind also nicht weniger schädlich als Schnaps oder Whisky. Auch moderate Trinker tun daher gut daran, pro Woche mindestens drei alkoholfreie Tage einzulegen, empfiehlt die DGVS. Neben der Reduktion von Alkohol unterstützt außerdem eine gesunde Ernährung mit mindestens 30 Gramm Ballastoffen pro Tag und möglichst wenig rotem und verarbeiteten Fleisch die Darmgesundheit.

Nichtsdestotrotz lässt sich auch mit gesunder Ernährung und möglichst wenig Alkohol eine Darmkrebserkrankung nicht mit Sicherheit verhindern. „Essentiell wichtig ist deshalb, auch die Darmspiegelung zur Früherkennung von Darmkrebs wahrzunehmen“, betont Professor Dr. med. Wolf Schmiegel, Uniklinik Bochum. Diese wird ab dem Alter von 55 Jahren von den Krankenkassen erstattet. Die DGVS empfiehlt jedoch, die Untersuchung bereits ab 50 vornehmen zu lassen – insbesondere Männern ist dies empfohlen, da sie oft früher als Frauen an Darmkrebs erkranken. Bei einer Darmspiegelung können Krebsvorstufen nicht nur frühzeitig erkannt, sondern auch gleich entfernt werden, bevor sie sich zu einem Tumor weiterentwickeln können.

In ihrem aktuellen Aufruf „Prävention beginnt in den Verdauungsorganen“ fordert die DGVS unter anderem eine bessere Aufklärung über die Gesundheitsrisiken von Alkohol und mehr Regularien für die alkoholproduzierende Industrie, auf diese Risiken hinzuweisen. Das Positionspapier der Fachgesellschaft legt dar, welche Initiativen in Forschung, Prävention und Behandlung notwendig sind, um die Volkskrankheiten der Verdauungsorgane in Zukunft angemessen versorgen und Neuerkrankungen vermeiden zu können.

Literatur:

– Dt. Krebsforschungszentrum (Hrsg), Alkoholatlas Deutschland 2017, Sept. 2017

– Moskal A et al, Alcohol intake and colorectal cancer risk: a dose-response meta-analysis of published cohort studies. Int J Cancer. 2007 Feb 1;120(3):664-71.

PM der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)

Gefährlicher Gewichtsverlust bei Senioren

DGVS: Mangelernährung im Alter frühzeitig erkennen und behandeln

Zwischen 20 und 50 Prozent der älteren Patienten in deutschen Krankenhäusern sind mangelernährt. In Pflegeheimen sind Studien zufolge bis zu 60 Prozent der Bewohner, unter den zu Hause lebenden Senioren etwa 10 Prozent, stark untergewichtig. Mangelernährung begünstigt Infektionskrankheiten, Stürze und den Verlust kognitiver Fähigkeiten, warnt die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Studien belegen, dass ein schlechter Ernährungszustand zu zusätzlichen Pflegekosten, längeren Krankenhausaufenthalten und erhöhtem Sterberisiko führt. Um dem vorzubeugen, fordert die DGVS eine einheitliche Erfassung des Ernährungszustands von Patienten in Kliniken und Pflegeheimen. Gewichtsverlust und Appetitlosigkeit sollten für Angehörige und Pflegekräfte ein Warnsignal sein.
Mit zunehmendem Alter lassen Geschmacks- und Geruchssinn nach. Häufig geht das natürliche Appetitgefühl durch Kau- und Schluckbeschwerden oder psychische Erkrankungen, wie eine Depression, verloren. Auch Erkrankungen, etwa schwere Infektionen, Krebs oder eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) können dazu führen, dass ältere Menschen über längere Zeit die Nahrungsaufnahme vernachlässigen. „Unterernährung bei älteren Menschen sollte so früh wie möglich festgestellt und behandelt werden“, sagt Ernährungsmediziner Professor Dr. med. Johann Ockenga, Direktor der Medizinischen Klinik II am Klinikum Bremen Mitte. Ein Body Mass Index (BMI) von 20,5 kg/m2 oder weniger, aber auch ein erheblicher vorangegangener Gewichtsverlust können auf eine Mangelernährung hinweisen. Einen hohen Gewichtsverlust könnten insbesondere Senioren häufig nicht mehr aufholen, warnt der Experte. „Dabei hängen Lebensqualität und Gesundheit sehr stark vom Ernährungszustand ab“.
Um im Zweifelsfall schnellstmöglich mit der Ernährungstherapie zu beginnen, sei es insbesondere bei älteren Patienten unbedingt nötig, den Ernährungszustand bei Einlieferung ins Krankenhaus oder Aufnahme in ein Pflegeheim einheitlich und regelmäßig zu erfassen. „Es existieren bereits standardisierte Tests, mit denen sich das Risiko einer Mangelernährung verlässlich ermitteln lässt“, sagt Ockenga. „So benötigt man zum Beispiel für ein Nutritional Risk Screening, welches sowohl von der DGVSals auch in den aktualisierten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) empfohlen wird, lediglich eine Waage und ein paar Minuten Zeit.“
Doch in vielen Pflegeheimen und Kliniken gehören solche Tests nicht zur täglichen Praxis. Viele Heimbewohner und die meisten älteren, vielfach erkrankten Patienten brauchen viel Betreuung. Darauf ist der Personalschlüssel nicht immer entsprechend angepasst. Mitunter ist das Pflegepersonal nicht ausreichend geschult, um einen unterernährten Patienten zu erkennen. „Für viele ist es eine normale Alterserscheinung, dass ältere Menschen weniger Appetit haben und an Gewicht verlieren“, so Ockenga. Selbst in vielen teuren Pflegeheimen fehlt die Zeit, um den Senioren beim Halten der Schnabeltasse oder dem Zerkleinern des Essens zu helfen. „Deshalb sollten auch Angehörige unbedingt auf Warnsignale wie Appetitlosigkeit, körperliche Schwäche, Hautveränderungen und Teilnahmslosigkeit achten.“
Fehlt Senioren der Appetit, empfehlen Experten statt drei Hauptmahlzeiten bis zu fünf kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt einzunehmen. Diese sollten aus energiereicher Kost mit hoher Nährstoffdichte, wie Vollkornbrot, Gemüse oder Milchprodukte mit vollem Fettanteil bestehen. „Liegt eine Mangelernährung vor, müssen zunächst mögliche spezifische Ursachen abgeklärt werden“, sagt Ockenga. Darüber hinaus kann Abwechslung auf dem Teller helfen, den Appetit wieder anzuregen. Ausgerechnet fette Lebensmittel sind nicht immer leicht verdaulich. Um in akuten Phasen dennoch Gewicht zuzunehmen, etwa nach einem längeren Krankenhausaufenthalt, können Ärzte hochkalorische Getränke und Speisen verordnen. Sie liefern die nötige Energie aber auch Ballaststoffe. „Ganz wichtig ist, dass hier alle Beteiligten, also Patienten, Angehörige, Pflegepersonal und Ärzte eng zusammenarbeiten und nötigenfalls auch einen spezialisierten Ernährungsberater oder -mediziner hinzuziehen“, empfiehlt der DGVS-Experte.

