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ÖkoTest meldet: Appsurd – Codecheck Stellungnahme

14.11.2016 – Hier der Link zur Stellungnahme von Codecheck:

http://corporate.codecheck.info/2016/11/11/codecheck-bietet-effektive-verbraucheraufklaerung-direkt-beim-einkauf/

Verbraucher sollen mit der Smartphone-App Codecheck den Barcode scannen und gesund einkaufen.

Das Ergebnis sind teilweise gefährliche Desinformationen. Das zeigen verschiedene Beispiele, stellt ÖkoTest in seiner Pressemitteilung fest.

Screenshot

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„Wir möchten Usern helfen, Kaufentscheidungen zu treffen, die sie Zuhause nicht wieder bereuen“, sagt Roman Bleichenbacher, Gründer und Geschäftsführer von Codecheck. Glaubt man der Selbstdarstellung, gelingt das bravourös. Die App biete für „User einen echten Mehrwert“. Daher sei es ihr im Mai sogar gelungen, „als erste Schweizer App den Downloadschlager WhatsApp zu überholen und auf Platz 1 zu landen“.

Besieht man sich Codecheck genauer, fragt man sich allerdings: Warum?

Laut Codecheck sind in der App über 35 Millionen Produkte erfasst. Zusammengetragen wurden dazu neben den Meinungen der User Bewertungen und Informationen von Greenpeace, vom BUND, dem WWF und von anderen „seriösen Datenquellen, renommierten Experten und Industrie unabhängigen Organisationen“. Für die Bewertung von Kosmetika hatte sich Codecheck bis Oktober diesen Jahres auf eine von ÖKO-TEST erstellte Liste aus dem Jahr 2000 gestützt. Sie war unbestritten längst nicht mehr auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand. Außerdem berief sich Codecheck auf Heinz Knieriemen, einen österreichischen Journalisten, Fachbuchautor und langjährigen Mitarbeiter der Zeitschrift Natürlich, der allerdings schon seit 2014 tot ist. Trotzdem erklärte Codecheck auf Nachfrage der Rheinische Post Mediengruppe: „Seine Expertisen sind immer noch aktuell.“

Kosmetischer Inhaltstoffe

Inzwischen bezieht sich Codecheck auf die Liste kosmetischer Inhaltstoffe der Europäischen Kommission. Doch die bewertet nicht, sondern beschreibt die Funktionen. Von ÖKO-TEST darauf angesprochen, schreibt Geschäftsführer (CEO) Boris Manhart, Codecheck selbst habe die über 6.500 Inhaltsstoffe neu bewertet. „Teilweise“, so Manhart, „fehlt die Quellenangabe noch, was wir in den nächsten 1-2 Wochen beheben werden.“

So weit, so gut, wenn das Ergebnis überzeugen würde. So weit, so schlecht, denn das tut es nicht. So listet die App 5.497 Treffer mit dem Konservierungsmittel Isobutylparaben. Das ist in der EU seit Oktober 2014 in Kosmetik verboten. Laut Codecheck ist es dennoch beispielsweise in der Schaebens Feuchtigkeits Maske enthalten, im Kamill Hand & Nagelcreme Balsam, im Clearasil Daily Clear Täglich reinigendes Waschgel und der Balea Urea Bodylotion. ÖKO-TEST hat diese Produkte eingekauft – und die Hersteller verstoßen nicht gegen die gesetzlichen Vorschriften. Sie verwenden längst andere Konservierungsmittel.

Wie aktuell diese Informationen sind, lässt sich am Beispiel der Balea Urea Bodylotion erahnen. „ÖKO-TEST 3/2012 sehr gut“ vermerkt Codecheck zu dem Produkt des dm-Drogeriemarkts, das angeblich Isobutylparaben enthält. Das ist schlicht falsch, denn als wir das Produkt vor über vier Jahren untersucht und mit „sehr gut“ bewertet haben, enthielt es das verbotene Konservierungsmittel nicht mehr.

In der Balea Urea Bodylotion und den drei anderen Produkten bewertet Codecheck Isobutylparaben mit „nicht empfehlenswert“. Im Bio Special Gleitgel, das den verbotenen Stoff ebenfalls noch enthalten soll, lautet die Bewertung dagegen „bedingt empfehlenswert“. Das ist nach „empfehlenswert“ die zweitbeste Einstufung. Bebildert ist das Ganze mit einem Produktfoto und dem ÖKO-TEST Label „sehr gut“. Allerdings hat ÖKO-TEST diese Version des Gleitgels nie untersucht und der Hersteller hat längst eine Unterlassungserklärung abgegeben. Zudem ist das Label veraltet.

Lilial gefährdet die Fortpflanzung

Kein Einzelfall von fragwürdigen Informationen und Bewertungen. So listet die App 21.194 Treffer für den Inhaltsstoff Butylphenyl Methylpropional. Mit dem auch Lilial genannten Duftstoff konnten die Codecheck-Experten offenbar nichts anfangen. Er wird einfach „nicht bewertet“. Das Problem: Das nach Maiglöckchen duftende Lilial gefährdet die Fortpflanzung, selbst die EU hält den Stoff nicht mehr für sicher. Bei Codecheck können Lilial-haltige Produkte nichtsdestotrotz uneingeschränkt im grünen Bereich liegen.

