Archiv für den Monat: Januar 2016

Hohe Dosen Vitamin D können zu mehr Stürzen im Alter führen

Endokrinologen raten Senioren zur Standarddosierung

Mainz – Vitamin D stärkt Knochen und Muskulatur, was alte Menschen vor Stürzen und Knochenbrüchen schützt. Diese Gewissheit wurde nun in einer aktuellen Studie erneut erschüttert. In einer höheren Dosis eingenommen, hatte Vitamin D in dieser Untersuchung sogar das Gegenteil bewirkt und die Sturzneigung erhöht. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) rät deshalb zur Zurückhaltung bei der unkritischen Einnahme von Vitamin D in hohen Dosen.

Vitamin D wird durch UV-Einstrahlung in der Haut gebildet. In der dunkleren Jahreszeit kann der Vitamin D-Spiegel daher sinken. Von einem Mangel sind in erster Linie ältere Menschen betroffen, vor allem wenn sie in ihrer Mobilität bereits eingeschränkt sind und sich seltener im Freien bewegen. „Eine vorbeugende Einnahme von Vitamin D kann für Senioren sinnvoll sein, um sie vor Stürzen und Knochenbrüchen zu schützen und ist ein wichtiger Baustein der Osteoporose-Therapie“, sagt DGE-Mediensprecher Professor Dr. med. Matthias Weber von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Einschränkend müsse man jedoch sagen, dass die in randomisierten Studien nachgewiesenen Vorteile von Vitamin D-Präparaten weitgehend auf ältere Menschen mit einem hohen Risiko für einen Vitamin-D-Mangel beschränkt gewesen seien. In der Vergangenheit wurde in Metaanalysen bereits über einen nicht sicher nachweisbaren Nutzen von Vitamin D in der Allgemeinbevölkerung und über ungünstige Ergebnisse unter hohen Vitamin D-Dosen berichtet. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie aus der Schweiz sind deshalb für den Mainzer Hormonexperten nicht völlig überraschend, auch wenn die Mechanismen noch unklar seien, die zu einer höheren Sturzrate unter hochdosiertem Vitamin D führten.

In der Studie der Universität Zürich waren 200 Männer und Frauen im Alter von über 70 Jahren unabhängig von ihrem Vitamin D-Status mit drei unterschiedlichen Dosierungen behandelt worden. Ein Drittel erhielt die empfohlene Dosis von 24.000 IE Vitamin D pro Monat, die zweite Gruppe erhielt einmal pro Monat 60.000 IE Vitamin D und die dritte Gruppe erhielt einmal pro Monat 24.000 IE Vitamin D plus 300 Mikrogramm Calcifediol, einer aktiveren Form von Vitamin D. Alle Teilnehmer waren in den zwölf Monaten vor Studienbeginn mindestens einmal gestürzt. Die Vitamin D-Gabe sollte die Muskelfunktion verbessern und weitere Stürze verhindern. „Die Vermutung war, dass die höheren Dosierungen eine größere Wirkung erzielen“, berichtet Professor Weber: „Die Untersuchung zeigt jedoch, dass die Senioren, die die Hochdosis oder die Kombinationstherapie erhalten haben, zwar häufiger höhere Vitamin D-Spiegel im Blut erreichten, dass sich aber ihre Muskelfunktion nicht verbesserte.“ Mit 67 und 66 Prozent stürzten sie deutlich häufiger als die Vergleichsgruppe mit einer Standard-Dosierung und einer Rate von 48 Prozent erneuter Stürze innerhalb eines Jahres.

„Vitamin D ist zwar ein lebenswichtiges Hormon, das der Körper teilweise selbst herstellen kann“, erklärt Professor Helmut Schatz, kooptiertes Mitglied des DGE-Vorstandes aus Bochum: „Als Tablettenform oder in Nahrungsergänzungsmitteln wird es aber zu einem Medikament, und wie bei allen Medikamenten gibt es eine optimale und eine schädliche Dosis.“ Dass dies auch für Vitamine gilt, zeigen für Professor Schatz viele Studien aus der Vergangenheit, welche die oft sehr großen Hoffnungen, die in die Gabe von hochdosierten Vitaminen und Spurenelemente zur Verhinderung von Krankheiten gesetzt wurden, meistens nicht erfüllen konnten und wie zum Beispiel bei Vitamin E zum Teil sogar nachteilige Effekte gezeigt haben. „Daher kann aufgrund der bisher vorliegenden Datenlage auch für Vitamin D eine unkritische, hochdosierte monatliche Gabe oder die Kombination mit einem aktiveren Vitamin D-Metaboliten bei Senioren nicht empfohlen werden“, erläutert der Experte. Ob eine tägliche Vitamin D-Gabe in gleich hoher Dosis ähnlich ungünstige Effekte wie die Hochdosis- oder Kombinationstherapien ergibt, bleibt zu untersuchen“, so Professor Schatz, der die Studie bereits in seinem DGE-Blog diskutiert hat.