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 5.000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten.

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Aktionstag „Chronisch entzündliche Darmerkrankungen“
Morbus Crohn-Patienten brauchen individuelle Therapie

Berlin – Deutet sich bei Morbus Crohn ein komplizierter Krankheitsverlauf an, sollten Mediziner schon früh eine immunsuppressive Therapie erwägen, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in ihrer neuen Leitlinie „Morbus Crohn und Colitis ulcerosa“. Dies könnte den Patienten eine Dauertherapie mit Kortison und deren schwere Nebenwirkungen ersparen. Anlässlich des bundesweiten Aktionstages „Chronisch entzündliche Darmerkrankungen“ der Gastro-Liga am 19. Mai 2015, weist die Fachgesellschaft auf besondere Risikofaktoren hin, die einen komplizierten Krankheitsverlauf der Darmkrankheit ankündigen.

Morbus Crohn hat viele Gesichter: „Die Behandlung ist deshalb immer eine Herausforderung, denn die Krankheit verläuft bei jedem Betroffenen anders und es lässt sich schwer vorhersagen, welche Patienten auf welche Therapie dauerhaft ansprechen“, erklärt DGVS- Expertin Professor Dr. med. Britta Siegmund, Direktorin der Medizinischen Klinik I mit Schwerpunkt Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie an der Charité Campus Benjamin Franklin, Berlin. Besonders schwierig sei zu entscheiden, wann Immunsuppressiva zum Einsatz kommen sollten. Das sind Medikamente, die die körpereigene Abwehr eindämmen und so Entzündungsprozessen entgegenwirken, beispielsweise „TNF-Antikörper“.

Bestimmte Anhaltspunkte helfen dabei, gemeinsam mit dem einzelnen Patienten die richtige Entscheidung zu treffen. Für die „frühe, intensive Therapie“ kommen insbesondere Patienten in Frage, die eine floride Entzündung im Dickdarm haben oder deren Dünndarm von der Entzündung betroffen ist, die jünger als 40 Jahre alt sind, die aufgrund der starken Entzündung bereits bei der Erstdiagnose ein „systemisch“ wirksames Kortison bekommen mussten und die unter Fisteln leiden. Sind diese Risikofaktoren vorhanden oder besteht eine aktive Erkrankung, die nicht zu kontrollieren ist, sollte frühzeitig – also unter Umständen schon in den ersten Monaten – eine immunsuppressive Therapie eingeleitet werden, so Siegmund.

„Bei Morbus Crohn-Patienten richtet sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper“, erklärt Siegmund. „Warum das so ist, verstehen wir nicht in allen Details.“ In Teilen scheint die Krankheit vererbt, aber Umwelteinflüsse nehmen eine sehr viel größere Rolle ein. Rauchen verschlimmert den Verlauf der Krankheit und begünstigt auch das Rückfallrisiko.

