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230.000 Kinder und Jugendliche versorgen und pflegen ihre Eltern

Unterstützung für Kinder und Jugendliche, die Familienmitglieder pflegen

Start des Beratungsprojekts „Pausentaste – Wer anderen hilft, braucht manchmal selber Hilfe“

Nicht nur Erwachsene kümmern sich um chronisch kranke, behinderte oder pflegebedürftige Angehörige. Nach einer Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) versorgen und pflegen rund 230.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland regelmäßig beispielsweise ihre Eltern oder Geschwister.

Um diese jungen Menschen zu unterstützen, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) das Projekt „Pausentaste – Wer anderen hilft, braucht manchmal selber Hilfe. Das Angebot für Kinder und Jugendliche, die sich um ihre Familie kümmern“ ins Leben gerufen.

Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley betont: „Mit der ‚Pausentaste‘ starten wir in Kooperation mit der ‚Nummer gegen Kummer‘ ein anonymes Hotline- und E-Mail-Angebot. Auch ist die Website www.pausentaste.de jetzt online gestellt. Damit geht das erste Unterstützungsangebot auf Bundesebene für pflegende Kinder und Jugendliche ans Netz, das Fragen rund um die Pflege beantwortet und Hilfestellung in belastenden Situationen bietet. Denn: Wer anderen hilft, braucht eben manchmal auch selber Hilfe“, so die Bundesministerin.

Junge Leute mit Pflegeverantwortung verrichten häufig wie selbstverständlich den Haushalt der Familie und kümmern sich um jüngere Geschwister. Sie leisten auch Pflegetätigkeiten wie z.B. Mobilisation und Hilfe bei der Nahrungsaufnahme. Oft sind diese Kinder und Jugendlichen körperlich überanstrengt und haben weniger Freizeit als ihre Freundinnen und Freunde. Nicht selten verschlechtern sich ihre Leistungen in der Schule. Mit ihren Sorgen und Ängsten stehen sie häufig ganz allein da.

Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley dazu: „Über www.pausentaste.de wollen wir in erster Linie die Kinder und Jugendlichen erreichen. Wir wollen aber auch Lehrerinnen und Lehrer, ambulante Pflegedienste, Sozialdienste an Schulen und Kliniken sowie Jugendorganisationen und die Öffentlichkeit für die Situation sensibilisieren.“

Online sind Erfahrungsberichte und Interviews mit jungen Pflegenden, Videos und Hinweise auf Beratungsangebote vor Ort. Auch Informationen zu Erkrankungen und Leseempfehlungen werden zur Verfügung gestellt, alles optimiert für mobile Endgeräte.

Darüber hinaus können Kinder und Jugendliche sich kostenlos – auch anonym – an die Hotline des Kinder- und Jugendtelefons der „Nummer gegen Kummer“ wenden – unter der kostenlosen Nummer 116 111 oder per E-Mail über www.nummergegenkummer.de.

Hintergrundinformation:

Nummer gegen Kummer e.V. ist ein Verein mit 109 Mitgliedern. Dies sind lokale Vereine, die einen Standort des Kinder- und Jugendtelefons und/oder einen Standort des Elterntelefons unterhalten. Diese Standorte sind in ganz Deutschland verteilt. Die lokalen Träger der Beratungstelefone sind überwiegend örtliche Verbände des Deutschen Kinderschutzbundes, Vereine, die extra zu diesem Zweck gegründet wurden oder weitere örtliche Träger der Freien Jugendhilfe wie der Arbeiter-Samariter-Bund, die Arbeiterwohlfahrt, die Diakonie oder die Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz. Dieses Netzwerk stellt das deutschlandweit größte kostenfreie, telefonische Beratungsangebot für Kinder, Jugendliche und Eltern dar.

Die Hotline ist erreichbar von Montag bis Samstag jeweils von 14 bis 20 Uhr. An Samstagen gibt es zudem eine „Peer-to-Peer“–Beratung durch speziell ausgebildete Beraterinnen und Berater im Alter von 16 bis 21 Jahren. Die ebenfalls anonyme E-Mail-Beratung über www.nummergegenkummer.de ist rund um die Uhr erreichbar (weitere Informationen unter www.nummergegenkummer.de).

