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Neu entdeckte Immunzellen an entzündlichen Hirnerkrankungen beteiligt

Bislang unbekannter Immunzelltyp ist im Gehirn wesentlich an Autoimmun-Erkrankungen wie Multipler Sklerose beteiligt / Hoffnung auf spezifischere und nebenwirkungsarme Therapieansätze / Studie im Fachmagazin Science erschienen

Ein Team von Forschern unter Leitung des Universitätsklinikums Freiburg konnte im Tiermodell nachweisen, dass bislang völlig unbekannte Immunzelltypen im Verlauf von Multipler Sklerose (MS) im entzündeten Gehirn zu finden sind. Der Nachweis gelang mittels einer neuen, hochauflösenden Methode zur Untersuchung von Einzelzellen. So konnten die Forscher aus Freiburg und München eine Art Immunzell-Atlas für das Gehirn erstellen. Sie zeigten außerdem, wie diese Zellen die Autoimmun-Erkrankung MS vorantreiben. In der Januar-Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Science, die am 25. Januar 2019 erschien, stellen die Forscher ihre Studie vor

„Unsere Ergebnisse stellen einen Durchbruch für das Verständnis von autoimmunen Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose dar. Wir haben die Hoffnung, dass jetzt neue zellspezifischere und nebenwirkungsarme Therapieansätze entwickelt werden können, mit denen sich entzündliche Erkrankungen wie MS behandeln lassen“, sagt Projektleiter Prof. Dr. Marco Prinz, Ärztlicher Direktor des Instituts für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg. „Das Hauptproblem bei der bisher unzureichenden Therapie war, dass das gesamte Immunsystem gehemmt wurde. Wir konnten jedoch neuartige Subtypen von Zellen finden, die spezifisch für die lokale Entzündung und Zerstörung bei der MS sind. Die könnten somit ganz gezielt ausgeschaltet werden“, sagt Prof. Prinz.

Vor allem Frauen leiden unter Multipler Sklerose

Multiple Sklerose ist eine der häufigsten entzündlichen Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS), das Gehirn und Rückenmark umfasst. Frauen sind häufiger als Männer betroffen, typischerweise tritt die Erkrankung im Alter zwischen 20 und 40 Jahren erstmals auf. In Deutschland sind etwa 120.000 Menschen an MS erkrankt. „Man nimmt an, dass die MS eine Autoimmunerkrankung ist, bei der Immunzellen irrtümlicherweise Strukturen des zentralen Nervensystems angreifen und dadurch die Entzündung hervorrufen“, erklärt Prof. Prinz, der auch an den Exzellenzclustern Centre for Biological Signalling Studies – BIOSS und Centre for Integrative Biological Signalling Studies – CIBSS der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg beteiligt ist. Dass bei der MS Fresszellen des Blutes und des Gehirns beteiligt sind, wusste man schon seit vielen Jahren; welche Subtypen genau, war jedoch bislang unklar. Im Tier¬modell der Multiplen Sklerose haben die Wissenschaftler dies in jahrelanger Forschungsarbeit herausgefunden.

Weiße Flecken im Immunzell-Atlas gefüllt

Immunfluoreszenz von entzündlich verändertem Rückenmark mit roten Mikrogliazellen und grünen aus dem Blut eingewanderten Makrophagen.

Durch die Verwendung neuester, hochauflösender Einzel-Zellmethoden ist es den Forschern gelungen, die komplexe Zusammensetzung der am Entzündungsherd vorhandenen Zellen, das sogenannte Entzündungsinfiltrat, zu entschlüsseln. So konnten sie einen neuen Immunzell-Atlas des Gehirns etablieren. Die von den Forschern verwendeten Einzelzellanalysen (englisch single cell analyses) sind neuartig und können in der Medizin für die Untersuchung einzelner Zellen aus Geweben verwendet werden. In den Augen der Forscher haben sie ein enormes Potential. „Diese Methoden erlauben uns, ein völlig neues zelluläres Bild von sehr komplexen Geweben wir dem Hirn zu erlangen“, sagt Dr. Dominic Grün, einer der Pioniere dieser Technik und Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik Freiburg, der an dieser Studie beteiligt war.

