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Gesundheit in Europa – Wie krank ist Deutschland?

Bluthochdruck, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen – so krank ist Deutschland

Neuer ESS-Bericht über die Gesundheit in Europa

Der European Social Survey (ESS) ist eine große, auf wissenschaftlichen Maßstäben beruhende Erhebung, mit Stammsitz an der City, University of London. Am Montag, den 24. Oktober wurde ein neuer ESS-Bericht, der das Gesundheitsverhalten in 21 Ländern Europas vergleicht, veröffentlicht: „ESS Topline Results Series issue 6: Social Inequalities in Health and their Determinants“ basiert auf über 40 000 Befragungen, die 2014/15 in ganz Europa durchgeführt wurden.

Frauen leiden häufiger unter Depressionen und Kopfschmerzen
Männer rauchen häufiger und schätzen sich eher als übergewichtig ein
Das Vereinigte Königreich und Portugal haben die höchsten Raten an Alkoholexzessen
Europaweit konsumieren Männer fast doppelt so viel Alkohol wie Frauen
Deutsche Frauen leiden am häufigsten an Rückenschmerzen
Bluthochdruck ist in Deutschland weit verbreitet
In Deutschland leidet ein großer Teil der Bevölkerung unter Kopfschmerzen
Der Bericht kommt zum Schluss, dass eine erhebliche Zahl der Europäer unter einer ganzen Bandbreite an körperlichen und mentalen Gesundheitsproblemen leidet, die teilweise im Zusammenhang mit ihren wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen stehen.

Die Autoren fanden ebenfalls heraus, dass die Förderung eines gesunden Lebensstils allein anscheinend keine ausreichende Strategie ist, um Gesundheitsprobleme zu reduzieren, sondern durch eine Politik der Einkommensumverteilung und bessere körperliche Arbeitsbedingungen unterstützt werden sollte.

Depression und Kopfschmerzen

Zu den deutlichsten Untersuchungsergebnissen gehört, dass Frauen europaweit häufiger über depressive Symptome und schwere Kopfschmerzen klagen als Männer.

In allen 21 europäischen Ländern berichteten Frauen häufiger über Anzeichen von Depressionen als ihre männlichen Landsleute, wobei die Unterschiede in einigen Ländern beträchtlich waren.

Die größten Unterschiede wurden in Portugal (30,9 % bei Frauen gegenüber 15,8 % bei Männern), Polen (25,3 % gegenüber 11,3 %), Spanien (24,7 % gegenüber 12,8 %) und Deutschland (20,2 % gegenüber 9 %) ermittelt.

In den vier Ländern Portugal, Tschechische Republik, Ungarn und Polen erklärten mehr als ein Viertel der Frauen, sie hätten schon einmal depressive Symptome empfunden, während in Ungarn lediglich 20 % der Männer angaben, unter Depressionen zu leiden.

Auch Kopfschmerzen treten bei Frauen in ganz Europa häufiger auf. Betrachtet man die Zahlen getrennt nach Geschlechtern, stehen in den 12 Ländern mit den höchsten Raten jeweils die Frauen an der Spitze.

So reichen die Prozentsätze derer, die unter starken Kopfschmerzen leiden, von 30,2 % aller französischen Frauen bis hin zu nur 3,8 % der irischen Männer.

Rauchen

Betrachtet man die aktuellen Raucherquoten, lässt sich eine erhebliche Kluft zwischen den Geschlechtern feststellen: Die 13 höchsten Prozentsätze entfallen auf Männer, mit Litauen (48,8 %) und Ungarn (41,3 %) an der Spitze.

Der Bericht stellt fest, dass die Raten derer, die sich selbst als Raucher bezeichnen, in Nordeuropa, im Vereinigten Königreich und in Irland sehr viel niedriger sind, während sie bei Männern aus Mittel- und Osteuropa erheblich höher liegen.

Nimmt man die Raucherraten von Männern und Frauen zusammen, weist Schweden mit weniger als 15 % die niedrigste Anzahl an Rauchern auf. Diese Statistik erstaunt umso mehr, wenn man die früheren Raucherzahlen in Schweden betrachtet: 77,8 % aller Männer und 76,2 % aller Frauen (die beiden höchsten Raten in Europa).

Ein hoher Prozentsatz ehemaliger und ein niedriger Prozentsatz aktueller Raucher ist in Skandinavien typisch, insbesondere in Schweden und Norwegen, aber auch in Dänemark und Finnland.

Bei heutigen Rauchern liegt der Anteil derer, die an einem gewöhnlichen Tag mehr als 20 Zigaretten rauchen, in Üsterreich, Polen und Israel besonders hoch.

