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Gute Blutzuckereinstellung schützt am besten vor Impotenz

Diabetes-Folgeschäden

Berlin – Diabetes mellitus ist die häufigste Ursache für Potenzstörungen – jeder zweite männliche Diabetespatient leidet unter Erektionsproblemen. Die beste Therapie, die Potenz zu erhalten und eine beginnende Erektionsstörung zu stoppen, ist eine gute Blutzuckereinstellung. Darauf weist die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) hin. Wer erste Anzeichen bemerkt, sollte daher seinen Lebensstil überprüfen und erwägen, eine psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen.

Ein überhöhter Blutzuckerspiegel schädigt mit der Zeit die Blutgefäße. Die Folgen davon sind Durchblutungsstörungen. Sie machen sich oft zuerst an den Füßen bemerkbar, die sich taub anfühlen und unempfindlich gegenüber Berührungen werden. „Danach stellen sich bei Männern häufig auch Erektionsprobleme ein“, erläutert Privatdozent Dr. med. Erhard Siegel, Präsident der DDG. Bleibt eine ausreichende Erektion in rund 70 Prozent der Versuche aus und halten die Probleme mindestens sechs Monate an, sprechen Ärzte von einer „erektilen Dysfunktion“.

Doch so lange sollten Diabetespatienten keinesfalls warten, bis sie ihren Arzt aufsuchen. „Denn die beste Therapie, die Potenz zu erhalten oder eine beginnende Erektionsstörung nicht schlimmer werden zu lassen, ist eine gute Blutzuckereinstellung“, sagt Siegel. Experten gehen heute davon aus, dass eine schlechte Einstellung auch vorübergehend Erektionsprobleme hervorrufen kann – Patienten können damit selbst aktiv zur Therapie beitragen.

Wie die Blutzuckereinstellung verbessert werden kann, besprechen die Patienten mit dem Diabetologen. Die DDG rät, zunächst den Lebensstil zu überprüfen: Rauchen ist sehr abträglich, übermäßiger Alkoholkonsum ebenfalls. Positiv auf den Blutzuckerspiegel wirken sich hingegen Bewegung, gesunde Ernährung und Gewichtsreduktion aus. „Sehr effektiv kann auch eine Beratung sein, wie der Patient die Blutzuckerkontrolle besser in den Griff kriegt“, fügt Siegel hinzu. Darüber hinaus kann ein Therapiewechsel helfen, die Werte zu normalisieren.

Bessern sich die Potenzprobleme dennoch nicht, stehen weitere Maßnahmen zur Verfügung. Mit Abstand beliebtestes Hilfsmittel sind Tabletten, die Phosphodiesterase-Hemmer. Sie entspannen die Penismuskulatur, so dass sich die Blutgefäße besser weiten und die Schwellkörper mit Blut füllen können. Die gängigen Wirkstoffe Sildenafil, Tadalafil und Vardenafil unterscheiden sich dabei vor allem hinsichtlich Wirkungseintritt und Wirkdauer. „Ihre Einnahme ist häufig trotz Herzerkrankung möglich“, erläutert Siegel.

Sind Tabletten für einen Patienten nicht geeignet, kommen die Schwellkörperinjektionstherapie (SKAT) oder eine Vakuumpumpe in Frage. Bei der SKAT gibt sich der Mann vor dem Sex eine erektionsfördernde Spritze ins Glied, die Vakuumpumpe saugt zusätzliches Blut in den Penis. Diese Methoden sind heute aber weniger populär, weil sie oft als unpraktisch empfunden werden. Die Implantation einer Penis-Prothese sollte nur als letzte Maßnahme erwogen werden.
Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG):
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ist mit über 8.900 Mitgliedern eine der großen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine wirksamere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind. Zu diesem Zweck unternimmt sie auch umfangreiche gesundheitspolitische Aktivitäten.

Neuer Wirkstoff wird Patienten mit Diabetes mellitus in Deutschland künftig vorenthalten

Pressemitteilung

Deutsche Diabetes Gesellschaft kritisiert Entscheidung des G-BA zu Canagliflozin

Berlin, 26. September 2014 – Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) hat die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), das Diabetesmedikament Canagliflozin nicht von den Krankenkassen erstatten zu lassen, scharf kritisiert. Der G-BA verhindere durch seine Entscheidung die Einführung einer neuen Gruppe von effektiven und sicheren Wirkstoffen, die für die Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes benötigt werden, erklärte DDG Präsident Privatdozent Dr. med. Erhard Siegel. Auf Grund des Beschlusses wird der Vertrieb in Deutschland nun eingestellt.