Bis weitere Studien einen klaren Vorteil einer prophylaktischen Einnahme von Vitamin D auch bei ansonsten gesunden Menschen gezeigt haben, sollten insbesondere hohe monatliche Gaben von Vitamin D nur gezielt nach Rücksprache mit dem Arzt bei nachgewiesenem Mangel und erhöhtem Risiko oder einer klaren Indikation eingenommen werden. Die beiden Experten raten, eher auf einen gesunden Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und regelmäßiger körperlicher Bewegung möglichst im Freien zu achten. Professor Weber: „Wichtig ist zur Sturzprophylaxe, regelmäßig körperlich aktiv zu sein. Am besten beginnt man damit bereits im jüngeren Erwachsenenalter mit der Zielsetzung, Muskelkraft und Koordination zu fördern. So kann man Stürzen und Knochenfrakturen im Alter vorbeugen.“

Literatur:
Bischoff-Ferrari HA, Dawson-Hughes B, Orav EJ, et al.: Monthly High-Dose Vitamin D Treatment for the Prevention of Functional Decline: A Randomized Clinical Trial. JAMA Internal Medicine 2016; doi: 10.1001/jamainternmed.2015.7148 Abstract
DGE-Blog-Beitrag von Prof. Helmut Schatz: Hochdosiertes Vitamin D verbessert nicht die neuromuskuläre Funktion und führt zu mehr Stürzen. Blog-Beitrag

Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen, Stoffwechsel und den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, „endokrin“ ausgeschüttet, das heißt nach „innen“ in das Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben „exokrine“ Drüsen, wie Speichel- oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach „a

Wohin geht das Geld im Gesundheitssystem?

Patientenabzocke: Wohin geht das Geld im Gesundheitssystem?

Ein Film von Christina Zühlke

Mittwoch, 20. Januar 2016, 22.10 – 22.55 Uhr, WDR Fernsehen

Dr. Ernst Girth sagt, wenn private Krankenhausträger Gewinne machen, dass können sie das nur auf Kosten der Behandlungs-qualität machen.

Dr. Ernst Girth sagt, wenn private Krankenhausträger Gewinne machen, dass können sie das nur auf Kosten der Behandlungs-qualität machen.

Sind wir im deutschen Gesundheitssystem rundum versorgt? Oder ist das eine Illusion? Ärzte und Krankenpfleger klagen seit Jahren über Überlastung – es fehlt also an Personal, an GELD fürs Personal. Andererseits berichten Ärzte, dass Operationen stattfinden, die eigentlich unnötig sind. Aber das Krankenhaus bekommt dann mehr Geld. Eine junge Ärztin sagt: „Ich bin manchmal nicht sicher, ob ich den Menschen helfe oder nicht mehr schade!“
In Arztpraxen werden Patienten regelmäßig aufgefordert, mit einer Individuellen Gesundheits-Leistung, kurz IGEL, doch ein bisschen mehr für ihre Gesundheit zu tun. Sinnvoller Zusatz oder Geldmacherei? Der Sprecher des demokratischen Ärztebundes sagt: „Igel-Leistungen wurden erfunden, um den Ärzten zusätzliche Einnahmen zu ermöglichen.“

Manuela Posewski musste nach einer Krebser-krankung fast 2 Jahre für eine Reha kämpfen. Fast hätte die alleinerziehende Mutter aufgegeben, sie hatte einfach keine Kraft mehr. © WDR

Manuela Posewski musste nach einer Krebser-krankung fast 2 Jahre für eine Reha kämpfen. Fast hätte die alleinerziehende Mutter aufgegeben, sie hatte einfach keine Kraft mehr. © WDR

