Archiv für den Monat: August 2014

Wie bilden sich automatische Verhaltensweisen?

Elektrische Schwingungen in tiefer gelegenen Hirnstrukturen regeln Handlungsabläufe

Berlin, 25.08.2014 Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben jetzt herausgefunden, welche Hirnstrukturen wiederkehrende Handlungsabläufe, wie Klavierspielen oder Fahrradfahren, steuern. Zudem konnten sie die zugrundeliegenden neuronalen Prozesse entschlüsseln. Die Ergebnisse der Studie sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Brain* veröffentlicht.

Ganz automatisch kann einmal gelerntes Verhalten wie Fahrradfahren oder Klavierspielen wiederholt werden. Die Fähigkeit des Menschen, eine Regelmäßigkeit in der Abfolge von Ereignissen erkennen, speichern und abrufen zu können, wird als sequentielles Verhalten bezeichnet. Dieses Verhalten besteht aus mehreren Einzelbewegungen, die in einer bestimmten zeitlichen Reihenfolge angeordnet sind und einen Anfangs- und einen Endpunkt haben.

Die Arbeitsgruppe Bewegungsstörungen von der Klinik für Neurologie am Campus Virchow-Klinikum der Charité hat am Beispiel von Parkinson-Patienten untersucht, welche neuronalen Aktivitätsmuster im Gehirn diese wiederkehrenden Handlungsabläufe bestimmen. Nach bisherigen Forschungserkenntnissen sind Parkinson-Patienten in ihrem sequentiellen Verhalten beeinträchtigt, was sich zum Beispiel in Starthemmungen beim Laufen äußert. Verantwortlich dafür sind tiefer gelegene Kerngebiete im Gehirn, die sogenannten Basalganglien, denn sie steuern die Bewegungsabläufe.

»In unserer Studie haben wir nun erstmals untersucht, welche neuronalen Prozesse der Basalganglien beim Menschen Einfluss auf das sequentielle Verhalten ausüben«, sagt die Erstautorin Dr. Maria Herrojo Ruiz. Dazu wurde die neuronale Aktivität bei Parkinson-Patienten gemessen, die mit einer tiefen Hirnstimulation (THS) in einem Teilbereich der Basalganglien, dem Nucleus subthalamicus, therapiert werden. Bei dieser Therapie werden Elektroden im Gehirn implantiert und über einen Stimulator elektrische Impulse in die Zielregion geleitet, womit die Parkinson-Symptome erfolgreich gelindert werden. Für die Studie sollten die Probanden kurze Musiksequenzen an einem Klavier einüben, während die elektrischen Signale aus dem Nucleus subthalamicus aufgezeichnet wurden.

So konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass die Basalganglien eine entscheidende Funktion bei der Kodierung der Anfangs- und Endpunkte von Handlungsabfolgen einnehmen. Zudem zeigten sie, welche Modulation von elektrischen Schwingungen, die als Oszillationen bezeichnet werden, dafür verantwortlich ist. Bei Patienten, die die Musiksequenzen besser spielen konnten, haben vor dem ersten und letzten Element der Sequenz, die sogenannten Beta- Oszillationen, im Frequenzbereich 13-30 Hz abgenommen. Bei Patienten, die Schwierigkeiten hatten, die Übung auszuführen, haben die Oszillationen hingegen innerhalb der Sequenz nachgelassen. Die Leiterin der Arbeitsgruppe Prof. Dr. Andrea Kühn betont: »Die Basalganglien bestimmen mit der Kodierung von Anfangs- und Endpunkten die innere Beschaffenheit der gelernten Sequenz und sind somit maßgeblich dafür verantwortlich, ob automatische Verhaltensweisen sich im Gehirn festigen. Unsere Befunde bekräftigen zudem, dass Parkinson-Patienten in ihren Bewegungsabläufen aufgrund der verstärkt auftretenden Beta-Oszillationen beeinträchtigt sind.«

* Herrojo Ruiz M, Rusconi M, Brücke C, Haynes J.-D, Schönecker T, Kühn A. A. Encoding of sequence boundaries in the subthalamic nucleus of patients with Parkinson’s disease. Brain 2014 July 16. Doi: 10.1093/brain/awu191

Knochenmark ist nicht Rückenmark

DSD-Aufklärungskampagne: Knochenmark ist nicht Rückenmark – Wissen ist Leben

DSD-Logo_CMYKImmer wieder passiert es, dass das zur Stammzellspende be- nötigte Knochenmark mit dem nicht transplantierbaren Rü- ckenmark verwechselt wird. Die Deutsche Stammzellspender- datei (DSD) geht mit einer Aufklärungsoffensive gegen diese Verwechslung vor und nimmt den Menschen die Angst vor einer Stammzellspende.

