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Hirntumoren können jeden betreffen

Infoveranstaltung für Patienten und Angehörige anlässlich des Welt-Hirntumortages am 8. Juni

Uniklinik HirnturmoreMehr als 8.000 Menschen erkranken jährlich in Deutschland an einem primären Hirntumor. Treffen kann es jeden mit gleicher Wahrscheinlichkeit. Denn es gibt keine Risikofaktoren, die den Tumor begünstigen. Doch dank moderner Behandlungsmethoden können Ärzte sehr oft helfen. Anlässlich des Welt-Hirntumortages findet am 8. Juni 2016 von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr im Neurozentrum des Universitätsklinikums Freiburg eine Patientenveranstaltung zum Thema Hirntumore statt. In Vorträgen, an Info-Ständen und im direkten Gespräch mit behandelnden Ärzten können sich Betroffene und Interessierte ausführlich informieren. Die Veranstaltung ist kostenlos.

Starke Kopfschmerzen, Übelkeit, Sprach- und Sehstörungen, aber auch epileptische Anfälle können Anzeichen für einen Hirntumor sein. Zu den körperlichen Symptomen kommen häufig Ängste der Betroffenen und Familien: die Angst vor einer Persönlichkeitsänderung und die Angst davor, Entscheidungsfähigkeit und Selbstbestimmung zu verlieren. „Wir möchten mit der Veranstaltung informieren, aber auch auf die schwierige Situation der Betroffenen und ihrer Familien aufmerksam machen“, sagt die Sprecherin des Neuroonkologischen Zentrums Prof. Dr. Anca-Ligia Grosu, Ärztliche Direktorin der Klinik für Strahlenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg.

In insgesamt acht Vorträgen erläutern Experten des Universitätsklinikums Freiburg modernste Diagnose-Möglichkeiten, chirurgische und strahlentherapeutische Behandlungsweisen sowie naturheilkundliche und komplementärmedizinische Therapiemöglichkeiten. Außerdem werden aktuelle klinische Studien und unterstützende Maßnahmen bei psychosozialen Belastungen vorgestellt. An Informationsständen im Foyer des Neurozentrums stehen zudem Fachleute während der gesamten Zeit für Fragen zu Verfügung.

Nach wie vor stellen Operation, Strahlentherapie und Chemotherapie die drei wichtigsten Säulen bei der Behandlung von Hirntumoren dar. Um für jeden Patienten den individuell optimalen therapeutischen Plan zu entwickeln, arbeiten die an der Behandlung beteiligten Ärzte der verschiedenen Fachrichtungen eng im Rahmen des neuroonkologischen Zentrums am Universitätsklinikum Freiburg zusammen. In klinischen Studien können Patienten zudem von neueren therapeutischen Ansätzen profitieren.

Der Welt-Hirntumortag wurde im Jahr 2000 von der Stiftung Deutsche Welttumorhilfe ins Leben gerufen. Der Aktionstag findet jährlich am 8. Juni statt.

Flyer-Welt-Hirntumortag

Neues Diagnose-Verfahren erkennt Erbkrankheiten

PhenIX kann aus Gen- und Symptom-Analysen genetische Erkrankungen sicher und schnell erkennen

Berlin, 05.09.2014 Genetisch bedingte Krankheiten bedeuten für Betroffene oft eine Odyssee von Arzt zu Arzt. Weniger als die Hälfte der Patienten, bei denen der Verdacht auf eine genetische Erkrankung besteht, erhalten bislang eine zufrieden stellende Diagnose. Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik haben jetzt ein Testverfahren entwickelt, mit dem sich die Aussichten auf eine Diagnose für Betroffene deutlich erhöhen. Das Verfahren ist für medizinische Einrichtungen frei zugänglich und kann ab sofort eingesetzt werden. Die Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift *Science Translational Medicine publiziert.

