Wie Gedanken die Wahrnehmung beeinflussen

Studie des Universitätsklinikums Freiburg und des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene bringt neue Erkenntnisse zu Mechanismen der Vorstellungskraft / Publikation in Scientific Reports

Der sogenannte Necker-Würfel kann in zwei unterschiedlichen 3D-Orientierungen wahrgenommen werden.
Bildquelle: Universitätsklinikum Freiburg
Der sogenannte Necker-Würfel kann in zwei unterschiedlichen 3D-Orientierungen wahrgenommen werden.
Bildquelle: Universitätsklinikum Freiburg

Unser Gehirn arbeitet auf Hochtouren, wenn wir uns etwas vorstellen – und zwar genau wie beim echten Sehen. Eine aktuelle Studie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg und des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene legt nahe, dass die neuronalen Mechanismen bei visueller Vorstellungskraft und realer Wahrnehmung sehr ähnlich sind. Die Ergebnisse könnten langfristig zu einer besseren Diagnostik von Wahrnehmungsstörungen oder kognitiven Beeinträchtigungen beitragen. Die Studie wurde am 18. Oktober 2024 in der Fachzeitschrift Scientific Reports veröffentlicht.

„Unsere Forschung zeigt, dass wenn wir uns etwas vorstellen, unser Gehirn quasi die gleichen neuronalen Strukturen nutzt, die auch bei der Verarbeitung realer visueller Reize zum Einsatz kommen“, sagt PD Dr. Jürgen Kornmeier, Studienleiter und Leiter des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene.

Visuelle Vorstellungskraft beeinflusst nachfolgende Wahrnehmungen

In der Studie betrachteten die Teilnehmer*innen zunächst einen sogenannten Necker-Würfel, eine zweidimensionale Darstellung eines Würfels, der in zwei verschiedenen 3D-Orientierungen wahrgenommen werden kann und bei dessen Betrachtung unsere Wahrnehmung spontan zwischen diesen Orientierungen hin und her springt. Interessanterweise beeinflusste das Betrachten eines eindeutig erkennbaren Würfels mit Tiefeninformation, in welcher Orientierung der nachfolgende mehrdeutige Würfel wahrgenommen wurde. Solche „Priming“-Effekte sind in der Forschung gut bekannt.

In einer zweiten Phase der Studie wurde den Proband*innen kein realer Würfel gezeigt. Stattdessen sollten sie sich den Würfel lediglich vorstellen. „Die Ergebnisse zeigten, dass auch diese Vorstellung die Wahrnehmung des nachfolgenden mehrdeutigen Würfels und damit das Gehirn ähnlich beeinflusste wie das tatsächliche Sehen – das „Priming“ funktionierte also ebenso gut durch reine Vorstellung“, sagt Kornmeier.

Originaltitel der Publikation: „Visual imagination can influence visual perception – towards an experimental paradigm to measure imagination“
DOI: 10.1038/s41598-024-74693-x
Link zur Studie: https://www.nature.com/articles/s41598-024-74693-x