In Deutschland leiden bis zu 150 000 Menschen an Morbus Crohn. Ärzte finden bei ihnen eine chronische Entzündung, die jeden Abschnitt des Verdauungstrakts befallen kann, meist jedoch den Darm betrifft. Die Krankheit bricht oft in jungen Jahren aus und kehrt in Schüben wieder. Das Ziel einer Behandlung ist es, die Symptome wie Durchfall, starke Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit oder Gewichtsverlust zu lindern und die beschwerdefreie Phase so weit wie möglich zu verlängern, im Idealfall ein weitestgehend normales Leben zu ermöglichen.

Individualisierte Therapiekonzepte sind in diesem Jahr das zentrale Thema des Aktionstages „Chronisch entzündliche Darmerkrankungen“, der anlässlich des „World Inflammatory Bowel Disease“-Tages am 19. Mai 2015 stattfindet. Die Gastro-Liga organisiert an diesem Tag bundesweit Veranstaltungen und Experten-Hotlines. Betroffene und Interessierte können sich über das Krankheitsbild und die Behandlungsmöglichkeiten informieren.

Informationen im Internet:

http://www.dgvs.de/leitlinien/

http://www.gastro-liga.de/

Fettes Essen schädigt die Leber wie Alkohol

Schlemmen an den Festtagen ist erlaubt – bei gesundem Lebensstil

Berlin – Gans, Glühwein und viel zu viele Plätzchen: An den Weihnachtsfeiertagen essen Menschen oft zu viel. Wer sich den Rest des Jahres über gesund ernährt, darf mal über die Stränge schlagen. Diejenigen aber, die dauerhaft zu üppig essen und sich dabei auch noch wenig bewegen, riskieren Übergewicht und als Folge eine Fettleber. Über zehn Millionen Menschen in Deutschland – also mindestens jeder Achte – leiden unter einer Fettleber. Sie ist oft die Vorstufe von Leberzirrhose und -krebs und erhöht das Risiko für Diabetes, Schlaganfall oder Herzinfarkt, warnt die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS).

„Die Fettleber entwickelt sich in jüngster Zeit in rasantem Tempo zu einer Volkskrankheit“, sagt DGVS-Sprecher Professor Dr. med. Christian Trautwein, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselerkrankungen und Internistische Intensivmedizin (Medizinische Klinik III) an der Uniklinik RWTH Aachen. Die Gefahr, die von einer verfetteten Leber ausgehe, werde häufig unterschätzt.

Ursache für eine Fettleber ist nicht nur übermäßiger Alkoholgenuss, sondern oft auch zu fettiges Essen oder eine genetische Vorbelastung, erläutert Trautwein. Ein Diabetes kann Folge und Grund für die krankhafte Veränderung der Leber sein, auch die Einnahme von Medikamenten. Mit der wachsenden Zahl an Übergewichtigen in der Bevölkerung steige auch die der Fettleber-Patienten kontinuierlich an. Das Tückische: Betroffene spüren am Anfang so gut wie keine Symptome. „Völlegefühl, Müdigkeit, manchmal etwas Druck im rechten Oberbauch: das ist alles“, sagt Trautwein.

Dabei ist eine frühe Diagnose wichtig, denn bislang sind keine Medikamente gegen eine Fettlebererkrankung zugelassen. Dies gilt auch dann, wenn sich aus einer ‚einfachen‘ Fettleber eine Steatohepatitis, also eine Entzündung, oder bereits eine Leberzirrhose entwickelt hat. Bei Leberzirrhose vernarbt das Gewebe und das Organ verliert nach und nach seine Funktion. Oft folgt ihr Leberkrebs. Schwere Leberschäden sind irgendwann nur noch durch eine Lebertransplantation zu behandeln. „Menschen mit einer Fettleber müssen deshalb aktiv ihren Lebensstil ändern, und je eher sie dies tun, umso leichter kann sich die Leber regenerieren“, betont Trautwein.

Auch wenn es zunächst widersprüchlich klinge, könne die Weihnachtszeit hierfür ein guter Startpunkt sein. „Die Menschen sollen an den Festtagen Freude und Genuss empfinden“, sagt Trautwein. Doch vielleicht erlaube gerade auch die Ruhe dieser Tage, sich um die eigene Gesundheit und Zukunft Gedanken zu machen. „Für Menschen, die sich für eine Lebensstiländerung entscheiden, gibt es vielfältige Hilfsangebote“, erklärt Trautwein. Der Hausarzt oder auch der behandelnde Gastroenterologe könne die entsprechenden Kontakte vermitteln.

„Erklärtes Ziel der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheit ist es, der unheilvollen Entwicklung zunehmender Fettlebererkrankungen entgegenzuwirken“, so Trautwein. Ein erster Schritt müsse sein, die Menschen über die Krankheit und ihre möglichen Folgeerkrankungen zu informieren.

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 5000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten.