Was in der Pflege schiefläuft und der Beweis, dass es auch anders geht
Kaspar Pfister beschreibt in seinem interessant geschriebenen und gut verständlichen Buch, warum ein Umdenken in der Pflege dringend nötig ist. Veränderungen auf der gesellschaftlichen, politischen und individuellen Ebene sind unumgänglich.
Pfister betont gleich zu Anfang, dass es ihm nicht darum geht, mehr Bewohner in seine Einrichtungen zu bekommen, seine Wartelisten sind bereits sehr lang.
Mal ehrlich – welches Bild kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an Pflege- oder Seniorenheime denken? Ist es vielleicht ein dementer Mann, dem man gerade die Schnabeltasse reicht? Oder eine senile Alte, die in ihrem Blümchennachthemd auf der Bettkante sitzt? Die Realität sieht in vielen Heimen genauso aus. Der aktuelle Pflegeschlüssel lässt auch verantwortungsvollen Pflegekräften kaum Zeit, sich angemessen und würdevoll um die ihnen anvertrauten Menschen zu kümmern.
Für eine Veränderung brauchen wir Menschlichkeit, Mut und Weitblick
Unsere Lebensverhältnisse haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Eine der Folgen davon ist, dass immer mehr alte Menschen in Heimen leben, weil sie von ihren Angehörigen nicht betreut oder gepflegt werden können. Wer es sich finanziell leisten kann, begibt sich in eine „Seniorenresidenz“. Diese werden privatwirtschaftlich geführt und sind damit gewinnorientiert, weshalb sie zwar mehr Komfort bieten, aber auch sehr viel teurer sind. Weniger luxuriöse Heime sind immer öfter gewinnorientiert aufgestellt. Das ist hier nicht zum Vorteil der Bewohner.
Wenn Heime ihre Bewohner an alltäglichen Arbeiten beteiligen, entwickeln diese wieder mehr Lebensfreude, weil sie wissen, dass sie etwas Sinnvolles tun. Statt langweiliger Unterhaltungsangebote, ist es besser, wenn man Heimbewohner an der Gestaltung ihres Aufenthaltes beteiligt. Das muss natürlich immer freiwillig sein.
Wir, die wir nicht in Heimen leben, können uns nicht früh genug die Frage stellen, wie und wo wir im Alter leben wollen. Wer sich in die Situation hineinversetzt, wird ganz schnell bemerken, dass es wichtig ist, sich mit dieser Frage eingehend auseinander-zusetzen.
Politik und Gesellschaft glauben zu wissen, was alte Menschen brauchen und was nicht. Bevormundung, Bespaßung und zur Abhängigkeit verdonnert, das ist nicht, was gebraucht wird. Und das gilt auch für Menschen mit Demenz, wohl wissend, dass die Betreuung und Pflege dieser Menschen viel Sensibilität und Kraft braucht.
Wenn wir das Alter als etwas Wertvolles sehen, kann es uns nicht egal sein, wie man mit uns in der 4. Und 5. Lebensphase umgehen wird.
Anregungen, hilfreiche Hinweise und ganz konkrete Vorschläge zur Umsetzung von würdevollen Pflege- und Heimkonzepten beschreibt Kaspar Pfister ausführlich in seinem Buch. Es sollte zur Pflichtlektüre für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Gesundheitsministerium, in Pflegeeinrichtungen, Krankenkassen und in der Pflegeberufsausbildung gehören.
Kaspar Pfister
Kaspar Pfister, geboren 1956, hat 19 Jahre als kommunaler Verwaltungsbeamter gearbeitet bevor er Gründer und Geschäftsführer der BeneVit Gruppe wurde. Dazwischen gab es Stationen in der sozialen Dienstleistung als Geschäftsführer bei privaten, kommunalen und kirchlichen Organisationen und Stiftungen im In- und Ausland. Mit seinem Unternehmen hat er sich auf die Altenpflege spezialisiert und betreibt etliche Wohngemeinschaften, die er nicht Seniorenheime nennen will. Dazu kommen ambulante, teilstationäre und stationäre Pflege und betreutes Wohnen. Im Vordergrund seines Tuns steht der Mensch und nicht die reglementierende Behörde, die beim Thema Alter kräftig mitreden möchte.