Archiv der Kategorie: Gesundheit

Gibt es wirklich einen Zusammenhang zwischen Bluthochdruck und „ungesunden“ Einkaufszentren?

Bluthochdruck 72 % wahrscheinlicher in „ungesunden“ als „gesunden“ Einkaufszentren

Dies ist eine Pressemitteilung!  Wer einmal in Großbritannien gelebt hat, weiß, dass das Essverhalten dort allgemein nicht so gesundbewusst ist. Wir fanden, dass diese Mitteilung eine Anregung zum Nachdenken über unser generelles Verhalten (Essen und Einkauf) sein kann. 

Eine neue Studie mit Pop-Up-Gesundheitscheckstationen fand einen möglichen Zusammenhang zwischen „ungesunden“ Einkaufszentren und der Anzahl der Fälle von vermutetem oder diagnostiziertem Bluthochdruck bei Menschen, die sich freiwillig an Kontrollen beteiligten.

Forscher der City, University of London installierten in sieben Einkaufszentren in ganz England die eintägigen Pop-Up-Gesundheitskontrollstationen und luden Passanten dazu ein, sich auf Anzeichen der Augenkrankheit (Glaukom) untersuchen zu lassen. Die Tests wurden von der Optometrikerin Laura Edwards geleitet.

Blutdruckmessungen wurden auch angeboten, um potenzielle Freiwillige für eine umfassendere und vertraute Gesundheitsuntersuchung zu gewinnen.

Bekannterweise kann anhaltender Bluthochdruck (Hypertonie) das Risiko für eine Reihe schwerer und potenziell lebensbedrohlicher Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen.

Das Forschungsteam stufte die Einzelhandelsgeschäfte in Einkaufszentren als „ungesund“ ein, wenn es sich entweder um einen Fast-Food-Imbiss, einen Bookmaker, einen Sonnenstudio oder ein Zahltag-Darlehensgeschäft handelte, in Übereinstimmung mit einem Bericht der Royal Society of Public Health (RSPH), der die britischen Stadteinkaufszentren nach ihren „ungesunden“ und „gesunden“ Einzelhandelsgeschäften bewertet.

Laut diesem Bericht bieten „gesunde Geschäfte“ zahlreiche Möglichkeiten zur Gesundheitsoptimierung wie saubere Luft, Sicherheit, Lärmreduzierung, transparente Beschilderung und leichten Zugang, aber auch Gesundheitsfürsorge und Entspannung in vor Ort, zum Beispiel Gesundheitschecks und erschwingliche Bio-Produkte. Diese Geschäfte fördern aktiv gesunde Entscheidungen wie Raucherentwöhnung. Schließlich verfügen sie auch über Freizeitzentren, Grünflächen sowie andere inklusive und integrative Gemeinschaftsräume, die Gelegenheiten bieten, Freunde zu treffen, Kontakte zu knüpfen und Ausgrenzung zu verhindern.

Die Forscher errechneten auch eine Grundpunktzahl der „Ungesundheit“ jedes Einkaufszentrums, d.h. den Anteil der am Testtag eröffneten „ungesunden“ Einzelhandelsgeschäfte im Verhältnis zur Gesamtzahl der im Einkaufszentrum eröffneten Einzelhandelsgeschäfte.

Die Pop-Up-Gesundheitscheckstationen wurden in vier Einkaufszentren aus den Top 10 der „ungesündesten“ Einkaufszentren aus dem RSPH-Ranking und drei aus den Top 15 der „gesündesten“ Einkaufszentren aus dem Ranking eingerichtet.

Bei der Analyse fanden die Forscher einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der erwachsenen Probanden, bei denen ein erhöhter Blutdruck vermutet oder diagnostiziert wurde (wiederholte Blutdruckmessungen bei oder über 140/90 mmHg) und dem für jedes Einkaufszentrum entwickelten „Ungesundheitswert“, der ein statistisch signifikantes Ergebnis war.

Sie stellten auch fest, dass in den drei „gesunden“ Einkaufszentren, die im RSPH-Berichtsranking (Bristol, Cambridge und Nottingham) ausgewertet wurden, 20 von 152 Erwachsenen (13,1%) bei Wiederholungsuntersuchungen Bluthochdruckwerte hatten.

In den vier untersuchten „ungesunden“ Einkaufszentren (Coventry, Preston, Northampton, Stoke-on-Trent) hatten 45 von 199 Erwachsenen (22,6%) Bluthochdruckwerte.

Der Unterschied im Anteil der Messwerte von Bluthochdruck in „gesunden“ gegenüber „ungesunden“ Einkaufszentren war ebenfalls ein statistisch signifikantes Ergebnis, was zu einer um 72 Prozent erhöhten Wahrscheinlichkeit führte, dass in einem „ungesunden“ Einkaufszentrum im Vergleich zu einem „gesunden“ Einkaufszentrum ein Verdacht auf Bluthochdruck besteht.

Die Studie hat ihre Grenzen, einschließlich der Bewertungen von Pop-Up-Gesundheitskontrollstationen, die keine definitive Diagnose eines hohen Blutdrucks bieten können. 