Den Angsthasen überlisten

Das Institut für Psychologie der Universität Freiburg sucht Kinder für eine Therapiestudie zu Angsterkrankungen

Therapieprojekt „KibA“: Wissenschaftler der Universität Freiburg wollen die Entstehung und Veränderung von Angsterkrankungen bei Kindern erforschen. Grafik: Linda Stein

Angsterkrankungen im Kindes- und Jugendalter sind weit verbreitet. Für die Betroffenen bedeuten die Ängste einen erheblichen Leidensdruck und können darüber hinaus ihre seelische Gesundheit gefährden. In dem Forschungsprojekt „KibA“ („Kinder bewältigen Angst“) am Institut für Psychologie der Universität Freiburg wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Mechanismen der Entstehung und Veränderung von Angsterkrankungen aufklären. Für ein Psychotherapieprojekt suchen sie deshalb Kinder und Jugendliche zwischen acht und 14 Jahren, die an einer Trennungsangst, sozialen Angsterkrankung oder spezifischen Phobie leiden.

Viele Kinder weisen Ängste auf, die eine Trennung von den Eltern erschweren oder unmöglich machen. Ängste im Umgang mit Menschen, Schüchternheit und die Angst vor Zurückweisung sowie eine starke Angst vor Tieren oder medizinischen Maßnahmen behindern ebenso eine gesunde Entwicklung. Nicht selten ziehen diese Ängste Erkrankungen wie die Depression nach sich oder führen zu Leistungseinbrüchen in der Schule.

Bei dem Projekt KibA erhalten die Kinder eine nach den neuesten Erkenntnissen der Angstforschung und dem aktuellen Stand der Psychotherapieforschung konzipierte Einzeltherapie. Sie wird begleitet von umfassenden diagnostischen Untersuchungen, die seelische und körperliche Anteile von Angstreaktionen, Lernmechanismen des Angsterwerbs sowie deren Einfluss auf den Therapieerfolg erfassen. Dabei werden die Eltern teilweise als Helferinnen und Helfer mit in die Therapie einbezogen.

Die Teilnahme an dem Psychotherapieprojekt kann maßgeblich dazu beitragen, die Behandlung von Ängsten zu verbessern und die Schwierigkeiten von Kindern mit Ängsten und ihren Familien zu verstehen. Das Projekt ist Teil des deutschlandweiten Forschungsverbunds PROTECT-AD zur Optimierung der Behandlung von Angststörungen, welcher vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.

Weitere Informationen:
www.kiba-studie.de/freiburg/kiba-freiburg.html

Schweigepflicht unabdingbar im Heilungsprozess

BDP: Keine Einschnitte beim Geheimnisschutz

Im Vorfeld der angekündigten Aufweichung der Schweigepflicht auch für Psychologen mahnt der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) einen rationalen Umgang der Politik mit der Terrorgefahr an. „Einschränkung der Schweigepflicht bei Gefährdungen des Klienten oder Dritter bestehen schon lange“, erklärt BDP-Präsident Prof. Dr. Michael Krämer. „Für psychologische, psychotherapeutische und ärztliche Tätigkeiten ist der grundsätzliche Schutz persönlicher Geheimnisse ein unabdingbarer Wert. Nur dann öffnen sich die Menschen und ihre Probleme können aufgegriffen und bearbeitet werden.“
Bereits jetzt gibt es einen ausreichenden Schutz für die Bevölkerung. In ethischer Hinsicht sind Berufsgeheimnisträger, wie Psychologen, bereits heute bei Gefährdungen gehalten aktiv zu werden. Rechtlich besteht keine Verpflichtung zum Geheimnisschutz bei Gefahrenabwehr, bei schweren Straftaten und der Vorbereitung eines Angriffskrieges.
Die aktuelle Diskussion stört das Vertrauensverhältnis und birgt das Risiko, dass gesundheitliche Dienstleistungen gar nicht erst in Anspruch genommen werden. Wichtiger als ein Eingriff in das Vertrauensverhältnis ist die Bereitstellung von professionellen Dienstleistungen in ausreichender Zahl.
Aktionistisch geprägte Vorschläge im Anschluss an Terroranschläge führen zu erhöhter medialer Aufmerksamkeit, schränken die Freiheit in der Gesellschaft weiter ein und dienen somit den Zielen der Täter.
Psychisch angeschlagene Menschen benötigen unsere Hilfe und Solidarität. Vorschläge, die sie grundsätzlich als Gefährder erscheinen lassen, stigmatisieren und sind kontraproduktiv.
Prävention von Gewalt muss einen höheren Stellenwert als bisher bekommen. Psychologische Unterstützung in Schulen, für Eltern, die einen Rückzug und eine Radikalisierung ihrer Kinder erleben sowie in Flüchtlingsunterkünften kann wirksam Verzweiflungstaten verhindern. Es ist wichtig, dass wir frühzeitig die Ursachen erkennen, die Einzelne zu einer Gefahr für sich selbst oder andere werden lassen könnten. Nur dann kann man gegensteuern. Daneben kann jeder in seinem Umfeld dazu beitragen, dass Konflikte ohne Gewalt gelöst werden, und damit zeigen, dass wir trotz der Bedrohung handlungsfähig bleiben.

