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25 Jahre Alterserforschungsanzug

Brücke des Verständnisses zwischen Jung und Alt

Vor 25 Jahren, am 10. Mai 1994, berichtete die Deutsche Presseagentur (dpa) über die Erfindung eines Altersanzugs. „Mit 17 fühlen wie mit 70“ lautete die Überschrift.

Es ging um einen Anzug, mit dessen Hilfe man in jungen Jahren die körperlichen Einschränkungen alter Menschen erfahren und erforschen kann.
Der Alterserforschungsanzug bestand aus Gehördämpfern, einem Visier mit einer gelblichen Spezialfolie, aus Gewichten, Bandagen für Ellenbogen und Kniegelenke.

Das Bild zeigt den Anzug mit dessen Hilfe man in jungen Jahren körperliche Einschränkungen alter Menschen erfahren kann.

Mit diesen Hilfsmitteln war es möglich, Schwerhörigkeit zu erleben, altersbedingte Einschränkungen des Sehvermögens und eingeschränkte Beweglichkeit der Gelenke. Durch die Gewichte fühlte sich der eigene Körper schwer an und jede Bewegung war deutlich anstrengender als in der Jugend.

Der Erfinder, Gundolf Meyer-Hentschel, ein Verhaltenswissenschaftler aus Saarbrücken, hatte im richtigen Moment die richtige Idee. Was er nicht ahnte, er hatte mit dem Alterserforschungsanzug einen neuen Markt geschaffen, der schnell wuchs. Da die Zahl der alten Menschen in vielen Ländern zunimmt, bestand sofort grosses Interesse für seine Erfindung.

Inzwischen gibt es weltweit viele Varianten von Altersanzügen. Hochwertige Modelle verfügen über Overalls oder Jacken und Hosen, in die Gewichte integriert sind. Einfache Modelle bestehen nach wie vor aus Einzelelementen wie der erste Alterserforschungsanzug.

Am häufigsten werden Altersanzüge in der Pflegebranche eingesetzt. Viele Pflegeschulen, Kliniken und Pflegeheime setzen diese Anzüge ein, um Pflegekräfte zu schulen. Immer geht es darum, durch das eigene Erleben mehr Empathie für alte Menschen zu erreichen.

Einen festen Platz haben Altersanzüge an vielen Universitäten im Medizinstudium, z.B. an der Charité, und in Weiterbildungen für Ärzte. Im Curriculum Geriatrische Grundversorgung der Bundesärztekammer gibt es ein Modul «instant aging» mit Altersanzügen.

Auch viele Wirtschaftsunternehmen nutzen Altersanzüge. Fast immer hat man das Ziel, Konstruktion und Design von Produkten besser an die Bedürfnisse der wachsenden Zahl alter Kunden anzupassen. Vorreiter ist hier die Automobilindustrie. Fast alle deutschen Automobilhersteller nutzen Altersanzüge, um jungen Ingenieuren ein besseres Gefühl für die Bedürfnisse älterer Autofahrer zu geben. Auch Hersteller von Hausgeräten setzen beim altersgerechten Design ihrer Produkte auf den Alterserforschungsanzug.

Alt werden und gesund bleiben im Rettungsdienst

Menschen helfen, gesund bleiben

Wirtschaftspsychologen der Universität Freiburg veröffentlichen Studie zur Beanspruchung von Rettungsassistenten

Grafik: DRK Kreisverband Emmendingen

Grafik: DRK Kreisverband Emmendingen

Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten üben einen Beruf aus, der sich in vieler Hinsicht positiv auf ihre psychische Gesundheit auswirkt. Zu diesem Ergebnis kommt der Wirtschaftspsychologe Hans-Eckart Klose von der Universität Freiburg. Seine Studie ist in Zusammenarbeit mit dem Kreisverband Emmendingen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Projekt „AGIRE – Alt werden und gesund bleiben im Rettungsdienst“ entstanden. Klose hat mit seinem Team Rettungsassistenten bei knapp zehn Schichtdiensten begleitet und die Merkmale ihrer Tätigkeiten erfasst. Außerdem haben die Psychologinnen und Psychologen 176 Fragebögen, ausgefüllt von 41 Rettungsassistenten, ausgewertet.

