Archiv der Kategorie: Gesundheit

Kärcher für die Prostata

Premiere in Jena: Erstmals an einer deutschen Universitätsklinik wird vergrößerte Prostata mit Wasserstrahl abgetragen

Jena (UKJ/as). Die Prostata umschließt beim Mann den Harnröhren-abschnitt, der unmittelbar unter der Harnblase liegt. Wenn die Prostata im Alter wächst, kann sie die Harnröhre einengen. Dies verhindert, dass sich die Harnblase vollständig entleeren kann. Experten am Universitäts-klinikum Jena (UKJ) haben nun erstmals Patienten mit einer gutartigen Prostatavergrößerung mit einem Wasserstrahl behandelt. „Für diese neue Methode werden zwei Verfahren miteinander kombiniert“, so Dr. Susan Foller, Leitende Oberärztin der Klinik für Urologie am UKJ: Mit Hilfe eines Ultraschalls ermittelt der Arzt zunächst den Bereich der Prostata, der entfernt werden soll. Außerdem kommt ein Endoskop zum Einsatz, mit dem die Grenzen des Gewebes, das abgetragen werden soll, unabhängig bestätigt werden. An diesem Endoskop befindet sich auch die Wasserstrahldüse. Automatisch trägt der Wasserstrahl dann das zuvor markierte Gewebe ab. „Dieser Eingriff ist sehr präzise und zudem deutlich schneller als bisherige Verfahren“, so Dr. Foller. Nach nur fünf Minuten ist das Gewebe – selbst bei sehr großem Prostatavolumen – entfernt.

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Die Experten der Klinik für Urologie am UKJ haben erstmals mit Hilfe eines Wasserstrahls Prostatagewebe abgetragen. Foto: Klinik für Urologie

„Mit dieser neuen Methode erweitern wir erneut die Palette unserer Behandlungsmöglichkeiten“, so Prof. Marc-Oliver Grimm, Direktor der Klinik für Urologie. Neben der klassischen operativen Entfernung durch die Harnröhre, die seit vielen Jahrzehnten praktiziert wird, und der minimal-invasiven roboterassistierten Entfernung bei großen Drüsen ist am UKJ auch die so genannte Prostata-Arterien-Embolisation möglich. Bei dieser radiologischen Methode werden Mikropartikel über die Leiste in die Prostata-Schlagader eingeführt, um die Blut- und Sauerstoffzufuhr zu unterbrechen. Dadurch bildet sich das Drüsengewebe zurück. Ebenfalls am UKJ etabliert ist eine schonende, minimal-invasive Methode, bei der das Gewebe mit Hilfe eines Grünlicht-Lasers verdampft wird.

Die gutartige Vergrößerung der Prostata gilt als Volkskrankheit. Mindestens 40 Prozent aller Männer über 50 Jahren leide darunter, so Prof. Grimm. Ab einem Alter von 80 Jahren seien es mehr als 80 Prozent. „Der Leidensdruck für die Betroffenen ist oft hoch“, so der Experte. Weil sie häufig Wasser lassen müssen, trauen sich die Männer nicht mehr unterwegs zu sein, wenn sie nicht wissen, wo sich die nächsten Toiletten befinden. Durch den schwächer werdenden Harnstrahl bleibt immer auch etwas Urin in der Blase zurück. Dies kann mit häufigen Blasenentzündungen verbunden sein.

Welches Verfahren für den jeweiligen Patienten am besten geeignet ist, hänge unter anderem von der Art der Beschwerden und der Größe der Prostata ab, so Prof. Grimm. In einer speziell für diese Patienten neu eingerichteten Sprechstunde entscheiden die Experten zusammen mit den Betroffenen, ob die moderne Behandlung mittels Wasserstrahl oder ein anderes minimal-invasives Verfahren in Frage kommt.

Für einen Termin in der Sprechstunde wenden sich Patienten bitte an:
urologie@med.uni-jena.de

Künstlicher Kniegelenkersatz

Die AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V.fordert Nachbesserungen bei der Mindestmengenregelung

