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Ultraschall erspart Kindern mit angeborenen Herzfehlern belastende Eingriffe

Berlin – Etwa eines von 100 Babys kommt mit einem Herzfehler zur Welt. Die Fehlbildungen reichen von kleinen Löchern in der Herzscheidewand bis hin zu falschen Anlagen der Herzgefäße, die unbehandelt zum Tod führen.

Ultraschallgesteuerter Verschluss des Kammerscheidewanddefektes im Operationssaal; Dr. Ralf Knies bei der Durchführung eines Schluck-Echos (Quelle: U. Herberg, Universitätsklinikum Bonn)

Ultraschallgesteuerter Verschluss des Kammerscheidewanddefektes im Operationssaal; Dr. Ralf Knies bei der Durchführung eines Schluck-Echos (Quelle: U. Herberg, Universitätsklinikum Bonn)

Doch heute erreichen bis zu 90 Prozent aller herzkranken Kinder das Erwachsenenalter. Angeborene Herzfehler erkennen und untersuchen Ärzte meist mittels Ultraschall. Denn die „Echokardiografie“ schont nicht nur die kleinen Patienten, sie ist auch technisch hoch entwickelt. Wie Kindern mit Herzfehlern damit zunehmend belastende Eingriffe erspart bleiben, erklären Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) am 19. November in Berlin.

Kinder, die mit einem Herzfehler auf die Welt kommen, müssen oftmals direkt nach der Geburt oder in den ersten Lebenswochen behandelt und häufig auch operiert werden. „Zur Planung der Therapie brauchen wir möglichst exakte Informationen über den Herzfehler“, erklärt DEGUM-Expertin Dr. med. Ulrike Herberg, Kinderkardiologin am Universitätsklinikum Bonn. Und dabei kommt der Untersuchung des Herzen mit Ultraschall eine entscheidende Rolle zu. „Nahezu alle Herzfehlbildungen können heute mittels Ultraschall korrekt diagnostiziert werden“, so Herberg. Statistiken zeigen, dass diagnostische Herzkatheteruntersuchungen an Bedeutung verlieren.

Anders als Kernspintomografie und Herzkatheter, die ebenfalls der Diagnose von Herzfehlern dienen, kann der Ultraschall – wenig zeit- und kostenintensiv – überall durchgeführt werden. Die Kinder brauchen weder eine Narkose, noch sind sie – anders als bei der Katheteruntersuchung – dem Risiko durch Röntgenstrahlung ausgesetzt. Auch bei Operationen oder Eingriffen mittels Herzkatheter nutzen die Ärzte die Echokardiografie. „Die Ultraschall-Steuerung trägt dazu bei, mit möglichst wenig Strahlung oder sogar gänzlich ohne Röntgenstrahlung auszukommen“, erklärt Herberg.

Das Bild, das die Ärzte beim „Herzecho“ auf dem Bildschirm sehen, wird mit zunehmendem technischen Fortschritt immer präziser. Dadurch erkennen die Spezialisten die Details des Herzens wie Herzklappen, Herzscheidewand – oder zu- und abführende Blutgefäße. Sie sehen live wie das Herz pumpt und wie sich die Herzklappen öffnen und schließen. Mit der sogenannten Dopplerfunktion des Gerätes können sie den Blutfluss sichtbar machen. Die dreidimensionale Echokardiografie ermöglicht es Ärzten heute, Fehlbildungen plastisch darzustellen und sogar Situationen im Operationssaal zu simulieren.

„Für uns Kinderkardiologen ist die Behandlung von Kindern mit angeborenen Herzfehlern ohne die Echokardiografie undenkbar“, sagt Ulrike Herberg. Dass die kleinen Herzpatienten heute erfolgreich behandelt werden, zeigt die Statistik: Durch Fortschritte in der Diagnostik und Behandlung von angeborenen Herzfehlern erreichen mittlerweile 85 bis 90 Prozent der Patienten das Erwachsenenalter.

Schonender Blick ins Babygehirn

Kopfultraschall bei Säuglingen ohne Strahlung und Narkose

Akustisches Fenster: Um das Gehirn des Neugeborenen zu untersuchen, setzen Ärzte den Ultraschallkopf auf der großen Fontanelle des Babys auf Quelle: Prof. K.-H. Deeg, Sozialstiftung Bamberg

Akustisches Fenster: Um das Gehirn des Neugeborenen zu untersuchen, setzen Ärzte den Ultraschallkopf auf der großen Fontanelle des Babys auf
Quelle: Prof. K.-H. Deeg, Sozialstiftung Bamberg

Berlin – Hirnblutungen, Fehlbildungen des Gehirns, Erweiterungen der Hirnkammern, Schlaganfälle, Hirntumore oder auch Kopfverletzungen können bei Neugeborenen und Säuglingen sicher und schonend  diagnostiziert werden. Doch einige bildgebende Verfahren können dem Säugling schaden oder erfordern, dass das Kind über mindestens eine halbe Stunde still hält. Das ist ohne Sedierung oder Narkose meist nicht möglich. Eine Studie zeigt jetzt, wie hilfreich deshalb bei Babys eine Ultraschalluntersuchung des Gehirns ist.  Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) hin. Die Sonografie des Gehirns ermöglicht es Ärzten, das Kind schonend zu untersuchen und auf diese Weise Schäden und Krankheiten im Gehirn früh zu erkennen und bestmöglich zu behandeln.

