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Psychische Erkrankungen bei älteren Menschen

Psychische Krankheiten bei älteren Menschen sind häufiger als bisher angenommen

13. September 2016

Ergebnisse einer vom Universitätsklinikums Hamburg‐Eppendorf geleiteten Studie

Bisher waren Wissenschaftler davon ausgegangen, dass die Häufigkeit psychischer Erkrankungen im höheren Alter sinkt. Eine neue, groß angelegte Untersuchung in sechs europäischen Ländern mit innovativen Diagnoseverfahren kommt nun zu dem Ergebnis, dass rund ein Drittel der 65 bis 85 Jahre alten Befragten rückblickend auf das vergangene Jahr unter einer psychischen Erkrankung litt und rund ein Viertel der Befragten aktuell psychisch krank ist. Die Ergebnisse der Studie, die von Prof. Dr. Martin Härter, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Medizinische Psychologie des Universitätsklinikums Hamburg‐Eppendorf (UKE), koordiniert wurde, wurden nun im renommierten „British Journal of Psychiatry“ publiziert.

„Ausgangspunkt war die Annahme, dass die gültigen Diagnoseverfahren für Erwachsene schlechter für die Diagnose von psychischen Krankheiten bei älteren Menschen geeignet sind“, erläutert Studienleiter Prof. Härter, der gemeinsam mit Prof. Dr. Sylke Andreas, Dr. Jana Volkert und Prof. Dr. Holger Schulz (Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie des UKE) die Untersuchung koordinierte. Ältere Menschen würden bei den herkömmlichen Diagnoseinstrumenten recht bald die Aufmerksamkeit verlieren. Hinzu kommt, dass die Fragen in den bisherigen Diagnoseverfahren oft recht lang und kompliziert waren, was zusätzlich älteren Menschen Probleme bereitete.

Neues  Diagnostikinstrument entwickelt

Das Forschungsteam entwickelte zunächst ein neues Diagnostikinstrument in Form eines computerbasierten Interviews mit vereinfachten Sätzen. Mit diesem Verfahren wurden dann 3100 Menschen im Alter von 65 bis 85 Jahren in Spanien, Großbritannien, Deutschland, Italien, Israel und in der Schweiz untersucht. Die statistischen Analysen wurden von Prof. Dr. Karl Wegscheider, Susanne Sehner und Dr. Anna Suling vom Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie des UKE durchgeführt.

Die Ergebnisse zeigen eine deutlich höhere Häufigkeit von psychischen Erkrankungen bei älteren Menschen als bisher angenommen wurde: Bei einem Drittel der Befragten zeigte sich zum Zeitpunkt des Interviews eine psychische Erkrankung im vergangenen Jahr (Ein‐Jahres‐Prävalenz) und bei einem Viertel der Befragten wurde eine aktuelle psychische Erkrankung festgestellt. Am häufigsten waren es Angsterkrankungen (17 Prozent) und Depressionen (14 Prozent), an denen die befragten Personen im vergangenen Jahr erkrankt waren.

Die Ergebnisse seien insbesondere vor dem Hintergrund der bisher angebotenen Gesundheitsleistungen erschreckend, sagt Prof. Andreas, die inzwischen an der Alpen‐Adria Universität Klagenfurt (Österreich) arbeitet. „Wir brauchen bessere und verlässlichere Wege, um zu eruieren, ob ein älterer Mensch an einer psychischen Erkrankung leidet. Damit einher geht auch die dringliche Notwendigkeit, bis dato beinahe gänzlich fehlende psychotherapeutische Versorgungsangebote für Menschen im höheren Lebensalter zu etablieren.“

Literatur:
Sylke Andreas, Martin Härter et al., “Prevalence of mental disorders in elderly people: the European MentDis_ICF65+ study”. The British Journal of Psychiatry 2016 (published ahead of print). DOI: 10.1192/bjp.bp.115.180463

Links zum Thema:

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23000171

http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs381/en/

 

Medizinische Zweitbegutachtung vor Knie-OP

Orientierungshilfe durch Modellvorhaben

Jedes Jahr werden rund 175.000 künstliche Kniegelenke in Deutschland eingesetzt. Damit ist die sogenannte Knieendoprothese nach der Hüftprothese die zweithäufigste Operation in Deutschland. Schwere, fortgeschrittene Verschleißerscheinungen im Kniegelenk – beispielsweise durch Arthrose – machen bei vielen Patienten eine solche Prothese erforderlich. Allerdings ist nicht bei jedem Verschleiß eine Operation nötig. Die AOK Bayern bietet daher allen betroffenen Versicherten eine medizinische Zweitbegutachtung an. Ein entsprechendes Modellvorhaben wurde mit der Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Physikalische Medizin und Rehabilitation der Universität München gestartet. „Wir geben AOK-Versicherten eine zusätzliche Orientierungshilfe, damit sie für sich persönlich den optimalen Behandlungsweg finden“, sagt Dr. Helmut Platzer, Vorstandsvorsitzender der AOK Bayern.

Erfahrene Orthopäden des Klinikums der Universität München sichten die Unterlagen und untersuchen das Knie erneut. Dazu ist ein persönliches Erscheinen notwendig. Die Patienten werden über Chancen und Risiken verschiedener Behandlungsmethoden – Operation oder konservative Therapie – aufgeklärt. Die ärztliche Zweitmeinung kann die vorliegende Empfehlung bestätigen oder Alternativen aufzeigen. Das Angebot ist für AOK-Versicherte kostenlos.

Die Möglichkeit, eine ärztliche Zweitmeinung einholen zu können, ist vielen Versicherten wichtig: Knapp 90 Prozent der Deutschen schätzen eine zweite ärztliche Meinung. Jeder Vierte nutzt die Möglichkeit bereits. Dies zeigt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung. Mit der ärztlichen Zweitmeinung bei künstlichen Kniegelenken erweitert die AOK Bayern ihr Angebot. Auch bei der Diagnose Krebs können AOK-Versicherte kostenlos eine ärztliche Zweitmeinung einholen. Kooperationspartner ist die Universitätsklinik Erlangen, die zu den onkologischen Spitzenzentren in Bayern zählt.