Neues Gesetz stärkt Verbraucherrechte gegenüber Krankenkassen

Verbraucherzentrale Hamburg bittet Betroffene, Missstände zu melden 

Die Verbraucherzentrale Hamburg begrüßt das neue „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“. Es setzt den Krankenkassen unter anderem engere Grenzen, in denen sie persönlichen Daten von Krankengeldbezieherinnen und -beziehern erheben dürfen. Dennoch sind die Verbraucherschützer skeptisch, dass die Krankenkassen in der Praxis den neuen Bestimmungen in Gänze folgen werden.

„Unter dem Deckmantel der Mitwirkungspflicht haben die Krankenkassen in der Vergangenheit immer wieder Druck ausgeübt und Menschen, die Krankengeld beziehen, zur Preisgabe von sensiblen Patientendaten bewegt“, so Dr. Jochen Sunken von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Ob die Kassen diese Praxis von heute auf morgen ändern werden, bleibt abzuwarten. Schließlich konnten sie durch das sogenannte Krankengeldfallmanagement viel Geld sparen.“ 

Patientenschützer Sunken möchte alle Betroffenen ermutigen, ihre neu gewonnenen Rechte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen, und beharrlich zu bleiben. Sollten Patientinnen und Patienten mit einem Anspruch auf Krankengeld trotz der neuen Regelungen weiterhin die Erfahrung machen, dass Krankenkassen sie bei der Abfrage von Daten unter Druck setzen, oder auf die telefonische Form bestehen, die nur noch nach Einwilligung möglich ist, können sie die Verbraucherzentrale Hamburg unter der Mailadresse patientenschutz@vzhh.de darüber informieren.

Weniger Spielraum bei der Erhebung von Patientendaten

Das neue „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“ beschränkt die Rechte der Krankenkassen bei der Erhebung von Daten von Krankengeldbezieherinnen und -beziehern, wenn diese einer individuellen Beratung und Hilfestellung (nach § 44 Absatz 4 SGB V) nicht zugestimmt haben. Die wichtigsten Neuregelungen im Überblick:

– Die Krankenkassen dürfen bezüglich der Frage, ob sie den Medizinischen Dienst zur Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit einschalten, nur die Informationen nutzen, die sie bereits rechtmäßig erhoben haben. In zwei Ausnahmefällen können sie die Versicherten kontaktieren:
o Die Krankenkassen dürfen danach fragen, ob eine Wiederaufnahme der Arbeit absehbar ist und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt. Dies dient offensichtlich dazu, zu verhindern, dass der Medizinische Dienst in Fällen beauftragt wird, in denen die Arbeitsunfähigkeit bald enden wird.
o Die Krankenkassen dürfen fragen, ob es konkret bevorstehende diagnostische und therapeutische Maßnahmen gibt, die einer Wiederaufnahme der Arbeit entgegenstehen. Auch dies soll offenbar eine Beauftragung des Medizinischen Dienstes verhindern, wenn noch diagnostische oder therapeutische Maßnahmen laufen.

– Die Krankenkassen dürfen nach den oben genannten Angaben nur per E-Mail oder Brief fragen – es sei denn, die Versicherten haben einer telefonischen Erhebung schriftlich oder elektronisch zugestimmt. Das Telefonat ist von der Krankenkasse zu protokollieren. Die Versicherten haben ein Anrecht auf das Protokoll, worauf die 
  Krankenkassen auch hinweisen müssen.

– Die Krankenkassen dürfen bei Leistungserbringern (zum Beispiel Ärzten), die die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) ausgestellt haben, nur dann Angaben erheben, wenn sie erforderlich sind, um
o die Diagnosen in der AU-Bescheinigung zu konkretisieren,
o zu erfahren, welche weiteren diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen vorgesehen sind,
o Kenntnis von Art und Umfang der zuletzt ausgeübten Tätigkeit zu erlangen oder
o zu erfahren, in welchem Umfang ALG I-Empfänger bei der Arbeitsagentur zur Verfügung stehen.

Schutz der Privatsphäre 

Das Gesetz verbietet jegliche weitere Datenerhebung oder Informationsbeschaffung der Krankenkasse, die über das beschriebene Maß hinausgeht: Betroffene sind also zu keiner Angabe von Informationen verpflichtet, die nicht unter die beschriebenen Ausnahmen fallen. Früher übliche, wenn auch in rechtlichen Graubereichen befindliche Fragen, zum Beispiel nach einer Selbsteinschätzung des Befindens, nach der Gestaltung des Arbeitsplatzes oder einem Rentenantrag sind nicht mehr zulässig. Das gilt weiterhin auch für schon immer klar rechtswidrige Fragen nach Problemen beim Arbeitsplatz, familiären Problemen oder Urlaubsplänen.