Freiburg – Seit dem Jahr 2006 schreibt der Gesetzgeber für den Totalersatz des Kniegelenks eine Mindestmenge von 50 Eingriffen pro Krankenhaus und Jahr vor. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) plant eine Überarbeitung der Mindestmengenregelung. In diesem Zusammenhang fordert die AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. eine Erweiterung dieser Vorgaben auf das gesamte Spektrum der Knieendoprothetik: Über den Standardeingriff hinaus sollten die bislang nicht in dem Katalog enthaltenen anspruchsvollen und mit vielen Komplikationsrisiken behafteten Wechseleingriffe aufgenommen werden. Ebenso fehlen die Teilprothesen des Knies, die sogenannten Schlittenprothesen oder auch unikondylärer Gelenkersatz (UKE). Ihre Implantation setzt ebenfalls umfassende Erfahrung und viel Praxis beim Operateur voraus. Damit nur erfahrene Ärzte operieren, sei es zudem erforderlich, die Eingriffszahl für den jeweiligen Operateur – und nicht nur, wie bislang üblich, für die behandelnde Klinik – festzulegen. So sei sichergestellt, dass der Chirurg im Durchschnitt jede Woche eine Knieprothese implantiert oder wechselt. 

Der Gesetzgeber ist seit Längerem davon überzeugt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Qualität eines Behandlungsergebnisses und der Häufigkeit der erbrachten medizinischen Maßnahme gibt. Deshalb wurden für acht besonders anspruchsvolle und komplexe Eingriffe Mindestmengen eingeführt, so auch für den vollprothetischen Ersatz des Kniegelenks. Hier müssen Krankenhäuser 50 Operationen pro Jahr nachweisen, um die Leistung abrechnen zu können. „Wir begrüßen diese Vorgabe prinzipiell. Sie dient der Qualitätssicherung und damit der Sicherheit unserer Patienten“, so Professor Dr. med. Karl-Dieter Heller, Vize-Präsident der AE. „Für uns ist jedoch nicht nachvollziehbar, warum bei der Mindestmengenregelung bislang weder der Wechseleingriff, die sogenannte Implantatrevision, noch die Schlittenprothese berücksichtigt wurden.“ Beide Eingriffe stellten fachlich höchste Anforderungen an den Operateur. Zudem legen Studien (1) seit vielen Jahren einen Zusammenhang zwischen der Zahl der vom einzelnen Operateur durchgeführten Implantationen und einem guten Ergebnis nahe.

Befindet sich die Arthrose nur an einem Teil des Kniegelenks, der Innen- oder Außenseite, ersetzen die Ärzte in der Regel nur den erkrankten Bereich mit einer sogenannten Schlittenprothese (UKE). Ihr Anteil an allen Kniegelenkprothesen in Deutschland beträgt derzeit etwa zehn Prozent. Eine aktuelle Publikation (2) zeigt ein erhöhtes Versagens- und damit Revisionsrisiko in Kliniken mit weniger als 25 Fällen pro Jahr für diesen schwierigen Eingriff. „Dieser Zusammenhang gilt erst recht für die Implantatrevision – auch wenn dies anhand der Literatur mangels geeigneter Studien bislang nicht belegt werden kann“, sagt Professor Dr. Rudolf Ascherl, Präsident der AE aus Tirschenreuth. 

„In diesem Zusammenhang ergibt es auch Sinn, die Mindestmenge nicht nur auf das Krankenhaus zu beziehen“, so Heller weiter. Denn die derzeitige Regelung weise erhebliche Schwachstellen auf: So sei es beispielsweise denkbar, dass in einer Klinik, die 50 Endoprothesen im Jahr implantiert, zwei Abteilungen bestehen. In jeder Einheit würden 25 Prothesen eingebaut und dies jeweils von fünf Operateuren – mit dem Resultat von somit nur etwa fünf persönlich durchgeführten Operationen pro Arzt. „Solche Auslegungen können und sollen nicht Ziel einer Mindestmengenregelung sein.“

„Ausbildung, Erfahrung und Routine des Operateurs sind entscheidend für gute Ergebnisse in der Chirurgie“, betont Ascherl. Im Zentrum der Aktivitäten der AE stehen deshalb Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen für Ärzte in allen konservativen und operativen Behandlungsverfahren rund um Erkrankungen und Verletzungen der Gelenke. Ausdruck des hohen Qualitätsanspruchs und der Selbstverpflichtung den Patienten gegenüber ist auch das von der Fachgesellschaft mitbegründete EndoCert-Siegel für Kliniken, die künstlichen Gelenkersatz anbieten. Hier sind operateurbezogene Mindestmengenvorgaben für alle knieendoprothetischen Eingriffe längst Standard.

