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Das sind die häufigsten Gründe für Krankmeldungen

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Seit 2006 ist die Zahl der Fehltage deutscher Arbeitnehmer aufgrund psychischer Erkrankungen erstmals gesunken. Das geht aus der aktuellen Krankenstands-Analyse der DAK hervor. Trotzdem rangieren Erkrankungen der Psyche mit 15,2 Prozent noch immer auf Rang drei der häufigsten Erkrankungen. Am häufigsten trat dabei die Diagnose Depressionen auf.

Psychische Erkrankungen: Rückgang bei Ausfalltagen

DAK-Gesundheit legt Analyse der Fehltage für 2018 vor: Krankenstand steigt insgesamt leicht an

Erstmals seit 2006 sind die Fehltage im Job wegen psychischer Erkrankungen leicht zurückgegangen: 2018 gab es 236 Fehltage je 100 Beschäftigte. Das sind 5,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Trotz dieses Rückgangs rangieren Seelenleiden auf Platz drei beim Anteil am Gesamtkrankenstand des vergangenen Jahres. Das zeigt die Krankenstands-Analyse der DAK-Gesundheit für das Jahr 2018. Die meisten Fehltage entfielen auf Muskel-Skelett-Erkrankungen wie beispielsweise Rückenschmerzen, gefolgt von Atemwegs- erkrankungen. Insgesamt meldeten sich Deutschlands Arbeitnehmer im vergangenen Jahr etwas häufiger krank als im Jahr zuvor: Der Gesamtkrankenstand stieg von 4,1 Prozent auf 4,2 Prozent. Hauptgrund für die vermehrten Krankmeldungen war die starke Grippewelle zu Beginn des Jahres.

Psychische Erkrankungen hatten 2018 einen Anteil von 15,2 Prozent am Gesamtkrankenstand. Die durchschnittliche Falldauer betrug 33,7 Tage. Unter den psychischen Erkrankungen entfielen die meisten Fehltage auf Depressionen mit rund 93 Tagen je 100 Versicherte – ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent. Aufgrund von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen gab es 2018 rund 51 Fehltage je 100 Versicherte. Hier gab es einen leichten Anstieg um vier Prozent.

Beim Blick auf die Geschlechter wird deutlich: Bei Frauen verursachten psychische Erkrankungen 63 Prozent mehr Fehltage als bei Männern (298 zu 183 Ausfalltage je 100 Versicherte).

Gesamtkrankenstand: die Meisten fehlten wegen Rücken & Co.

Insgesamt ließen sich mehr als die Hälfte der Fehltage 2018 auf drei Krankheitsarten zurückführen: An erster Stelle standen Rückenleiden und andere Muskel-Skelett-Erkrankungen. Etwa jeder fünfte Fehltag wurde damit begründet (20,9 Prozent). Danach folgten Atemwegserkrankungen mit 16 Prozent am Gesamtkrankenstand und psychische Erkrankungen (15,2 Prozent). Insgesamt dauerte eine Krankschreibung 2018 im Schnitt 12,6 Tage – das sind 0,2 Tage weniger als im Vorjahr. Und: Mehr als jeder zweite Arbeitnehmer war gar nicht krankgeschrieben (51,4 Prozent). Für die aktuelle

Krankenstands-Analyse hat das Berliner IGES Institut die Daten von rund 2,5 Millionen erwerbstätig Versicherten der DAK-Gesundheit für das Jahr 2018 ausgewertet.

