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Sterblichkeit durch nichtübertragbare Krankheiten sollen bis 2025 um 25 Prozent gesenkt werden

UN-Gipfelkonferenz zu den nichtübertragbaren Krankheiten
Kommt die Bundesregierung ihren Verpflichtungen nach?

New York/Berlin, den 9. Juli 2014 – Welche Fortschritte haben die Nationalstaaten im Kampf gegen Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes gemacht? Dies wollen die Vereinten Nationen am 10./11. Juli 2014 in New York bei einem Gipfeltreffen der Generalversammlung ermitteln – drei Jahre nach dem ersten UN-Gipfel zu den nichtübertragbaren Krankheiten im Jahr 2011. Auch Deutschland hat sich dem globalen Ziel verpflichtet, die vorzeitige Sterblichkeit durch nichtübertragbare Krankheiten bis 2025 um 25 Prozent zu senken sowie die Zunahme von Adipositas und Diabetes zu stoppen. „Wir sind gespannt, welche Maßnahmen die Bundesregierung darlegen wird, um diesen Verpflichtungen nachzukommen“, erklärt Dr. Dietrich Garlichs, Geschäftsführer der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). DDG und diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, die an der UN-Konferenz teilnehmen, setzen sich für einen Nationalen Diabetesplan sowie die Einführung einer Zucker-Fettsteuer auf ungesunde Lebensmittel ein.

In Deutschland ist die Zahl der Diabeteserkrankungen allein in den Jahren 1998 bis 2011 um 38 Prozent auf über sechs Millionen gestiegen – jährlich zählen 40.000 Amputationen, 2000 Erblindungen und 2300 neu Dialysepflichtige zu den Folgen der epidemischen Stoffwechselerkrankung. Vor dem Hintergrund dieser dramatischen Zahlen hat die Bundesrepublik im Jahr 2011 die politische Deklaration des UN-Gipfels gegen nichtübertragbare Krankheiten unterzeichnet und 2012 dem Globalen Monitoringplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Umsetzung der politischen Deklaration in messbare nationale Zielgrößen und Messindikatoren zugestimmt. Darin hat sich Deutschland verpflichtet, die vorzeitige Sterblichkeit durch nichtübertragbare Krankheiten bis 2025 um 25 Prozent zu senken und sich auch zu dem Ziel „Die Zunahme von Adipositas und Diabetes stoppen“ („Halt the rise in obesity and diabetes!“) bekannt.

„Die UN-Gipfelkonferenz will die Nationen dazu bewegen, den 2011 vereinbarten Prozess weiter voranzutreiben und die globalen Ziele zu konkretisieren, um die politische Absichtserklärung in Ergebnisse umzusetzen“, erklärt Privatdozent Dr. med. Erhard Siegel, Präsident der DDG. „Es wird Zeit, dass sich die Politik kümmert – am besten durch ein verhältnispräventiv ausgerichtetes Bundespräventionsgesetz und den Beschluss eines Nationalen Diabetesplan“, betont auch Professor Dr. med. Thomas Danne, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.
Der Koalitionsvertrag sieht ein Präventionsgesetz noch für 2014 vor und der Vorschlag zu einem nationalen Diabetesplan ist  kürzlich auf Initiative von vier Bundesländern in den Bundesrat eingebracht worden. Erst Ende Juni hat der Gesundheitsausschuss des Bundesrates der Bundesregierung empfohlen, sowohl ein Bundespräventionsgesetz, als auch einen Nationalen Diabetesplan auf den Weg zu bringen „Auch hierzulande wächst jetzt endlich die Erkenntnis, dass die Primärprävention chronischer Krankheiten nicht vom medizinischen Sektor bewältigt  werden kann und dass speziell Diabetes politisch ein ‚hot topic‘ ist und einen konzertierten Aktionsplan erfordert“, so Danne.

Auf einigen Feldern hat Deutschland den Kampf gegen nichtübertragbare Krankheiten mit geeigneten politischen Maßnahmen bereits erfolgreich vorangetrieben. „Dazu zählen das Krebs-Informations- und -Registergesetz, aber auch die Nichtraucherschutzgesetze und insbesondere die Erhöhung der Tabaksteuer“, erläutert DDG-Geschäftsführer Garlichs. „Die Tabakpreiserhöhungen haben dazu beigetragen, den Tabakkonsum vor allem in der nachwachsenden Generation stark zurückzudrängen. „Diesem Beispiel folgend, empfehlen wir die Einführung einer Zucker-Fettsteuer auf stark kalorienhaltige verarbeitete Lebensmittel, wobei gleichzeitig gesunde Nahrung steuerlich entlastet werden sollte.“

Einen Nationalen Diabetesplan und die Einführung einer Zucker-Fettsteuer auf verarbeitete Lebensmittel werden die Organisationen DDG und diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe als neuen deutschen Beitrag bei der UN-Fortschrittskonferenz am 10./11. Juli zur Umsetzung der von Deutschland eingegangenen politischen Selbstverpflichtung vorschlagen.. „Wir sind stolz auf diese wiederholte Einladung der Vereinten Nationen, denn sie zeigt, dass unser Engagement zur Bewältigung der Volkskrankheit Diabetes auch international wahrgenommen wird und wir in den vergangenen drei Jahren ein zuverlässiger Partner gewesen sind“, freut sich Danne.