Die Ergebnisse können auf Strategien für gezielte Diagnostik und Screening des Blutdrucks in Einkaufszentren hinweisen, die Gegenstand weiterer Untersuchungen sein könnten, möglicherweise im Zusammenhang mit dem Abbau gesundheitlicher Ungleichheiten.

Die Studie ist in der Zeitschrift BMC Public Health veröffentlicht.

David Crabb, Professor für Statistik und Sehforschung an der City, University of London und Leiter des Forschungsteams, erklärte:

Weniger als die Hälfte der Erwachsenen im Alter von 40-74 Jahren, denen der kostenlose NHS-Gesundheitscheck angeboten wurde, nahm ihn in Anspruch. Die British Heart Foundation hat kürzlich auch das Gesundheitspersonal des NHS aufgefordert, Blutdruckkontrollen in Fitnessstudios, Friseursalons und Fußballstadien durchzuführen und Blutdruckkontrollen am Arbeitsplatz anzubieten. Wir wissen, dass weitere effektivere Methoden zum Screening von Menschen auf Bluthochdruck erforderlich sind, und diese Studie bietet einen Einblick in einige Möglichkeiten, die ergriffen werden können.

In unserer Studie war über die Hälfte der Befragten, die einen Bluthochdruck hatten, sich der Erkrankung bewusst oder berichtete von Bluthochdruck in der Vergangenheit. Es kann sein, dass Unterschiede zwischen „ungesunden“ und „gesunden“ Einkaufszentren auf Unterschiede bei der Erkennung von Bluthochdruck, der Behandlung von Bluthochdruck oder einer Kombination aus beiden zurückzuführen sind.  Beide haben eine erhebliche Bedeutung für die öffentliche Gesundheit, und ihr Zusammenhang mit dem sozioökonomischen Status sollte weiter untersucht werden.“

Shirley Cramer CBE, Geschäftsführerin der Royal Society for Public Health, kommentierte:

Unsere Forschung hat gezeigt, wie sich ungesunde Unternehmen in Bereichen konzentrieren, in denen die Lebenserwartung bereits niedriger ist. Die Aufdeckung und Beseitigung der gesundheitlichen Ungleichheiten ist eine Priorität des öffentlichen Gesundheitswesens“.

Künstliche Intelligenz in Medizin und Neurowissenschaft

Vortrag am 28.01.2019 zu den Chancen und Herausforderungen der Technologie

Andreas Meyer‐Lindenberg. Foto: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim

Künstliche Intelligenz (KI) und die Methoden des maschinellen Lernens haben in den letzten Jahren dramatische Fortschritte gemacht. Auf Einladung des Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) wird Prof. Dr. Andreas Meyer‐Lindenberg, Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim, am 28. Januar 2019 über die Anwendung von KI in der Psychiatrie sprechen. In seinem Vortrag wird er die methodischen Entwicklungen von KI in den Bereichen Medizin und Neurowissenschaft darstellen, Anwendungsfelder in der Psychiatrie aufzeigen und auf Risiken der Technologie hinweisen. Im Anschluss besteht die Möglichkeit zur Diskussion mit dem Experten.

Süßigkeiten soweit das Auge reicht

Es gibt viel Kritik am Ernährungsreport 2019

foodwatch zum „Ernährungsreport 2019“ von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner

Süßigkeiten werden gerne als Belohnung gegeben, das setzt falsche Anreise.
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Berlin, 10. Januar 2019. Zu dem gestern von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner vorgestellten „Ernährungsreport 2019“ erklärt Martin Rücker, Geschäftsführer der Verbraucherorganisation foodwatch: 

„Wir sollten die Arbeit des Ernährungsministeriums nicht an der Qualität seiner PR-Aktivitäten messen, sondern an seinem verbraucherschutzpolitischen Handeln. Die Menschen erwarten wirksame Maßnahmen für eine bessere Tierhaltung oder zur Förderung eines gesunden Lebensmittelangebots, aber gewiss keine Scheinpolitik. Frau Klöckner offenbart ein fragwürdiges Verständnis von ihrem Amt als Bundesernährungsministerin. Sie verteidigt wirtschaftliche Interessen gegen Anliegen des Verbraucherschutzes, wenn sie allein auf freiwillige Maßnahmen setzt. Ein freiwilliges Tierwohl-Label wird am katastrophalen Gesundheitszustand zahlreicher Nutztiere kaum etwas ändern. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Lebensmittelindustrie, den Zucker zu reduzieren, ist zum Scheitern verurteilt. 

