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Dem Zeitdruck entkommen

Vortrag am 17.12.2018 zu Muße und Achtsamkeit im Alltag von Ärzten und Patienten

Stefan Schmidt. Foto: Universitätsklinikunm Freiburg
Stefan Schmidt. Foto: Universitätsklinikunm Freiburg

Wie können Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten im Krankenhaus von der Muße- und Achtsamkeitsforschung profitieren? Das erklärt der Experte für Psychosomatik Prof. Dr. Stefan Schmidt vom Universitätsklinikum Freiburg in seinem Vortrag „Dem Zeitdruck entkommen – Muße und Achtsamkeit als Basis ärztlichen Handelns“. Schmidt und sein Team untersuchen im Sonderforschungsbereich „Muße. Grenzen, Raumzeitlichkeit, Praktiken“ der Universität Freiburg, wie Ärzte im Krankenhaus Stress besser regulieren können. Der Vortrag wird für die Teleakademie des Südwestrundfunks aufgezeichnet.

Ärzte lernen von Piloten

Es hat eingie Jahre gedauert, aber jetzt ist es endlich soweit.

Interpersonal Competence by DGOU and Lufthansa Flight Training – Neue Wege in der Medizin für mehr Patientensicherheit

um die Patientensicherheit zu verbessern, haben bereits Checklisten und Fehlermeldesysteme Einzug in die Praxisroutine erhalten. Mit einem neuen Kursformat –IC – Interpersonal Competence – nehmen Orthopäden und Unfallchirurgen jetzt auch den „Faktor Mensch“ unter die Lupe und wollen so eine neue Sicherheitskultur etablieren. Denn Zeitdruck, mangelnde Kommunikation und Stress sind die häufigsten Fehlerursachen im Klinik- und Praxisalltag.

Das neue Training für Ärzte haben die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und Lufthansa Flight Training (LFT) gemeinsam nach dem Vorbild der Sicherheitstrainings in der Luftfahrt entwickelt. Ein Pilotkurs hat bereits im Trainings- und Konferenzcenter der Lufthansa in Seeheim stattgefunden. Wie das IC-Training die Kommunikation, den Umgang mit Fehlern und das Konfliktmanagement verbessern kann, berichten Beteiligte der DGOU und des Lufthansa Flight Trainings erstmals am 20. Oktober 2015 im Rahmen des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2015) in Berlin.

Darüber hinaus findet am Mittwoch, dem 21. Oktober 2015 der offizielle Launch des Kurses mit anschließender Podiumsdiskussion auf dem DKOU statt.

Warum Stress am Arbeitsplatz krank macht

Depressionen und Herzinfarkt:

Warum Stress am Arbeitsplatz krank macht

Notausgang 2fzm, Stuttgart, Juli 2014 – Hohe Anforderungen, permanenter Zeitdruck und geringe Kontrollmöglichkeiten, eine nicht angemessene Belohnung und keine Aussicht auf Beförderung. Das alles kann Arbeiter und Angestellte krank machen. So steigert Arbeitsstress das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, um 40 Prozent, das Risiko, eine Depression zu entwickeln, sogar um 80 Prozent, warnt ein Experte in der Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2014).

Arbeitsstress ist ein Alltagsbegriff, dessen Auswirkungen auf die Gesundheit kaum fassbar erscheinen. Wissenschaftler haben in den letzten Jahren jedoch Fragebögen entwickelt, mit denen sie potenziell gesundheitsgefährdenden Stress erkennen und bewerten können. „Arbeitsstress ist messbar“, schreibt Professor Peter Angerer, Leiter des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, und nennt gleich drei Arten, wie Arbeitsstress die Menschen krank macht. Das „Job Strain“-Modell vergleicht die Anforderungen am Arbeitsplatz mit den Möglichkeiten des Arbeiters sie zu erfüllen. Wenn Zeit- und Handlungsspielräume und Lerngelegenheiten fehlen, kann die Arbeit schnell über den Kopf wachsen, was auf Dauer krank macht. „Diese Konstellation findet sich häufig bei Beschäftigten mit gering qualifizierter Industriearbeit, etwa Fließbandarbeit in hohem Tempo“, schreibt Angerer. Aber auch einfache immer gleiche Bürotätigkeiten könnten krank machen, wenn die Anforderungen zu hoch geschraubt werden. Ein 11-Punkte-Fragebogen zeigt den Forschern, ob die Gesundheit eines Arbeiters oder Angestellten gefährdet ist.

