Studie zum Omikron-Ursprung zurückgezogen

Die vorliegenden Verunreinigungen machen eine zeitnahe Korrektur unmöglich

Am 1. Dezember hat die Charité – Universitätsmedizin Berlin über neue Erkenntnisse zur Entstehung der SARS-CoV-2-Variante Omikron informiert. Das Team um Studienleiter Prof. Dr. Jan Felix Drexler hat die im Fachmagazin Science* publizierte Publikation nun zurückgezogen. Nach neuesten Erkenntnissen sind Teile der in der Studie gemachten Aussagen wegen Verunreinigungen in Untersuchungsproben nicht mehr ohne begründete Zweifel belegbar. Die Forschenden kommen damit ihrer Verantwortung für die gute wissenschaftliche Praxis nach, der sich die Charité und das internationale Autorenteam verpflichtet fühlen. 

In der Publikation Gradual emergence followed by exponential spread of the SARS-CoV-2 Omicron variant in Africa* wurde das Aufkommen der Omikron-Variante von SARS-CoV-2 in Westafrika, einige Monate vor der späteren Entdeckung in Südafrika, nachgewiesen. Kurz nach der Veröffentlichung wurde durch andere Wissenschaftler:innen die Plausibilität der analysierten Genomsequenzen in Frage gestellt. In einer daraufhin durchgeführten Nachanalyse von Restproben wurden Verunreinigungen festgestellt, deren Ursprung und Auswirkungen auf einen Teil der durchgeführten Analysen nicht mehr zu klären sind. 

Die weiter bestehende Aussage der Publikation, dass Viren mit Omikron-Sequenzmerkmalen bereits vor dem offiziellen Nachweis in Südafrika existierten, beruht auf übereinstimmenden PCR-Nachweisen aus Laboren aus verschiedenen afrikanischen Ländern. Allerdings ist die detaillierte Rekonstruktion der einzelnen Evolutionsstufen des Virus durch die aufgetretenen Verunreinigungen in Zweifel gezogen oder zumindest nicht mehr eindeutig darstellbar. 

Die vorliegenden Verunreinigungen machen auch eine zeitnahe Korrektur unmöglich, denn hierzu müssten mehrere Tausend Rückstellproben aus ganz Afrika nachanalysiert werden. Aus diesem Grund wurde die gesamte Publikation jetzt im Einvernehmen mit allen Koautor:innen zurückgezogen. Die mit dem Projekt befasste Arbeitsgruppe hat die Aufarbeitung und Überprüfung aufgenommen. Andere Arbeitsgruppen und Projekte in der Charité oder im Autorenkonsortium sind nicht betroffen. 

Das Team um Prof. Drexler bedauert den Vorfall und dankt den internationalen Kolleginnen und Kollegen, die im Anschluss an die Veröffentlichung auf die möglichen Mängel aufmerksam gemacht haben.
 
*Fischer C et al. Gradual emergence followed by exponential spread of the SARS-CoV-2 Omicron variant in Africa. Science 2022 Dec 01. doi: 10.1126/science.add8737