„Bei Neugeborenen und Säuglingen ist es besonders schwierig, Krankheiten oder Entwicklungsstörungen des Gehirns festzustellen – nicht nur, weil sie sich nicht mitteilen können, sondern auch, weil sie besonders empfindlich sind“, sagt DEGUM-Experte Professor Dr. med. Karl-Heinz Deeg aus Bamberg. Gerade für die Schädeldiagnostik kommen bildgebende Verfahren wie Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) allerdings nur eingeschränkt in Frage: „Wir wissen heute, dass Röntgenstrahlen, die im CT verwendet werden, für Kinder besonders schädlich sind“, sagt Deeg. „Wann immer wir darauf verzichten können, sollten wir dies auch tun.“ Gleiches gelte auch für den Einsatz von Beruhigungs- und Narkosemitteln, die bei der Magnetresonanztomografie wegen der langen Untersuchungszeit von über dreißig Minuten erforderlich sind. Denn in seltenen Fällen kann eine Sedierung oder eine Narkose zu Komplikationen führen. Die MRT-Untersuchung ist zeitaufwändig, teuer und erfordert immer die Anwesenheit eines Arztes. Der Experte empfiehlt daher bei Neugeborenen und Säuglingen möglichst ein Ultraschallgerät zur Diagnostik heranzuziehen. „Die Ultraschalluntersuchung hat keine Nebenwirkungen und erfordert keine Narkose oder Sedierung des Kindes“, betont der Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche am Klinikum Bamberg. Allerdings sei die Untersuchung nur bei Babys möglich, deren Fontanellen noch offen sind. Denn nur durch diese weichen, nicht-verknöcherten Stellen des Schädels können die Mediziner mit dem Ultraschall ins Gehirn blicken.

Ultraschallexperte Karl-Heinz Deeg aus Bamberg untersucht ein fünf Tage altes Neugeborenes Quelle: Prof. K.-H. Deeg, Sozialstiftung Bamberg

Ultraschallexperte Karl-Heinz Deeg aus Bamberg untersucht ein fünf Tage altes Neugeborenes
Quelle: Prof. K.-H. Deeg, Sozialstiftung Bamberg

Auch eine aktuelle Studie von Wissenschaftlern der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore kam kürzlich zu dem Schluss, dass die Gehirn-Sonografie eine schonende und kosteneffiziente Alternative zu CT und MRT bei Untersuchungen von Säuglingen ist. Allerdings unter der Bedingung, dass Ärzte dabei mit High-End-Geräten arbeiten, die zwei- und dreidimensionale Bilder produzieren. „Beim Ultraschall kommt es im besonderen Maße auf die Qualität der Geräte und auf die Erfahrung des Untersuchers an“, kommentiert Deeg.

Als „akustische Fenster“ dienen bei der Neugeborenen-Sonografie die Fontanellen. Der Arzt setzt den Schallkopf zum Beispiel über der vorderen Fontanelle an und kippt ihn dann nach rechts und links, und von vorne nach hinten, damit die Gehirnstrukturen in allen Details deutlich werden. Bei der Gehirnuntersuchung von Neugeborenen werden in der Regel die Frequenzen von acht bis zehn Megahertz verwendet. Die Studienautoren empfehlen bei Frühgeborenen sogar Schallköpfe mit einer Frequenz bis 15 Megahertz. „Je höher die Frequenz ist, umso detaillierter ist das Bild“, erklärt Deeg. Allerdings dringe der Ultraschall bei hohen Frequenzen nicht so tief in das Gewebe ein.

In Deutschland ist die Ultraschalluntersuchung des Gehirns inzwischen das bildgebende Verfahren der Wahl, mit dem bei Früh- und Neugeborenen und jungen Säuglingen fast alle Erkrankungen des Gehirns diagnostiziert werden können. Ärzte nutzen sie zum Beispiel bei Frühgeborenen, die sie direkt im Brutkasten untersuchen können. Da ihr Gehirn noch nicht ausgereift ist, haben „Frühchen“ ein erhöhtes Risiko für Hirnblutungen, in deren Folge es zu einer Erweiterung der Hirnkammern kommen kann. Bei einem zu kleinen oder zu großen Kopf des Säuglings können Mediziner mit Hilfe des Schalls nach der Ursache suchen und beispielsweise eine Erweiterung der inneren oder äußeren Hirnkammern erkennen. Auch bei Fehlbildungen des Gehirns wie einem offenen Rücken, der Spina bifida, kommt der Ultraschall zum Einsatz. Bei Anzeichen für einen erhöhten Hirndruck beim Baby gibt die Doppler-Sonografie, mit der Ärzte die Blutströmung in den Hirngefäßen messen können, Aufschlüsse über die Höhe des Hirndrucks. „Außerdem nutzen wir die Ultraschalluntersuchung auch bei Kopfverletzungen nach einem Unfall, nach einem neurochirurgischen Eingriff oder einer Infektion des Zentralnervensystems“, erläutert Professor Deeg. Die amerikanische Studie zeige, wie vielfältig das Einsatzgebiet der Sonografie gerade bei Neugeborenen ist, bei denen ein möglichst schonendes Diagnoseverfahren eine besondere Bedeutung hat.

Literatur:
Neonatal Head Ultrasonography Today: A Powerful Imaging Tool!
Orman, G. et al.: Journal of Neuroimaging; Online-Vorabpublikation, 4. März 2014
 
Gehirn. Deeg K.H.: In Ultraschalldiagnostik in Pädiatrie und Kinderchirurgie. Deeg K.H., Hofmann V., Hoyer P.F. (Hrsg) Thieme. S. 19-282, 2014