Süße Getränke
Süße Getränke sind sehr beliebt
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Wir brauchen eine verständliche Lebensmittelampel für Zucker, Fett & Co., ein Verbot für die Vermarktung ungesunder Lebensmittel an Kinder und eine ‚Limo-Steuer‘, damit Hersteller einen Anreiz haben, weniger Zucker in ihre Getränke zu mischen. Bereits vergangenes Jahr haben mehr als 2.000 Ärztinnen und Ärzte in Deutschland Frau Klöckner zum Handeln aufgefordert – aber die Ministerin stellt sich taub. Andere Länder machen längst Ernst im Kampf gegen Fettleibigkeit und führen Ampelkennzeichnungen ein, beschränken die Werbung an Kinder oder besteuern überzuckerte Limonaden. Deutschland hinkt im Kampf gegen Fehlernährung und die massiven Folgeerkrankungen der internationalen Entwicklung meilenweit hinterher – und Frau Klöckner trägt dafür Verantwortung. Es reicht eben nicht, die Hersteller freundlich zu bitten, etwas weniger Zucker in ihre Produkte zu kippen – denn das sind nun einmal die Produkte, die sich am profitabelsten verkaufen lassen.“

„Hauptsache, es schmeckt. Das ist 99 Prozent der Deutschen beim Essen wichtig“, meldet die Ärztezeitung: http://bit.ly/2sfHEjc

Alkohol und Zucker
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Hintergrund:

Der „Ernährungsreport“ ist eine jährliche repräsentative Umfrage des Bundesernährungsministeriums unter 1.000 Verbraucherinnen und Verbrauchern über Ess- und Einkaufsgewohnheiten – abrufbar unter: t1p.de/xwon
Vergangenes Jahr forderten 2.000 Ärztinnen und Ärzten, Krankenkassen und Fachgesellschaften die Bundesregierung zum Handeln auf – siehe: t1p.de/c85o

Deutsche Diabetes Gesellschaft zum Ernährungsreport 2019:

Ministerin Klöckner stellt sich gegen die Verbraucher 

Berlin – Zum Ernährungsreport 2019 des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erklärt Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft DDG: 

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„Der Report enthält eine klare Handlungsaufforderung an die Ernährungsministerin: 91 Prozent der Befragten wollen, dass Lebensmittel gesund sind. Doch zurzeit ist in Deutschland das Gegenteil Realität: Viele Fertiglebensmittel sind zu süß, zu fett, zu salzig. Daran wird auch die Nationale Reduktionsstrategie von Frau Klöckner nicht viel ändern, denn die darin bisher vereinbarten Ziele sind viel zu gering – und sie sind nur freiwillig. Damit ignoriert Frau Klöckner ganz klar den Befund, dass 84 Prozent der Befragten den Zuckeranteil in Fertiggerichten reduzieren möchten. 

An mehreren anderen Stellen erscheint die Interpretation des Ministeriums deutlich zu positiv. So sollte der Befund, dass fast 30 Prozent der Bevölkerung nicht täglich Obst und Gemüse essen, eigentlich ein Weckruf für eine Ernährungsministerin sein. Frau Klöckner sieht darin offenbar kein Problem. Dabei fordern Wissenschaftler schon länger, die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse abzuschaffen und im Gegenzug ungesunde Lebensmittel stärker zu besteuern. 

Viele kritische Punkte fragt der Bericht auch gar nicht ab, etwa die Frage, ob die Verbraucher die derzeitige Lebensmittelkennzeichnung verstehen.“

Sozialer Stress kann Herz und Gefäße schon im Kindesalter schädigen

Stuttgart – Armut ist auch in Deutschland ein Herz-Kreislauf-Risiko. Experten führen die erhöhte Zahl von Herzinfarkten und Schlaganfällen bei Menschen mit benachteiligtem sozioökonomischen Hintergrund unter anderem auf soziale Stressoren zurück. In der Fachzeitschrift „Aktuelle Kardiologie“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2018) erklären sie, dass diese auch schon im Kindes- und Jugendalter auftreten und langfristige Auswirkungen haben können. Die Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen sollte daher bereits in Kindheit und Jugend ansetzen.

Die internationalen Studienergebnisse, auch aus Deutschland, sind eindeutig. Menschen aus sozial benachteiligten Verhältnissen erleiden zwei- bis dreimal häufiger einen Herzinfarkt oder Schlaganfall als Menschen, die unter besseren Bedingungen leben. Trotz weitgehend gleicher Behandlung im Krankenhaus erholen sie sich schlechter. „So verkürzt ein Herzinfarkt das Leben der Betroffenen in ärmeren Bevölkerungsschichten um rund fünf Jahre. Patienten mit höherem Einkommen verlieren nur etwa dreieinhalb Jahre“, erläutert Privatdozent Dr. Thomas Lampert vom Robert Koch-Institut in Berlin. Ärmere Menschen haben in Deutschland insgesamt eine um mehr als fünf Jahre kürzere Lebenserwartung. Betrachtet man ausschließlich die Lebensjahre, die in guter Gesundheit verbracht werden, so beträgt der Verlust sogar mehr als zehn Jahre.

Ein ungesünderer Lebensstil erklärt den Unterschied nach Einschätzung von Dr. Lampert nur teilweise. Es sei richtig: Ärmere Menschen rauchen in Deutschland häufiger und sind eher übergewichtig. Sie ernähren sich ungesünder und bewegen sich weniger. Zum Teil sind sie am Arbeitsplatz auch ungesunden Belastungen ausgesetzt. Es gibt aber auch psychische Stressoren. Dazu zählt Dr. Lampert beispielsweise hohe Arbeitsanforderungen in Kombination mit geringer Selbstbestimmung. Experten sprechen hier von „Job Strain“. Aber auch „Gratifikationskrisen“ erhöhen das Herzinfarktrisiko: Solche entstehen durch das empfundene Missverhältnis von persönlichem Engagement am Arbeitsplatz und dem gezahlten Lohn oder das fehlende Lob durch Kollegen und Vorgesetzte.