Quellen: 

(1) Lau et al.: The role of surgeon volume on patient outcome in total knee arthroplasty: a systematic review of the literature, BMC Musculoskeletal Disorders2012, 13:250
https://doi.org/10.1186/1471-2474-13-250

(2) Elke Jeschke1, Thorsten Gehrke2, Christian Günster 1, Karl-Dieter Heller 3, Jürgen Malzahn4, Axel Marx5, Fritz-Uwe Niethard6, Peter Schräder 7, Josef Zacher 8, Andreas Matthias Halder 5: Einfluss der Fallzahl pro Klinik auf die 5-Jahres-Überlebensrate des unikondylären Kniegelenkersatzes in Deutschland, Z Orthop Unfall 2018; 156: 62–67
DOI https://doi.org/10.1055/s-0043-116490

www.endocert.de/

Die AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. verfolgt als unabhängiger Verein seit 1996 das Ziel, die Lebensqualität von Patienten mit Gelenkerkrankungen und -verletzungen nachhaltig zu verbessern und deren Mobilität wiederherzustellen. Mit ihren Expertenteams aus führenden Orthopäden und Unfallchirurgen organisiert sie die Fortbildung von Ärzten und OP-Personal, entwickelt Patienteninformation und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs. Die AE ist eine Sektion der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. (DGOU).

In rund zehn Jahren könnte jeder Mensch Zugang zu medizinischer Versorgung haben

Ein Interview zum Weltgesundheitstag mit dem Präsidenten des World Health Summit Prof. Dr. Detlev Ganten

Der diesjährige Weltgesundheitstag am 7. April steht erneut unter dem Motto: „Allgemeine Gesundheitsversorgung“. Über die Hälfte der Weltbevölkerung hat laut Weltgesundheitsorganisation WHO und Weltbank keinen oder kaum Zugang zu medizinischer Versorgung. Bis 2030 soll Gesundheitsversorgung für alle gewährleistet sein – ein ambitioniertes Ziel.

Wie dieses Ziel umgesetzt werden kann, erklärt der Präsident des World Health Summit Prof. Dr. Detlev Ganten:

Warum ist allgemeine Gesundheitsversorgung wichtig?

Detlev Ganten: Allgemeine Gesundheitsversorgung heißt, dass jeder Mensch Gesundheitsdienste in Anspruch nehmen kann, ohne in finanzielle Not zu geraten. Es darf nicht sein, dass Menschen ihre Zukunft und die Zukunft ihrer Familie aufs Spiel setzen, nur weil sie krank werden. Zumal es in manchen Gegenden noch nicht mal ausreichende medizinische Versorgung gibt. Das Ziel ist und muss sein, dass alle Menschen überall Zugang zu bezahlbarer und qualitativ guter Gesundheitsversorgung haben.

Bisher sind viele Millionen Menschen medizinisch nicht oder kaum versorgt – was muss getan werden, um die Situation zu verbessern?

DG: Die Politik muss unbedingt erkennen, dass Gesundheit ein politisches Thema ist, das ganz oben auf die Agenda gehört. Gesundheit ist eines der Grundbedürfnisse der Menschen, ein Menschenrecht – das müssen Politiker erkennen und danach handeln. Gesundheit ist das höchste Gut, nicht nur für den Einzelnen sondern für die ganze Gesellschaft.

Ist das Ziel der Vereinten Nationen, bis 2030 allen Menschen den Zugang zu Gesundheitsversorgung zu ermöglichen, überhaupt realistisch?

DG: Es ist ein ehrgeiziges Ziel, keine Frage, aber innerhalb der nächsten zehn Jahre können wir es schaffen, die Gesundheitsversorgung der Menschen zumindest erheblich zu verbessern. Dazu müssen allerdings die einzelnen Länder in die Verantwortung genommen werden. Sie müssen die entsprechenden Strukturen etablieren und dann auch umsetzen. Diese Strukturen müssen gut funktionieren, auch um Gesundheitskrisen wie Epidemien zu verhindern.

Gibt es denn konkrete Beispiele wo es gut funktioniert?

DG: Ja, in Runda. In dem ostafrikanischen Land sind rund 90 Prozent der Bevölkerung krankenversichert. Die Regierung hat nach dem Genozid das Errichten eines funktionierenden Gesundheitssystems ganz oben auf die Agenda gesetzt. Das zeigt, was möglich ist, wenn der politische Wille da ist.

Prof. Dr. Detlev Ganten ist Präsident des World Health Summit, den er 2009 gegründet hat. Das Ziel: Die Verbesserung der Weltgesundheit. Ganten ist Facharzt für Pharmakologie und Molekulare Medizin und zudem einer der weltweit führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Er war Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, Mitglied im Nationalen Ethikrat und Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin.


