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Es lassen sich schon geringe Mengen an Drogen nachweisen

Drogen in Rinderzähnen nachgewiesen

Bildrechte: Neukamm/Universitätsklinikum Freiburg

Bildrechte: Neukamm/Universitätsklinikum Freiburg

Forscher des Universitätsklinikums Freiburg entwickeln einen Drogentest,
mit dem Rechtsmediziner und Archäologen Zahnmaterial von Toten untersuchen
können

Zähne sind oft das letzte Gewebe, das von einem Toten übrig bleibt. Bislang
gab es aber keine Möglichkeit, an ihnen einen Drogentest zu machen. Nun
haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums
Freiburg um Dr. Merja Neukamm und Prof. Dr. Volker Auwärter vom Instituts
für Rechtsmedizin gemeinsam mit Prof. Dr. Markus Altenburger von der Klinik
für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie ein Verfahren entwickelt, mit
dem sie Morphin, Kokain, Ecstasy und fünf weitere Stoffe in Zähnen
nachweisen können. Die Methode, die sehr wenig Probenmaterial benötigt,
entwickelten sie an speziell präparierten Rinderzähnen. Erstes
archäologisches Human-Material wurde bereits erfolgreich analysiert.

Den Freiburger Forschern gelang es, Dentin, auch Zahnbein genannt, für die
Drogen-Analyse zu nutzen. „Es war lange unklar, ob Zahnsubstanz
grundsätzlich für den Nachweis von Drogen- oder Medikamentenkonsum genutzt
werden kann. Genau das bestätigt unsere Studie eindeutig“, sagt Prof.
Auwärter, Leiter der forensischen Toxikologie am Universitätsklinikum
Freiburg. „Außerdem eignet sich die Methode, um bereits geringste Mengen an
Drogen nachzuweisen.“ Die Forscher etablierten das Verfahren an Dentin von
Rinderzähnen, welches im Aufbau dem menschlichen Dentin weitgehend
entspricht, aber garantiert frei von Kontaminationen ist. Für die
Untersuchung auf Morphin, Codein, Ecstasy, MDEA, Amphetamin, Metamphetamin,
Kokain und ein Kokainabbauprodukt benötigten die Forscher gerade einmal
0,05 Gramm Zahnsubstanz.

Mit der neuen Methode steht nicht nur Rechtsmedizinern, sondern auch
Anthropologen und Archäologen ein neues Analysewerkzeug zur Verfügung. Denn
für sie ist der sparsame Umgang mit Probenmaterial von großer Bedeutung.
Darüber hinaus dürften Zähne als Untersuchungsmaterial noch weitere
Vorteile mit sich bringen. „Es ist durchaus möglich, dass in den Zähnen
eine Art toxikologischer Fingerabdruck über einen langen Lebenszeitraum
vorzufinden ist“, erklärt Prof. Auwärter.

In einer auf der Methode aufbauenden Studie untersuchten die
Wissenschaftler den Zahn eines Menschen aus der frühen Eisenzeit. „Wir
konnten in dem über 2000 Jahre alten Zahn Rückstände der Betelnuss
nachweisen“, freut sich Dr. Neukamm. Betelnuss wird seit Jahrtausenden als
Appetithemmer und Wachmacher im südostasiatischen Raum gekaut. Als nächstes
möchten die Wissenschaftler die Methode nun anhand menschlicher Zähne von
Verstorbenen weiter ausbauen und den Einfluss der Mundflora und den genauen
Einlagerungsmechanismus in die Zähne untersuchen.

Für ihre Untersuchung brachten die Forscher das Dentin von Rinderzähnen in
ein dem Mundraum ähnliches Milieu. „Um die Eintragswege der Drogen
möglichst naturgetreu nachzubilden, haben wir bei den Zähnen außerdem einen
leichten Kariesbefall simuliert“, erklärt Oberarzt Prof. Altenburger. Nach
neun Tagen Einwirkzeit untersuchten sie die Zahnteile mithilfe eines mit
einem Massenspektrometer gekoppelten Flüssigkeits-Chromatographen, einer
hochempfindlichen Methode, und konnten damit die Drogen nachweisen.

