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Riesen-Kraftwerk des Cholera-Erregers entschlüsselt

Wissenschaftlerteam des Universitätsklinikums Freiburg und der Universitäten Hohenheim und Konstanz publiziert im Fachmagazin Nature

Wie das Zell-Kraftwerk des gefährlichen Cholera-Erregers aufgebaut ist und
wie es funktioniert, haben jetzt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
der Universitäten Freiburg, Hohenheim und Konstanz  unter Leitung von  PD
Dr. Günter Fritz vom Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums
Freiburg herausgefunden.  Die Forscher konnten das Zell-Kraftwerk mithilfe
der Röntgenkristallographie bis auf die Größe einzelner Atome vermessen und
die Funktion aller Einzelteile klären. Damit gehört der Komplex zu den
größten, die je detailliert beschrieben wurden. Die Forschungsergebnisse
erlauben erstmals, passgenaue Antibiotika zu entwickeln, die auch bei
anderen Erregern wirken dürften. Die Studie ist nun in der renommierten
Fachzeitschrift Nature erschienen.

Riesen-Kraftwerk unter der Lupe: Forscher der Universitäten Freiburg, Hohenheim und Konstanz entschlüsseln mit dem Kraftwerk des Cholera-Erregers einen der größten in der Zellhülle eigebetteten Proteinkomplexe überhaupt.

Riesen-Kraftwerk unter der Lupe: Forscher der
Universitäten Freiburg, Hohenheim und Konstanz entschlüsseln mit dem
Kraftwerk des Cholera-Erregers einen der größten in der Zellhülle
eigebetteten Proteinkomplexe überhaupt.

Bis zu 3,5 Millionen Menschen erkranken jährlich an Cholera. 100.000 bis
120.000 Menschen sterben daran. Auslöser der fatalen Erkrankung ist das
Bakterium Vibrio cholerae, das erstmals im Jahr 1854 beschrieben wurde. Der
Krankheitserreger verfügt über eine besondere Energiequelle, eine
Natriumionenbatterie, welche durch eine molekulare Natriumpumpe aufgeladen
wird. Diese Pumpe schleust Ionen aus dem Erreger heraus, so dass die
Konzentration innen niedriger ist als außen. Beim Wiedereintritt treiben
die Ionen Prozesse wie die Fortbewegung des Erregers an.

Den Aufbau dieser Pumpe hat das Forschungsteam jetzt bis auf die Ebene
einzelner Atome beschrieben. „Die Pumpe gehört zu den größten
Proteinkomplexen, die je in dieser Detailschärfe strukturell und
funktionell beschrieben werden konnten“, sagt Dr. Fritz, der für seine
Forschung mit dem angesehenen Heisenbergstipendium der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt wurde. „In den vergangenen
Jahrzehnten wurden über 100.000 Proteine strukturell beschrieben. Gerade
einmal 20 davon sind in ihrer Komplexität mit der Natriumpumpe
vergleichbar“, so Dr. Fritz weiter.

Diese Arbeiten bilden die Grundlage für die Erforschung neuer,
wirkungsvoller Antibiotika, die diese Natriumpumpe – die Achillessehne des
Cholara Erregers – hemmen. Solche Antibiotika wären wahrscheinlich nicht
allein nur gegen Vibrio cholerae wirksam, sondern auch gegen viele weitere
Erreger, etwa von Pest und Hirnhautentzündung, die ebenfalls auf diese
Natriumpumpe angewiesen sind.

Original-Titel der Arbeit: Structure of the V.cholerae Na+-pumping
NADH:quinone oxidoreductase. Autoren: Julia Steuber, Georg Vohl, Marco S.
Casutt, Thomas Vorburger, Kay Diederichs, Günter Fritz