Umfassende Karte der Immunzell-Populationen während einer Entzündung im Zentralnerven-System. Jede Immunzelle ist ein Punkt, gestrichelte Linien umfassen ähnliche Zellen.

Die Erstautorin der Studie Marta Joana Costa Jordão, Doktorandin am Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg, konnte darüber hinaus zeigen, dass verschiedene Fresszellen im Gehirn während der Erkrankung chronisch aktiviert bleiben. Bislang wurde angenommen, dass sie durch zirkulierende Blutzellen rasch erneuert werden. „Diese Daueraktivierung der Immunzellen könnte erklären, warum bei MS das Gehirn über Jahre chronisch angegriffen wird“, sagt Costa Jordão.

Original-Titel der Studie: Single-cell profiling identifies myeloid cell subsets with distinct fates during neuroinflammation

DOI: 10.1126/science.aat7554 

Link zur Studie: science.sciencemag.org/content/363/6425/eaat7554

Was hilft bei Multipler Sklerose?

Multiple Sklerose ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen

1. Seite Flyer zur Veranstaltung Multiple SklerosePatientenveranstaltung am 11. November 2017 im Neurozentrum des Universitätsklinikums Freiburg / Immuntherapie und zukünftige Behandlungsmethoden im Fokus

Multiple Sklerose ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen bei Menschen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Zwar ist die Krankheit bislang unheilbar, aber bei Diagnostik und Behandlung gibt es große Fortschritte.

Am Samstag, 11. November 2017,
von 9 Uhr bis 13 Uhr findet
im Neurozentrum des Universitätsklinikums Freiburg,
Breisacher Straße 64 in Freiburg,

eine Informationsveranstaltung für Patientinnen und Patienten sowie Angehörige statt.

Experten werden Neuerungen im Bereich der Immuntherapie vorstellen und einen Ausblick auf die Zukunft der MS-Therapie geben. Außerdem werden in Vorträgen die sogenannte symptomatische Therapie und naturheilkundliche Behandlungsmethoden erläutert. Des Weiteren wird ein Spezialist über das Thema Multiple Sklerose und Schwangerschaft berichten. Die Veranstaltung ist kostenlos. Um Anmeldung wird gebeten unter der Faxnummer 0761 270-53900 oder petra.lappenbusch@uniklinik-freiburg.de.

Mehr als 200.000 Menschen leiden in Deutschland an Multipler Sklerose (MS), einer entzündlichen Erkrankung des Gehirns und des Rückenmarks. Frauen sind etwa doppelt so oft betroffen wie Männer. Häufig treten zunächst Sehstörungen und Gefühlsstörungen der Haut auf. Später kann es unter anderem zu Lähmungen und zu psychischen Veränderungen wie Depressionen kommen. Grundsätzlich lassen sich zwei Verlaufsformen unterscheiden: chronisch oder schubförmig fortschreitend. Beide Formen gehen jedoch oft ineinander über. Medikamentöse Therapien setzen meist daran an, den Entzündungsprozess an den Nervenzellen zu stoppen oder abzubremsen. Ergänzend kommen nicht-medikamentöse Behandlungen wie Physiotherapie, Psychotherapie und Rehabilitations-Maßnahmen nach einem Krankheitsschub dazu.

Kontakt für Anmeldungen:
Petra Lappenbusch
FAX: 0761 270-53900
petra.lappenbusch@uniklinik-freiburg.de

MS-Patientenveranstaltung_2017

Was hilft bei Multipler Sklerose?

Multiple Sklerose: Info-Veranstaltung am 12. November 2016 im Neurozentrum des Universitätsklinikums Freiburg / Neurorehabilitation und moderne Diagnoseverfahren im Fokus

multiple-skleroseMultiple Sklerose ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen bei Menschen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Zwar ist die Krankheit bislang unheilbar, aber bei Diagnostik und Behandlung gibt es große Fortschritte. Am Samstag, 12. November 2016, von 9 Uhr bis 13.15 Uhr findet im Neurozentrum des Universitätsklinikums Freiburg, Breisacher Straße 64 in Freiburg, eine Informationsveranstaltung für Patienten und Angehörige statt. In einem Vortrag wird erläutert, was Neurorehabilitation ist und wie sie bei Multipler Sklerose helfen kann. Drei Referenten stellen bewährte, aktuelle und zukünftige Immuntherapien vor, auch in Hinblick auf einen möglichen Kinderwunsch der Betroffenen. Ein Experte berichtet außerdem darüber, welche wichtige Bedeutung Kernspin-Aufnahmen für die Diagnose sowie für Therapieentscheidung und -begleitung haben. Die Referenten stehen nach den Vorträgen und in der Kaffeepause für Fragen zu Verfügung. Die Veranstaltung ist kostenlos, um Anmeldung wird gebeten.

