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Der Beruf und nicht das Alter ist entscheidend

Krankheitsbedingte Fehlzeiten hängen stark vom Beruf ab

Berlin. Wie lange Beschäftigte krankheitsbedingt fehlen, ist eng verknüpft mit der beruflichen Tätigkeit. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Insti-tuts der AOK (WIdO) mit den AOK-Arbeitsunfähigkeitsdaten. So fehlten Arbeitneh-mer in den Berufen mit den höchsten Krankenständen im Jahr 2018 durchschnittlich 26,3 Tage. In den Berufen mit den niedrigsten Krankenständen waren es nur halb so viele, im Schnitt 12,8 Tage. Die geringsten Ausfallzeiten hatten mit 4,6 Tagen Beschäf-tigte in den Berufen der Hochschullehre und -forschung, die höchsten Werte hatten Beschäftigte in der Ver- und Entsorgung mit 32,5 Tagen. „Jeder Beruf beinhaltet ein spezifisches gesundheitliches Risikoprofil. Präventionsangebote im Betrieb müssen daher immer auf die jeweilige Berufsgruppe angepasst werden“, so Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO.

Die Analyse des WIdO zeigt, wie stark der ausgeübte Beruf sowohl den Umfang krankheitsbedingter Fehlzeiten als auch die Art der Erkrankung beeinflusst. Den Spitzenplatz bei den Krankheitstagen nahmen 2018 Berufsgrup-pen aus den Bereichen Ver- und Entsorgung mit 32,5 Fehltagen pro Jahr ein, gefolgt von den Straßen- und Tun-nelwärtern mit 31,4 Fehltagen und den Berufen in der industriellen Gießerei mit 30 Fehltagen. Diese Berufsgrup-pen haben hohe körperliche Arbeitsbelastungen (Abbildung 1). Die niedrigsten Fehlzeiten hingegen hatten im gleichen Jahr Berufe in der Hochschullehre und -forschung mit lediglich 4,6 Fehltagen, gefolgt von den Berufen in der Softwareentwicklung mit 7,7 Fehltagen.
Vergleicht man alle erwerbstätigen AOK-Mitglieder miteinander, so zeigt sich, dass die 20 Prozent der AOK-ver-sicherten Beschäftigten in den Berufen mit den höchsten Fehlzeiten an durchschnittlich 26,3 Tagen krankheits-bedingt nicht arbeiten konnten, bei den 20 Prozent mit den geringsten Fehlzeiten waren es weniger als die Hälfte – und zwar nur 12,8 Tage (Abbildung 2). Ein deutlicher Unterschied zwischen diesen extremen Quintilen, die jeweils 2,5 Millionen AOK-Mitglieder in den betroffenen Berufen umfassen, bleibt auch erhalten, wenn die Al-tersunterschiede bei den beiden extremen Quintilen statistisch ausgeglichen werden. Bei den Berufsgruppen mit den meisten krankheitsbedingten Fehlzeiten bleiben es dann immer noch 25,5 Fehltage, bei den mit den wenigs-ten sind es nur 13,6 Fehltage. Dies macht deutlich, dass die Art der beruflichen Tätigkeit die Fehlzeiten stärker als das Alter beeinflusst. „In Zeiten des Fachkräftemangels unterstützen bereits heute viele Unternehmen ihre Beschäftigten dabei, möglichst lange gesund im Betrieb zu bleiben. Hierzu sind auch altersgerechte Arbeitsbe-dingungen notwendig, die insbesondere den spezifischen Bedürfnissen älterer Beschäftigter Rechnung tragen“, so Schröder.
Wie sehr die berufsspezifischen Anforderungen die Art der Erkrankung beeinflussen, zeigt sich unter anderem beim Vergleich der Muskel-Skelett-Erkrankungen. Diese treten bei Berufen mit körperlich belastenden Tätigkei-ten besonders häufig auf. So wiesen Beschäftigte in den Berufen der Ver- und Entsorgung im Jahr 2018 durch-schnittlich 11,6 Fehltage und Straßen- und Tunnelwärter durchschnittlich 11,4 Fehltage aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen auf. Über alle Berufe hinweg sind es bei den AOK-Mitgliedern hingegen nur 5,8 Fehltage (Abbildung 3).
Überdurchschnittlich viele Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen finden sich dagegen eher in den dienstleistungsorientierten Berufen: Auffällig sind hier insbesondere die Berufe im Dialogmarketing, zu denen Beschäftigte im Callcenter gehören. Jeder Beschäftigte in diesem Beruf fehlt durchschnittlich 7,1 Tage aufgrund einer psychischen Erkrankung. Auch Berufe in der Haus- und Familienpflege und in der Altenpflege sind hohen psychischen Belastungen ausgesetzt. Hier fehlte jeder Beschäftigte im Schnitt 6,3 bzw. 6,0 Tage aufgrund einer psychischen Erkrankung. Der Durchschnitt über alle Berufe lag bei 3,0 Fehltagen.