Canagliflozin ist nach Dapagliflozin der zweite Wirkstoff aus der Gruppe der SGLT-2-Hemmer („Gliflozine“), die den Blutzucker senken, indem sie die Ausscheidung von Zucker über die Nieren fördern. Im Juni vergangenen Jahres hatte der G-BA Dapagliflozin einen therapeutischen Zusatznutzen abgesprochen. Nun wurde auch die Verordnung von Canagliflozin auf Kassenrezept verhindert.

„SGLT-2-Hemmer sind eine wertvolle Bereicherung der therapeutischen Möglichkeiten, da sich der Wirkungsmechanismus von allen bisher verfügbaren Mitteln unterscheidet“, stellt Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland fest, Mediensprecher der DDG. Das Medikament komme deshalb insbesondere für Patienten infrage, die mit anderen Mitteln keine ausreichende Blutzuckersenkung erzielen und den Einsatz von Insulin vermeiden wollen. Bei diesen Patienten könne mit SGLT-2-Hemmern eine deutliche Senkung des Blutzuckerlangzeitwertes HbA1c erreicht werden. „Der G-BA versperrt mit seiner Entscheidung nun Kassenpatienten in Deutschland zum zweiten Mal diese Therapieoption“, kritisiert Siegel. „Canagliflozin ist für uns ein wertvolles Mittel in der Zusatztherapie für Patienten, das entsprechend den Zulassungsbedingungen allen Patienten zur Verfügung stehen sollte.“

SGLT-2-Hemmer senken nicht nur den Blutzucker, es kommt auch zu einem leichten Rückgang von Blutdruck und Körpergewicht. „Bei übergewichtigen Menschen mit Typ-2-Diabetes, die häufig einen zu hohen Blutdruck haben, ist dies ein günstiger Nebeneffekt, der langfristig Herzkreislauferkrankungen vorbeugen könnte“, sagt Siegel. „Wir betrachten Canagliflozin deshalb als geeignetes Mittel zur Monotherapie, wenn Ernährungsumstellung und Bewegung allein den Blutzucker nicht ausreichend senken und eine Anwendung von Metformin aufgrund von Unverträglichkeit oder Gegenanzeigen nicht möglich ist.“ Die Monotherapie sei nun vom Markt genommen, der Vertrieb der Substanz wird in Deutschland eingestellt.

Der G-BA stützt sich in seiner Entscheidung auf ein Gutachten des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), das nach Ansicht der DDG schwere Mängel aufweist. So hatte das IQWiG eine zentrale Zulassungsstudie aus methodischen Gründen nicht berücksichtigt. Die Studie hatte Canagliflozin mit dem Sulfonylharnstoff Glimepirid als Zusatztherapie bei Patienten untersucht, die mit Metformin allein keine ausreichende Blutzuckersenkung erzielen. In der Studie war die Dosis von Glimepirid langsam gesteigert worden, während Canagliflozin gleich in der vollen Dosis gegeben wurde. Das IQWiG interpretierte dies als unfairen Vergleich.

Aus Sicht der DDG ist es jedoch gängige Praxis. „Bei Sulfonylharnstoffen ist eine langsame Titrierung der Dosis üblich, da es unter der Therapie schnell zu Unterzuckerungen kommen kann“, erläutert Müller-Wieland. Bei SGLT-2-Hemmern besteht die Gefahr nicht. Dass es in der Studie trotz der Titration unter Glimepirid etwa sieben Mal häufiger zu Unterzuckerungen (Hypoglykämie) kam, ist für die DDG Experten ein klares Argument für den Einsatz von Canagliflozin. „Wir würden bei einem Patienten mit erhöhtem Hypoglykämierisiko immer einen SGLT-2-Hemmer bevorzugen“, sagt Müller-Wieland. Bedauerlicherweise seien Fachverbände wie die DDG bei der Beurteilung von neuen Wirkstoffen nicht konsultiert worden. „Fehleinschätzungen wie bei Canagliflozin könnten in diesem Fall verhindert werden“, betont Müller-Wieland.

Die DDG befürchtet zudem, dass die vom G-BA getroffenen Entscheidungen zum Zusatznutzen neuer Medikamente in der Behandlung des Typ-2 Diabetes künftig die Entwicklung von Monopolstellungen einzelner Substanzen fördern könnten. „Daran kann dem G-BA nicht gelegen sein“, meint Siegel.

Beschluss des G-BA:
https://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/105/

Stellungnahme der DDG zum IQWiG-Gutachten:
http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/Redakteur/Stellungnahmen/DDG_Stellungnahme_Canaglifozin_final_30062014.pdf