„Wir haben heute wesentlich mehr Möglichkeiten als noch vor fünf oder zehn Jahren, um den Patienten zu helfen. Bei einem Großteil der Betroffenen können wir das Fortschreiten der Krankheit mittlerweile deutlich verlangsamen“, sagt PD Dr. Oliver Stich, Oberarzt an der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie des Universitätsklinikums Freiburg. Neben den bereits zugelassenen Therapien können Patienten am Universitätsklinikum Freiburg im Rahmen klinischer Studien auch von neuen und innovativen Therapieansätzen profitieren.

Mehr als 200.000 Menschen leiden in Deutschland an Multipler Sklerose (MS), einer entzündlichen Erkrankung des Gehirns und des Rückenmarks. Frauen sind etwa doppelt so oft betroffen wie Männer. Häufig treten zunächst Sehstörungen und Gefühlsstörungen der Haut auf. Später kann es unter anderem zu Lähmungen und zu psychischen Veränderungen wie Depressionen kommen. Grundsätzlich lassen sich zwei Verlaufsformen unterscheiden: chronisch oder schubförmig fortschreitend. Beide Formen gehen jedoch oft ineinander über. Medikamentöse Therapien setzen meist daran an, den Entzündungsprozess an den Nervenzellen zu stoppen oder abzubremsen. Dazu kommen nicht-medikamentöse Behandlungen wie Physiotherapie, Psychotherapie und Rehabilitations-Maßnahmen nach einem Krankheitsschub.

Kontakt für Anmeldungen
Petra Lappenbusch
Klinik für Neurologie und Neurophysiologie
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-53900
petra.lappenbusch@uniklinik-freiburg.de

Download: ms-patientenveranstaltung_2016

 

Darmbakterien sorgen für gesundes Gehirn

Darmbakterien steuern Reifung und Funktion von Immunzellen des Gehirns / Zersetzte Ballaststoffe dienen als Botenstoffe zwischen Darm und Gehirn / Veröffentlichung in Nature Neuroscience

gesunde Mikroglia eines Tieres mit Darmflora; Mitte: ohne Darmflora sind die Mikroglia unreif; Rechts: Tiere ohne Darmflora, die ein bakterielles Abbauprodukt fressen, besitzen gesunde Mikroglia Bildquelle: Universitätsklinikum Freiburg

Gesunde Mikroglia eines Tieres mit Darmflora; Mitte: ohne Darmflora sind die Mikroglia unreif;
Bildquelle: Universitätsklinikum Freiburg

(01.06.2015) Die Besiedlung des Darms mit Bakterien beeinflusst lebenslang die Immunabwehr des Gehirns und damit möglicherweise auch den Verlauf von Hirnerkrankungen wie Alzheimer und Multipler Sklerose. Dies hat  ein Team um Neuropathologen des Universitätsklinikums Freiburg erstmals an Mäusen festgestellt. Wie die Wissenschaftler nun zeigen konnten, wird die Funktion von Fresszellen des Gehirns, so genannte Mikroglia, durch Abbauprodukte von Darmbakterien gesteuert. Insbesondere bei der Zersetzung von Ballaststoffen produzieren Bakterien kurzkettige Fettsäuren, die für die korrekte Funktion der Mikroglia benötigt werden. Mäuse, deren Darm keine Bakterien enthielt, entwickeln unreife und verkümmerte Mikroglia. Wurde  später eine Darmflora etabliert, waren auch die Mikroglia-Zellen wieder gesünder. Die Studie gibt nicht nur Hinweise auf die mögliche Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen, sondern auch auf die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung für die Vorbeugung von Gehirnerkrankungen. Ihre Ergebnisse präsentieren die Forscher in der Juli-Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature Neuroscience und vorab in der Online-Ausgabe der Zeitschrift.