Vergleich: Die wichtigsten Diagnosen beim Krankenstand in den Jahren 2018 und 2017

2018

1. Muskel-Skelett-System (20,9 Prozent)
2. Atmungssystem (16,0 Prozent)
3. Psychische Erkrankungen (15,2 Prozent)
4. Verletzungen und Vergiftungen (12,3 Prozent)
5. Verdauungssystem (5,0 Prozent)
6. Unspezifische Symptome (4,8 Prozent)
7. Infektionen (4,7 Prozent)
8. Nervensystem, Augen, Ohren (4,6 Prozent)
9. Kreislaufsystem (4,2 Prozent)
10. Neubildungen (3,9 Prozent)

2017

1. Muskel-Skelett-System (21,8 Prozent)
2. Psychische Erkrankungen (16,7 Prozent)
3. Atmungssystem (15,4 Prozent)
4. Verletzungen und Vergiftungen (11,9 Prozent)
5. Verdauungssystem (5,0 Prozent)
6. Infektionen (4,7 Prozent)
7. Nervensystem, Augen, Ohren (4,5 Prozent)
8. Neubildungen (4,4 Prozent)
9. Kreislaufsystem (4,1 Prozent)
10. Unspezifische Symptome (4,1 Prozent)

Überwärmungsbäder hilfreich gegen Depressionen

Warm, ausgeruht und psychisch stabil

Überwärmungsbäder hilfreich gegen Depressionen / Uni-Zentrum Naturheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg sucht weitere Probanden

Eine Erhöhung der Körpertemperatur verbessert in den nächsten Nächten die Schlafqualität und hilft gegen Depressionen. Dies konnten Forscher des Uni-Zentrums Naturheilkunde an der Universitätsklinik Freiburg unter der Leitung von Prof. Dr. Roman Huber in einer aktuellen Pilotstudie zeigen. Bereits nach vier Überwärmungsbädern mit 40 Grad Celsius Wassertemperatur gaben die Testpersonen einen verbesserten Schlaf und geringere Depressionsgefühle zu Protokoll. Nun suchen die Wissenschaftler weitere Probanden: In einer Folgestudie wollen sie die Wirksamkeit von Überwärmungsbädern mit den Effekten einer Bewegungstherapie vergleichen.

„Unsere ersten Ergebnisse deuten darauf hin, dass Überwärmungsbäder über die höhere Körpertemperatur zu besserer Schlafqualität führen“, erklärt Prof. Huber. Stieg die Körpertemperatur direkt nach dem Bad durchschnittlich um 2,43 Grad Celsius an, lag sie auch nach einer anschließenden Ruhephase durchschnittlich um 1,06 Grad Celsius über der Ausgangstemperatur. Bei der Befragung anhand des etablierten Hamilton Depressing Rating Scale-Fragebogens zeigte sich bei den Probanden sowohl ein verbessertes Befinden als auch ein signifikanter Rückgang von Schlafstörungen. Die Mediziner vermuten, dass die erhöhte Körpertemperatur die Aktivitäten des Nervensystems modifiziert, die bei depressiven Patienten häufig zu nächtlichem Grübeln und kreisenden Gedanken führen.

Geeignet für die Teilnahme an der aktuellen Studie sind Männer und Frauen im Alter von 18 bis 65 Jahren mit einer mittelgradigen Depression. Die Zuteilung zu den Anwendungen (Bewegungstherapie oder Überwärmungsbäder) erfolgt zufällig. Vorgesehen sind zwei Anwendungen pro Woche über einen Zeitraum von acht Wochen (insgesamt 16 Anwendungen).

Interessenten können sich melden bei:

Iris Kruza
Uni-Zentrum Naturheilkunde
Telefon: 0174/8226421
iris.kruza@uniklinik-freiburg.de

Weitere Informationen zu der Studie finden Sie unter https://www.uniklinik-freiburg.de/iuk/informationen.html

App zur Früherkennung von Depressionen

MOSS – Mit einer App depressive Verstimmungen erkennen und Betroffenen helfen

App zur DepressionserkennungForschende des UniversitätsSpitals Zürich haben in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich, der Universität St. Gallen und der makora AG eine App zur Früherkennung von Depressionen entwickelt. Betroffene werden damit mobil, alltagsnah und mit individuellen Verhaltensempfehlungen unterstützt.