Eine Krankenkasse fordert regelmäßig von den Krankenhäusern Geld zurück, weil sehr viele Rechnungen „fehlerhaft“ sind. Das sei sicher keine Absicht, sagen die Mitarbeiter. Dagegen sagt ein Kriminologe: „Deutsche Krankenhäuser mit ihrem Abrechnungen sind ein kriminalitätsförderndes Umfeld!“
Die Recherchen von Autorin Christina Zühlke beginnen damit, dass sie selbst eine seltsame Rechnung aus dem Krankenhaus bekommt und versucht, diese Rechnung zu kontrollieren. Daran scheint aber niemand ein Interesse zu haben, nicht mal die Krankenkasse. Die Autorin redet mit ehemaligen Chefärzten, die vom unauffälligen Druck der Verwaltung erzählen. Sie trifft eine alleinerziehende Mutter, die zweieinhalb Jahre dafür kämpfen musste, dass sie nach einer Krebserkrankung in Kur fahren durfte. Und sie trifft einen Wissenschaftler, der sagt: Arme Menschen sind in Deutschland die Verlierer des Gesundheitssystems. Sie sterben im Durchschnitt zehn Jahre früher.

Fitness für die „Grauen Zellen“ im Urlaub

Auch im Urlaub geistig fit bleiben

Schlaf stärkt das Gedächtnis. Wer jede Nacht acht Stunden schläft, kann besser denken. Foto: obx-medizindirekt

Schlaf stärkt das Gedächtnis. Wer jede Nacht acht Stunden schläft, kann besser denken. Foto: obx-medizindirekt

Regensburg (obx-medizindirekt) – Urlaub ist wichtig für den Körper. Für den Kopf kann wochenlanges totales Ausspannen allerdings gelegentlich unerwünschte Folgen haben. Nach dem Urlaub kann man sich oft viel schlechter konzentrieren als gewohnt. Namen, Adressen und Telefonnummern fallen einem plötzlich nicht mehr ein. Doch gegen diese „urlaubsbedingten“ Gedächtnislücken kann man etwas tun.

Training bringt die grauen Zellen wieder in Schwung! Unser Gehirn braucht viel Sauerstoff. Der Gewichtsanteil des Gehirns am Körpergewicht beträgt lediglich zwei Prozent, aber es verbraucht 40 Prozent unseres eingeatmeten Sauerstoffs. Gehen Sie deshalb in Lernpausen an die frische Luft zum tief Durchatmen oder treiben Sie Freizeitsport.

Unser Gehirn braucht Flüssigkeit

Es besteht zu 70 Prozent aus Wasser, kann also nur im feuchten Milieu aktiv sein. Trinken Sie über den Tag verteilt, wenn Sie viel denken müssen, drei Liter Mineralwasser. Wer zu wenig trinkt, wird denkfaul, kann sich nicht konzentrieren. Ein ideales Getränk ist Apfel-Schorle: Apfelsaft und Mineralwasser jeweils zu gleichen Teilen gemischt.

Unser Gehirn braucht spezielle Nahrung

Man kann sich klug essen! Spurenelemente wie Zink, Kupfer und Phosphor sind solche Gehirnnahrung. Diese Substanzen sind unter anderem in Möhren, Avocados, Rosinen, Datteln, Feigen und Haferflocken enthalten.

Damit der eingeatmete Sauerstoff auch möglichst lange im Gehirn bleibt, sollten Sie Grün essen: Salat, Spinat, Kräuter. Der grüne Farbstoff Chlorophyll hält den Sauerstoff länger im Gehirn und sorgt dafür, dass er besser verwertet werden kann. Essen Sie zwischendurch auch Tomaten. Sie enthalten die Substanz 5-Hydroxy-Tryptamin, einen Botenstoff, der dem Gehirn hilft, zu entspannen.

Unser Gehirn braucht genügend Schlaf

Schlaf stärkt das Gedächtnis. Wer jede Nacht acht Stunden schläft, kann besser denken.

Auch ständiges Geistestraining hält die „Grauen Zellen“ fit:
– Gehen Sie ohne geschriebenen Merkzettel zum Einkaufen und vergleichen Sie dann zuhause, ob sie etwas  vergessen haben.
– Weichen Sie neuen geistigen Herausforderungen – etwa dem Umgang mit einem Computer oder Tablet – nicht aus.
– Lernen Sie Fremdsprachen oder gelegentlich mal ein Gedicht auswendig.
– Spielen Sie öfter mal Schach oder ein anderes Brettspiel, das zum Denken zwingt.
– Rechnen Sie wieder mehr im Kopf. Verwenden Sie nicht unentwegt den elektronischen Taschenrechner.
– Pflegen Sie regen Kontakt zu anderen Menschen.