Mikroglia sind die sogenannten Fresszellen des Gehirns, auch Gehirn-Makrophagen genannt. Sie beseitigen eingedrungene Keime und abgestorbene Nervenzellen und sind an der lebenslangen Formbarkeit des Gehirns beteiligt. Fehlgesteuerte Mikroglia-Zellen spielen bei mehreren Hirnerkrankungen eine Rolle. Wie die Reifung und Aktivierung dieser Zellen gesteuert wird, war bislang unklar.

Ohne Darmbakterien verkümmern die Immunzellen des Gehirns

Bildquelle: Universitätsklinikum Freiburg

Bildquelle: Universitätsklinikum Freiburg

Prof. Dr. Marco Prinz, Ärztlicher Direktor des Instituts für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg und assoziiertes Mitglied des BIOSS Centre for Biological Signalling Studies Freiburg, leitete die Forschungsgruppe mit Mitgliedern aus Freiburg, Rehovot (Israel), München, Mainz, Köln, und Bern (Schweiz). Gemeinsam mit den Erstautoren Dr. Daniel Erny und Anna Lena Hrabě de Angelis konnte er erstmals bei Mäusen zeigen, dass ein intaktes Immunsystem des Gehirns von einer gesunden bakteriellen Darmflora abhängt. Dafür untersuchten sie Tiere, die in einer komplett sterilen Umgebung aufgezogen und gehalten wurden. Diese besaßen verkümmerte und unreife Mikroglia, die auf Entzündungsreize im Hirn kaum reagierten. „Unsere Ergebnisse weisen auf einen ständigen Informationsfluss zwischen Darmbakterien und Hirnmakrophagen hin“, sagt Prof. Prinz.

Auch Tiere, deren Darmbakterien durch eine vierwöchige Antibiotika-Therapie abgetötet worden waren, wiesen eine gestörte Immunantwort auf. Im Kontakt mit gesunden Tieren etablierte sich bei den zuvor steril gehaltenen Tieren schnell eine Darmflora. Dies hatte einen positiven Einfluss auf die Immunabwehr. Dabei galt: „Je größer die Vielfalt der Darmbakterien war, desto besser entwickelten sich auch die Mikroglia“, fasst der Neuropathologe zusammen

Zersetzte Ballaststoffe steuern Immunreaktion im Gehirn

Die Forscher zeigten, dass kurzkettige Fettsäuren als Botenstoff zwischen Darmflora und Mikroglia dienen. Diese werden bei der bakteriellen Verwertung von Ballaststoffen, Milchprodukten und weiteren Nahrungsmitteln produziert. Über das Blut könnten sie ins Gehirn gelangen und dort Mikrogliazellen helfen, Entzündungsreaktionen schnell und effizient zu bekämpfen. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, wie wichtig für die geistige Gesundheit eine ausgewogene Ernährung ist, die zur bakteriellen Bildung von kurzkettigen Fettsäuren beiträgt“, sagt Prof. Prinz.

Hat die Darmflora auch Einfluss auf Alzheimer, Parkinson und Multiple Sklerose?

Die Studie dürfte auch für den Menschen eine hohe Relevanz haben. „Die Ergebnisse passen sehr gut zu früheren klinischen Studien und zu Untersuchungen anderer Forschungsgruppen“, so Prof. Prinz. So werden Autoimmunerkrankungen des Darms wie Morbus Crohn mit einem Mangel an kurzkettigen Fettsäuren in Verbindung gebracht. Hier wird seit einiger Zeit die Behandlung durch eine so genannte Stuhltransplantation geprüft, bei der die Darmflora von einem auf einen anderen Menschen übertragen wird. Wie groß der Einfluss der Darmflora auf Funktion und Entwicklung des Gehirns beim Menschen genau ist, müssen zukünftige Studien prüfen.

Bildquelle: Universitätsklinikum Freiburg

Original-Titel der Arbeit: Host microbiota constantly control maturation and function of microglia in the CNS

DOI: 10.1080/15592294.2015.1039216

Link zum Journal: www.nature.com/neuro/index.html

Kurzes Video-Interview zur Studie mit Prof. Marco Prinz