​ Depressionen beginnen oft schleichend, das frühzeitige Erkennen erster Symptome ist jedoch für den Verlauf der Krankheit entscheidend. An diesem Punkt setzte das Entwicklerteam der MOSS App um die Psychiaterin Dr. Steffi Weidt (UniversitätsSpital Zürich) und Prof. Elgar Fleisch (ETH Zürich und Universität St. Gallen) an. Ziel der App ist es, eine beginnende Depression frühzeitig zu erkennen und individuelle Verhaltensempfehlungen zu geben, um die Depression abzuschwächen oder sogar zu vermeiden. MOSS wurde in Kooperation mit der ETH Zürich, der Universität St. Gallen (HSG) und der makora AG entwickelt und wird von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) finanziell unterstützt.

MOSS: Mobile Sensing and Support
Die MOSS App nutzt die zeitlich und örtlich unbeschränkte Verfügbarkeit (Mobile) von Smartphones, um Menschen mit einer depressiven Verstimmung möglichst alltagsnah und individuell zu unterstützen. Dafür erfasst, sammelt und analysiert (Sensing) MOSS laufend Daten, und gibt anhand von Algorithmen ermittelte individuelle, an die Situation angepasste Verhaltensempfehlungen ab (Support). Diese Empfehlungen basieren auf medizinischen und verhaltenstherapeutischen Grundlagen zur Behandlung von Depressionen und betreffen die vier Bereiche: Körper, Gedanken, Entspannung und Soziales.

Antriebslosigkeit erkennen und bekämpfen
Energie- und Antriebslosigkeit sind typische Begleiterscheinungen von depressiven Verstimmungen. Die App erfasst deshalb unter anderem Informationen zur körperlichen Aktivität (Bewegung zu Fuss) oder zu sozialen Kontakten (Anzahl Anrufe). Aus diesen Angaben erkennt MOSS, dass ein Nutzer in den letzten Tagen das Haus nur selten verlassen hat und keine sozialen Kontakte mehr pflegte. Basierend auf diesen Informationen würde MOSS beispielsweise empfehlen, wieder einmal einen Spaziergang an der frischen Luft zu machen oder sich bei einer Freundin zu melden, um mit positiven Aktivitäten die Symptome zu überwinden oder sich präventiv vor einer Depression zu schützen.

Verbesserung der Versorgungssituation
«Da die App jederzeit und überall für Betroffene verfügbar ist, kann sie deutlich zur Verbesserung der Versorgungssituation beitragen. Die App läuft zudem bequem und selbständig im Hintergrund, die Nutzer müssen aktiv keine Eingaben machen. Für Menschen mit depressiven Verstimmungen oder Depressionen ist das eine wesentliche und hilfreiche Unterstützung», ist Steffi Weidt überzeugt.

Teststudie
Das UniversitätsSpital Zürich (USZ) führt unter der Leitung von Dr. Steffi Weidt die erste Teststudie der MOSS App durch. Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer können die neuartige Android App kostenlos testen. Der Schutz der persönlichen Daten ist dabei zentral; so werden alle Informationen verschlüsselt übermittelt und gespeichert und die Teilnehmenden sind nur über eine Identifikationsnummer erfasst. 

Information und Anmeldung unter: http://www.health-is.ch/MOSS

Ansprechpartner:
Dr. Steffi Weidt, Projektverantwortliche MOSS
UniversitätsSpital Zürich, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
044 255 52 80, mossde@usz.ch