Vielen ärmeren Menschen fehlt es zudem an sozialen Kontakten. Diese sind wichtig, um in schwierigen Situationen Rückhalt zu haben. Der Verlust des Partners oder des Arbeitsplatzes führten bei ihnen schneller zu Lebenskrisen. Die fehlende soziale Unterstützung ist vermutlich aber nicht nur für die Bewältigung solcher Erlebnisse wichtig. Sie trägt auch zu einer adäquaten Wahrnehmung und Bewertung dieser Belastungen bei und steuert so die Intensität und die Dauer der Stressreaktion: Ärmere Menschen gehen seltener zum Arzt und reagieren später auf gesundheitliche Beschwerden, so Lampert.

Dr. phil. Morten Wahrendorf rückt Stresserfahrungen in Kindheit und Jugend als Ursache für spätere Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den Fokus. Zu den Belastungen, die für Kinder das Herzinfarktrisiko im Alter erhöhen, zählen Konflikte in der Familie, Misshandlungen, traumatische Erlebnisse und emotionale Vernachlässigung. In seinem Beitrag zieht der Medizinsoziologe vom Institut für Medizinische Soziologie am Universitätsklinikum Düsseldorf auch Daten aus der europaweit durchgeführten Studie “Survey of Health Ageing and Retirement“ kurz SHARE heran. Über 27000 Menschen über 50 Jahren wurden dabei zu Kindheitserfahrungen interviewt und ihre Antworten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Alter in Beziehung gesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass eine geringe berufliche Qualifikation des Vaters, ein niedriger Bildungsstand und schlechte, beengte Wohnbedingungen langfristig das Herz-Kreislauf-Risiko erhöhen, so Dr. Wahrendorf. „Kindern und Jugendlichen ein sicheres, stabiles und von Armut freies Umfeld zu ermöglichen, könnte deshalb effizienter als die Behandlung einer Erkrankung im Alter sein“, gibt er zu bedenken.

Die Kindheit könnte eine kritische Phase sein, in der Handlungsmuster erlernt werden oder der Körper auf eine vermehrte Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Kortison geprägt werde. Diese Hormone werden für die Schädigung der Blutgefäße mitverantwortlich gemacht, die im Alter zur Gefäßverkalkung führt. Es könnte aber auch sein, dass für manche Menschen die Kindheit nur der Beginn eines stressgeprägten Lebenslaufs ist, der mit einer ständigen Zunahme der Gesundheitsbelastung verbunden ist.

DGVS aktualisiert Leitlinie zur Diagnostik von Colitis ulcerosa

Leitlinie für die Behandlung der Colitis ulcerosa

Berlin – Krampfartige Bauchschmerzen, Blut im Stuhl und immer wieder Durchfälle: In Deutschland sind rund 150.000 Menschen an der chronisch entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa (CU) erkrankt. Colitis ulcerosa, die meist im jungen Erwachsenenalter, nicht selten auch schon bei Jugendlichen und Kindern, beginnt, verläuft in Schüben und begleitet die Betroffenen in der Regel ein Leben lang. Unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) haben Experten nun die Leitlinie für die Behandlung der Colitis ulcerosa auf den aktuellen Stand der Wissenschaft gebracht. Ein besonderes Augenmerk haben die Autoren dabei auf die erhöhten Infektionsrisiken von CU-Patienten und den Aspekt Ernährung gelegt. Die Rolle der Ernährung wurde viele Jahre überschätzt: Abgesehen vom Stillen gibt es keine wissenschaftlich belegte Ernährungsform, die das Risiko für die Entstehung einer CU-Erkrankung reduziert.

Fälle von Colitis ulcerosa wurden bis Ende der 1950er-Jahre in Deutschland selten diagnostiziert und haben seitdem in allen westlichen Industrieländern deutlich zugenommen. Ein wichtiger Auslöser der Erkrankung und eine Erklärung für die Zunahme der CU scheint in veränderten Umwelt- und Hygienebedingungen der modernen Zivilisation zu liegen. CU tritt eher in Industrieländern als Entwicklungsländern, eher bei Städtern als in der Landbevölkerung auf. „Die Zunahme der Fallzahlen in den letzten Jahrzehnten führte zudem zur Theorie, dass der Auslöser für die Erkrankung auch in den modernen Ernährungsgewohnheiten zu finden sein könnte“, sagt Professor Dr. med. Axel Dignaß von der Medizinischen Klinik I des AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUSES in Frankfurt, einer der Koordinatoren der Leitlinie. Studien hätten diesen Zusammenhang bisher allerdings nicht bestätigt. Einzige Ausnahme sei das Stillen: Kinder, die mindestens sechs Monate lang gestillt wurden, haben ein um fast ein Viertel reduziertes Risiko, später an CU zu erkranken, als nicht oder nur kurz gestillte Kinder.