Es gibt auch einen sehr wirksamen Akupressur-Griff aus der Chinesischen Medizin. Suchen Sie mit dem Zeigefinger der rechten Hand den Punkt LG 20. Er liegt an der höchsten Stelle am Kopf in der Mitte der Schädeldecke. Hier setzen Sie nun der Zeigefinger der rechten Hand an und massieren mit Druck in kreisenden Bewegungen jeweils 30 Sekunden, machen 10 Sekunden Pause und wiederholen die Übung mehrmals.

Oder nützen Sie die „Denkmütze“, eine Fingerübung aus der amerikanischen Kinesiologie, die der Arzt Dr. George Goodhaert entwickelt hat. Massieren Sie mit Daumen und Zeigefinger an beiden Händen die Ränder der Ohren, von oben nach unten. Wiederholen Sie die Übung mehrmals. Ihr Gehirn dankt es ihnen mit Höchstleistung.

Ernährungsreport 2016: Eigenwillige Interpretation

Pressemitteilung

Suggestive Fragen, falsche Angaben, verzerrte Darstellungen: Wie Minister Schmidt Umfragedaten für seinen „Ernährungsreport“ manipulierte

Berlin, 14. Januar 2016. Bundesernährungsminister Christian Schmidt hat in seinem „Ernährungsreport 2016“ Umfrageergebnisse falsch dargestellt und ein manipulatives Bild der öffentlichen Meinung gezeichnet. Das kritisierte foodwatch am Donnerstag nach Auswertung der Originaltabellen und -Fragestellungen des Meinungsforschungsinstituts Forsa, auf denen der Ernährungsreport basiert und die der Verbraucherorganisation vorliegen. Demnach wurden Ergebnisse unterschlagen, sachlich falsche Angaben in den Fragestellungen gemacht, die Befragten mit suggestiven Formulierungen oder durch die Vorgabe von Antwortmöglichkeiten geleitet, Zahlen falsch in den Ernährungsreport übertragen sowie für eine Grafik manipulativ-verzerrte Größenverhältnisse gewählt. Auffällig oft dienen die Manipulationen des Ministeriums dem Politikverständnis von Minister Christian Schmidt, der in der Ernährungspolitik auf Aufklärung und freiwillige, gemeinsam mit den Unternehmen entwickelte Selbstverpflichtungen statt auf regulative Vorgaben für die Lebensmittelwirtschaft setzt.

„Der Ernährungsreport ist keine objektive Bestandsaufnahme, sondern ein interessengeleitetes Zerrbild. Um seine Politik der wirkungslosen Selbstverpflichtungen und windelweichen Aufklärungskampagnen zu rechtfertigen, manipuliert Minister Christian Schmidt sogar Umfragedaten“, kritisierte Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelmarketing bei foodwatch.

Bundesernährungsminister Christian Schmidt hatte den „Ernährungsreport 2016“ am 5. Januar in Form einer aufbereiteten Broschüre publik gemacht. Nicht veröffentlicht wurden jedoch die Umfragedaten und Fragestellungen im Original. Der entsprechende Tabellenband von Forsa liegt foodwatch mittlerweile vor. Im Einzelnen kritisiert die Verbraucherorganisation:

Unliebsame Umfrageergebnisse wurden nicht veröffentlicht: Aus den Forsa-Tabellen (Frage 18/Folie 145) geht hervor, dass 83 Prozent der Befragten eine klare Gentechnikkennzeichnung „sehr wichtig“ oder „wichtig“ wäre. Im Ernährungsreport wird dies mit keinem Wort erwähnt. Hintergrund: In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD ursprünglich auf eine bessere, verpflichtende Kennzeichnung von Agrargentechnik auch bei Tierprodukten verständigt – mittlerweile hat sich die Koalition davon aber verabschiedet.

Manipulative Antwortauswahl: Zur Förderung gesunder Ernährung hat das Ministerium die Zustimmung zu drei Ansätzen abgefragt: kindgerechte Aufklärung/Ernährungsbildung, neutrale Informationen, Steuerpolitik. Bei diesen Optionen fehlt jedoch ausgerechnet der Ansatz, der von zahlreichen gesundheitspolitischen Fachverbänden und Verbraucherorganisationen gefordert wird: Eine Beschränkung von Werbe- und Marketingmaßnahmen für ungesunde Lebensmittel insbesondere für Kinder (Frage 25/Folie 187). Mehrere Umfragen in den vergangenen Jahren haben ergeben, dass eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung eine solche Regulierung befürwortet.