Der World Health Summit findet vom 27. -29. Oktober 2019 in Berlin statt (Kosmos, Karl- Marx-Allee 131a). Er steht unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem Präsidenten der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker und gilt mit rund 2.500 Teilnehmern aus 100 Ländern als das wichtigste strategische Forum für weltweite Gesundheitsfragen. Zentrale Themen beim WHS 2019 sind unter anderem allgemeine Gesundheitsversorgung, digitale Gesundheit und Klimapolitik.

Zucker macht dumm und andere Ernährungsmythen

Neues Buch der Stiftung Warentest klärt auf

Zucker wird vieles vorgeworfen, aber dumm macht er nicht. Er kann sogar kurzzeitig die Aufmerksamkeit erhöhen, wenn der Blutzuckerspiegel zu niedrig ist. Solche und andere wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse finden sich in einem
neuen Buch der Stiftung Warentest

Zucker wird vieles vorgeworfen, aber dumm macht er nicht. Er kann sogar kurzzeitig die Aufmerksamkeit erhöhen, wenn der Blutzuckerspiegel zu niedrig ist. Solche und andere wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse finden sich in einem neuen Buch der Stiftung Warentest, das fast 70 weit verbreitete und gern geglaubte Mythen aus dem Ernährungskosmos aufgreift – und größtenteils entzaubert. Vitamin C hilft nicht bei Erkältung, Champignons essen oder schwarzer Tee nicht beim Abnehmen, und dass Depressionen im Darm entstehen, wurde nie bewiesen.

Essen war für die Menschheit immer schon ein großes Thema. Ging es in der Urzeit darum, überhaupt etwas in den Magen zu kriegen, ist Ernährung längst ein Merkmal, um sich von anderen abzugrenzen. Viel Halbwissen macht die Runde. Die Wissenschaftlerin Dr. Marleen Finoulst, die in Belgien am Zentrum für evidenzbasierte Medizin arbeitet (CEBAM), hat sich zusammen mit ihren Kollegen zahlreiche medienwirksame Studien herausgegriffen und ausgewertet, was tatsächlich dahintersteckt. Denn oft werden Studienergebnisse falsch wiedergegeben.

„Das Buch soll helfen, Ernährungsmythen zu entlarven und zu verstehen, was wirklich hinter den ganzen Schlagzeilen steckt“, so Lisa Frischemeier von der Stiftung Warentest. Viele Antworten aus dem Buch – etwa, dass Schokolade nicht nachweislich gegen Herzrasen hilft, dass Kaffeetrinker nicht länger leben oder dass Kurkuma nichts gegen Arthrose ausrichten kann, machen vielleicht keinen Spaß – aber schlau und vor allem aufmerksam. Dieses Buch hilft, auch zukünftige Meldungen kritisch zu hinterfragen und nicht alles zu glauben, was einem aufgetischt wird.

Zucker macht dumm und andere Ernährungsmythen hat 224 Seiten, kostet 14,90 Euro und ist ab dem 19. März erhältlich, online unter www.test.de/ernaehrungsmythen. Ebenfalls bei der Stiftung Warentest erschien im Oktober das Buch Schokolade macht schlau und andere Medizinmythen www.test.de/medizinmythen (224 Seiten, 14,90 Euro).

Der Beruf und nicht das Alter ist entscheidend

Krankheitsbedingte Fehlzeiten hängen stark vom Beruf ab

Berlin. Wie lange Beschäftigte krankheitsbedingt fehlen, ist eng verknüpft mit der beruflichen Tätigkeit. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Insti-tuts der AOK (WIdO) mit den AOK-Arbeitsunfähigkeitsdaten. So fehlten Arbeitneh-mer in den Berufen mit den höchsten Krankenständen im Jahr 2018 durchschnittlich 26,3 Tage. In den Berufen mit den niedrigsten Krankenständen waren es nur halb so viele, im Schnitt 12,8 Tage. Die geringsten Ausfallzeiten hatten mit 4,6 Tagen Beschäf-tigte in den Berufen der Hochschullehre und -forschung, die höchsten Werte hatten Beschäftigte in der Ver- und Entsorgung mit 32,5 Tagen. „Jeder Beruf beinhaltet ein spezifisches gesundheitliches Risikoprofil. Präventionsangebote im Betrieb müssen daher immer auf die jeweilige Berufsgruppe angepasst werden“, so Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO.