Während eine Prävention über die Ernährung also nicht effektiv möglich zu sein scheint, kommt der Ernährung bei bereits bestehender CU eine große Bedeutung zu. „Wegen der wiederkehrenden Durchfälle und der Schädigung der Darmschleimhaut haben die Patienten ein hohes Risiko für eine Mangelernährung“, sagt Professor Dr. med. Torsten Kucharzik von der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie des Klinikums Lüneburg, der die Aktualisierung der Leitlinie ebenfalls als Koordinator betreut hat. Oft schwächten die Komplikationen, die durch den Nährstoffmangel hervorgerufen würden, die Patienten mehr, als die Darmentzündung selbst. Besonders Kinder weisen häufig – in bis zu 85 Prozent der Fälle – Zeichen einer Mangelernährung auf. Neben starken Proteinverlusten wirken sich auch eine zu geringe Versorgung mit Mikronährstoffen wie Eisen, Vitamin D, Folsäure oder Zink negativ auf Wachstum und Entwicklung aus. Die Versorgung mit Nährstoffen sollte daher regelmäßig überprüft und fehlende Nährstoffe als Tablette oder Infusion zugeführt werden, empfiehlt die Leitlinie.

Die Ursachen für die Entstehung einer CU sind nach wie vor nicht vollständig geklärt, zentral scheint jedoch eine Fehlsteuerung des Immunsystems zu sein. Die Patienten werden daher meist mit immunsuppressiven Medikamenten behandelt. Damit steigt jedoch die Gefahr von bakteriellen oder viralen Infektionen deutlich an. „Besonders die Kombination mehrerer Medikamente stellt ein Problem dar“, erläutert Kucharzik. In Studien hatten Patienten, die mehrere solcher Medikamente einnehmen mussten, ein um das 14,5-Fache erhöhtes Infektionsrisiko. Die Mediziner raten daher dazu, noch vor Beginn der Therapie den Impfstatus der Patienten zu überprüfen und fehlende Impfungen nachzuholen. Auch die jährliche Grippeimpfung sei für immunsupprimierte Patienten dringend zu empfehlen.

Obwohl die Krankheit nicht selten ist, dauert es bei vielen CU-Patienten noch immer lange, bis sie die richtige Diagnose und eine adäquate Therapie erhalten. „Umso wichtiger war uns die Aktualisierung der Leitlinie“, sagt DGVS-Experte Dignaß. Besonders in den Händen von Hausärzten und der Patienten selbst könne sie wertvolle Hinweise für eine frühzeitige Diagnosestellung und optimale Behandlung der Krankheit geben. Die aktualisierte S3-Leitlinie wurde federführend von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten erstellt und fasst den aktuellen Stand der Wissenschaft bei Diagnostik und Behandlung der Colitis ulcerosa zusammen. Die Leitlinie ist abrufbar unter https://www.dgvs.de/wissen-kompakt/leitlinien/leitlinien-der-dgvs/colitis-ulcerosa/

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 5500 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten.

Smartphone-gestützte Behandlung bei Migräne

Charité und M-sense starten innovatives Projekt zur Migränetherapie – Smartphone-gestützte Behandlung als neue Versorgungsform

M-sense Screenshot. harité und M-sense starten innovatives Projekt zur Migränetherapie

Die Charité – Universitätsmedizin Berlin startet jetzt gemeinsam mit ihren Partnern ein
Projekt zur Smartphone-gestützten Migränetherapie (SMARTGEM). Ziel ist es, Patienten mit
häufigen Migräneattacken eine effektive und ortsunabhängige Behandlungsform anzubieten.
Die App ist eine Kombination aus Dokumentation, Therapiemodul und Schulung zur Selbst-
hilfe. Darüber hinaus werden telemedizinische Beratung sowie ärztlich moderierte
Foren und Expertenchats angeboten. Das Projekt wird im Rahmen des Innovationsfonds für
drei Jahre mit mehr als drei Millionen Euro gefördert.

Das innovative Versorgungsvorhaben unter Konsortialführung der Charité wird in
Kooperation mit der Klinik für Neurologie der Universitätsmedizin Rostock, der
Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Halle, dem Institut für Public
Health der Charité, dem App-Entwickler M-sense sowie den Krankenkassen AOK
Nordost, 
BKK VBU, IKK gesund plus und der BIG direkt gesund durchgeführt.

Frauen leiden häufiger an Migräne als Männer

Weltweit leiden rund 15 bis 25 Prozent aller Frauen und rund 6 bis 8 Prozent der Männer unter Migräne. Die Schmerzerkrankung führt häufig zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität und auch der Arbeitsfähigkeit. Zur Senkung der Attacken-Häufigkeit werden derzeit medikamentöse und nicht-medikamentöse Verfahren eingesetzt. Der Zugang zu medizinischen Kopfschmerzexperten und spezialisierten Schmerztherapeuten ist jedoch im städtischen und vor allem im ländlichen Bereich begrenzt.