Suggestive Formulierungen: Beim selben Thema fragt das Ministerium auch nach der Akzeptanz steuerpolitischer Maßnahmen zur Förderung gesunder Ernährung. Die Formulierung dieser Option lautet: „Besteuerung ungesunder Lebensmittel, z.B. besonders fett- oder zuckerreicher Lebensmittel, sodass diese für den Verbraucher deutlich teurer werden“. Das ist deutlich wertend und suggestiv („deutlich teurer“) und zudem einseitig – weil die Möglichkeit weggelassen wird, dass im Gegenzug gesunde Lebensmittel steuerlich besser gestellt werden könnten, so dass es für die Verbraucher unter dem Strich nicht zu einer Verteuerung von Lebensmitteln insgesamt kommen müsste.

Manipulative Wiedergabe der Ergebnisse: Obwohl also einschlägig diskutierte, regulative Optionen gar nicht und andere Regulierungsmaßnahmen nur suggestiv abgefragt wurden, behauptet das Ministerium im Ernährungsreport wahrheitswidrig, dass „Zwangsmaßnahmen“ von einer Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt würden (S. 29). Auf seiner Internetseite behauptet das Ministerium, dass die „Mehrheit der Deutschen zwar staatliche Maßnahmen für besonders geeignet hält, um einer gesunden Ernährung den Weg zu ebnen, aber nicht in Form von Verboten und Gesetzen.“ (Quelle: www.tinyurl.com/bmel-text) Das ist manipulativ, denn eine Absage an Gesetzesänderungen lässt sich aus der Umfrage gerade nicht ableiten.

Verzerrte Grafiken: Noch weiter verstärkt wird die Präferenz des Ministeriums für aufklärerische Maßnahmen in der grafischen Darstellung. So ist der Anteil der Befragten, die Ernährungsbildung befürworten, gut doppelt so groß wie der Anteil derer, die – selbst unter der suggestiven Fragestellung – eine höhere Besteuerung von ungesunden Lebensmitteln befürworten. In der Grafik im Ernährungsreport wird die Zustimmung zu mehr Ernährungsbildung jedoch mit einer fast fünf Mal größeren Kreisfläche dargestellt als der Zuspruch zu Steuererhöhungen (S. 28).

Falsche Angaben: In einer Fragestellung zur Wichtigkeit von Herkunftsangaben wird behauptet, dass die Herkunft von Lebensmitteln bereits zu den „verbindlich gekennzeichneten Angaben“ gehört. Dies ist sachlich falsch: Bis auf einige Ausnahmen (wie unverarbeitetes Fleisch, Obst und Gemüse) muss auf den meisten verarbeiteten Produkten keine Angabe zur Herkunft gemacht werden. In anderen Umfragen war dies einer der dringlichsten Wünsche der Verbraucher für die Lebensmittelkennzeichnung. In der Fragestellung der BMEL-Umfrage wird weiter suggeriert, die in der Produktion eingesetzten Hilfsstoffe müssten verpflichtend gekennzeichnet werden – auch diese Angabe ist falsch, es besteht hier keine Kennzeichnungspflicht.

Irreführende Schlussfolgerungen: Die Frage „Wie gut fühlen Sie sich alles in allem über die Lebensmittel, die Sie einkaufen und essen, informiert“ haben 13 Prozent der Befragten mit „sehr gut“, weitere 64 Prozent mit „gut“ beantwortet (Frage 12/Folie 101). Daraus leitet das Bundesernährungsministerium ab, dass Lebensmittelkennzeichnung aus Sicht der Verbraucher weitgehend funktioniert – wörtlich heißt es auf der Internetseite des Ministeriums: „Grundsätzlich sind sie mit den zur Verfügung stehenden Informationen beim Einkauf zufrieden“. Diese Folgerung ist jedoch irreführend. Denn gefragt wurde nicht nach einer Zufriedenheit mit den zur Verfügung stehenden Informationen. Hier kommen eine ganze Reihe von Umfragen – selbst die von der Ernährungswirtschaft beauftragten – zu ganz anderen Ergebnissen:

– 92,4 Prozent stimmen der Aussage „Es sollten mehr Informationen über Lebensmittel zur Verfügung stehen“ voll und ganz, eher oder teils/teils zu, ergab eine Studie der Universität Göttingen für den Lobbyverein „Die Lebensmittelwirtschaft“ (bit.ly/1vHKllH, 2014).

– Eine Umfrage von TNS Emnid für foodwatch kam zu folgenden Resultaten: 74 Prozent stimmen der Aussage (voll und ganz bzw. eher) zu: „Es ist schwierig, die Qualität von Lebensmitteln anhand der Verpackung richtig zu beurteilen.“ 68 Prozent machen sich häufig oder manchmal Sorgen darüber, dass wichtige Angaben zu den Inhaltsstoffen nicht oder nur versteckt auf der Verpackung stehen. Und 69 Prozent wünschen sich mehr Informationen über Lebensmittel direkt auf der Verpackung (tinyurl.com/foodwatch-verbraucherreport, 2014).