Die Analyse des WIdO zeigt, wie stark der ausgeübte Beruf sowohl den Umfang krankheitsbedingter Fehlzeiten als auch die Art der Erkrankung beeinflusst. Den Spitzenplatz bei den Krankheitstagen nahmen 2018 Berufsgrup-pen aus den Bereichen Ver- und Entsorgung mit 32,5 Fehltagen pro Jahr ein, gefolgt von den Straßen- und Tun-nelwärtern mit 31,4 Fehltagen und den Berufen in der industriellen Gießerei mit 30 Fehltagen. Diese Berufsgrup-pen haben hohe körperliche Arbeitsbelastungen (Abbildung 1). Die niedrigsten Fehlzeiten hingegen hatten im gleichen Jahr Berufe in der Hochschullehre und -forschung mit lediglich 4,6 Fehltagen, gefolgt von den Berufen in der Softwareentwicklung mit 7,7 Fehltagen.
Vergleicht man alle erwerbstätigen AOK-Mitglieder miteinander, so zeigt sich, dass die 20 Prozent der AOK-ver-sicherten Beschäftigten in den Berufen mit den höchsten Fehlzeiten an durchschnittlich 26,3 Tagen krankheits-bedingt nicht arbeiten konnten, bei den 20 Prozent mit den geringsten Fehlzeiten waren es weniger als die Hälfte – und zwar nur 12,8 Tage (Abbildung 2). Ein deutlicher Unterschied zwischen diesen extremen Quintilen, die jeweils 2,5 Millionen AOK-Mitglieder in den betroffenen Berufen umfassen, bleibt auch erhalten, wenn die Al-tersunterschiede bei den beiden extremen Quintilen statistisch ausgeglichen werden. Bei den Berufsgruppen mit den meisten krankheitsbedingten Fehlzeiten bleiben es dann immer noch 25,5 Fehltage, bei den mit den wenigs-ten sind es nur 13,6 Fehltage. Dies macht deutlich, dass die Art der beruflichen Tätigkeit die Fehlzeiten stärker als das Alter beeinflusst. „In Zeiten des Fachkräftemangels unterstützen bereits heute viele Unternehmen ihre Beschäftigten dabei, möglichst lange gesund im Betrieb zu bleiben. Hierzu sind auch altersgerechte Arbeitsbe-dingungen notwendig, die insbesondere den spezifischen Bedürfnissen älterer Beschäftigter Rechnung tragen“, so Schröder.
Wie sehr die berufsspezifischen Anforderungen die Art der Erkrankung beeinflussen, zeigt sich unter anderem beim Vergleich der Muskel-Skelett-Erkrankungen. Diese treten bei Berufen mit körperlich belastenden Tätigkei-ten besonders häufig auf. So wiesen Beschäftigte in den Berufen der Ver- und Entsorgung im Jahr 2018 durch-schnittlich 11,6 Fehltage und Straßen- und Tunnelwärter durchschnittlich 11,4 Fehltage aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen auf. Über alle Berufe hinweg sind es bei den AOK-Mitgliedern hingegen nur 5,8 Fehltage (Abbildung 3).
Überdurchschnittlich viele Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen finden sich dagegen eher in den dienstleistungsorientierten Berufen: Auffällig sind hier insbesondere die Berufe im Dialogmarketing, zu denen Beschäftigte im Callcenter gehören. Jeder Beschäftigte in diesem Beruf fehlt durchschnittlich 7,1 Tage aufgrund einer psychischen Erkrankung. Auch Berufe in der Haus- und Familienpflege und in der Altenpflege sind hohen psychischen Belastungen ausgesetzt. Hier fehlte jeder Beschäftigte im Schnitt 6,3 bzw. 6,0 Tage aufgrund einer psychischen Erkrankung. Der Durchschnitt über alle Berufe lag bei 3,0 Fehltagen.

Berufsgruppen mit hohen und niedrigen Fehlzeiten

Abbildung 1: Zehn Berufsgruppen mit den höchsten und niedrigsten Fehlzeiten je AOK-Mitglied im Jahr 2018; berücksichtigt wurden alle Berufe, deren Anzahl mindestens 0,1 % der AOK-Mitglieder aufweisen