„Mit SMARTGEM wollen wir die Wirksamkeit einer ortsunabhängigen, effektiven und auch
zeitsparenden Therapieform bei Migräne untersuchen. Für die Patienten erhoffen wir uns
eine deutliche Reduktion der Attacken und des Schmerzmittel-verbrauchs. Unser Ziel
ist es, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und die Chronifizierung der Erkrankung zu verhindern“, sagt Projektleiter Dr. Lars Neeb von der Klinik für
Neurologie am Campus Charité Mitte.
Mithilfe der Smartphone-App können die Patienten ihre Kopfschmerzen dokumentieren,
sodass die Therapie überwacht und gleichzeitig mögliche Auslöser für die Migräneattacken identifiziert werden können. Durch das integrierte Therapiemodul werden sie
bei der Durchführung von Entspannungsverfahren und Ausdauersport unterstützt und in
individuellen verhaltenstherapeutischen Ansätzen geschult. Darüber hinaus können sich
die behandelnden niedergelassenen Ärzte mit den Neurologen der universitären Kopfschmerzzentren telemedizinisch vernetzen und sich zur Behandlung ihrer Patienten beraten. Für die Betroffenen selbst werden ärztlich moderierte Foren und Expertenchats angeboten, um so die Kommunikation mit dem Arzt zu verkürzen.

600 Probanden werden mit der neuen App M-sense versorgt

Die Effektivität der neuen Versorgungsform wird in einer kontrollierten Studie mit
1.200 Patient*innen aus Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt
untersucht. Die Betroffenen müssen an mehr als fünf Tagen im Monat an Migräne leiden
undsich erstmalig in der Kopfschmerzambulanz der Charité, der Universitätsmedizin
Rostock oder des Universitätsklinikums Halle vorstellen. 600 Probanden werden mit der
neuen App M-sense versorgt, die Vergleichsgruppe erhält die App zur reinen Kopfschmerzdokumentation ohne Zugang zu den erweiterten Funktionen. Dr. Neeb zur Zukunft des Projekts: „Im Erfolgsfall hat SMARTGEM Modellcharakter für die bundesweite Versorgung von Migräne-Patienten. Das gilt insbesondere in strukturschwachen Regionen.“

SMARTGEM G-BA

https://innovationsfonds.g-ba.de/projekte/neue-versorgungsformen/smartgem-smartphone-gestuetzte-migraenetherapie.183

Innovationsfonds:

Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz erhielt der Gemeinsame Bundesausschuss den
Auftrag, neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen,
und Versorgungs-forschungsprojekte, die auf einen Erkenntnisgewinn zur Verbesserung
der bestehenden Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgerichtet sind,
zu fördern. Die Bundesregierung hat zu diesem Zweck einen Innovationsfonds aufgelegt.
Übergeordnetes Ziel des Innovationsfonds ist eine qualitative Weiterentwicklung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland. Die zur Verfügung stehende Fördersumme beträgt in den Jahren 2016 bis 2019 jeweils 300 Millionen Euro.
Davon sind 225 Millionen Euro für die Förderung neuer Versorgungsformen und 75
Millionen Euro für die Versorgungsforschung vorgesehen.

Über M-sense:

Die Analysesoftware von M-sense untersucht die Auswirkungen von Umweltfaktoren und individuellem Lebensstil auf Migräne- und Kopfschmerz-Attacken. Wetterdaten werden automatisiert erfasst und Betroffene haben die Möglichkeit, weitere relevante Faktoren, wie z.B. Schlafmuster, Aktivitätslevel und Stressphasen, in der Software zu dokumentieren und deren Einfluss auf Migräne und Kopfschmerz zu verstehen. Ziel der Anwendung ist es, über die Analyse des individuellen Schmerzmusters eine personalisierte Therapie zur Attackenreduktion anzubieten. M-sense bietet dazu klinisch validierte Therapiemethoden in der App an und ermöglicht Betroffenen proaktiv gegen Kopfschmerz vorzugehen. Die App ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz für Android und iOS erhältlich. M-sense gewann 2016 den Eugen Münch-Preis für Netzwerkmedizin. Im Februar 2017 konnte M-sense mit der Barmer GEK und der Deutschen Telekom AG zwei starke Partner gewinnen. Im Rahmen dieser Kooperation wird M-sense künftig als Bestandteil des betrieblichen Gesundheitsmanagements genutzt und um neue Funktionen wie die therapeutische und präventive Begleitung ergänzt werden.

Sicherer Auto fahren

Sicherer Auto fahren ohne Grauen Star:
Geringeres Unfallrisiko nach Linsenoperation

Sicher Auto fahren

© Foto: H. Hinken

München, Juli 2018 – Patienten, die einen Grauen Star operieren lassen, haben ein um 9 Prozent geringeres Risiko, als Autofahrer einen schweren Verkehrsunfall zu verursachen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie, die kürzlich im Fachjournal JAMA Ophthalmology erschien. Die DOG – Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft weist vor diesem Hintergrund darauf hin, dass schlechtes Sehen das Unfallrisiko im Straßenverkehr erhöhen kann. Vor allem ältere Menschen ab dem 60. Lebensjahr sollten ihre Augen deshalb regelmäßig auf Anzeichen eines Grauen Stars untersuchen und, wenn nötig, operieren lassen.