Unter Belohnungs- oder Gratifikationskrisen leiden Menschen, die für ihre berufliche Karriere Vorleistungen erbracht haben und sich gegen Konkurrenten durchsetzen wollen. Wenn der Erfolg ausbleibt, neigen viele zu einem ungesunden Überengagement. „Stresstheoretisch stehen enttäuschte Erwartungen sozialer Belohnungen im Zentrum“, erläutert der Experte. Auch dies ist mittlerweile mit einem Fragebogen messbar.

Der dritte Stressor entsteht durch Willkür und nicht korrekte Umgangsformen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern. Auch ein Mangel an Fairness und Respekt im Umgang miteinander ist ungesund. Arbeitsmediziner bezeichnen dies als mangelnde Organisationsgerechtigkeit, die sie ebenfalls mit einem Fragebogen erfassen können.

In den letzten Jahren haben Arbeitsmediziner die Fragebögen genutzt, um die Auswirkungen von Stress auf die Gesundheit zu messen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass Arbeitsstress das Risiko auf Depressionen um 80 Prozent und das Risiko auf einen Herzinfarkt um 40 Prozent steigert. Für die Depressionen sei dies noch eine zurückhaltende Schätzung, so Professor Angerer. Die wissenschaftliche Befundlage sei „robust“. Für Arbeitsstress als Ursache spreche die Übereinstimmung der Ergebnisse in verschiedenen Studien und eine „Dosis-Wirkungsbeziehung“: Je stärker der Stress ist und je länger er anhält, desto höher ist das Risiko von Depressionen. Die Lebensgeschichte der Arbeiter und die Persönlichkeit haben nach Einschätzung des Experten zwar einen gewissen Einfluss: „Auf Dauer können sie den Effekt gefährdender Arbeitsbedingungen nicht wesentlich abschwächen“, warnt er. Die Belastungen können sogar so hoch sein, dass es für den Arbeiter im Einzelfall gesünder sein kann, den Job zu kündigen. Arbeitslosigkeit beeinflusse die psychische Gesundheit zwar negativ, die Beschäftigung in hochgradig belastenden Berufen könne jedoch noch ungesünder sein. Dies hat laut Professor Angerer eine Studie aus Australien ergeben.

Auch die schädliche Wirkung auf Herz- und Kreislauf ist gut untersucht. Professor Angerer sieht zwei „Stressachsen“. Über das sympathische Nervensystem werden Adrenalin und Noradrenalin, sogenannte Katecholamine, freigesetzt. Messbar ist dies an einer verminderten Herzfrequenzvariabilität: Der Herzschlag bleibt so auch bei Entlastung und Entspannung erhöht. Gleichzeitig schüttet die Nebenniere vermehrt Cortisol aus, was mit einem morgendlichen Speicheltest gemessen werden kann. Arbeiter mit erhöhten Werten in den Tests haben ein erhöhtes Risiko auf einen hohen Blutdruck sowie auf Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Arbeitsstress ist für Professor Angerer vermeidbar. „Arbeitsbedingungen im Unternehmen sind grundsätzlich modifizierbar und ein günstigeres Verhalten im Umgang mit Belastungen lässt sich erlernen“, schreibt der Arbeitsmediziner. Betriebsärzte und Personalverantwortliche sollten hier zusammenarbeiten. Eine Stressvermeidung käme dem Betrieb und auch der Gesellschaft zugute. Denn so Professor Angerer: „Gut belegt ist, dass sich der Anteil psychischer Diagnosen an Fehlzeiten und Frühberentungen im letzten Jahrzehnt stark erhöht hat.“

P. Angerer et al.:
Stress: Psychosoziale Arbeitsbelastung und Risiken für kardiovaskuläre Erkrankungen sowie Depression
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2014; 139 (24); S. 1315-1320