Die DSD ist die achtgrößte von insgesamt 26 Stammzellspender- dateien in Deutschland und geht mit einer Aufklärungskampagne gegen die Verwechslung von Knochenmark und Rückenmark vor. Mit Plakaten, Anzeigen, Information in Transplantationszentren, in Arztpraxen und mit ihrem Partnerschulprojekt bietet die DSD den potentiellen Spendern neben der Infrastruktur zur Stammzellspen- de vor allem einen persönlichen Ankerpunkt. Es geht darum Hei- mat zu sein – für alle, die Leben retten wollen. Und Heimat ist, wo man sich auskennt. Deshalb ist umfangreiche Information und eine intensive Auseinandersetzung mit den Spendern so wichtig. Denn: Wissensdefizit ist die Quelle für Skepsis.

„Knochenmark hat mit dem Rückenmark nichts zu tun,“ erklärt Heinz Robens, Geschäftsführender Gesellschafter der DSD. „Die für eine Heilung notwendigen Stammzellen befinden sich im Kno- chenmark der großen Knochen in unserem Körper. Darüber muss aufgeklärt werden.“ Rückenmark – so Robens weiter – sei ein Teil des zentralen Nervensystems und könne nicht transplantiert wer- den. Und oft sei eine Knochenmarkspende für die Stammzell- transplantation auch gar nicht notwendig. In ca. 95% der Fälle werden Stammzellen aus dem zirkulierenden Blut gewonnen (pe- riphere Stammzellentnahme).

Ebola-Verdachtsfall in Berlin hat sich nicht bestätigt

Pressestatement: Ergebnisse der Blutanalyse liegen jetzt vor

Berlin, 19.08.2014 Der Verdachtsfall auf Ebola in Berlin hat sich nicht bestätigt.
Alle Tests zum Nachweis auf Ebola waren bei der heute in die Charité – Universitätsmedizin Berlin eingelieferten Patientin negativ. Bereits kurz nach der Aufnahme auf der Infektionsstation konnte mikroskopisch eine Malaria-Infektion gesichert und eine entsprechende Therapie eingeleitet werden. »Der Patientin geht es den Umständen entsprechend gut“, sagt Prof. Dr. Norbert Suttorp, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Charité.

Patientin mit Ebola-Verdacht

Pressestatement

Patientin mit Ebola-Verdacht

Berlin, 19.08.2014 Die Patientin mit dem Verdacht auf Ebola ist inzwischen in der Charité eingetroffen. Die Charité-Experten gehen zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon aus, dass es sich um Ebola handelt. Die Patientin hat sich nicht in einer betroffenen Region aufgehalten. Die Mediziner gehen vielmehr von einer infektiösen Magen-Darm-Erkrankung aus. Zum formalen Ausschluss einer Ebola-Erkrankung wird selbstverständlich eine Blutanalyse durchgeführt.

Endokrinologen raten: Nur echten Testosteronmangel behandeln

Altersbeschwerden nicht mit Hormondefizit verwechseln
Endokrinologen raten: Nur echten Testosteronmangel behandeln

Alterskompetenz KopieBochum – Bei vielen Männern geht besonders ab dem sechzigsten Lebensjahr die Produktion der Geschlechtshormone in den Hoden deutlich zurück. Kommen Beschwerden wie Antriebsschwäche, Müdigkeit oder Libidoverlust auf, denken manche Betroffene, es läge am Wenigerwerden der männlichen Sexualhormone. Ein echter Testosteronmangel in dieser Altersgruppe ist jedoch nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) selten. In Deutschland sind nur drei bis fünf Prozent der Männer betroffen. Eine Behandlung sollte wegen möglicher Risiken nur erfolgen, wenn es tatsächlich zu Symptomen bei gemessenem Testosteronmangel gekommen ist.