Erkältungswelle lässt Krankenstand steigen

Insgesamt ist der Krankenstand im Jahr 2018 um 0,2 Prozentpunkte auf 5,5 Prozent angestiegen. Damit hat jeder AOK-versicherte Beschäftigte im Durchschnitt 19,9 Tage aufgrund einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbeschei-nigung im Betrieb gefehlt (2017: 19,4 Tage). Nachdem bereits 2017 eine Erkältungswelle zu beobachten war, hat die erneute Erkältungswelle Anfang des Jahres 2018 zu weiter steigenden Fehlzeiten geführt (Abbildung 5). Die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von akuten Infektionen der oberen Atemwege – hierunter fallen die Erkältungskrankheiten – stieg dabei um 10,5 Prozent (0,2 Tage) im Vergleich zum Vorjahr an Arbeitnehmer, die viel Kontakt mit anderen Menschen haben, beispielsweise in einem Großraumbüro oder in sozialen Berufen, sind besonders gefährdet. Sie waren 2018 auffallend oft von akuten Erkältungskrankheiten betroffen (Abbildung 7). Callcenter-Mitarbeiter im Dialogmarketing belegen mit 4,8 erkältungsbedingten Fehlta-gen den Spitzenplatz, gefolgt von den Beschäftigten in der Kinderbetreuung und -erziehung (3,6 Fehltage).
Auch psychische Erkrankungen haben die Fehltage 2018 weiter ansteigen lassen. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der Fehltage um 2,7 Prozent (0,1 Tage) (Abbildung 6). Mit 26,3 Tagen je Fall dauerten psychische Er-krankungen außerdem mehr als doppelt so lange wie der Durchschnitt mit 11,8 Tagen je Fall.
Der Analyse des WIdO liegen die Daten von knapp 14 Millionen AOK-versicherten Arbeitnehmern zugrunde, die 2018 in mehr als 1,6 Millionen Betrieben tätig waren.

Durchschnittlich mehr als doppelt so hohe Fehlzeiten bei Beschäftigten in Berufs-gruppen mit den meisten krankheitsbedingten Fehltagen

Durchschnittliche Arbeitsunfähigkeitstage je AOK-Mitglied nach Quintilen: Darstellung der je-weils 20 Prozent der Beschäftigten in Berufen mit den höchsten und niedrigsten Krankenständen 2018; be-rücksichtigt wurden alle Berufe, deren Anzahl mindestens 0,1 % der AOK-Mitglieder aufweisen

Dienstleistungsorientierte Berufe führen vermehrt zu psychischen Erkrankungen

Psychische Erkrankungen nach Berufen 2018; berücksichtigt wurden alle Berufe, deren Anzahl mindestens 0,1 % der AOK-Mitglieder aufweisen

Krankenstand gestiegen

Entwicklung des Krankenstandes und der Arbeitsunfähigkeitstage pro Mitglied, AOK-Mitglieder 2008 bis 2018

Den Blutdruck zu senken ist gesund! Oder?

Neue Erkenntnisse zum Blutdruck im Alter

Berlin, 07.03.2019 Bislang haben Mediziner angenommen, dass es für ältere Menschen gesünder ist, wenn ihr Blutdruck auf unter 140/90 mmHg eingestellt wird. Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben jetzt festgestellt, dass diese Annahme nicht für alle Bluthochdruckpatienten gilt. Im Gegenteil: Bei Menschen, die älter als 80 Jahre sind oder die bereits einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt hatten, steigt das Sterberisiko sogar. Veröffentlicht wurde die Studie jetzt im European Heart Journal*.

Etwa 70 bis 80 Prozent der über 70-Jährigen haben einen erhöhten Blutdruck, der langfristig lebensbedrohliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall nach sich ziehen kann. Bei der Entscheidung, ob und wie Ärztinnen und Ärzte Menschen mit Bluthochdruck behandeln, richten sie sich nach den Empfehlungen der Fachgesellschaften. Laut den europäischen Leitlinien soll der Blutdruck bei über 65-Jährigen auf unter 140/90 mmHg eingestellt werden, um sie vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu schützen. Diese Zielwerte gelten auch für über 80-Jährige, bei ihnen sind jedoch verstärkt individuelle Faktoren wie Begleiterkrankungen zu berücksichtigen. Die US-amerikanischen Fachgesellschaften empfehlen für alle Bluthochdruckpatienten, die älter sind als 65 Jahre, sogar eine Einstellung des Blutdrucks auf unter 130/80 mmHg. Welche Zielwerte nun tatsächlich für die Behandlung älterer Menschen mit Bluthochdruck die besten sind, ist Gegenstand einer aktuellen wissenschaftlichen Debatte. 

