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Psychische Belastungen nehmen zu

Gesundheitswesen und öffentliche Verwaltung liegen bei den Fehltagen
aufgrund psychischer Erkrankungen vorn

Fehltage nach BranchenVor allem zwei Wirtschaftsgruppen fallen auf: das Gesundheitswesen und die öffentliche Verwaltung. Sie liegen übrigens nicht nur bei den psychischen Erkrankungen an der Spitze, sondern im gesamten Krankheitsgeschehen. Im Gesundheitswesen lag die Anzahl der durch psychische Erkrankungen verursachten Ausfalltage mit 51 Prozent deutlich über dem DAK-Durchschnitt.
Die Branche verzeichnete 358 Fehltage pro 100 Versicherte. Beschäftigte in der öffentlichen Verwaltung verzeichneten 31 Prozent mehr Ausfalltage als der Durchschnitt der Branchen. Psychische Erkrankungen verursachten hier 311 Tage pro 100 Versicherte.

Frauen vorn

Fehltage psychische ErkrankungenMit 29 Fehltagen pro 100 DAK-Versicherte liegen die Frauen auch bei den neurotischen Störungen weit vor den Männern – auf sie entfielen nur halb soviele Tage (14 Tage/100 Versicherte). Besonders viele Ausfalltage gehen auf das Konto der 55- bis 59-jährigen Arbeitnehmerinnen (39 Tage/100 Versicherte). Bei den Männern ist die Generation 60 plus mit 26 Fehltagen besonders betroffen.

Starker Anstieg bei jungen Männern

Fehltage nach AlterBeim Blick auf die Altersgruppen fällt eine extreme Steigerung bei den 15- bis 19-jährigen Männern auf: Der Anteil der Fehltage mit neurotischen Störungen ist seit 2005 um 236 Prozent gewachsen. Dennoch liegt der Höchstwert von vier AU-Tagen im Jahr 2014 deutlich unter den Fehlzeiten der älteren Arbeitnehmer.

Viele Fehltage bei den 50- bis 54-Jährigen

Bei der Mehrheit der psychischen Erkrankungen ist die Anzahl der Fehltage bei den über 60-Jährigen besonders hoch. Einen kleinen Unterschied gibt es bei den somatoformen Störungen: Hier betrifft der höchste Fehltage- Wert (21,8 Tage/100 Versicherte) die Altersgruppe der 50- bis 54-Jährigen. Danach gibt es keine Steigerung mehr, die Generation 60 plus verzeichnet sogar etwas weniger Fehltage (21,2/100 Versicherte).

Somatoforme Störungen

Körperliche Beschwerden, seelische Ursache

Als somatoforme Störungen gelten körperliche Beschwerden, für die es keine hinreichenden organischen Ursachen gibt. Dazu gehören zum Beispiel Magen-Darm-Probleme, Schmerzen oder unangenehme Hautempfindungen wie Jucken oder Brennen. Die Diagnose F45 ist im Hinblick auf die Fehltage die fünfthäufigste unter den psychischen Erkrankungen. Bei den Frauen verursachte sie im vergangenen Jahr fast doppelt so viele Fehltage (21 Tage/100 Versicherte) wie bei den Männern (12 Fehltage/100 Versicherte).

„Der Handlungs- und Behandlungsbedarf steigt“

sagt  Dr. Hans-Peter Unger, Chefarzt des Zentrums für seelische Gesundheit in der Asklepios Klinik Hamburg-Harburg

Immer mehr Fehltage werden durch psychische Erkrankungen verursacht. Wie erklären Sie diesen Trend?
Man muss zwischen der rasanten Entwicklung der AU-Zahlen und der tatsächlichen Prävalenz psychischer Krankheiten unterscheiden: Es gibt heute nicht mehr psychisch kranke Menschen als vor zehn oder zwanzig Jahren, sie werden aber besser diagnostiziert und weniger stigmatisiert. Fakt ist, dass der Handlungs- und Behandlungsbedarf
weiter steigt. Epidemiologische Studien zeigen, dass rund 40 Prozent der Menschen in Deutschland mindestens einmal im
Leben an einer behandlungsbedürftigen psychischen Krise erkranken.
Viele Fälle bleiben also auch heute noch unerkannt.