Der Testosteronspiegel des Mannes sinkt schon in früheren Jahren jedes Jahr um ein bis zwei Prozent. Dieser natürliche Prozess hat meist keine spürbaren Auswirkungen. Bei Männern über 60 Jahren ist das anders. Sie fühlen sich mitunter nicht mehr vital, die Muskelmasse schwindet, das Fettgewebe wird mehr. Wenn dann noch die Libido nachlässt, sogar Hitzewallungen und depressive Verstimmungen dazu kommen, ist die Irritation groß. „In dieser Situation fallen Medienberichte über die Folgen eines Testosteronmangels im Alter natürlich auf fruchtbaren Boden“, weiß Professor Helmut Schatz, Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) aus Bochum. In diesen Berichten würden die Zusammenhänge allerdings stark vereinfacht. „Altersbeschwerden werden generell auf einen Testosteronmangel zurückgeführt. Manchmal wird das Hodenhormon noch immer als Quelle der Jugend angepriesen“, kritisiert Professor Schatz. In den USA fordern die Hersteller von Hormonpräparaten in sogenannten „Low Testosterone“-Kampagnen ältere Männer zum Hormontest auf. Auch in Deutschland häufen sich bei den Endokrinologen die Anfragen von Männern, die über Müdigkeit, Nachlassen des Sexualtriebes, erektile Dysfunktion und Energieverlust klagen und um die Verordnung eines Testosteron-Präparates (Spritze oder Gel) bitten.

Doch die Position der DGE ist zurückhaltend. Mit ein Grund sind zwei neuere Publikationen im amerikanischen Ärzteblatt JAMA vom November 2013 und in der Fachzeitschrift PLoS One vom 29. Januar 2014. Beide Studien berichten über vermehrte Herzinfarkte, Schlaganfälle und eine erhöhte Gesamtsterblichkeit bei Männern, die mit Testosteron behandelt wurden. Ein ursächlicher Zusammenhang sei nicht erwiesen, sagt Professor Schatz. Diese Studien weisen erhebliche Mängel auf und werden von Experten stark kritisiert. Eine Gruppe von international renommierten Andrologen und Endokrinologen setzt sich sogar dafür ein, dass der JAMA-Artikel zurückgezogen wird. Derzeit prüfen die US-Amerikanische Arzneibehörde FDA und die europäische EMA den Zusammenhang. Eine laufende Testosterontherapie sollte nicht abgebrochen werden, meint der Hormonexperte.

Dass eine Testosteronbehandlung bei einem nachgewiesenen Hormonmangel begründet ist, steht außer Zweifel. Professor Eberhard Nieschlag, ehemaliger Direktor des heutigen Centrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie am Universitätsklinikum Münster, fasst die derzeitige Datenlage zusammen. Zwar sei die Zahl der betroffenen Männer geringer als früher angenommen. Statt zehn bis 30 Prozent, wie noch vor wenigen Jahren vermutet, hätten nur drei bis fünf Prozent der 60- bis 79-Jährigen einen Testosteronmangel, der den Libidomangel und andere Symptome erklärt. Diesen Männern könne durch eine Hormontherapie geholfen werden, betont Professor Nieschlag.

Voraussetzung für eine Verordnung von Testosteron ist die genaue Erfassung der Symptome, wobei der Libidomangel die zentrale Beschwerde ist. Professor Nieschlag rät allen Männern mit verminderter Libido und erektiler Dysfunktion zum Labortest. Dazu gehören auch Männer mit Übergewicht, erhöhtem Blutdruck, erhöhten Blutfetten und erhöhtem Blutzucker, bei denen es häufiger zur Potenzstörungen kommt. Dies gilt insbesondere für Männer mit Diabetes Typ 2. „Eine Begleitbehandlung mit Testosteron kann bei diesen Männern eine Potenzstörung lindern“, sagt Professor Nieschlag: „Ein Testosteronpräparat (transdermales Gel oder Spritze) kann zusammen mit Lebensstiländerungen wie Diät und Sport positiv wirken. Eine frühzeitige, niedrig dosierte Testosterontherapie kann bei nachgewiesenem Mangel der Entwicklung eines Diabetes Typ 2 und einer Erkrankung der Herzkranzgefäße entgegen wirken.“

Die Hormonpräparate sollten jedoch von einem Facharzt verschrieben werden. Männer mit Prostatakrebs, mit vermehrten roten Blutzellen, unbehandelter obstruktiver Schlafapnoe oder unbehandelter schwerer Herzschwäche dürfen nicht mit Testosteron behandelt werden, warnen die Experten.

Literatur:
E. Nieschlag: Testosteronsubstitution /-therapie bei Altershypogonadismus? In: Endokrinologie Informationen 2014; Sonderheft, S. 11-15
Blog-Beitrag von Prof. Schatz, 24. Juni 2014
Blog-Beitrag von Prof. Schatz, 3. Mai 2014

Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen, Stoffwechsel und den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, „endokrin“ ausgeschüttet, das heißt nach „innen“ in das Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben „exokrine“ Drüsen, wie Speichel- oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach „außen“ ab.