Übergewicht

Männer geben in allen 21 europäischen Ländern viel häufiger als Frauen an, übergewichtig zu sein: Die Länder mit den höchsten Raten sind die Tschechische Republik (67,4 %), Ungarn (63,8 %) und Slowenien (61,2 %).

Am seltensten schätzen sich Frauen in der Schweiz (29,9 %), in Dänemark und in Üsterreich (jeweils 38,9 %) als übergewichtig oder fettleibig ein.

Alkohol

Alkoholexzesse sind vor allem im Vereinigten Königreich und in Portugal ein Problem, während häufiges Komatrinken unter Skandinaviern und Frauen in Mittel- und Osteuropa selten ist.

Betrachtet man den Alkoholkonsum in allen 21 Ländern, konsumieren Männer fast zwei Mal so viel wie Frauen, der Konsum an Wochenendtagen liegt knapp doppelt so hoch wie an Werktagen.

Die Anzahl der konsumierten Alkoholeinheiten liegt in Irland besonders hoch, während häufiger Alkoholkonsum vor allem in Israel sowie in Mittel- und Osteuropa und ganz besonders bei Frauen selten ist.

Professor Terje A. Eikemo, ein Autor des Berichts, sagte:

„Obwohl diese ersten Ergebnisse neue Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und deren Bestimmungsfaktoren innerhalb der europäischen Sozialstaaten liefern, haben wir bisher nur an der Oberfläche der Möglichkeiten gekratzt, die dieses neue Modul bietet. Ich hoffe, dass diese neuen Möglichkeiten zu mehr Zusammenarbeit zwischen den sozialen und medizinischen Wissenschaften führen werden.“

Dr Rory Fitzgerald, Direktor der ESS, fügte hinzu:

„Diese Topline-Ergebnisse des ESS-Moduls zeigen die erheblichen Gesundheitsunterschiede innerhalb und zwischen den Ländern. Die Ergebnisse liefern Wissenschaftlern und Entscheidungsträgern zahlreiche Daten, die die Unterschiede beleuchten und mögliche Ursachen suggerieren.

Länderspezifische Aussagen

Deutschland

Bluthochdruck ist in Deutschland, Ungarn, Litauen und Slowenien weit verbreitet.
Der Prozentsatz von Frauen mit Bluthochdruck ist in Litauen (25,8 %), Slowenien (24,5 %) und Deutschland (23,7 %) am höchsten.
Deutsche Frauen leiden am häufigsten an Rückenschmerzen (59,5 %), gefolgt von finnischen (57,8%) und belgischen Frauen (53,7%).
In Deutschland, Frankreich und Portugal leidet ein großer Teil der Bevölkerung unter Kopfschmerzen. Die Menschen in diesen Ländern klagen drei Mal häufiger über starke Kopfschmerzen als Iren.
Französische Frauen leiden am häufigsten an Kopfschmerzen (30,2 %), gefolgt von portugiesischen (29,6 %) und deutschen Frauen (27,1 %).
Rund 90 % der befragten Frauen in Finnland, Frankreich und Deutschland berichteten von einer, zwei oder mehr chronischen Erkrankungen im vergangenen Jahr. Das bedeutet, dass nur eine kleine Minderheit unter keiner solchen Erkrankung leidet.
Die folgenden Länder haben die höchsten Raucherraten bei Männern: Litauen (45,8 %), Ungarn (41,3 %), Estland (37,4 %), Tschechische Republik (34,8 %), Polen und Deutschland (34,2 %), Australien (33,1 %), Portugal (33 %), Israel (31,5 %), die Niederlande (31,4 %), Spanien (31,3 %), Frankreich (31 %) und Slowenien (29,7 %). Das Land mit den meisten Raucherinnen ist Deutschland mit einer Quote von 29,2 %.

foodwatch enthüllt Verbrauchertäuschung bei Vitaminwerbung

foodwatch-Studie: 90 Prozent der mit Vitaminen beworbenen Lebensmittel sind ungesund

csm_Bilderstrecke_1_gesamt4_7f9cffe679– Umfassende Studie von foodwatch enthüllt Verbrauchertäuschung bei Vitaminwerbung
– 90 Prozent der mit Vitaminen beworbenen Produkte entsprechen nicht den Standards der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für ausgewogene Lebensmittel
– foodwatch fordert Gesundheitswerbung ausschließlich für ausgewogene Lebensmittel

Berlin, 5. April 2016. Lebensmittelhersteller führen Verbraucher im Supermarkt mit Gesundheitswerbung systematisch in die Irre: 90 Prozent der mit Vitaminen beworbenen Lebensmittel sind ungesund. Das ist das Ergebnis einer umfassenden Studie der Verbraucherorganisation foodwatch. In Deutschland sind demnach 190 von 214 Produkten, die auf der Verpackung mit Vitaminen werben, zu süß, zu fettig oder zu salzig und entsprechen nicht den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für ausgewogene Lebensmittel. Beispiele sind die „Fruchtgummis“ von Katjes, Dextro Energy, der Softdrink „Powerade“ von Coca-Cola sowie Energy-Drinks von Rockstar und Monster.csm_Bilderstrecke_2_Bsp_Su_e_figkeiten_69f7d05117 Aber auch süßen Milchdrinks von Müller wird mit Vitaminen ein gesundes Image verpasst.