– Gerade einmal 18,1 Prozent vertrauen den Angaben der Hersteller über die Qualität von Lebensmitteln, ermittele 2011 die GfK im Auftrag der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie BVE (www.tinyurl.com/bve-gfk).

Ganz offensichtlich antworten die Menschen also wohlwollender, wenn nach dem Maß ihrer Informiertheit gefragt wird und nicht nach dem Bedürfnis an Informationen – irreführend ist es aber, daraus absolut abzuleiten, dass die Menschen mit den zur Verfügung stehenden Angaben zufrieden seien.

Quellen:

– Ernährungsreport 2016 des Bundesernährungsministeriums (BMEL): www.tinyurl.com/bmel-ernaehrungsreport

– Forsa-Tabellenband zum Ernährungsreport: www.tinyurl.com/tabellen-ernaehrungsreport

– BMEL zu den Ergebnissen des Ernährungsreports: www.tinyurl.com/bmel-text

Dr. – Oetker – Produkte Doktorarbeit mit Mängeln

M1601Das Verbrauchermagazin ÖKO-TEST geht in der aktuellen Januar-Ausgabe der Frage nach, wie gut die Produkte von Dr. Oetker sind.

Das Ergebnis: Es steckt erstaunlich oft Mineralöl in den Lebensmitteln. Weitere Kritikpunkte sind aber auch industriell hergestellte Aromen und ein Zuviel an Zucker.

ÖKO-TEST hat 26 Dr.-Oetker-Produkte, darunter Pudding, Müsli, Pizza, Milchreis, Vanillezucker und Kakaopulver, ins Labor geschickt. Rund in jedem zweiten Produkt fand das Labor erhöhte Mengen an Mineralöl. Dieses kann die Leber und Lymphknoten schädigen.
Eintragsquellen gibt es verschiedene: Das Mineralöl kann von den
Druckfarben der Papier- und Kartonverpackungen auf Lebensmittel
übergehen; es kommen aber auch Schmieröle, die etwa bei der
maschinellen Produktion eingesetzt werden, in Betracht.

In einigen Dr.-Oetker-Produkten analysierte das Labor einen stark erhöhten Mineralölgehalt

In einigen Dr.-Oetker-Produkten analysierte das
Labor einen stark erhöhten
Mineralölgehalt

Nach eigener Aussage setzt Dr. Oetker so wenig Zusatzstoffe wie möglich ein, vor allem um Produkte sicher und haltbar zu machen. Doch in 16 der 26 Produkte verwendet der Hersteller Aromen, um wenig aromatische
Zutaten geschmacklich aufzuwerten. Dazu steckt in einem Großteil der Dr.-Oetker-Produkte zu viel Zucker – auch da, wo man es nicht erwartet wie etwa im Pizzaburger. Ein 500 Gramm-Becher Grießpudding natur enthält insgesamt 60 Gramm Zucker. Die Saccharose macht davon 47 Gramm aus, das entspricht 16 Würfelzucker. Im Paula Schoko-Pudding hat das Labor 13 Gramm Saccharose pro Becher analysiert – das sind viereinhalb Stück Würfelzucker. Ärgerlich ist zudem die Produktverpackung, die eine
glückliche Kuh in einer kindgerecht aufbereiteten Weide darstellt. Der niedrige Gehalt an Omega-3-Fettsäuren zeigt aber, dass die Milch gebenden Kühe wohl eher nicht das Glück hatten, auf einer Wiese zu grasen, sondern im Stall gestanden und Kraftfutter bekommen haben.

foodwatch hat bereits vor einiger Zeit auf Mineralölrückstände in Lebensmitteln hingewiesen.

Lebensmittel: Oft ist nicht nur das drin, was draufsteht

Verbraucherinnen und Verbraucher sind in ihrem Alltag mit einem riesigen Angebot an Lebensmitteln konfrontiert. Sophie Herr, Leiterin des Teams Lebensmittel beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) erklärt, wie der vzbv sich dafür einsetzt, dass Lebensmittelangaben verlässlich sind. Mit der Plattform Lebensmittelklarheit hat der vzbv eine wesentliche Verbesserung für die Aufklärung der Verbraucher auf dem Lebensmittelmarkt geschaffen.