In einer Beobachtungsstudie konnten Forschende der Charité jetzt zeigen, dass die medikamentöse Senkung des Blutdrucks auf unter 140/90 mmHg – und insbesondere auf unter 130/90 mmHg – nicht grundsätzlich eine schützende Wirkung hat. Grundlage der Analyse sind epidemiologische Daten von mehr als 1.600 Frauen und Männern, die zu Beginn der Studie im Jahr 2009 mindestens 70 Jahre alt waren und unter blutdrucksenkender Behandlung standen. Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler feststellten, hatten bei den über 80-Jährigen diejenigen, deren Blutdruck bei unter 140/90 mmHg lag, ein um 40 Prozent höheres Sterberisiko als diejenigen, deren Blutdruck mehr als 140/90 mmHg betrug. Eine ähnliche Beobachtung machte die Forschungsgruppe bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Studie, die in der Vergangenheit einen Schlaganfall oder Herzinfarkt erlitten hatten: Bei denjenigen, deren Blutdruck bei unter 140/90 mmHg lag, stieg das Sterberisiko sogar um 61 Prozent im Vergleich zu denjenigen, deren Blutdruck trotz der medikamentösen Behandlung oberhalb dieses Grenzwertes blieb. „Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass die Behandlung eines erhöhten Blutdrucks bei diesen Patientengruppen individuell angepasst werden sollte“, erklärt Dr. Antonios Douros vom Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Charité. Der Erstautor der Studie betont: „Wir sollten davon abkommen, die Empfehlungen der Fachgesellschaften pauschal bei allen Patientengruppen anzuwenden.“ 

Erfasst wurden die epidemiologischen Daten im Rahmen der „Berliner Initiative Studie“, die von Prof. Dr. Elke Schäffner, Stellvertretende Direktorin des Instituts für Public Health der Charité, geleitet wird. Ihr Team befragte die Studienteilnehmer alle zwei Jahre zu ihren Erkrankungen und Medikamenten, maß Blutdruck und Nierenfunktion und analysierte Blut und Urin. Nach sechs Jahren untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit statistischen Methoden, inwiefern der zu Beginn gemessene Blutdruck mit dem Tod in Zusammenhang stand. Dabei wurden auch Einflussfaktoren wie Geschlecht, Body-Mass-Index, Raucherstatus, Alkoholkonsum, Diabetes und die Anzahl der blutdrucksenkenden Mittel berücksichtigt. „Als nächstes wollen wir untersuchen, welche Patientengruppen von einer Blutdrucksenkung tatsächlich profitieren“, erklärt Prof. Schäffner.

*Douros A et al., Control of blood pressure and risk of mortality in a cohort of older adults: the Berlin Initiative Study. Eur Heart J. 2019 Feb 25. doi: 10.1093/eurheartj/ehz071.

Berliner Initiative Studie
In der Berliner Initiative Studie (BIS) wird seit 2009 die Entwicklung der Nierenfunktion von rund 2.000 älteren Patientinnen und Patienten beobachtet. Ziel ist es, die medizinische Situation und Versorgung von über 70-Jährigen mit chronischer Niereninsuffizienz zu verbessern. Die BIS ist am Institut für Public Health der Charité angegliedert und wird von Prof. Dr. Elke Schäffner geleitet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie sind bei der AOK Nordost versichert. An der Durchführung der Studie sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Medizinischen Klinik für Nephrologie an den Charité-Standorten Campus Virchow-Klinikum und Campus Benjamin Franklin, des Vivantes Klinikums im Friedrichshain und des Instituts für Klinische Epidemiologie und angewandte Biometrie des Universitätsklinikums Tübingen beteiligt. 

Das sind die häufigsten Gründe für Krankmeldungen

https://de.statista.com

Seit 2006 ist die Zahl der Fehltage deutscher Arbeitnehmer aufgrund psychischer Erkrankungen erstmals gesunken. Das geht aus der aktuellen Krankenstands-Analyse der DAK hervor. Trotzdem rangieren Erkrankungen der Psyche mit 15,2 Prozent noch immer auf Rang drei der häufigsten Erkrankungen. Am häufigsten trat dabei die Diagnose Depressionen auf.

Psychische Erkrankungen: Rückgang bei Ausfalltagen

DAK-Gesundheit legt Analyse der Fehltage für 2018 vor: Krankenstand steigt insgesamt leicht an

Erstmals seit 2006 sind die Fehltage im Job wegen psychischer Erkrankungen leicht zurückgegangen: 2018 gab es 236 Fehltage je 100 Beschäftigte. Das sind 5,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Trotz dieses Rückgangs rangieren Seelenleiden auf Platz drei beim Anteil am Gesamtkrankenstand des vergangenen Jahres. Das zeigt die Krankenstands-Analyse der DAK-Gesundheit für das Jahr 2018. Die meisten Fehltage entfielen auf Muskel-Skelett-Erkrankungen wie beispielsweise Rückenschmerzen, gefolgt von Atemwegs- erkrankungen. Insgesamt meldeten sich Deutschlands Arbeitnehmer im vergangenen Jahr etwas häufiger krank als im Jahr zuvor: Der Gesamtkrankenstand stieg von 4,1 Prozent auf 4,2 Prozent. Hauptgrund für die vermehrten Krankmeldungen war die starke Grippewelle zu Beginn des Jahres.