Schritte aus der Gewalt

BDP fordert Politik und Medien auf, Wege aus der Gewaltspirale zu suchen

Angesichts der gehäuften Gewalttaten in den vergangenen Tagen mahnt der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) an, dass wir nicht hilflos zuschauen sollen: „Wir als Gesellschaft, Politiker und Medien und auch als Psychologen können uns entscheiden, wie wir auf diese Ereignisse individuell und als Gruppe(n) reagieren“, erklärt BDP-Präsident Prof. Dr. Michael Krämer und stellt Folgendes zur Diskussion:
1. Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit. Jeder Einzelne muss einen Weg finden, mit der aktuellen Bedrohungslage umzugehen. Ängste sind Schutzmechanismen und insofern berechtigt. Angst muss jedoch nicht zur Panik führen, sondern kann auch in überlegtes Handeln münden. Sich vorsichtig zu verhalten und sich um seine Angehörigen zu sorgen, ist richtig und wichtig. Dies bedeutet aber nicht, dass wir uns verkriechen.
2. Die intensive Darstellung von Gewalt bewirkt ein Abstumpfen gegenüber Gewalt. Die ständige Beschäftigung mit Gewalt kann eine Senkung der Hemmschwellen bewirken, bei denen, die Gewalt ausüben, oder auch bei denen, die Gewaltdarstellungen sehen. Machen wir uns diesen Zusammenhang bewusst, können wir uns fragen, ob wir in einer Welt voller Gewalt leben wollen, oder dem ein anderes Verhalten entgegensetzen.
3. Es gibt mehr Nachahmungseffekte, wenn der Abbildung von Gewalt in den Medien sehr viel Platz eingeräumt wird. Die besondere ethische Verantwortung liegt hier bei den Medien wie auch den politischen Akteuren. Gewalttaten können Anlass sein, sie für andere Zwecke zu instrumentalisieren.
4. Eine eng an den Fakten orientierte Diskussion kann einer überzogenen Emotionalisierung der öffentlichen Diskussionen entgegenwirken. Schwarz-Weiß-Malerei darf nicht das Bild bestimmen.
5. Der Staat hat das Gewaltmonopol, und die vorhandenen Gesetze sind ausreichend und zu beachten, um der Bedrohung entgegenzutreten.
6. Welche Folgen es hat, wenn Gewalt mit Gewalt vergolten wird, wenn demokratische Rechte weitgehend außer Kraft gesetzt werden und wenn Andersdenkende massiv unterdrückt werden, ist in anderen Teilen der Welt beobachtbar.
7. Prävention von Gewalt muss einen höheren Stellenwert als bisher bekommen. Psychologische Unterstützung in Schulen, für Eltern, die einen Rückzug und eine Radikalisierung ihrer Kinder erleben, in Flüchtlingsunterkünften kann wirksam Verzweiflungstaten verhindern. Es ist wichtig, dass wir frühzeitig die Ursachen erkennen, die Einzelne zu einer Gefahr für sich selbst oder andere werden lassen könnten. Nur dann kann man gegensteuern. Daneben kann jeder in seinem Umfeld dazu beitragen, dass Konflikte ohne Gewalt lösbar sind, und damit zeigen, dass wir trotz der Bedrohung handlungsfähig bleiben.