 

Der erste Schritt zur richtigen Behandlung ist die genaue Diagnose – doch selbst in unbehandelbaren Fällen ist sie von unschätzbarem Wert. »Das gibt immerhin die Gewissheit, dass die Erkrankung nicht selbst verschuldet ist«, sagt Prof. Dr. Peter Robinson, Wissenschaftler am Institut für Medizinische Genetik und Humangenetik der Charité und einer der Entwickler des neuen Diagnoseverfahrens Phenotypic Interpretation of eXomes (PhenIX). Bisher wurde bei solchen Krankheiten lediglich eine genetische Analyse durchgeführt, die aber oft für eine genaue Erkenntnis oft nicht ausreicht. Problematisch ist bei allen Tests, dass die individuelle Vielfalt der Erbsubstanz der Patienten eine diagnostische Analyse erschwert – unter Millionen von genetischen Abweichungen, die jeder Mensch in sich trägt, gilt es, die eine ausschlaggebende zu finden.

 

Um dieses Problem zu lösen, haben die Berliner Wissenschaftler ein neuartiges diagnostisches Verfahren entwickelt. Im Gegensatz zu früheren Tests kombiniert PhenIX die Analyse der genetischen Unregelmäßigkeiten mit dem klinischen Krankheitsbild des Patienten. Im ersten Schritt wird gezielt nach etwa 3000 Genen gesucht, die dafür bekannt sind, Krankheiten zu verursachen. Dafür haben die Wissenschaftler systematisch öffentlich zugängliche Datenbanken durchsucht und eine Liste von bekannten Gendefekten erstellt. Ist dies geschehen, bleiben üblicherweise noch einige hundert genetische Unregelmäßigkeiten im Genom des Patienten als Kandidaten für den Verursacher der Krankheit. Im zweiten Schritt durchsucht der behandelnde Arzt die Human Phenotype Ontology (HPO), eine an der Charité zuvor bereits entwickelte Datenbank, nach den Symptomen des Patienten. Betrachtet der Arzt nun die Schnittmenge der beiden Analyseverfahren, bleibt eine Kandidatenliste von oft nicht mehr als 20 möglichen Ursachen für die Erkrankung, inklusive Rangfolge nach Wahrscheinlichkeit. Nun ist es nicht mehr schwer, diese der Reihe nach durchzugehen und zu testen.

 

In einer Pilotstudie wurde eine Gruppe von Patienten untersucht, deren genetische Erkrankung bereits bekannt war. PhenIX diagnostizierte ausnahmslos korrekt. Zudem stellten sich weitere Erkrankte der Behandlung, bei denen trotz intensiver, teils jahrelanger Bemühungen und Untersuchungen bislang keine Diagnose gestellt werden konnte. Mithilfe des neuen Verfahrens wurde bei über 25 Prozent dieser Patienten die genaue Krankheitsursache ermittelt.

 

Für Kliniken, die über die notwendige technische Ausstattung verfügen, ist PhenIX bereits frei zugänglich. »Durch die Kombination von klinischem Befund und genetischer Analyse ist uns ein großer Schritt gelungen – für den Arzt bedeutet das neue Verfahren gerade mal zwei Stunden Arbeit«, sagt Dr. Robinson. Und er verspricht: »Auch in Zukunft wird es immer eine frei verfügbare Version des Programms geben.« Verbesserungsmöglichkeiten sieht er noch in einer einheitlicheren Bedienung der Datenbanken. »Ärzte wissen manchmal nicht genau, wie sie ein Symptom beschreiben sollen, oder sie kennen es unter unterschiedlichen Namen.“ Hier könnten gewisse Richtlinien die Suche erfolgreicher machen – damit die Diagnose künftig noch schneller und genauer wird.

 

*Tomasz Zemojtel, Sebastian Köhler, Luisa Mackenroth, Marten Jäger, Jochen Hecht, Peter Krawitz, Luitgard Graul-Neumann, Sandra Doelken, Nadja Ehmke, Malte Spielmann, Nancy Christine Øien, Michal R. Schweiger, Ulrike Krüger, Götz Frommer, Björn Fischer, Uwe Kornak, Ricarda Flöttmann, Amin Ardeshirdavani, Yves Moreau, Suzanna E. Lewis, Melissa Haendel, Damian Smedley, Denise Horn, Stefan Mundlos, Peter N. Robinson: «Effective diagnosis of genetic disease by computational phenotype analysis of the disease-associated genome». Science Translational Medicine. doi: 10.1126/scitranslmed.3009262

