Innere Medizin während der Zeit des Nationalsozialismus

Ausstellung zur Rolle der DGIM im „Dritten Reich“

Nach dem Krieg konnten einzelne Ärzte aus den Reihen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) wieder weitgehend unbehelligt praktizieren, obwohl sie sich in der NS-Zeit schuldig gemacht hatten. Dies ist eines der Ergebnisse der Unter-suchungen der DGIM zu ihrer Vergangenheit. Mit der Rolle der Fachgesellschaft, ihrer Akteure und Mitglieder in der Zeit des Nationalsozialismus befasst sich eine Ausstellung anlässlich des 121. Internistenkongresses in Mannheim.
Seit 2012 erforschen Historiker des Medizinhistorischen Instituts in Bonn systematisch die Geschichte der DGIM in der Zeit des Nationalsozialismus. Der bevorstehende Internistenkongress bietet Besuchern Einblick in erste Ergebnisse der Nach- forschungen. „Das ist ein wichtiger und notwendiger Schritt für die Fachgesellschaft“, so Generalsekretär Professor Dr. med. Dr. h. c. Ulrich R. Fölsch aus Kiel. „Denn die geschichtliche Aufarbeitung erinnert nicht nur an Geschehenes, sie schärft auch den Blick auf die Gegenwart und ruft ins Bewusstsein, wozu Menschen in der Lage sind.“ Die Ausstellung dokumentiert Schicksale verfolgter Mitglieder der DGIM und Oppositioneller. Sie belegt auch Medizinverbrechen, an denen Ärzte aus den Reihen der Fachgesellschaft beteiligt waren, und stellt den Verlauf der Internistenkongresse während der Diktatur dar.
Diese Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sieht die DGIM als ihre Aufgabe. „Die Ausstellung soll Denkanstöße geben, aber auch uns Ärzte mahnen, die Errungen- schaften einer demokratischen, offenen Gesellschaft entschlossen zu verteidigen und sich an ihrer Weiterentwicklung aktiv zu beteiligen“, betont Professor Dr. med. Michael Hallek, Präsident der DGIM aus Köln.
Die DGIM selbst besitzt nur noch wenige Dokumente aus der Zeit des
Nationalsozialismus. Daher waren aufwendige Recherchearbeiten notwendig –
unter anderem im Bundesarchiv Berlin, in Bibliotheksarchiven und den Beständen der Deutschen Forschungsgemeinschaft –, um auf Informationen zur Vergangenheit der Fachgesellschaft und ihrer Mitglieder zu stoßen. Erste Ergebnisse zeigt der 121. Internistenkongress jetzt vorab: Schautafeln, ein Film, eine Kunstinstallation und Vitrinen erwarten die Besucher und veranschaulichen, welche Erkenntnisse die beiden Historiker Privatdozent Dr. phil. Ralf Forsbach und Professor Dr. phil. Hans-Georg Hofer bisher gewinnen konnten. „Breiteren Raum nimmt dabei auch das Schicksal von Leopold Lichtwitz ein, dem als Jude zu Beginn der NS-Zeit der DGIM-Vorsitz aberkannt wurde“,
erläutert Forsbach. Zu dessen Ehren rief die DGIM im Jahr 2013 ihre größte Aus- zeichnung ins Leben, die Leopold-Lichtwitz-Medaille. Dabei recherchieren die Historiker auch zu Ärzten aus den Reihen der DGIM, die sich schuldig gemacht haben. „Einige konnten bald nach dem Krieg wieder praktizieren oder gelangten sogar auf Lehrstühle. Andere zerbrachen an ihrem Schicksal und nahmen sich das Leben. Wieder andere wurden gerichtlich belangt“, erläutert Forsbach. Für 2018 plant die Fachgesellschaft eine umfangreiche wissenschaftliche Monografie zu dem Thema.

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