Über den Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP):

Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) vertritt die beruflichen und politischen Interessen der niedergelassenen, angestellten und beamteten Psychologen und Psychologinnen aus allen Tätigkeitsbereichen. Diese sind unter anderem: Gesundheitspsychologie, Klinische Psychologie, Psychotherapie, Schulpsychologie, Rechtspsychologie, Verkehrspsychologie, Wirtschaftspsychologie, Umweltpsychologie und Politische Psychologie. Der BDP wurde 1946 gegründet und ist Ansprechpartner und Informant für Politik, Medien und Öffentlichkeit. Rund 11500 Mitglieder sind im BDP organisiert.
Besuchen Sie den BDP im Internet:
www.bdp-verband.de

Privatpatienten sind nicht immer besser dran

IGeL-Monitor: Patienten werden über Schaden von IGeL kaum informiert

MDS Berlin/Essen, 12. Juli 2016 82 Prozent der Versicherten kennen Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL). Und jeder Zweite (52 Prozent), der die Selbstzahlerleistungen in der Arztpraxis angeboten bekommt, nimmt sie an. Drei Viertel der Patienten fühlen sich aber nicht ausreichend über Schäden informiert – das sind die Ergebnisse der Evaluation des IGeL-Monitors, bei der 2.149 Versicherte repräsentativ befragt worden sind.

Quelle "Grafik: Techniker Krankenkasse"

Quelle „Grafik: Techniker Krankenkasse“

„Für manche Facharztgruppe ist das IGeLn zum Volkssport geworden. Der IGeL-Markt boomt. Information und Aufklärung geraten in der Praxis dabei manchmal in den Hintergrund. Aus unserer Sicht sind die Ärzte gefordert, über Nutzen und mögliche Risiken der Selbstzahlerleistungen ausführlich aufzuklären“, sagt Dr. Peter Pick, Geschäftsführer des MDS. Dafür müssten schriftliche Informationen zur Verfügung gestellt werden. Die Patienten sollten zudem ausreichend Bedenkzeit erhalten und nicht unter Druck gesetzt werden.

Der Bedarf der Patienten an fundierten Informationen ist unverändert groß. Das zeigt auch die Resonanz des IGeL-Monitors: An normalen Tagen informieren sich zwischen 1.000 und 3.000 Besucher auf dem Informationsportal, an Spitzentagen sind es bis zu 45.000. „Patienten brauchen wissenschaftlich fundierte Informationen, damit sie sich bewusst für oder gegen eine Selbstzahlerleistung entscheiden können. Anliegen des IGeL-Monitors ist es, das Informationsgefälle zwischen Arzt und Patient zu verringern. Die Patienten sollen als informierte Patienten entscheiden können“, erläutert Pick.

Neu bewertet: Ergänzende Ultraschall-Untersuchungen in der Schwangerschaft „unklar“

Wie wichtig fundierte Informationen für Patienten sind, wird auch bei der jüngsten Bewertung des IGeL-Monitors deutlich. Nutzerinnen berichten sowohl auf IGeL-Monitor als auch auf igel-aerger.de, dem kooperierenden Beschwerdeportal der Verbraucherzentrale NRW, dass sie sich verunsichert fühlen, wenn sie sich für oder gegen IGeL in der Schwangerschaft entscheiden sollen. Die  Experten des IGeL-Monitors haben daher mehrere dieser IGeL unter die Lupe genommen – aktuell bewertet haben sie ergänzende Ultraschall-Untersuchungen in der Schwangerschaft. Dazu erklärt Dr. Michaela Eikermann, Leiterin des Bereichs Evidenzbasierte Medizin beim MDS: „Nach Auswertung der wissenschaftlichen Studien können wir sagen: Ergänzende Ultraschalluntersuchungen, die über die üblichen Vorsorgeleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen, schaden nicht. Sie nützen aber auch nicht. Daher haben wir diese IGeL mit „unklar“ bewertet. Wenn Eltern die Entwicklung ihres Kindes im sogenannten „Baby-Fernsehen“ mitverfolgen möchten, so ist das unbedenklich. Aber wer diese IGeL nicht in Anspruch nehmen möchte oder kann, der braucht kein schlechtes Gewissen haben.“

Der IGeL-Monitor hat inzwischen 41 IGeL bewertet und beschrieben. Das Spektrum reicht von Akupunktur in der Schwangerschaft über Lichttherapie bei saisonal depressiver Störung bis hin zur Bestimmung des Immunglobin G (IgG) gegen Nahrungsmittel. „Unsere Bewertungen zeigen, dass vieles, was in den Praxen angeboten wird, der wissenschaftlichen Bewertung nicht Stand hält. Beim überwiegenden Teil können wir nicht von Hinweisen für einen Nutzen, sondern eher von Hinweisen für einen Schaden für den Patienten sprechen“, sagt Eikermann.