Der Versuch, anhand der Inhaltsstofflisten Kosmetik zu bewerten, scheitert allerdings nicht nur an solchen fachlichen Mängeln, sondern auch an einem grundsätzlichen Problem: Viele Schadstoffe, die als Verunreinigungen in die Produkte gelangen, sind nicht deklariert. So fand ÖKO-TEST kürzlich in Nagellacken das verbotene Phenol. „Nicht verkehrsfähig“ lautete daher unser Gesamturteil unter anderem für den Chanel Le Vernis 18 Rouge Noir. Bei Codecheck findet sich kein Hinweis auf die nervenschädigende Substanz – sie ist ja nicht deklariert. Das gleiche gilt für Mascara, die mit polyzyklischen Kohlenwasserstoffen belastet sein können. Die krebsverdächtigen und krebserregenden Substanzen, die ÖKO-TEST noch im September 2016 in vielen Produkten nachgewiesen hat, sind Verunreinigungen von Farbstoffen und finden sich ebenfalls nicht in den Inhaltsstofflisten. Ebenso wie stark krebserregende Nitrosamine in Wimperntusche.

Besonders bedenklich sind die blinden Flecke der App bei Lebensmitteln. Pestizide, Fettschadstoffe, Mineralölbestandteile oder krebserregend Pyrrolizidinalkaloide müssen die Hersteller bekanntlich nicht deklarieren – und sie tun es auch nicht. So hat ÖKO-TEST im Oktober 2016 Reiswaffeln untersucht. Die meisten waren „ungenügend“. Sie enthielten unter anderem krebserregendes Arsen – zum Teil über dem gesetzlichen Grenzwert – sowie krebsverdächtiges Acrylamid.

Im gleichen Monat haben wir Donuts getestet. Alle Produkte waren „ungenügend“ wegen erheblicher Mengen an Fettschadstoffen und Mineralölbestandteilen.

Im August 2016 fielen viele Rooibos-Tees durch: Sie waren mit so großen Mengen an krebserregenden Pyrrolizidinalkaloiden belastet, dass der so genannte Zielwert des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) um bis zu 3.400 Prozent überschritten war. Pyrrolizidinalkaloide sind natürliche Gifte, mit denen sich Pflanzen davor schützen, gefressen zu werden.

Schadstoffe werden nicht bewertet, weil sie nicht als Inhalt gelistet sind

Von all dem findet sich bei Codeckeck – nichts. Im Gegenteil. An den Dennree Reiswaffeln ungesalzen, die nach unseren Untersuchungen über dem Grenzwert mit krebserregendem Arsen belastet sind, hat die App praktisch nichts zu kritisieren (dass die Waffeln laut Codecheck aus Vollkornbrot und Sesam bestehen, ist zwar völliger Unsinn, aber angesichts des blinden Flecks beim Arsen bedeutungslos).

Zum Meßmer Rooibos Tee, vermerkt Codecheck: Fett gering, Zucker gering, gesättigte Fettsäuren gering, Salz gering, glutenfrei, laktosefrei, vegan. Fragt sich, ob die User nicht eher darüber informiert werden sollten, dass der Gehalt an krebserregenden Pyrrolizidinalkaloiden in dem Tee um mehr als 280 Prozent über dem BfR Zielwert liegt.

„Gefahrenpotenzial beachten“ mahnt Codecheck bei den Rewe Beste Wahl Mini Donuts. Die Warnung bezieht sich aber nicht auf die von ÖKO-TEST festgestellten „stark erhöhten“ Mengen an Mineralölbestandteilen und die „erhöhten“ Werte für Fettschadstoffe, sondern auf Lecithin. Sie geht auf eine Veröffentlichung des verstorbenen Heinz Knieriemen Ende der 1990er Jahre zurück. „Besonders von Allergikern und Asthmatikern“ solle das weit verbreitete, aus Soja gewonnene Lecithin gemieden werden. Doch nicht einmal der als sehr kritisch bekannte Zusatzstoff-Experte Udo Pollmer teilt diese Sicht. Denn Sojalecithin enthält kein Sojaeiweiß mehr, das ist für die Allergien verantwortlich. Der Emulgator ist sogar für Bio-Produkte erlaubt.

http://presse.oekotest.de/presse/PM-Codecheck_112016.pdf

 

EU will Grenzwerte für Quecksilber in Fisch lockern

Pressemitteilung

Verbrauchern soll höhere Dosis des Nervengifts zugemutet werden – foodwatch fordert Stopp der Pläne

Berlin, 16. September 2015. Die Europäische Kommission plant eine Lockerung der Grenzwerte für Quecksilber in Fisch. Bei ohnehin schon hochbelasteten Raubfischen soll den Verbrauchern künftig eine deutlich höhere Dosis des Nervengifts zugemutet werden. Dies geht aus einem Arbeitspapier der Europäischen Kommission vom 29.05.2015 hervor, das der Verbraucherorganisation foodwatch vorliegt. Die Grenzwertentscheidung soll nach foodwatch-Informationen zuvor noch am 21. September mit einer Expertenkommission beraten werden.