„Die Lebensmittelindustrie setzt hunderten Produkten für winzige Cent-Beträge künstlich Vitamine zu, um Süßigkeiten, Zuckergetränken oder anderem Junkfood einen gesunden Anstrich zu verpassen. Mit Vitaminwerbung werden Verbraucher bewusst in die Irre geführt und ihr Bemühen um eine gesunde Ernährung torpediert. Damit muss Schluss sein“, sagte Michaela Kruse von foodwatch. Die Verbraucherorganisation forderte eine gesetzliche Regelung, so dass nur noch solche Produkte mit Gesundheitsbotschaften beworben werden dürfen, die den WHO-Kriterien für ausgewogene Lebensmittel genügen. Unter www.aktion-vitamine.foodwatch.de startete foodwatch eine E-Mail-Protestaktion.

foodwatch hatte 214 Produkte in Deutschland und 430 Produkte in den Niederlanden unter die Lupe genommen, auf deren Verpackungsvorderseite mit Vitaminen geworben wurde – mit deutlichem Ergebnis: In Deutschland entsprechen 90 Prozent der Lebensmittel nicht den Standards der WHO, und auch in den Niederlanden waren Drei Viertel der Produkte ungesund. Unter den Produkten in Deutschland befinden sich gesüßte Getränke (75 Produkte), besonders bei Kindern beliebte Süßigkeiten (42 Produkte) aber auch Säfte (34 Produkte) und Joghurts (18 Produkte). In 85 Prozent der Fälle wurden die Vitamine künstlich zugefügt. Obwohl die meisten Menschen in Deutschland laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) mit Vitaminen ausreichend versorgt sind. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt in einigen Fällen sogar vor einer Überdosierung und rät von einer Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin A und Vitamin D ab.

„Wider besseres Wissen spielt die Lebensmittelindustrie mit den Ängsten der Verbraucher, denn Deutschland ist kein Vitaminmangel-Land. Für die Hersteller ist das ein profitables Geschäft: Zuckergetränke und Süßigkeiten sind günstig zu produzieren und versprechen hohe Gewinnspannen – durch den künstlichen Zusatz von billigen Vitaminen können die Produkte dann auch noch als besonders gesund vermarktet werden“, erklärte Michaela Kruse.

Zwar müssen sich Lebensmittelhersteller seit 2012 ihre gesundheitsbezogenen Werbeaussagen durch die EU genehmigen lassen – erlaubt sind derzeit rund 250 „Health Claims“ (gesundheitsbezogene Angabe). Und auch für den Gebrauch von nährwertbezogenen Angaben wie „Vitamin C“ oder „fettarm“ gibt es Vorgaben. Doch welche Produkte die Hersteller mit dieser Werbung schmücken dürfen, ist bislang nicht geregelt. Eigentlich hätte die Europäische Union schon 2009 sogenannte Nährwertprofile mit Mindestanforderungen an die Nährwertzusammensetzung vorlegen müssen. Doch das ist bis heute nicht passiert. Auf Druck der Lebensmittellobby sollen die Nährwertprofile nun sogar komplett aus der Verordnung zu Health-Claims gestrichen werden – über einen entsprechenden Antrag stimmt das Europäische Parlament am 12. April ab. foodwatch forderte die EU-Abgeordneten auf, den Vorschlag abzulehnen und das Nährwertmodell der WHO zu übernehmen: Nur jene Produkte, die dessen Kriterien erfüllen, sollten künftig mit Vitaminwerbung vermarktet werden dürfen.

Das WHO-Regionalbüro für Europa hatte Anfang 2015 konkrete Vorgaben für ernährungsphysiologisch ausgewogene Produkte definiert. Dabei spielen unter anderem die Anteile von Fett, Zucker und Salz, aber auch der Kaloriengehalt oder zugefügte Süßstoffe eine Rolle. Die WHO hat das Modell ursprünglich für die Beschränkung von Kindermarketing entwickelt, empfiehlt den Einsatz von Nährwertprofilen jedoch auch in anderen Zusammenhängen zur Förderung einer gesunden Ernährung. Auch der Europäische Verbraucherverband (BEUC) fordert, das WHO-Modell als Grundlage für die EU-Verordnung zu Health Claims zu übernehmen.