Titel der Original-Arbeit: Determination of drugs of abuse in bovine dentin
using liquid chromatography–electrospray ionization tandem mass
spectrometry

DOI: 10.1002/jms.3464

Attraktive Alternative zur herkömmlichen Schmerztherapie

Die schmerzlindernde Wirkung von Morphin wird zu einem großen Teil durch Opioid-Rezeptoren vermittelt, die außerhalb des Gehirns lokalisiert sind. Dies konnten Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin jetzt erstmals in einer klinischen Studie nachweisen. Wenn die peripheren Opioid-Rezeptoren deaktiviert wurden, benötigten Patienten nach einer Operation deutlich mehr Morphin, um schmerzfrei zu sein, als Patienten, deren periphere Rezeptoren nicht blockiert waren. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift PAIN* veröffentlicht.
Morphin und verwandte Arzneistoffe (Opioide) werden zur Behandlung starker Schmerzen eingesetzt, beispielsweise bei Krebserkrankungen oder nach Operationen. Allerdings haben diese Medikamente oftmals eine Reihe von unerwünschten Nebenwirkungen, unter anderem Übelkeit, Müdigkeit und Atemdepression. Weiterhin besteht die Gefahr, dass Patienten abhängig werden. Viele Ärzte und Wissenschaftler gingen bislang davon aus, dass die schmerzstillende Wirksamkeit der Opioide ausschließlich durch die Aktivierung von Opioid-Rezeptoren im zentralen Nervensystem (ZNS) – also im Gehirn und im Rückenmark – vermittelt wird. In den letzten Jahren häuften sich in der Grundlagenforschung jedoch die Hinweise, dass ein erheblicher Anteil der schmerzlindernden Wirkung durch Opioid-Rezeptoren vermittelt wird, die sich auf Nervenfasern außerhalb des Gehirns befinden.

In einer klinischen Studie untersuchten die Wissenschaftler um Prof. Christoph Stein, Direktor der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin am Campus Benjamin Franklin, das Schmerzempfinden von Patienten nach der Implantation eines künstlichen Kniegelenks. Ein Teil der Patientengruppe erhielt nach der Operation den Wirkstoff Methylnaltrexon, einen sogenannten peripheren Opioid-Rezeptor-Antagonisten. Durch ihn werden die Opioid-Rezeptoren, die außerhalb des Gehirns lokalisiert sind, deaktiviert. Die Kontrollgruppe erhielt ein Placebo-Präparat. Es zeigte sich, dass die Patienten, die den Wirkstoff Methylnaltrexon erhielten, einen um 40 Prozent erhöhten Morphinbedarf hatten, um schmerzfrei zu sein, als die Patienten, die das Placebo erhielten.

»Unsere Ergebnisse belegen das enorme Potential einer Schmerzstillend durch die peripheren Opioid-Rezeptoren und bilden einen wichtigen Ansatzpunkt für moderne Schmerzmedikamente«, betont Prof. Christoph Stein. »Dies ist besonders für Patienten, die aufgrund einer langfristigen Einnahme von Opioidanalgetika unter Nebenwirkungen leiden und deswegen mit Methylnaltrexon behandelt werden, wichtig. Denn diese Patienten müssen damit rechnen, dass die schmerzstillende Wirkung der Opioide durch Methylnaltrexon oder ähnliche Wirkstoffe erheblich abgeschwächt wird«, fügt er hinzu.

Die Ergebnisse der Forscher belegen den erfolgreichen Wissenstransfer von der Laborbank zum Patientenbett ‚bench to bedside‘, denn sie untermauern die vorangegangene Forschung im Labor und Tierexperiment. Durch die vielversprechende Strategie einer peripheren Opioid-Rezeptor-Aktivierung könnten künftig sowohl limitierende Nebenwirkungen von Nicht-Opioid-Analgetika, wie beispielsweise Ibuprofen, Diclofenac und Acetylsalicylsäure, als auch die schweren zentralen  Nebenwirkungen von Opioiden umgangen werden.

*Jagla C, Martus P, Stein C. Peripheral opioid receptor blockade increases postoperative morphine demands-A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Pain. 2014 Jul 18. pii: S0304-3959(14)00330-3. doi: 10.1016/j.pain.2014.07.011. [Epub ahead of print] PubMed PMID: 25046272.