Aktionsbündnis Patientensicherheit schreibt Preis aus

Durch Vorreiter-Projekte Sicherheitskultur verbessern

Aktionsbündnis Patientensicherheit schreibt Preis aus

Berlin – Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) vergibt 2015 zum zweiten Mal den Deutschen Preis für Patientensicherheit. Die mit insgesamt 19 500 Euro dotierte Auszeichnung richtet sich an Akteure im Gesundheitswesen, die durch zukunftsweisende Projekte oder Forschungsarbeiten die Patientensicherheit verbessern. Angesprochen sind Kliniken, Praxen und Pflegedienste, aber auch Apotheken, Healthcare-Anbieter, Verbände, Gesundheitsämter und Krankenkassen. Die Bewerbungsfrist endet am 31. Oktober 2014. Den Preis schreibt das Aktionsbündnis Patientensicherheit jährlich zusammen mit der Aeskulap Akademie, dem Ecclesia Versicherungsdienst, der MSD SHARP & DOHME GMBH und dem Thieme Verlag aus.

Bei jeder zehnten Krankenhausbehandlung kommt es zu vermeidbaren Fehlern, wie Verwechslungen von Medikamenten oder Infektionen. Auch wenn die Zahl dieser unerwünschten Vorkommnisse seit Jahren konstant bleibt, wären viele vermeidbar, betont Hedwig François-Kettner, Vorsitzende des APS. Ziel sei es deshalb, durch Bildung, Forschung und aktiv gelebte Sicherheitskultur die Patientensicherheit zu erhöhen.

Der Deutsche Preis für Patientensicherheit soll dazu beitragen, dass praxisrelevante Erkenntnisse zur Vermeidung von Fehlern in die Breite gelangen und möglichst viele Nachahmer finden. Um den Preis bewerben können sich sämtliche Akteure im Gesundheitswesen, die Projekte für Patientensicherheit erfolgreich entwickelt und umgesetzt haben. Gesucht werden zukunftsweisende evaluierte Best-Practice-Beispiele und herausragende praxisrelevante Forschungsarbeiten zum Thema Patientensicherheit und Risikomanagement. Dabei kann es sich beispielsweise um Methoden zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit oder zielgerichtete Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für medizinische Berufsgruppen handeln. Auch Ideen zur Optimierung von Infrastruktur und Ablauforganisation oder Modelle für eine patientenzentrierte Kommunikation sind gefragt.

„Wir möchten Best-Practice-Beispiele für Patientensicherheit sichtbar machen und dadurch Nachahmer gewinnen“, so die ehemalige Pflegedirektorin der Charité-Universitätsmedizin, Berlin, Hedwig François-Kettner.

Das APS verleiht den Deutschen Preis für Patientensicherheit auf seiner 10. Jahrestagung am 16. April 2015 in Berlin. Die Entscheidung über die Preisträger trifft eine fachkundige Jury aus den Bereichen Pflege, Ärzteschaft, Apotheke, Selbsthilfe, Kostenträger und Patientensicherheitsforschung gemeinsam mit Vertretern der Initiatoren. Der erste Platz ist mit 10 000 Euro, der zweite mit 6 000 Euro und der dritte Platz mit 3 500 Euro dotiert. Einsendeschluss ist der 31. Oktober 2014. Hinweise zur Bewerbung finden Sie hier: www.aps-ev.de/deutscher-preis-fuer-patientensicherheit

Über das Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V.:
Vertreter der Gesundheitsberufe, ihrer Verbände, der Patientenorganisationen sowie aus Industrie und Wirtschaft haben sich im Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V. zusammengeschlossen, um eine gemeinsame Plattform zur Verbesserung der Patientensicherheit in Deutschland aufzubauen. Zusammen entscheiden und tragen sie die Projekte und Initiativen des Vereins.
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V. wurde im April 2005 als gemeinnütziger Verein gegründet. Es setzt sich für eine sichere Gesundheitsversorgung ein und widmet sich der Erforschung, Entwicklung und Verbreitung dazu geeigneter Methoden.

Burn-out oder Depression?

Der Tod des Schauspielers Robin Williams zeigt, dass es jeden treffen kann.

