Pilze sammeln wird immer bliebter
Vorsicht: Es besteht Vergiftungsgefahr
Folgen reichen von Übelkeit bis zu tödlichem Organversagen / Nicht-einheimische Sammler sind besonders gefährdet / Vergiftungs-Informations-Zentrale am Universitätsklinikum Freiburg berät rund um die Uhr
Pilze sammeln ist längst kein Exoten-Hobby mehr. Seit einigen Jahren steigt die Zahl derer, die in den Wäldern um Freiburg und ganz Baden-Württemberg eifrig Pilze sammeln – mit Pilzlexikon und Körben bewaffnet. Mindestens 2000 verschiedene Arten können unterschieden werden. Neben dem Steinpilz und den Morcheln sind über 600 weitere Arten im Schwarzwald um Freiburg vertreten. Wie viele davon tatsächlich essbar sind, weiß keiner genau. Denn das vorhandene Wissen rührt vor allem von Vergiftungsfällen her.
Essbare und Giftpilze sehen sich oft sehr ähnlich
Viele Giftpilze sehen essbaren Pilzen zum Verwechseln ähnlich. Für den Laien sind die meisten Pilzarten nicht zu unterscheiden. „Daher reicht es nicht aus, mit dem Pilzbuch in den Wald zu gehen“, sagt Dr. Uwe Stedtler, stellvertretender Leiter der Vergiftungs-Informations-Zentrale am Universitätsklinikum Freiburg, „weil das Aussehen der Pilze sehr unterschiedlich sein kann, wenn man nicht genau weiß, auf welche Kennzeichen man achten muss.“ Pro Jahr sterben allein in Baden-Württemberg zwei bis drei Menschen an Pilzvergiftungen. In Zweifelsfällen sollten Sammler bei Pilzausbildern oder Sachverständigen nachfragen und die Finger von den unbekannten Pilzen lassen.
Finger weg vom falschen „Wiesenchampignon“
Einer der giftigsten Pilze Europas ist der Knollenblätterpilz, der von August bis Oktober wächst. Fast 95 Prozent aller tödlich endenden Pilzvergiftungen gehen auf diesen Pilz zurück. Bereits kleine Mengen sind lebensgefährlich. „Besonders gefährdet sind Mitbürgerinnen und Mitbürger, die aus anderen Ländern, insbesondere aus dem östlichen Europa, nach Deutschland gezogen sind, da Pilze aus der alten Heimat dem hiesigen Knollenblätterpilz zu ähneln scheinen“, sagt Dr. Stedtler. Schuld an einer Vergiftung ist meist Amatoxin, ein giftiger Eiweißstoff, der in manchen Pilzen vorhanden ist. Der lässt sich weder durch Kochen noch durch Trocknen unwirksam machen.
Was tun, wenn kleine Kinder unbekannte Pilze probieren?
Mehr als die Hälfte der Anfragen zu Pilzvergiftungen erhält die Vergiftungs-Informations-Zentrale Freiburg von besorgten Eltern, deren Kleinkinder von einem unbekannten Pilz probiert haben. „Zum Glück essen die Kinder meist nur sehr wenig Pilz, was selten schwere Folgen hat“, sagt Dr. Maren Hermanns-Clausen, Leiterin der Vergiftungs-Informations-Zentrale am Universitätsklinikum Freiburg.
Wichtig ist, vorhandene Reste des Pilzes aufzubewahren, um ihn gegebenenfalls bestimmen lassen zu können. „Durch unsere Beratung können wir den Kindern in den meisten Fällen einen Krankenhaus-Aufenthalt ersparen.“
Eine Vergiftung kann sich 15 Minuten bis mehrere Tage nach dem Pilzverzehr äußern
Pilzvergiftungen können Magen-Darm-Beschwerden auslösen, aber auch zu Leber- und Nierenversagen führen. Dann hilft, wenn überhaupt, nur noch eine Organtransplantation. Bei Kindern verläuft eine Pilzvergiftung häufig schwerer als bei Erwachsenen. Es gibt aber kaum eindeutige Vergiftungssymptome. Leichte Pilzvergiftungen, die nicht lebensgefährlich sind, können schon zwischen 15 Minuten und vier Stunden nach dem Pilzessen auftreten und mehrere Tage anhalten. Bei einer schweren und lebensbedrohenden Vergiftung können die ersten Anzeichen Tage auf sich warten lassen. „Oft werden die Beschwerden wie beispielsweise Muskelschmerzen, Flankenschmerzen und Harnbluten dann gar nicht mehr mit dem Pilzkonsum in Verbindung gebracht“, so Dr. Stedtler.
Im Verdachtsfall schnell zum Arzt – mit Speiseresten
Wenn die ersten Anzeichen einer Vergiftung zu erkennen sind, sollte man schnellst möglich zum Arzt oder ins Krankenhaus fahren. Wenn noch Reste der Pilze übrig sind, sollte man diese zur Identifizierung mit zum Arzt nehmen. „Die Bestimmung ist wichtig, um die Giftigkeit einzuschätzen. Und je präziser der Pilz beschrieben werden kann, desto genauer kann die erforderliche Behandlung sein“, erklärt Dr. Uwe Stedtler. Wird eine Vergiftung rechtzeitig behandelt, kann sie in den meisten Fällen ohne bleibende Schäden ausheilen.