Einer der zentralen Befunde der Studie: „Rettungsassistenten arbeiten viel und stehen oft unter hohem Zeitdruck, aber durchgängigen psychischen Stress im Sinne einer objektiven Überforderung stellen wir nicht fest“, berichtet Klose. Physische Anstrengung, etwa beim Tragen schwerer Lasten oder bei der Arbeit in ungünstiger Körperhaltung, und organisationale Stressoren wie interne Umstrukturierungen oder personelle Wechsel haben die Rettungsassistenten höher bewertet. Wichtig für ihr Wohlbefinden ist, dass sie ihre Arbeit als besonders sinnhaft und wichtig wahrnehmen. Auch das soziale Klima und das Gemeinschaftsgefühl können die Auswirkungen von Stressoren abpuffern: Die Einsatzkräfte kooperieren und kommunizieren beispielsweise mit Patienten, Angehörigen, Ärzten oder Kollegen und erhalten so viel Feedback und Unterstützung. Zudem ist die Arbeit vielseitig: Sie umfasst die ganze Bandbreite von körperlich und geistig einfachen bis anspruchsvollen Tätigkeiten – von der Desinfektion der Fahrzeuge bis hin zur medizinischen Versorgung von Notfallpatientinnen und -patienten, wobei die Rettungsassistenten den gesamten Einsatzablauf selbst verantworten. All das, so das Fazit, fördert die psychische Gesundheit der Beschäftigten.

Die Studie zeigt auch ungenutzte Potenziale auf: „Vor allem unmittelbare Vorgesetze haben große Möglichkeiten, die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sichern und zu fördern“, sagt Klose. Wichtig ist demnach vor allem, verlässliche organisationale Informationen zu geben, die Häufigkeit organisatorischer Änderungen im Auge zu behalten und Schichtdienste gut zu planen, damit die Rettungsassistenten möglichst nicht aus der Freizeit zur Arbeit gerufen werden müssen – „auch wenn sich Work-Life-Balance-Konflikte in diesem Beruf sicherlich nicht vollständig vermeiden lassen“. Außerdem sollten Möglichkeiten zur Weiterentwicklung beibehalten werden, weil die Arbeit im Rettungsdienst Lernerfordernisse beim Fachwissen, sozialen Fähigkeiten und praktischen Fertigkeiten mit sich bringt. Darüber hinaus empfiehlt der Psychologe den Einsatzkräften, auf die eigenen Gedanken, Gefühle und körperlichen Signale zu hören, um bei Belastungen frühzeitig gegenzusteuern: „Es gilt, sowohl bei Organisation, Führung und Tätigkeit als auch bei den Menschen anzusetzen.“

Für den Träger des Projekts AGIRE, DRK-Geschäftsführer Jochen Hilpert, liefern die Untersuchungen wichtige Grundlagen für künftige Entscheidungen. „Wir haben mit der Durchführung des Projekts offensichtlich die Bedürfnisse unserer Mitarbeitenden richtig eingeschätzt“, so Hilpert. „Jetzt geht es darum, die Balance zwischen betrieblichen Notwendigkeiten und einer gesundheitsorientierten Personalentwicklung zu halten.“ So garantiere das DRK zum Beispiel durch die neu eingeführten Gesundheitsbeauftragten den kontinuierlichen Ausbau eines betrieblichen Gesundheitsmanagements. Die Ergebnisse des Projekts AGIRE und der Studie der Freiburger Wirtschaftspsychologen stoßen Hilpert zufolge bereits jetzt auf großes Interesse, da sie durch ihre wissenschaftliche Basis auch anderen Rettungsdienstbereichen Impulse geben.