Gerade in den Chefetagen wird das Thema immer noch stark verdrängt. Warum eigentlich, fragt man sich da. Inzwischen ist doch längst bekannt, dass Burn-out und Depressionen Krankheiten sind, derentwegen sich niemand schämen muss.

Führungskräfte sollten die Sache ernst nehmen. Vor allem auch mit Blick auf sich selbst. Wer Anzeichen von Burn-out oder gar Depression erkennt, sollte sich dem stellen. Im frühen Stadium hilft meist ein guter Coach. Bei der Auswahl sollten jedoch Manager darauf achten, dass sie sich einen Coach holen, der dem Thema auch gewachsen ist. „verkopfte“ Typen von bekannten Institutionen sind da wenig hilfreich.

 

Gerechtigkeitslücke durch Patientenentschädigungsfonds schließen

Vortrag von Prof. Dr. Dieter Hart auf 15. Deutschem Medizinrechtstag

Patienten, die wahrscheinlich Opfer von Behandlungsfehlern wurden, gerichtlich aber keine Schadenersatzansprüche durchsetzen können, soll ein Patientenentschädigungsfonds Hilfe bringen. Das schlägt Prof. Dr. jur. Dieter Hart, Institut für Informations-, Gesundheits- und Medizinrecht des Fachbereichs Rechtswissenschaften der Universität Bremen, in einem Gutachten für die Hamburger Gesundheitssenatorin vor. Auf dem 15. Deutschen Medizinrechtstag in Berlin erläutert er seine Position im Detail.

Im geltenden Arzthaftungsrecht gebe es für Patienten eine erhebliche Gerechtigkeitslücke, erklärt Hart: „Vor Gericht gehen Patienten dann leer aus, wenn ein ärztlicher Fehler eine Verletzung nur überwiegend wahrscheinlich verursacht hat; gefordert wird eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit. Patienten müssen sowohl den Behandlungsfehler als auch die weit überwiegende Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Gesundheitsverletzung nachweisen. Nur selten gelingt das, wenn keine Beweiserleichterungen eingreifen.“

Ein Patientenentschädigungs- und -härtefallfonds soll, so der Vorschlag, hier einen Ausgleich schaffen, indem er Patienten bis zu einer Summe von 100.000 Euro entschädigt, in Ausnahmefällen wie etwa Geburtsschäden bis zu 200.000 Euro. Als bundesunmittelbare Stiftung des öffentlichen Rechts soll er durch den Bund finanziert werden. Geplant ist der Fonds vorerst als Modellversuch für eine Laufzeit von zehn Jahren. Er soll zunächst auf im Krankenhaus entstandene Schäden begrenzt sein.

Der 15. Deutsche Medizinrechtstag findet am 12. und 13. September 2014 in Berlin statt. Den Kongress moderiert Karl-Dieter Möller, ehemaliger Leiter der ARD-Rechtsredaktion.

Programm und Anmeldung:
www.deutscher-medizinrechtstag.de

World Health Summit 2014 in Berlin

Ein erster Überblick über Themen und Namen

a3c2201f87Im Jahr 2050 werden rund zwei Drittel aller Menschen in Städten
leben. Was bedeutet das für die Gesundheitsversorgung? Wie können
wir schon heute dafür sorgen, dass sich Krankheiten in Megacities
zukünftig nicht zu Epidemien entwickeln? Um solche Fragen geht es auf
dem 6. World Health Summit vom 19. – 22. Oktober 2014 in Berlin.

Die diesjährigen Kernthemen des internationalen Gesundheitsgipfels:

Klimawandel und Gesundheit – Welche Auswirkungen gibt es und was muss
getan werden: Die Vorbereitung auf den UN-Klimagipfel 2015.
Demografischer Wandel – Alternde Gesellschaften und die
Herausforderungen für Gesundheitsforschung und -versorgung: Der Blick
nach Japan und auf die internationale wissenschaftliche
Zusammenarbeit.
Gesunde Städte und Gesundheitsprävention – Das Leben in Megacities.