Zöliakie: Rund um die Autoimmunerkrankung existieren viele Irrtümer

Schätzungsweise einer von 300 Deutschen hat Zöliakie – mitunter ohne davon zu wissen. Denn bei vielen Menschen verursacht die angeborene Autoimmunerkrankung keine Symptome. Bei anderen wiederum sind die Anzeichen derart, dass Ärzte und Betroffene eine Zöliakie lange gar nicht in Betracht ziehen. Denn das „Chamäleon der Inneren Medizin“ äußert sich sehr unterschiedlich. Immer noch bestünden im Zusammenhang mit Zöliakie zahlreiche Irrtümer, sagen Experten im Vorfeld des Kongresses Viszeralmedizin 2014. Welche dies sind und wie die neue Leitlinie „Zöliakie“ Diagnostik und Behandlung der Erkrankung verbessern soll, ist Thema der heutigen Pressekonferenz in Berlin.Zöliakie ist eine angeborene Autoimmunerkrankung bei der es – ausgelöst durch das Klebeeiweiß Gluten in Getreideprodukten – zu einer Entzündung der Dünndarmschleimhaut kommt. „Klassische Symptome einer Zöliakie sind Bauchbeschwerden, allgemeine Verdauungsstörungen oder Durchfall“, sagt Professor Dr. med. Andreas Stallmach, Direktor der Klinik für Innere Medizin am Universitätsklinikum Jena. „Aber auch Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Depressionen, Mangelerscheinungen, Kopfschmerzen, unklare leichte Leberwerterhöhungen oder Schilddrüsenfunktionsstörungen können auf sie hinweisen. Mitunter sind sie einziger Indikator, werden aber oft nicht mit der Erkrankung in Verbindung gebracht.“

Zu den weit verbreiteten Fehlannahmen, so die Erfahrung des Internisten, gehöre etwa die Einschätzung, Zöliakie sei vorwiegend eine Erkrankung des Kindesalters, die sich in der Pubertät „auswachse“. „Tatsächlich sind zum

Zeitpunkt der Diagnose Frauen im Mittel zwischen 40 und 45 Jahre alt, bei Männern gibt es zwei Altersgipfel – zwischen 10 und 15 und zwischen 35 und 40 Jahren.“ Zöliakie sei zudem eine lebenslange Erkrankung. Einmal diagnostiziert, sollten Betroffene ihr ein Leben lang durch glutenfreie Ernährung entgegenwirken. „Entgegen häufiger Annahmen ist eine glutenfreie Ernährung auch dann empfohlen, wenn eine nachgewiesene Zöliakie keine offensichtlichen Symptome verursacht und Gluten vermeintlich gut vertragen wird“, so der Experte. Weil eine unbehandelte Zöliakie meist mit einem Mangel an Vitaminen, Spurenelementen sowie mit Blutarmut einhergeht, kann sie sich bei Kindern negativ auf das Wachstum und die Knochenqualität auswirken. Bei Erwachsenen erhöhe eine unentdeckte oder unbehandelte Zöliakie das Risiko für Komplikationen – etwa für die Entwicklung weiterer Autoimmunerkrankungen, in seltenen Fällen sogar für Lymphome des Dünndarms.

Um eine Zöliakie nachzuweisen, untersuchen Mediziner das Blut auf die in der Regel erhöhten Autoantikörper gegen das Enzym „Gewebetransglutaminase“. Wenn die Patienten sich bis zuletzt glutenhaltig ernährt haben, können die Ärzte damit die Erkrankung in der Regel von ähnlichen Leiden wie der Weizenallergie oder einer Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität unterscheiden. Ist das Ergebnis nicht eindeutig, helfen genetische Risikomarker im Blut die Zöliakie zu diagnostizieren. Den Verdacht bestätigt dann die Untersuchung von Gewebeproben aus dem Dünndarm.

Erinnerungslücken durch Antidepressiva?

Unterdrückung des REM-Schlafs stört Lernprozesse

Berlin, 02.09.2014 Depressionen können mit Medikamenten, die den REM-Schlaf unterdrücken, wirksam behandelt werden. In diesen Schlafphasen finden nicht nur die meisten Träume statt, sondern es werden auch Erinnerungen im Gedächtnis verfestigt. Wie Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin jetzt festgestellt haben, beeinträchtigt die Unterdrückung des REM-Schlafes gleichzeitig das Lernen und kann Gedächtnisstörungen hervorrufen. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Sleep* veröffentlicht.