IGel-Monitor gleicht Informationsdefizite der Patienten aus

Der IGeL-Monitor unterstützt Patienten, eine informierte Entscheidung zu treffen – dies hat auch die Evaluation bestätigt. „82 Prozent der Befragten geben an, sie würden den IGeL-Monitor erneut besuchen. Drei Viertel der Nutzer sagen, dass sie ihre Entscheidung für oder gegen ein IGeL-Angebot überdenken würden, wenn sie die Informationen vorher gehabt hätten“, erklärt Dr. Christian Weymayr, freier Medizinjournalist und Projektleiter IGeL-Monitor. „Das zeigt auch: Der IGeL-Monitor gleicht Informationsdefizite der Patienten aus. Die Patienten sehen die Informationen als hilfreich, glaubwürdig und entscheidungsrelevant an.“

Hintergrund:

Die Bewertungen des IGeL-Monitors basieren auf den Methoden der Evidenzbasierten Medizin (EbM). Das heißt: Für die Bewertung von Nutzen und Schaden einer IGeL-Leistung recherchiert das Team aus Medizinern und Methodikern beim MDS in medizinischen Datenbanken. Die Wissenschaftler tragen die Informationen nach einer definierten Vorgehensweise zusammen und werten sie systematisch aus. Das IGeL-Team wägt Nutzen und Schaden gegeneinander ab und fasst das Ergebnis in einer Bewertungsaussage zusammen, die von „positiv“, „tendenziell positiv“ und „unklar“ bis zu „tendenziell negativ“ und „negativ“ reicht. Alle Analyseschritte einer Bewertung sind auf dem IGeL-Monitor dokumentiert. Jede bewertete IGeL wird in mehreren Ebenen dargestellt, die von Stufe zu Stufe ausführlicher und fachlicher wer-den: von der zusammenfassenden Bewertungsaussage bis hin zu den für ein Fachpublikum hinterlegten Ergebnissen der wissenschaftlichen Recherche und Analyse. Versicherte erfahren außerdem, welche Leistungen von den gesetzlichen Krankenkassen bei den Beschwerden übernommen werden, für die der Arzt ihnen die IGeL-Leistung anbietet. Sie erhalten auch Auskunft über die Preisspanne, zu der eine IGeL angeboten wird. Und schließlich gibt der IGeL-Monitor Tipps, wie sich Versicherte im konkreten Fall verhalten können, wenn ihnen IGeL angeboten werden.

Der MDS berät den GKV-Spitzenverband in allen medizinischen und pflegerischen Fragen, die diesem qua Gesetz zugewiesen sind. Er koordiniert und fördert die Durchführung der Aufgaben und die Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) auf Landesebene in medizinischen und organisatorischen Fragen

Gutverdiener bekommen vom Arzt besonders häufig IGeL-Leistung angeboten

Quelle "Grafik: Techniker Krankenkasse"

Quelle „Grafik: Techniker Krankenkasse“

 

Im Schnitt haben sieben von zehn gesetzlich Versicherten mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 3.000 Euro mindestens einmal eine IGeL-Leistung vom Arzt angeboten bekommen. Bei Befragten mit einem Einkommen unter 1.5000 Euro sind es vier von zehn. Das zeigt der TK-Meinungspuls 2016. Betrachtet man das Geschlecht der Versicherten, erhalten Frauen häufiger als Männer eine Selbstzahler-Leistung angeboten (55 zu 45 Prozent).

IGeL-Leistungen: Jeder dritte Patient ohne schriftliche Vereinbarung

Mehr als jeder dritte Patient (36 Prozent) bekommt nichts Schriftliches in die Hand, wenn er beim Arzt eine sogenannte Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) in Anspruch nimmt. Das zeigt der TK-Meinungspuls 2016. IGeL gehören per Gesetz nicht zum Katalog der Krankenkassen und müssen privat gezahlt werden. Generell gilt: Der Arzt ist verpflichtet, den Patienten vor Beginn der Behandlung schriftlich über die Kosten zu informieren und mit ihm einen schriftlichen Behandlungsvertrag abzuschließen.