Der Diabetes Kongress in Berlin hat begonnen

Diabetes Typ 2 – eine reine „Kopfsache“?

Neue Erkenntnisse zur Stoffwechselsteuerung im Gehirn

Berlin, Mai 2014 – Unter dem Motto „50 Jahre Deutsche Diabetes Gesellschaft“ beginnt heute, Mittwoch, den 28. Mai 2014, die führende Jahresveranstaltung zur Stoffwechselerkrankung Diabetes im deutschsprachigen Raum. Themen sind unter anderem neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Entstehung, Vorbeugung und Therapie des Diabetes mellitus. Bei der Entstehung von Fettsucht und Typ-2-Diabetes spielen bestimmte Steuerzentralen im Gehirn eine größere Rolle als lange angenommen. Neues Wissen über den Signalaustausch zwischen diesen Steuernetzwerken und den an Zucker- und Energiestoffwechsel beteiligten Organen im Körper liefern Forschungsansätze für künftige personalisierte Therapien. Unter anderem darüber diskutieren bis Samstag, den 31. Mai 2014, rund 6000 Ärzte, Diabetesberater und weitere in der Diabetologie Tätige während der 49. Jahrestagung der DDG. Professor Dr. med. Matthias Tschöp stellt den Themenschwerpunkt Gehirn und Glukosestoffwechsel  am 30. Mai 2014 in Berlin vor.

 

Professor Dr. med. Matthias Tschöp und sein Team am Münchner Helmholtz-Diabeteszentrum und an der Technischen Universität München entwickeln gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) personalisierte Therapieansätze für die Volkskrankheit Diabetes mellitus: „In den letzten Jahren haben wir gelernt, dass ähnlich wie bei Alzheimer oder Parkinson auch bei Typ-2-Diabetes und Fettsucht das Gehirn eine bisher unterschätzte Rolle spielt“, erklärt der Research Director des Helmholtz Diabetes Center und Direktor des Instituts für Diabetes und Adipositas, Helmholtz Zentrum München. „Deswegen entwickeln wir unter anderem neue Präventions- und Therapieansätze, die Gehirnsignale miteinbeziehen.“

Das menschliche Gehirn empfängt laufend Hormon- und Nervensignale von allen Organen, die an Zucker- und Energiestoffwechsel beteiligt sind – dadurch werden Steuerzentralen im Gehirn zum Beispiel darüber informiert, wieviele Kalorien vorhanden sind. Gleichzeitig senden diese zentralen Steuernetzwerke, die sich überwiegend im Hypothalamus befinden, kontinuierlich zahlreiche Informationen an alle stoffwechselaktiven Zellen des Körpers, um ein optimales Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Fett- und zuckerreiche Ernährung sowie mangelnde Bewegung verursachen vor allem bei dafür genetisch Prädestinierten Störungen, bei denen aufgrund von Entzündungsprozessen das Gehirn auf wichtige Hormonsignale wie Leptin oder Insulin nicht mehr reagiert. Ändern die Betroffenen ihre Lebens- und Ernährungsgewohnheiten nicht, entsteht ein Teufelskreis, der nicht nur zu einem Versagen der Bauchspeicheldrüse führt, sondern auch die Stoffwechselkontrollfunktion des Gehirns weitgehend zerstört. „Eine Therapie, die bei vielen Patienten erstaunlich gut funktioniert, ist ausgerechnet ein chirurgischer Eingriff, bei dem ein Magenbypass gelegt wird“, führt Professor Tschöp aus. Dieses Phänomen habe wiederum mit Magen-Darm-Signalen zu tun, die die Stoffwechselsteuerung im Gehirn kontrollieren: „Wir haben Fortschritte gemacht, mit neuen medikamentösen Kombinationen solcher Signale erfolgreich das Gehirn auszutricksen, indem wir pharmakologisch einen Magenbypass imitieren – und damit zumindest bei Mäusen Fettsucht und Zuckerkrankheit bereits kurieren können.“ Allerdings werde es noch viele Jahre dauern, bis ein entsprechendes Medikament für den Menschen verfügbar sei. „Außerdem zeigen allerneueste Erkenntnisse, dass nicht nur spezifische Altersgruppen von unterschiedlichen Diabetes-Therapeutika profitieren, auch geschlechtsspezifische Unterschiede und individuelles Vorliegen von Genmutationskombinationen verlangen eine personalisiertere Medizin. Eines der Hauptziele unserer Forschung ist daher, die dafür entscheidenden Biomarker zu identifizieren“, betont Professor Tschöp.

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