Informationen gibt es auch hier: http://www.lebensmittelklarheit.de/

Wirkung von Pfefferspray nicht unterschätzen

Experten des Universitätsklinikums Freiburg warnen vor schweren Schleimhautreizungen / Pfefferspray nur im Notfall benutzen

Nach den Vorfällen in der Silvesternacht in Köln, Hamburg und Stuttgart gibt es erste Meldungen von Händlern in Südbaden, dass die Nachfrage an sogenannten Pfeffersprays extrem gestiegen sei. Mit einem Pfefferspray, auch als CS-Gas, Tränen- oder Reizgas bezeichnet, soll man in Notwehr-Situationen übergriffige Personen abwehren können. Die Sprays unterliegen eigentlich dem Waffengesetz, sind häufig aber anders deklariert und frei verkäuflich. Zugelassen sind Pfeffersprays in Deutschland aufgrund der sehr starken Wirkung nur gegen Tiere. Pfeffersprays sollten nur im Notfall – keinesfalls zweckentfremdet und leichtfertig – verwendet werden, denn das Gas kann schwere Schleimhautreizungen auslösen.

„Pfefferspray kann zu Kontaktirritationen in den Augen oder Atemwegen führen“, sagt PD Dr. Hans-Jörg Busch, Ärztlicher Leiter Medizin des Universitäts-Notfallzentrums (UNZ) am Universitätsklinikum Freiburg. Im schlimmsten Fall könne das Spray sogar einen Asthmaanfall auslösen und dabei lebensbedrohlich werden. Um die Reizstoffe zu neutralisieren und die teils starken Schmerzen zu lindern, ist es wichtig, sofort mit der Reinigung der betroffenen Stellen zu beginnen. „Auch auf der Haut kann es zu Reizungen kommen“, so PD Dr. Busch. „Im Universitäts-Notfallzentrum versuchen wir durch fließendes, lauwarmes Wasser die betroffenen Stellen inklusive der Augen zu reinigen.“ Sogar zu Atemnot könne es kommen. „Wenn die Atemwege betroffen sind, werden die Patienten mit Inhalationen von Sauerstoff und Substanzen versorgt, die die Bronchien erweitern“, erklärt PD Dr. Busch.

„Wer Pfefferspray in die Augen bekommen hat, muss sie unverzüglich mit viel klarem Wasser auswaschen“, sagt Prof. Dr. Thomas Reinhard, Ärztlicher Direktor der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg. „Die im Spray enthaltenen Substanzen greifen die Augenhornhaut und -bindehaut an und können zu Entzündungen führen, die Wochen anhalten.“ In der Klinik für Augenheilkunde werden zur Behandlung spezielle Flüssigkeiten zur Spülung der Augenoberfläche verwendet. „Bei schwereren Verätzungen kommen auch Kortisoninjektionen unter die Bindehaut sowie Amnion-Schalen aus menschlicher Eihaut zum Einsatz, um eine rasche Oberflächenregeneration zu erreichen. Insbesondere die Tränenproduktion kann durch eine Reizung mit Pfefferspray beeinflusst werden. Dies kann für die betroffenen Patienten langfristig sehr problematisch sein“, so Prof. Reinhard.

Beide Experten raten Betroffenen, keinesfalls die mit Reizgas in Kontakt gekommenen Stellen beispielsweise durch Reiben weiter zu reizen. Da es durch Pfefferspray zu nicht unerheblichen Verletzungen wie Atemnot kommen kann, sollten sie so schnell wie möglich einen Arzt aufsuchen. Am Universitätsklinikum Freiburg stehen Experten im Universitäts-Notfallzentrum und in der Augen-Notfallpraxis an der Klinik für Augenheilkunde zur Verfügung.

Macht Fernsehen blöd?

Durch Fernsehenschauen werden Informationen nur passiv verarbeitet. Wer sich regelmäßig bewegt, sorgt dafür, dass sich Nervenzellen besser vernetzen können. © Syda Productions/ Fotolia

Durch Fernsehenschauen werden Informationen nur passiv verarbeitet. Wer sich regelmäßig bewegt, sorgt dafür, dass sich Nervenzellen besser vernetzen können. © Syda Productions/ Fotolia

Zu viele Stunden vor dem Fernseher sind nicht gut für die geistige Entwicklung. Das hat eine Auswertung der amerikanischen CARDIA-Studie ergeben, die sich über einen Zeitraum von 25 Jahren erstreckte. Warum jedoch vor allem der persönliche Lebensstil damit zu tun hat, erklärt unser Experte Prof. Dr. Christoph Nissen.