Entzündlicher Rückenschmerz oft jahrelang fehlgedeutet

Neue DGRh-Leitlinie soll Früherkennung einer Spondyloarthritis verbessern

Düsseldorf – Chronische Rückenschmerzen entstehen meist durch überstrapazierte oder einseitig belastete Muskeln, Sehnen und Bänder. Andere Ursachen lassen Ärzte bei der Diagnose häufig außer Acht. Dabei kann auch eine rheumatisch-entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule Grund für die Schmerzen sein: Rund eine Million Menschen in Deutschland leiden an der sogenannten axialen Spondyloathritis (SpA), deren bekannteste Unterform der Morbus Bechterew (ankylosierende Spondylitis) ist. Wegen der unspezifischen Frühsymptome diagnostizieren Ärzte eine SpA oft erst mit jahrelanger Verspätung. Um dem entgegenzuwirken, wurde unter Leitung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) eine neue S3-Leitlinie erarbeitet, die sie am 18. September auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf anlässlich ihres 42. Jahreskongresses erläutert.

„Zwischen dem Auftauchen erster Symptome einer SpA und der Diagnose liegen im Durchschnitt mehrere Jahre“, sagt Dr. med. Uta Kiltz vom Rheumazentrum Ruhrgebiet in Herne, Autorin der neuen DGRh-Leitlinie. Erste Symptome der Erkrankung sind tiefsitzende, häufig nächtlich auftretende Rückenschmerzen und eine Steifigkeit der Wirbelsäule. Patienten mit diesen Beschwerden gehen in erster Linie zu Ärzten ohne rheumatologische Erfahrung, die die SpA nicht sofort im Blick haben.

„Die Erkrankung äußert sich meist erstmals im zweiten bis dritten Lebensjahrzehnt“, erklärt Kiltz. „Bei Patienten, die jünger als 45 Jahre alt sind und länger als drei Monate an chronischen Rückenschmerzen leiden, sollte der behandelnde Arzt unbedingt der Frage nachgehen, ob eine Entzündung dahintersteckt.“ Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn sich die Schmerzen bei Bewegung verbessern, wenn sie vor allem in der zweiten Nachthälfte auftreten und so stark sind, dass der Betroffene aufwacht, oder wenn entzündungshemmende Schmerzmittel – nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) – Linderung verschaffen. Sprechen die Symptome für eine SpA, ist eine Überweisung an einen Rheumatologen angebracht.

Denn je früher der Patient effektiv therapiert wird, umso besser: Die mit einer Häufigkeit von etwa 0,5 Prozent in Deutschland verbreitete Erkrankung geht mit vielfältigen rheumatischen Beschwerden auch außerhalb des Skelett- und Gelenksystems einher, darunter Schuppenflechte (Psoriasis) oder eine entzündliche Erkrankung im Augeninneren, Uveitis. Bei etwa der Hälfte der SpA-Betroffenen lassen sich außerdem Darmentzündungen nachweisen.

„Die DGRh empfiehlt Betroffenen eine Kombination aus Medikation, Bewegung sowie einer Patientenschulung“, betont Professor Dr. med. Matthias Schneider vom Universitätsklinikum Düsseldorf, Tagungspräsident des DGRh-Kongresses. Als Medikamente der ersten Wahl gelten NSAR. Patienten, die darauf nicht ansprechen, raten  Rheumatologen TNF-alpha-Blocker zu verordnen, Biologika, die in den Entzündungsprozess eingreifen. Über Diagnose und Therapie der SpA sprechen Rheumatologen auf der Pressekonferenz am 18. September 2014 im Rahmen des DGRh-Kongresses in Düsseldorf.

Quellen:

Baraliakos X, Kiltz U, Heldmann F, Braun J. Modernes Konzept der axialen Spondyloarthritis. Arthritis + Rheuma (Schattauer) 2013; Heft 2:71-75

Braun J, Baraliakos X, Heldmann F, Kiltz U. Was ist gesichert in der Therapie der axialen Spondyloarthritis. Der Internist 2013;54(12):1590-8.