Berufsgruppen mit hohen und niedrigen Fehlzeiten

Abbildung 1: Zehn Berufsgruppen mit den höchsten und niedrigsten Fehlzeiten je AOK-Mitglied im Jahr 2018; berücksichtigt wurden alle Berufe, deren Anzahl mindestens 0,1 % der AOK-Mitglieder aufweisen

Erkältungswelle lässt Krankenstand steigen

Insgesamt ist der Krankenstand im Jahr 2018 um 0,2 Prozentpunkte auf 5,5 Prozent angestiegen. Damit hat jeder AOK-versicherte Beschäftigte im Durchschnitt 19,9 Tage aufgrund einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbeschei-nigung im Betrieb gefehlt (2017: 19,4 Tage). Nachdem bereits 2017 eine Erkältungswelle zu beobachten war, hat die erneute Erkältungswelle Anfang des Jahres 2018 zu weiter steigenden Fehlzeiten geführt (Abbildung 5). Die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von akuten Infektionen der oberen Atemwege – hierunter fallen die Erkältungskrankheiten – stieg dabei um 10,5 Prozent (0,2 Tage) im Vergleich zum Vorjahr an Arbeitnehmer, die viel Kontakt mit anderen Menschen haben, beispielsweise in einem Großraumbüro oder in sozialen Berufen, sind besonders gefährdet. Sie waren 2018 auffallend oft von akuten Erkältungskrankheiten betroffen (Abbildung 7). Callcenter-Mitarbeiter im Dialogmarketing belegen mit 4,8 erkältungsbedingten Fehlta-gen den Spitzenplatz, gefolgt von den Beschäftigten in der Kinderbetreuung und -erziehung (3,6 Fehltage).
Auch psychische Erkrankungen haben die Fehltage 2018 weiter ansteigen lassen. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der Fehltage um 2,7 Prozent (0,1 Tage) (Abbildung 6). Mit 26,3 Tagen je Fall dauerten psychische Er-krankungen außerdem mehr als doppelt so lange wie der Durchschnitt mit 11,8 Tagen je Fall.
Der Analyse des WIdO liegen die Daten von knapp 14 Millionen AOK-versicherten Arbeitnehmern zugrunde, die 2018 in mehr als 1,6 Millionen Betrieben tätig waren.

Durchschnittlich mehr als doppelt so hohe Fehlzeiten bei Beschäftigten in Berufs-gruppen mit den meisten krankheitsbedingten Fehltagen

Durchschnittliche Arbeitsunfähigkeitstage je AOK-Mitglied nach Quintilen: Darstellung der je-weils 20 Prozent der Beschäftigten in Berufen mit den höchsten und niedrigsten Krankenständen 2018; be-rücksichtigt wurden alle Berufe, deren Anzahl mindestens 0,1 % der AOK-Mitglieder aufweisen