5000 US-Städter im Alter zwischen 18 und 30 Jahren wurden Mitte der 80er-Jahre in der CARDIA-Studie regelmäßig untersucht und neben ihren Lebensgewohnheiten auch nach ihren Fernsehgewohnheiten gefragt. 25 Jahre später wurden auch kognitive Tests vorgenommen. Personen mit dem höchsten Fernsehkonsum schnitten dabei am schlechtesten ab. Die Kombination von zu viel Fernsehen und wenig Bewegung verdoppelte das Risiko auf ein schlechtes Ergebnis bei den Tests. „Die Befunde zeigen nur einen statistischen Zusammenhang zwischen Fernsehen und geminderter kognitiver Leistung, bieten jedoch keinen ursächlichen Nachweis des Effekts von Fernsehen auf spätere Gehirnfunktion“, betont Professor Dr. Christoph Nissen, Geschäftsführender Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg.

Durch Fernsehschauen verarbeiten Menschen Informationen nur passiv. Das bedeutet, dass Gehirnfunktionen, die bei höheren kognitiven Leistungen, wie zum Beispiel bei Lernaufgaben und beim Ideenentwickeln, gefordert werden, beim Fernsehen nur wenig in Anspruch genommen werden. „Reine passive Informationsaufnahme, wie beim Fernsehen, behindert langfristig, dass sich Nervenzellen gut vernetzen können“, erklärt Professor Nissen. „Dass sich Nervenzellen und Synapsen verändern können, ist jedoch für das Lernen von Dingen, für die Gedächtnisbildung und Anpassungsfähigkeit an unsere Umgebung wichtig“, betont Professor Nissen. Durch körperliche Aktivität können sich Nervenzellen besser vernetzen und auch neu bilden. Somit könne ein guter Anteil, bedingt durch wenig Bewegung, ein Grund für die Ergebnisse der Studie sein. Um die Sache anderes zu betrachten: „Wenn jemand beim Joggen mit einem Handy fernsieht oder in einem Fitnessstudio jemand vor einem Fernseher auf einem Ergometer trainiert, wären nach meiner Einschätzung keine oder geringere negative Konsequenzen zu erwarten“, erklärt Professor Nissen.

Das Fernsehschauen kann jedoch auch mit anderem problematischen Verhalten bezüglich der Gesundheit verknüpft sein. Das Trinken von Alkohol, rauchen und regelmäßigem Essen von Süßigkeiten und Chips vor dem Fernseher ist nicht gesund. Somit wäre nicht der hohe Fernsehkonsum, sondern das zusätzliche Verhalten ein Problem.

Um bei kognitiven Tests besser abzuschneiden, ist regelmäßiges Bewegen wichtig. „Wer drei Mal die Woche mindestens 30 Minuten schwitzt, fördert die Vernetzung seiner Nervenzellen, seine Gehirnfunktionen und kognitiven Leistungen“, betont Professor Nissen.

Die Deutschen vertrauen den Krankenkassen

Deutsche trauen Internetanbietern nicht, aber den Krankenkassen

Nur 19 Prozent der erwachsenen Deutschen vertrauen Internetanbietern bezüglich des sorgsamen Umgangs mit ihren persönlichen Daten. Das geht aus dem Data Monitor 2015 von SAS Deutschland hervor. Ähnlich wenig Vertrauen genießen auch Telekommunikationsunternehmen (28 Prozent). Damit sind gerade die Branchen Schlusslichter, „die stark für Innovation und die Etablierung neuer datenbasierter Geschäftsmodelle stehen“, wie es in der Studie heißt. Großes Vertrauen bei Dreiviertel der Befragten genießen dagegen Krankenkasse, Finanzämtern und Ärzte bzw. Krankenhäuser.

Die Grafik zeigt, wem die Deutschen bzgl. des sorgsamen Umgangs mit persönlichen Daten vertrauen.

Ärzte, Krankenkassen und Banken werden von mehr als der Hälfte der Deutschen als vertrauenwürdig eingestuft, was den Umgang mit den persönlichen Daten angeht. Das überrascht allerdings. Einige Krankenkassen und Ärzte nehmen es nicht immer so genau mit dem Datenschutz. Und die vielen Gesundheitsapps dienen nicht nur der Gesundheit, sondern sehr oft dazu, einen Einblick in das Gesundheitsverhalten des Users zu gewinnen.

Infografik: Deutsche trauen Internetanbietern nicht | Statista
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