Die Autoren beobachteten über 500 000 Menschen im durchschnittlichen Alter von 76 Jahren über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren bevor und ein Jahr nachdem sie wegen eines Grauen Stars (Katarakt) operiert wurden. Nach dem Eingriff verzeichneten die Studienautoren 9 Prozent weniger Verkehrsunfälle, die durch ihre Patienten verursacht wurden. Die Autoren notierten nur Unfälle, bei denen der Fahrer mit schweren Verletzungen in der Notaufnahme behandelt werden musste. Nach Schätzung der DOG wechseln deutsche Augenärzte mindestens 800 000 Augenlinsen pro Jahr und verhindern dadurch – glaubt man der Studie – rund 200 schwere Verkehrsunfälle. Professor Dr. med. Bernd Lachenmayr von der Verkehrskommission der DOG und des Berufsverbands der Augenärzte erklärt: „Angesichts der hohen Sterblichkeit und der Tatsache, dass Senioren sich meist nicht vollständig von einem Unfall erholen, ist jede Maßnahme, die das Unfallrisiko verringert, ein Schritt in die richtige Richtung.“

Ab dem 60. Lebensjahr kann die menschliche Augenlinse trüb werden. Bei fast 10 Millionen Menschen in Deutschland schreitet die Trübung so weit voran, dass das Sehen dadurch stark eingeschränkt wird. „Besonders im Straßenverkehr, wo es auf gutes Sehvermögen ankommt, kann der Graue Star zu Unfällen führen“, betont Lachenmayr. Dadurch, dass die Trübung oft schleichend verläuft, merken viele Patienten nicht, dass sie schlechter sehen, ergänzt der Münchener Ophthalmologe: „Viele Betroffene sehen noch ausreichend, um einen Fahreignungstest zu bestehen – aber beim Autofahren können auch kleine Einschränkungen schon zu einem Unfall führen.“ Damit sie nicht unentdeckt in dieser Grauzone bleiben, sollten Menschen ab dem 60. Lebensjahr regelmäßig zur Kontrolluntersuchung beim Augenarzt gehen.

Die Katarakt-Operation ist ein Routineeingriff, der fast immer ohne Komplikationen verläuft. Dabei tauscht der Augenarzt die getrübte Linse gegen eine künstliche Linse aus, mit der der Patient wieder scharf sehen kann. Die Kosten dafür trägt die Krankenkasse.

 

Aktionstag „Sonne & Haut“

Kostenlose Hautkrebsuntersuchung an der Universitäts-Hautklinik Freiburg

Aktionstag Sonne und Haut

Plakat zum Aktionstag Sonne und Haut

Die Klinik für Dermatologie und Venerologie (Hautklinik) des Universitätsklinikums Freiburg und das Tumorzentrum Freiburg – CCCF des Universitätsklinikums Freiburg laden gemeinsam ein zum

Aktionstag „Sonne & Haut“ am
Samstag, 7. Juli 2018,
von 8 Uhr bis 12 Uhr
in der Universitäts-Hautklinik,
Hauptstraße 7, Freiburg.

Mitarbeiter des Tumorzentrums Freiburg – CCCF informieren über die gefährliche Hautkrebs-Erkrankung. Sie beantworten Fragen, geben Hinweise zum individuellen Risiko und Tipps, wie man sich schützen kann. Der Leiter des Hauttumorzentrums am Universitätsklinikum Freiburg, Oberarzt Dr. Frank Meiß, hält um 10 Uhr einen Vortrag zum Thema „Hautkrebs“. Die Selbsthilfegruppe Hautkrebs Freiburg (SHG) wird ebenfalls vor Ort sein.

Ärzte der Universitäts-Hautklinik bieten vor Ort einen kostenlosen Hautkrebs-Check an und untersuchen verdächtige Muttermale und Pigmentflecken daraufhin, ob sich aus ihnen Hautkrebs entwickeln kann. Für die kostenlose Hautuntersuchung müssen sich Interessierte am Aktionstag von 8 Uhr bis 12 Uhr anmelden. In der Untersuchung wird gezielt nach den drei Hautkrebserkrankungen Basalzellkarzinom, spinozelluläres Karzinom und malignes Melanom („Schwarzer Hautkrebs“) sowie deren Vorstufen gesucht. Die Cafeteria im benachbarten Zentrum für Psychische Erkrankungen des Universitätsklinikums Freiburg hat von 9 Uhr bis 14 Uhr geöffnet, um etwaig entstehende Wartezeiten bei der Hautuntersuchung angenehm zu gestalten.

Der Besuch des Aktionstags ist kostenfrei.

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Professionelles Rauchfrei-Programm

Kurs zur Raucherentwöhnung im Universitäts-Herzzentrum

„Mit dem Rauchen aufzuhören ist die einfachste Sache der Welt. Ich habe es schon 100 Mal ausprobiert.“ So wie Mark Twain ist es vielen Rauchern ergangen, die es schon einmal geschafft haben, aufzuhören: Die Schwierigkeit liegt darin, nicht wieder anzufangen. Was aber hindert Raucherinnen und Raucher daran, längerfristig mit dem Rauchen aufzuhören? Antworten sind: „Mir fehlt der feste Wille.“ – „Ich warte auf den richtigen Zeitpunkt.“ – „Ich schaffe es einfach nicht.“ – „Es ist schwer, durchzuhalten.“ – „Ich warte noch, dass es Klick im Kopf macht.“

Endlich Nichtraucher mit dem Rauchfrei-Prgramm am UHZ / (c) Universitäts-Herzzentrum/Britt Schilling

Endlich Nichtraucher mit dem Rauchfrei-Prgramm am UHZ / (c) Universitäts-Herzzentrum/Britt Schilling

Eine von den Krankenkassen anerkannte Maßnahme zur Tabakentwöhnung ist das Rauchfrei-Programm der IFT-Gesundheitsförderung und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, BZgA (www.rauchfrei-programm.de).