Dienstleistungsorientierte Berufe führen vermehrt zu psychischen Erkrankungen

Psychische Erkrankungen nach Berufen 2018; berücksichtigt wurden alle Berufe, deren Anzahl mindestens 0,1 % der AOK-Mitglieder aufweisen

Krankenstand gestiegen

Entwicklung des Krankenstandes und der Arbeitsunfähigkeitstage pro Mitglied, AOK-Mitglieder 2008 bis 2018

AOK-Faktenbox: Vitamin C hilft nicht vorbeugend

AOK-Faktenbox räumt mit Mythen auf

Vitamin C hilft nicht vorbeugend gegen Erkältung

Obst und Gemüse liefern uns jede Menge natürliche Vitamine

Obst und Gemüse liefern uns jede Menge natürliche Vitamine

Die Einnahme von Vitamin C zur Vorbeugung gegen Erkältungskrankheiten hat für Menschen bei normaler körperlicher Belastung keine Wirkung. Wirkungslos ist auch Vitamin E als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) während der Schwangerschaft. Das zeigen zwei neue AOK-Faktenboxen, die auf www.aok-bw.de/faktenboxen veröffentlicht sind. Die AOK Baden-Württemberg empfiehlt anstelle von NEM eine ausgewogene, gesunde Ernährung.

„In der nasskalten Jahreszeit häufen sich Erkältungskrankheiten, weshalb viele Menschen zur Vorbeugung zusätzlich Vitamin C zu sich nehmen. Die Einnahme dieses Nahrungsergänzungsmittels ist aber wirkungslos“, sagt PD Dr. Sabine Knapstein, Ärztin und Psychotherapeutin bei der AOK Baden-Württemberg. Das zeigen Studien, die in die neue AOK-Faktenbox eingeflossen sind.

In der in Zusammenarbeit mit dem Harding-Zentrum für Risikokompetenz am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung erstellten Faktenbox zeigt sich, dass von 100 Menschen mit und ohne zusätzliche Einnahme von Vitamin C in drei Monaten 61 bis 63 Personen mindestens einmal unter einer Erkältung leiden. Nebenwirkungen, wie beispielsweise Magen-Darm-Beschwerden, treten laut Studienergebnissen bei der Verwendung von Vitamin C als NEM keine auf.

Anders sieht es bei der Einnahme von Vitamin E während der Schwangerschaft aus: Hier geben Studien Hinweise darauf, dass die zusätzliche Einnahme von Vitamin E als Nahrungsergänzungsmittel Bauchschmerzen begünstigen kann. Auf der anderen Seite existiert aber kein Hinweis für einen Nutzen der routinemäßigen Einnahme dieses Vitamins während der Schwangerschaft.

Das Geschäft mit den frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln ist lukrativ

Für Apotheken, Drogerien und Supermärkte ist das Geschäft mit den frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) lukrativ.Laut dem Ernährungsbericht 2012 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) nehmen etwa ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland Nahrungsergänzungsmittel. Im Zeitraum April 2013 bis März 2014 lagen die Ausgaben für NEM bei rund einer Milliarde Euro (Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V.).

Anstelle von NEM rät Anja Ettischer, Ernährungswissenschaftlerin der AOK Baden-Württemberg, zu einer ausgewogenen Ernährung, die dem gesunden Erwachsenen in der Regel ausreichend Vitamine und andere Nährstoffe liefert. Mit einer überwiegend pflanzlichen Ernährung mit einem hohen Vollkornproduktanteil, zwei Portionen Seefisch pro Woche und geringen Mengen Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln, ist es am Einfachsten möglich, alle benötigten Nährstoffe aufzunehmen. „Eine vollwertige, vorwiegend pflanzenbetonte Mischkost ist zu empfehlen“, sagt Anja Ettischer.

Die AOK Baden-Württemberg informiert zu regional verfügbaren Produkten (https://gesundheitsmanager.aok.de/bewusst-essen-saisonkalender-10002.php) und liefert Tipps zu gesundem Kochen (https://bw.aok.de/inhalt/aok-kochwerkstatt/).