Menschen mit Depressionen sind antriebslos, wirken nach außen müde und schlapp. Doch innerlich sind sie angespannt und das Gehirn arbeitet auf Hochtouren. Eine der wirksamsten Therapien ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen die Unterdrückung des REM-Schlafs mit bestimmten Antidepressiva. Dieser Wirkmechanismus beeinflusst jedoch auch die kognitiven Leistungen: In den REM-Schlafphasen werden Erinnerungen im Langzeitgedächtnis verfestigt und fördern damit das prozedurale Lernen. Das sind automatisierte Lernvorgänge, wie beispielsweise Klavierspielen oder Fahrradfahren.

Bisherige Studien zeigten, dass depressive Menschen in ihrem prozeduralen Lernen beeinträchtigt sind und ein erhöhtes Risiko haben, an kognitiven Störungen oder Demenz zu erkranken. Sind diese Symptome Ausdruck der Erkrankung oder werden sie erst durch die Antidepressiva hervorgerufen? Dieser Frage ging die Arbeitsgruppe um Privatdozent Dr. Dieter Kunz vom Institut für Physiologie der Charité in einer experimentellen Studie nach. Vor dem Zubettgehen sollten sich 25 gesunde Teilnehmer visuelle Muster merken. Anschließend bekamen sie entweder ein Placebo oder das Antidepressivum Amitriptylin verabreicht. Am nächsten Abend wurde der Lernerfolg getestet: Die Probanden mit dem Placebo-Präparat konnten die Muster deutlich schneller erkennen als diejenigen, die Amitriptylin erhalten haben.

»Unsere Ergebnisse lassen vermuten, dass kognitive Störungen bei depressiven Patienten durch das Antidepressivum Amitriptylin zumindest mit verursacht werden. Das Eindringen von psychoaktiven Substanzen in die komplizierten Schlafabläufe kann eine Vielzahl der bekannten Nebenwirkungen wie kognitive Defizite, Gewichtszunahme und morgendliche Apathie erklären«, sagt der Schlafforscher Dr. Kunz. Weiterhin betont er: »Die Entwicklung von neuen Substanzen, die nicht nur tagsüber das Befinden von depressiven Menschen verbessern, sondern auch deren Schlafqualität fördern, ist voranzutreiben.«

*Goerke M, Cohrs S, Rodenbeck A, Kunz D. Differential effect of an anticholinergic antidepressant on sleep – dependent memory consolidation. Sleep 2014 May 01. Doi: 10.5665/sleep.3674

Warum Stress am Arbeitsplatz krank macht

Depressionen und Herzinfarkt:

Warum Stress am Arbeitsplatz krank macht

Notausgang 2fzm, Stuttgart, Juli 2014 – Hohe Anforderungen, permanenter Zeitdruck und geringe Kontrollmöglichkeiten, eine nicht angemessene Belohnung und keine Aussicht auf Beförderung. Das alles kann Arbeiter und Angestellte krank machen. So steigert Arbeitsstress das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, um 40 Prozent, das Risiko, eine Depression zu entwickeln, sogar um 80 Prozent, warnt ein Experte in der Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2014).

Arbeitsstress ist ein Alltagsbegriff, dessen Auswirkungen auf die Gesundheit kaum fassbar erscheinen. Wissenschaftler haben in den letzten Jahren jedoch Fragebögen entwickelt, mit denen sie potenziell gesundheitsgefährdenden Stress erkennen und bewerten können. „Arbeitsstress ist messbar“, schreibt Professor Peter Angerer, Leiter des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, und nennt gleich drei Arten, wie Arbeitsstress die Menschen krank macht. Das „Job Strain“-Modell vergleicht die Anforderungen am Arbeitsplatz mit den Möglichkeiten des Arbeiters sie zu erfüllen. Wenn Zeit- und Handlungsspielräume und Lerngelegenheiten fehlen, kann die Arbeit schnell über den Kopf wachsen, was auf Dauer krank macht. „Diese Konstellation findet sich häufig bei Beschäftigten mit gering qualifizierter Industriearbeit, etwa Fließbandarbeit in hohem Tempo“, schreibt Angerer. Aber auch einfache immer gleiche Bürotätigkeiten könnten krank machen, wenn die Anforderungen zu hoch geschraubt werden. Ein 11-Punkte-Fragebogen zeigt den Forschern, ob die Gesundheit eines Arbeiters oder Angestellten gefährdet ist.