Im Universitäts-Herzzentrum Standort Bad Krozingen (Südring 15, Bad Krozingen) wird am Dienstag, 31. Juli 2018, um 18 Uhr eine Informationsveranstaltung zu diesem Rauchfrei-Programm angeboten. Der Kompaktkurs zu Raucherentwöhnung findet dann an folgenden Terminen statt: 7. August, 14. August und 21. August 2018, jeweils von 18 Uhr bis 21 Uhr.

Die Kosten von 250 Euro werden bei vollständiger Teilnahme von den gesetzlichen Krankenkassen teilerstattet (75 Euro bis 120 Euro). Individuelle Telefontermine und das Teilnehmerhandbuch des IFT sind in der Kursgebühr enthalten.

Weiterer Kurstermine für 2019 sind in Planung. 2018 sind auf Anfrage noch Einzel-Coachings möglich.

Nähere Informationen und Anmeldung bei:
Eva Nordkämper
Patienten-Informations-Zentrum (PIZ)
Universitäts-Herzzentrum Freiburg • Bad Krozingen
Telefon: 07633 402-5300
piz@universitaets-herzzentrum.de

www.rauchfrei-programm.de

Parodontitis verhindern

Rauchen verursacht 40 Millionen schwere Parodontitisfälle

Berlin, 14.05.2018 Wer Parodontitis verhindern will, sollte nicht rauchen. In einer Studie haben Zahnmediziner der Charité – Universitätsmedizin Berlin, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel die Zahl der Parodontitisfälle weltweit berechnet, die auf Zigaretten zurückzuführen ist. Auffällig dabei sind deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Die Studienergebnisse sind im Journal of Clinical Periodontology* erschienen.

Parodontitis ist eine bakteriell bedingte chronische Entzündung des Zahnbettes und zählt genau wie Karies zu den Volkskrankheiten, da jeder zweite Erwachsene davon betroffen ist. Die Entzündung kann zu irreversiblen Schäden führen und die Betroffenen verlieren ihre Zähne. Eine zentrale Krankheitsursache ist das Rauchen und weltweit werden rund 40 Millionen schwere Parodontitisfälle dadurch verursacht. Zudem wird Parodontitis mit verschiedenen Allgemeinerkrankungen assoziiert.

Die Wissenschaftler um Privatdozent Dr. Falk Schwendicke von der Abteilung für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin der Charité sind der Frage nachgegangen, wie viele Parodontitisfälle bzw. welcher Anteil an Parodontitiserkrankungen weltweit auf das Rauchen zurückgeführt werden können. Dabei haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass insbesondere Männer mittleren Alters Parodontitis aufgrund von Rauchen aufweisen. Zudem gibt es international große Schwankungen hinsichtlich der Häufigkeit: Während in Deutschland rund zehn Prozent der Parodontitisfälle auf Zigaretten zurückzuführen sind, ist dieser Prozentsatz beispielsweise in Spanien, aber auch in vielen Ländern Afrikas, deutlich geringer.

„Rauchen ist ein zentraler Risikofaktor für Parodontitis – und dieser Zusammenhang scheint insbesondere bei jungen Menschen besonders hoch zu sein“, erklärt Privatdozent Dr. Schwendicke. Er fügt hinzu: „Zudem stehen Parodontitis und Rauchen mit zahlreichen anderen Erkrankungen in Verbindung. Das heißt: Nicht zu rauchen und weniger Parodontitis zu haben, ist doppelt sinnvoll, um auch Herzinfarkt oder Schlaganfall vorzubeugen.“

Für die Studie wurden mathematische Modelle verwendet, die die Daten aus einem umfänglichen Pool für insgesamt 186 Länder berechneten. Kooperationspartner waren Dr. Toni Meier von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Kompetenzcluster für Ernährung und kardiovaskuläre Gesundheit (nutriCARD), und Prof. Dr. Christof Dörfer von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie ist.

„Im nächsten Schritt könnten wir uns vorstellen, dass unsere Erkenntnisse für Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen bei Parodontitis eingesetzt werden. Zudem ist es sinnvoll, dass Ärzte und Zahnärzte Rauchen verstärkt als gemeinsamen Risikofaktor für verschiedene Erkrankungen bekämpfen“, gibt Privatdozent Dr. Schwendicke einen Ausblick.

*Schwendicke, F., Dörfer, C.E., Meier, T.: Global smoking-attributable burden of periodontal disease in 186 countries in the year 2015. In: Journal of Clinical Periodontology. Doi: 10.1111/jcpe.12823, 2017.