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Hohe Dosen Vitamin D können zu mehr Stürzen im Alter führen

Endokrinologen raten Senioren zur Standarddosierung

Mainz – Vitamin D stärkt Knochen und Muskulatur, was alte Menschen vor Stürzen und Knochenbrüchen schützt. Diese Gewissheit wurde nun in einer aktuellen Studie erneut erschüttert. In einer höheren Dosis eingenommen, hatte Vitamin D in dieser Untersuchung sogar das Gegenteil bewirkt und die Sturzneigung erhöht. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) rät deshalb zur Zurückhaltung bei der unkritischen Einnahme von Vitamin D in hohen Dosen.

Vitamin D wird durch UV-Einstrahlung in der Haut gebildet. In der dunkleren Jahreszeit kann der Vitamin D-Spiegel daher sinken. Von einem Mangel sind in erster Linie ältere Menschen betroffen, vor allem wenn sie in ihrer Mobilität bereits eingeschränkt sind und sich seltener im Freien bewegen. „Eine vorbeugende Einnahme von Vitamin D kann für Senioren sinnvoll sein, um sie vor Stürzen und Knochenbrüchen zu schützen und ist ein wichtiger Baustein der Osteoporose-Therapie“, sagt DGE-Mediensprecher Professor Dr. med. Matthias Weber von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Einschränkend müsse man jedoch sagen, dass die in randomisierten Studien nachgewiesenen Vorteile von Vitamin D-Präparaten weitgehend auf ältere Menschen mit einem hohen Risiko für einen Vitamin-D-Mangel beschränkt gewesen seien. In der Vergangenheit wurde in Metaanalysen bereits über einen nicht sicher nachweisbaren Nutzen von Vitamin D in der Allgemeinbevölkerung und über ungünstige Ergebnisse unter hohen Vitamin D-Dosen berichtet. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie aus der Schweiz sind deshalb für den Mainzer Hormonexperten nicht völlig überraschend, auch wenn die Mechanismen noch unklar seien, die zu einer höheren Sturzrate unter hochdosiertem Vitamin D führten.

In der Studie der Universität Zürich waren 200 Männer und Frauen im Alter von über 70 Jahren unabhängig von ihrem Vitamin D-Status mit drei unterschiedlichen Dosierungen behandelt worden. Ein Drittel erhielt die empfohlene Dosis von 24.000 IE Vitamin D pro Monat, die zweite Gruppe erhielt einmal pro Monat 60.000 IE Vitamin D und die dritte Gruppe erhielt einmal pro Monat 24.000 IE Vitamin D plus 300 Mikrogramm Calcifediol, einer aktiveren Form von Vitamin D. Alle Teilnehmer waren in den zwölf Monaten vor Studienbeginn mindestens einmal gestürzt. Die Vitamin D-Gabe sollte die Muskelfunktion verbessern und weitere Stürze verhindern. „Die Vermutung war, dass die höheren Dosierungen eine größere Wirkung erzielen“, berichtet Professor Weber: „Die Untersuchung zeigt jedoch, dass die Senioren, die die Hochdosis oder die Kombinationstherapie erhalten haben, zwar häufiger höhere Vitamin D-Spiegel im Blut erreichten, dass sich aber ihre Muskelfunktion nicht verbesserte.“ Mit 67 und 66 Prozent stürzten sie deutlich häufiger als die Vergleichsgruppe mit einer Standard-Dosierung und einer Rate von 48 Prozent erneuter Stürze innerhalb eines Jahres.

„Vitamin D ist zwar ein lebenswichtiges Hormon, das der Körper teilweise selbst herstellen kann“, erklärt Professor Helmut Schatz, kooptiertes Mitglied des DGE-Vorstandes aus Bochum: „Als Tablettenform oder in Nahrungsergänzungsmitteln wird es aber zu einem Medikament, und wie bei allen Medikamenten gibt es eine optimale und eine schädliche Dosis.“ Dass dies auch für Vitamine gilt, zeigen für Professor Schatz viele Studien aus der Vergangenheit, welche die oft sehr großen Hoffnungen, die in die Gabe von hochdosierten Vitaminen und Spurenelemente zur Verhinderung von Krankheiten gesetzt wurden, meistens nicht erfüllen konnten und wie zum Beispiel bei Vitamin E zum Teil sogar nachteilige Effekte gezeigt haben. „Daher kann aufgrund der bisher vorliegenden Datenlage auch für Vitamin D eine unkritische, hochdosierte monatliche Gabe oder die Kombination mit einem aktiveren Vitamin D-Metaboliten bei Senioren nicht empfohlen werden“, erläutert der Experte. Ob eine tägliche Vitamin D-Gabe in gleich hoher Dosis ähnlich ungünstige Effekte wie die Hochdosis- oder Kombinationstherapien ergibt, bleibt zu untersuchen“, so Professor Schatz, der die Studie bereits in seinem DGE-Blog diskutiert hat.

Bis weitere Studien einen klaren Vorteil einer prophylaktischen Einnahme von Vitamin D auch bei ansonsten gesunden Menschen gezeigt haben, sollten insbesondere hohe monatliche Gaben von Vitamin D nur gezielt nach Rücksprache mit dem Arzt bei nachgewiesenem Mangel und erhöhtem Risiko oder einer klaren Indikation eingenommen werden. Die beiden Experten raten, eher auf einen gesunden Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und regelmäßiger körperlicher Bewegung möglichst im Freien zu achten. Professor Weber: „Wichtig ist zur Sturzprophylaxe, regelmäßig körperlich aktiv zu sein. Am besten beginnt man damit bereits im jüngeren Erwachsenenalter mit der Zielsetzung, Muskelkraft und Koordination zu fördern. So kann man Stürzen und Knochenfrakturen im Alter vorbeugen.“

Literatur:
Bischoff-Ferrari HA, Dawson-Hughes B, Orav EJ, et al.: Monthly High-Dose Vitamin D Treatment for the Prevention of Functional Decline: A Randomized Clinical Trial. JAMA Internal Medicine 2016; doi: 10.1001/jamainternmed.2015.7148 Abstract
DGE-Blog-Beitrag von Prof. Helmut Schatz: Hochdosiertes Vitamin D verbessert nicht die neuromuskuläre Funktion und führt zu mehr Stürzen. Blog-Beitrag

Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen, Stoffwechsel und den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, „endokrin“ ausgeschüttet, das heißt nach „innen“ in das Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben „exokrine“ Drüsen, wie Speichel- oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach „a