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Jeder elfte Fehltag geht auf den Rücken

Zum Tag der Rückengesundheit am 15. März 2018: TK: Jeder elfte Fehltag geht auf den Rücken

Hamburg, 14. März 2018. Deutschland, wir haben ein Problem: Jeder elfte Tag, den Beschäftigte in Deutschland im vergangenen Jahr krankgeschrieben waren, war rückenbedingt. Das meldet die Techniker Krankenkasse (TK) anlässlich des Tags der Rückengesundheit am 15. März 2018. Insgesamt entfallen 8,8 Prozent aller Krankschreibungstage in Deutschland auf Rückenbeschwerden.

TK-Infografik. Das Kreuz mit dem KreuzStatistisch gesehen waren Erwerbspersonen 2017 15,1 Tage krankgeschrieben. 1,3 Tage davon entfielen auf Rückenprobleme wie Rückenschmerzen oder Bandscheibenprobleme.

Durchschnittlich fehlen 164.000 Beschäftigte aufgrund von rückenbedingten Erkrankungen

Das „Kreuz mit dem Kreuz“ ist regional unterschiedlich ausgeprägt, während es in Baden-Württemberg (1Tag pro Kopf) Bayern (1,1) und Hamburg (1,2) die wenigsten Rückprobleme gibt, haben es Beschäftigte in Sachsen-Anhalt (1,8) und Mecklenburg-Vorpommern (1,9) besonders viel im Kreuz.

TK-Infografik Volkskrankheit RueckenleidenAlbrecht Wehner: „Hochgerechnet auf die knapp 45 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland sind das für 2017 fast 60 Millionen Fehltage wegen Rückenbeschwerden. In Deutschlands Unternehmen fehlten also täglich durchschnittlich 164.000 Beschäftigte aufgrund von rückenbedingten Erkrankungen.“ Da jeder Fehltag Kosten von mehreren hundert Euro, zum Beispiel aufgrund von Produktionsausfällen verursacht, sollten Unternehmen hier gezielt in Betriebliches Gesundheitsmanagement investieren. TK-Experte Wehner betont jedoch, dass dazu mehr gehört als ergonomische Arbeitsplätze: „Auch Stress, die Führungskräfte und Kollegen können buchstäblich im Nacken sitzen und Verspannungen auslösen. Deshalb gehören zu einem rückenfreundlichen Gesundheitsmanagement im Betrieb auch Stressprävention und gesunde Arbeitsabläufe.

„Aber auch die Gartenarbeit sollte möglichst rückenschonend stattfinden“, so Albrecht Wehner.

Die gesetzlichen Krankenkassen bieten ihren Versicherten verschiedene Programme zur „Rückenschulung“ an.

 

Transparente Methoden statt Psychotricks

Fachtag an der Hamburger Uni zu effektiverem Gesundheitsmanagement

Seit der Gesetzgeber 2013 Arbeitgeber im Arbeitsschutzgesetz ausdrücklich dazu verpflichtet hat, die psychischen Belastungen ihrer Mitarbeiter einschätzen und Maßnahmen gegen eine zu hohe Gefährdung zu ergreifen, hat das Gesundheitsmanagement Konjunktur. Aber nicht nur die dafür speziell ausgebildeten Psychologinnen und Psychologen (BDP) kommen zum Einsatz. Auf dem Markt tummeln sich – für Arbeitgeber oft schwer einschätzbar – vom Ingenieur bis zum Theaterwissenschaftler viele Berufsgruppen, die eine neue Einnahmequelle erschließen möchten. Noch sind Qualitätsstandards auf diesem Gebiet nicht ausreichend bekannt, anders als für manch anderen Dienstleistungen. Zudem sind Arbeitgeber ja in der Regel nicht dabei, wenn ihre Mitarbeiter Kurse gegen Stress oder zur Stärkung der Widerstandskraft gegen Belastungen durchlaufen. Sie bekommen irgendwann Ergebnisse präsentiert und wissen oft nicht, wie diese zustande gekommen sind.

„Dagegen wollen wir etwas tun“, so die Julia Scharnhorst aus der Sektion Gesundheitspsychologie des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen Und Psychologen. Mit einem Fachtag unter der Überschrift „Leistung durch Gesundheit“ an der Hamburger Universität wollen sie und Kollegen der Regionalgruppe Hamburg am 10. September über Instrumente aufklären, mit denen psychische Belastungen korrekt ermittelt werden können und damit das Wort „Arbeitssituationsanalyse“ verständlicher und handhabbarer machen. Die Teilnehmer – vom Geschäftsführer über Personalleiter und -entwickler bis zu Führungskräften in Unternehmen und Verwaltung – werden außerdem exemplarisch selbst erleben, wie Mitarbeitertrainings aussehen und besser verstehen, wie man sie idealerweise auswählt.

Bis heute ist der Fokus bei solchen Veranstaltungen oft zu sehr auf das Individuum gerichtet: Ich lerne, wie ich resilient werde, wie ich mit Belastung klarkomme usw.  Eigentlich – so Scharnhorst – müssten die Arbeitsbedingungen der Hauptansatzpunkt sein. Das sei im Gesetz vorgesehen, geschehe aber in den meisten Unternehmen nicht. „Es ist eben viel einfacher, in einem  Fortbildungskatalog nach irgendeinem  Stressmanagement-Kurs zu schauen und Mitarbeiter dahin zu schicken. Deshalb wollen wir uns bei dem Fachtag auch den Teams und den Strukturen der gesamten Organisation zuwenden.“

Ein weiterer Schwachpunkt in der bisherigen Umsetzung des Gesetzes ist nach Julia Scharnhorst Meinung bei vielen Projekten die Evaluation. „Evaluation findet selten statt. Wir widmen diesem Thema während des Fachtages einen Workshop und geben Teilnehmern damit ein Instrument in die Hand, die Effektivität ihrer Investition in das Gesundheitsmanagement zu überprüfen.“ Kausalitäten seien oft nicht nachweisbar, aber immerhin sollte es Messkriterien für die verschiedenen Maßnahmen geben, die eine spätere Überprüfung zulassen.

Von der begründeten Zielstellung des BDP, dass es neben einem Betriebsarzt auch einen Betriebspsychologen geben sollte, ist die Realität noch weit entfernt; das vor kurzem verabschiedete Präventionsgesetz hat diesbezüglich leider keine Klarheit geschaffen, sondern den Ärzten die eigentlich unzumutbare Verantwortung für psychologische Themen trotz fehlender Kompetenz mit aufgebürdet.