Die Verbraucherorganisation forderte die Europäische Kommission auf, von einer Lockerung der Grenzwerte abzusehen. Dazu startete foodwatch heute unter www.quecksilber-aktion.foodwatch.de eine Unterschriften-Aktion an die EU-Kommission. „Die Pläne sind das Gegenteil von gesundheitlichem Verbraucherschutz. Die Kommission verfährt nach dem Motto: Risiken und Nebenwirkungen verfehlter Industrie- und Umweltpolitik werden mit voller Wucht an Schwangere und Kleinkinder weitergereicht“, kritisierte Matthias Wolfschmidt, stellvertretender Geschäftsführer von foodwatch. „Die zulässigen Quecksilber-Höchstwerte für Raubfische sind schon heute deutlich höher als bei anderen Lebensmitteln – sie dürfen auf keinen Fall erhöht werden.“

Die Höhe der Quecksilber-Grenzwerte orientiert sich an wirtschaftspolitischen Zielen und damit an der tatsächlichen Belastung der Fische: Trotz der hohen Quecksilber-Messwerte soll ausreichend Fisch für den Markt zu gelassen werden. Dem Arbeitspapier der Kommission zufolge will soll nun einerseits der zulässige Quecksilber-Höchstwert bei Raubfischen von einem auf zwei Milligramm pro Kilogramm Fisch verdoppelt werden. Im Gegenzug plant die EU-Kommission eine Verschärfung der Grenzwerte bei anderen Fisch-Arten von derzeit 0,5 auf 0,1 Milligramm pro Kilogramm Fisch. Aus Sicht von foodwatch ist dies ein „Trick“, um die De-facto-Lockerung der Höchstgrenzen zu verschleiern. Denn kleinere, nicht-räuberische Fische sind meist so niedrig belastet, dass sie die geplanten, künftigen Höchstwerte bereits heute einhalten – eine Verschärfung der Grenzwerte würde also nicht zu einer niedrigeren Belastung der Konsumenten führen. Andererseits führte die geplante Lockerung der Grenzwerte für Raubfische dazu, dass künftig noch höher belastete Schwert- oder Haifischprodukte für den Markt zugelassen würden.

„Unter dem Strich wird die Quecksilberaufnahme der Verbraucher steigen. Die Verschärfung der Grenzwerte für kleine Fische bringt nur auf dem Papier eine Verbesserung des Verbraucherschutzes – die Lockerung der Grenzwerte für Raubfische bringt aber de facto eine höhere Belastung für die Menschen. Das ist ein perfides Ablenkungsmanöver, das allein der Wirtschaft hilft, zum Schaden der Gesundheit von uns Verbrauchern“, so Matthias Wolfschmidt von foodwatch.

Untersuchungen der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA zeigen, dass insbesondere große Raubfische am Ende der Nahrungskette wie Schwert- und Thunfische oft deutlich höher mit Quecksilber belastet sind, als es die derzeit geltenden Grenzwerte eigentlich erlauben. Die Folge: Heute dürfen etwa 50 Prozent des Fangs nicht verkauft werden – nach der geplanten Lockerung der Grenzwerte würden aufgrund ihrer Belastung nur noch 14,5 Prozent des Fangs als unverkäuflich eingestuft, wodurch sich die gesundheitlichen Risiken für die Verbraucher deutlich erhöhen würden.

Quecksilber ist ein für den Menschen hochgiftiges Schwermetall. Es wird etwa von Kohlekraftwerken in die Luft oder als Bestandteil von Agrochemikalien in Böden und Gewässer freigesetzt. Im Meer wird daraus das 100-fach giftigere Methyl-Quecksilber, welches von Fischen aufgenommen wird. Die Verschmutzung der Weltmeere mit dem Nervengift birgt ein gravierendes gesundheitliches Risiko, vor dem die deutsche Bundesregierung insbesondere Schwangere und (Klein-) Kinder warnt. Das Schwermetall kann zu Entwicklungsstörungen des Fötus führen und bei Erwachsenen für eine Reihe von Nervenstörungen verantwortlich sein. Besonders hoch mit Quecksilber belastet sind Raubfische, die am Ende der Nahrungskette stehen, wie Hai-, Schwert- und Thunfische.

foodwatch forderte die EU-Kommission auf, auf die Lockerung der Grenzwerte zu verzichten und stattdessen Maßnahmen zu ergreifen, um die Belastung der Menschen zu senken. So solle der Einsatz von schwermetallhaltigen Pflanzenschutzmitteln schnellstmöglich verboten und der Quecksilberausstoß durch die Verbrennung von Kohle zur Energiegewinnung konsequent und maximal reduziert werden.