Sprecher zu diesen und anderen Themen werden unter anderem sein:

Frank-Walter Steinmeier (Bundesaußenminister)
Hermann Gröhe (Bundesgesundheitsminister)
Barry J. Marshall (Nobelpreisträger Medizin, 2005)
Leroy Hood (Präsident, Institute for Systems Biology, Seattle)
Jacques Rogge (Ehrenpräsident, International Olympic Committee IOC)
Marie-Paule Kieny (Assistant-Director General, WHO)
Hiroaki Kitano (Präsident, Systems Biology Institute, Tokio)
Sir Muir Gray (Direktor, National Knowledge Service and Chief
Knowledge Officer, National Health Service)
Roger I. Glass (Direktor, Fogarty International Center)
Hans Joachim Schellnhuber (Direktor, Potsdam-Institut für
Klimafolgenforschung)
Mark Pearson (Leiter, Health Division, OECD)
Nathalie Strub Wourgaft (Medical Director, DNDi)

Entzündlicher Rückenschmerz oft jahrelang fehlgedeutet

Neue DGRh-Leitlinie soll Früherkennung einer Spondyloarthritis verbessern

Düsseldorf – Chronische Rückenschmerzen entstehen meist durch überstrapazierte oder einseitig belastete Muskeln, Sehnen und Bänder. Andere Ursachen lassen Ärzte bei der Diagnose häufig außer Acht. Dabei kann auch eine rheumatisch-entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule Grund für die Schmerzen sein: Rund eine Million Menschen in Deutschland leiden an der sogenannten axialen Spondyloathritis (SpA), deren bekannteste Unterform der Morbus Bechterew (ankylosierende Spondylitis) ist. Wegen der unspezifischen Frühsymptome diagnostizieren Ärzte eine SpA oft erst mit jahrelanger Verspätung. Um dem entgegenzuwirken, wurde unter Leitung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) eine neue S3-Leitlinie erarbeitet, die sie am 18. September auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf anlässlich ihres 42. Jahreskongresses erläutert.

„Zwischen dem Auftauchen erster Symptome einer SpA und der Diagnose liegen im Durchschnitt mehrere Jahre“, sagt Dr. med. Uta Kiltz vom Rheumazentrum Ruhrgebiet in Herne, Autorin der neuen DGRh-Leitlinie. Erste Symptome der Erkrankung sind tiefsitzende, häufig nächtlich auftretende Rückenschmerzen und eine Steifigkeit der Wirbelsäule. Patienten mit diesen Beschwerden gehen in erster Linie zu Ärzten ohne rheumatologische Erfahrung, die die SpA nicht sofort im Blick haben.

„Die Erkrankung äußert sich meist erstmals im zweiten bis dritten Lebensjahrzehnt“, erklärt Kiltz. „Bei Patienten, die jünger als 45 Jahre alt sind und länger als drei Monate an chronischen Rückenschmerzen leiden, sollte der behandelnde Arzt unbedingt der Frage nachgehen, ob eine Entzündung dahintersteckt.“ Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn sich die Schmerzen bei Bewegung verbessern, wenn sie vor allem in der zweiten Nachthälfte auftreten und so stark sind, dass der Betroffene aufwacht, oder wenn entzündungshemmende Schmerzmittel – nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) – Linderung verschaffen. Sprechen die Symptome für eine SpA, ist eine Überweisung an einen Rheumatologen angebracht.

Denn je früher der Patient effektiv therapiert wird, umso besser: Die mit einer Häufigkeit von etwa 0,5 Prozent in Deutschland verbreitete Erkrankung geht mit vielfältigen rheumatischen Beschwerden auch außerhalb des Skelett- und Gelenksystems einher, darunter Schuppenflechte (Psoriasis) oder eine entzündliche Erkrankung im Augeninneren, Uveitis. Bei etwa der Hälfte der SpA-Betroffenen lassen sich außerdem Darmentzündungen nachweisen.

„Die DGRh empfiehlt Betroffenen eine Kombination aus Medikation, Bewegung sowie einer Patientenschulung“, betont Professor Dr. med. Matthias Schneider vom Universitätsklinikum Düsseldorf, Tagungspräsident des DGRh-Kongresses. Als Medikamente der ersten Wahl gelten NSAR. Patienten, die darauf nicht ansprechen, raten  Rheumatologen TNF-alpha-Blocker zu verordnen, Biologika, die in den Entzündungsprozess eingreifen. Über Diagnose und Therapie der SpA sprechen Rheumatologen auf der Pressekonferenz am 18. September 2014 im Rahmen des DGRh-Kongresses in Düsseldorf.

Quellen:

Baraliakos X, Kiltz U, Heldmann F, Braun J. Modernes Konzept der axialen Spondyloarthritis. Arthritis + Rheuma (Schattauer) 2013; Heft 2:71-75

Braun J, Baraliakos X, Heldmann F, Kiltz U. Was ist gesichert in der Therapie der axialen Spondyloarthritis. Der Internist 2013;54(12):1590-8.