Die Zahl der stark übergewichtigen jungen Männer weiter ansteigend

Europäischer Adipositas-Tag 2014

Beauftragter für Diabetes und Adipositas gefordert

Die Deutsche Diabetes-Hilfe und ihre Trägerorganisationen fordern anlässlich des Europäischen Adipositas-Tages zusammen mit der wissenschaftlichen Fachgesellschaft Deutsche Adipositas Gesellschaft (DAG) sowie der Deutschen Diabetes-Stiftung (DDS) die Einrichtung eines Beauftragten der Bundesregierung für Diabetes und Adipositas.

„Zwei Drittel der Männer und jede zweite Frau sind übergewichtig, fast jeder Vierte ist adipös; fast 10% der Menschen in Deutschland leiden an Diabetes und die Zahlen nehmen weiter zu. 90 % der Menschen, die an Diabetes erkrankt sind, sind übergewichtig und mindestens 50% leiden an Bluthochdruck. Starkes Übergewicht begünstigt die Entstehung des Diabetes und beide Stoffwechselkrankheiten treten deshalb oft zusammen auf und sind wesentliche Ursachen für die Multimorbidität im Alter“, so Prof. Thomas Danne, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe. „Ein Beauftragter der Bundesregierung für Diabetes und Adipositas kann und muss sicherstellen, dass Prävention und Therapie dieser Volkskrankheiten kontinuierlich im Fokus der Politik stehen.“

Die Fachgesellschaften sind sich einig, dass dringender Handlungsbedarf an oberster Stelle besteht. „Diabetes und Adipositas sind gesamtgesellschaftliche Probleme, die nur ressortübergreifend in den Griff zu bekommen sind. Das Bundesgesundheitsministerium ist hier genauso gefordert wie das Verbraucherministerium und die Länder mit ihrer Verantwortung für die Schulen. Wir müssen viel früher mit unseren Präventionskonzepten ansetzen als dies bislang der Fall ist“, unterstreicht PD Dr. Erhard Siegel, Präsident der DDG, die Forderung nach einem Beauftragten der Bundesregierung für Diabetes und Adipositas.

„Die Politik darf nicht länger die Augen davor verschließen, dass in einer alternden Bevölkerung und bei den in den letzten Jahren zunehmenden sozialen Ungleichheiten beide Krankheitsbilder noch weiter an Bedeutung zunehmen werden. Das zieht weitere Probleme nach sich, z.B. eine Verkürzung der produktiven Arbeitsjahre und eine erschwerte, aufwendigere Pflege – deshalb benötigen wir einen ressortübergreifenden Beauftragten der Bundesregierung“, so auch Prof. Dr. med. Martin Wabitsch, Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft.

„Wir wissen zwar, dass nicht jeder Adipöse auch Diabetiker ist und nicht jeder Diabetiker adipös“, erklärt Prof. Dr. med. Rüdiger Landgraf von der Deutschen Diabetes-Stiftung (DDS), „aber um beide zusammenhängenden Gruppen müssen wir uns besonders kümmern, weil sie ein hohes Risiko für Folgeerkrankungen haben und weil ihr Gesundheitszustand in hohem Maße davon abhängt, ob eine Umstellung des Lebensstils und ein nachhaltig eigenständiges Selbstmanagement im Alltag nach therapeutischer Schulung und Beratung gelingt.“

Wie vom Robert-Koch-Institut (RKI) 2012 veröffentlicht, stagnieren die Zahlen für Übergewicht und Adipositas in Deutschland derzeit auf hohem Niveau, das starke Übergewicht hat jedoch weiter zugenommen, insbesondere bei jungen Männern. Experten der DAG schätzen, dass sich die direkten Kosten der Adipositas auf 20 Mrd. €/ Jahr belaufen.
Nach RKI-Daten leben in Deutschland mehr als 6 Millionen Menschen mit Diabetes, rund 90 % sind an Typ 2 erkrankt und von diesen sind 80-90% übergewichtig. Dabei sind noch gar nicht die Probleme einer frühzeitigen Erkennung und adäquaten Therapie des Bluthochdrucks und der Fettstoffwechselstörungen als wesentliche Risikofaktoren für Gefäßkomplikationen angesprochen. Die direkten Kosten des Diabetes und seiner Folgekrankheiten belaufen sich  derzeit auf ca. 48 Mrd. €/ Jahr. Die EU-Kommisson geht nach Schätzungen der International Diabetes Federation (IDF) sogar von weit mehr Menschen mit Diabetes in Deutschland aus: demnach wären 7,6 Mio. Menschen in Deutschland erkrankt, ein Spitzenplatz in Europa.