Unter Belohnungs- oder Gratifikationskrisen leiden Menschen, die für ihre berufliche Karriere Vorleistungen erbracht haben und sich gegen Konkurrenten durchsetzen wollen. Wenn der Erfolg ausbleibt, neigen viele zu einem ungesunden Überengagement. „Stresstheoretisch stehen enttäuschte Erwartungen sozialer Belohnungen im Zentrum“, erläutert der Experte. Auch dies ist mittlerweile mit einem Fragebogen messbar.

Der dritte Stressor entsteht durch Willkür und nicht korrekte Umgangsformen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern. Auch ein Mangel an Fairness und Respekt im Umgang miteinander ist ungesund. Arbeitsmediziner bezeichnen dies als mangelnde Organisationsgerechtigkeit, die sie ebenfalls mit einem Fragebogen erfassen können.

In den letzten Jahren haben Arbeitsmediziner die Fragebögen genutzt, um die Auswirkungen von Stress auf die Gesundheit zu messen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass Arbeitsstress das Risiko auf Depressionen um 80 Prozent und das Risiko auf einen Herzinfarkt um 40 Prozent steigert. Für die Depressionen sei dies noch eine zurückhaltende Schätzung, so Professor Angerer. Die wissenschaftliche Befundlage sei „robust“. Für Arbeitsstress als Ursache spreche die Übereinstimmung der Ergebnisse in verschiedenen Studien und eine „Dosis-Wirkungsbeziehung“: Je stärker der Stress ist und je länger er anhält, desto höher ist das Risiko von Depressionen. Die Lebensgeschichte der Arbeiter und die Persönlichkeit haben nach Einschätzung des Experten zwar einen gewissen Einfluss: „Auf Dauer können sie den Effekt gefährdender Arbeitsbedingungen nicht wesentlich abschwächen“, warnt er. Die Belastungen können sogar so hoch sein, dass es für den Arbeiter im Einzelfall gesünder sein kann, den Job zu kündigen. Arbeitslosigkeit beeinflusse die psychische Gesundheit zwar negativ, die Beschäftigung in hochgradig belastenden Berufen könne jedoch noch ungesünder sein. Dies hat laut Professor Angerer eine Studie aus Australien ergeben.

Auch die schädliche Wirkung auf Herz- und Kreislauf ist gut untersucht. Professor Angerer sieht zwei „Stressachsen“. Über das sympathische Nervensystem werden Adrenalin und Noradrenalin, sogenannte Katecholamine, freigesetzt. Messbar ist dies an einer verminderten Herzfrequenzvariabilität: Der Herzschlag bleibt so auch bei Entlastung und Entspannung erhöht. Gleichzeitig schüttet die Nebenniere vermehrt Cortisol aus, was mit einem morgendlichen Speicheltest gemessen werden kann. Arbeiter mit erhöhten Werten in den Tests haben ein erhöhtes Risiko auf einen hohen Blutdruck sowie auf Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Arbeitsstress ist für Professor Angerer vermeidbar. „Arbeitsbedingungen im Unternehmen sind grundsätzlich modifizierbar und ein günstigeres Verhalten im Umgang mit Belastungen lässt sich erlernen“, schreibt der Arbeitsmediziner. Betriebsärzte und Personalverantwortliche sollten hier zusammenarbeiten. Eine Stressvermeidung käme dem Betrieb und auch der Gesellschaft zugute. Denn so Professor Angerer: „Gut belegt ist, dass sich der Anteil psychischer Diagnosen an Fehlzeiten und Frühberentungen im letzten Jahrzehnt stark erhöht hat.“

P. Angerer et al.:
Stress: Psychosoziale Arbeitsbelastung und Risiken für kardiovaskuläre Erkrankungen sowie Depression
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2014; 139 (24); S. 1315-1320