Psychische Erkrankungen hatten 2018 einen Anteil von 15,2 Prozent am Gesamtkrankenstand. Die durchschnittliche Falldauer betrug 33,7 Tage. Unter den psychischen Erkrankungen entfielen die meisten Fehltage auf Depressionen mit rund 93 Tagen je 100 Versicherte – ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent. Aufgrund von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen gab es 2018 rund 51 Fehltage je 100 Versicherte. Hier gab es einen leichten Anstieg um vier Prozent.

Beim Blick auf die Geschlechter wird deutlich: Bei Frauen verursachten psychische Erkrankungen 63 Prozent mehr Fehltage als bei Männern (298 zu 183 Ausfalltage je 100 Versicherte).

Gesamtkrankenstand: die Meisten fehlten wegen Rücken & Co.

Insgesamt ließen sich mehr als die Hälfte der Fehltage 2018 auf drei Krankheitsarten zurückführen: An erster Stelle standen Rückenleiden und andere Muskel-Skelett-Erkrankungen. Etwa jeder fünfte Fehltag wurde damit begründet (20,9 Prozent). Danach folgten Atemwegserkrankungen mit 16 Prozent am Gesamtkrankenstand und psychische Erkrankungen (15,2 Prozent). Insgesamt dauerte eine Krankschreibung 2018 im Schnitt 12,6 Tage – das sind 0,2 Tage weniger als im Vorjahr. Und: Mehr als jeder zweite Arbeitnehmer war gar nicht krankgeschrieben (51,4 Prozent). Für die aktuelle

Krankenstands-Analyse hat das Berliner IGES Institut die Daten von rund 2,5 Millionen erwerbstätig Versicherten der DAK-Gesundheit für das Jahr 2018 ausgewertet.

Vergleich: Die wichtigsten Diagnosen beim Krankenstand in den Jahren 2018 und 2017

2018

1. Muskel-Skelett-System (20,9 Prozent)
2. Atmungssystem (16,0 Prozent)
3. Psychische Erkrankungen (15,2 Prozent)
4. Verletzungen und Vergiftungen (12,3 Prozent)
5. Verdauungssystem (5,0 Prozent)
6. Unspezifische Symptome (4,8 Prozent)
7. Infektionen (4,7 Prozent)
8. Nervensystem, Augen, Ohren (4,6 Prozent)
9. Kreislaufsystem (4,2 Prozent)
10. Neubildungen (3,9 Prozent)

2017

1. Muskel-Skelett-System (21,8 Prozent)
2. Psychische Erkrankungen (16,7 Prozent)
3. Atmungssystem (15,4 Prozent)
4. Verletzungen und Vergiftungen (11,9 Prozent)
5. Verdauungssystem (5,0 Prozent)
6. Infektionen (4,7 Prozent)
7. Nervensystem, Augen, Ohren (4,5 Prozent)
8. Neubildungen (4,4 Prozent)
9. Kreislaufsystem (4,1 Prozent)
10. Unspezifische Symptome (4,1 Prozent)

Gibt es wirklich einen Zusammenhang zwischen Bluthochdruck und „ungesunden“ Einkaufszentren?

Bluthochdruck 72 % wahrscheinlicher in „ungesunden“ als „gesunden“ Einkaufszentren

Dies ist eine Pressemitteilung!  Wer einmal in Großbritannien gelebt hat, weiß, dass das Essverhalten dort allgemein nicht so gesundbewusst ist. Wir fanden, dass diese Mitteilung eine Anregung zum Nachdenken über unser generelles Verhalten (Essen und Einkauf) sein kann. 

Eine neue Studie mit Pop-Up-Gesundheitscheckstationen fand einen möglichen Zusammenhang zwischen „ungesunden“ Einkaufszentren und der Anzahl der Fälle von vermutetem oder diagnostiziertem Bluthochdruck bei Menschen, die sich freiwillig an Kontrollen beteiligten.

Forscher der City, University of London installierten in sieben Einkaufszentren in ganz England die eintägigen Pop-Up-Gesundheitskontrollstationen und luden Passanten dazu ein, sich auf Anzeichen der Augenkrankheit (Glaukom) untersuchen zu lassen. Die Tests wurden von der Optometrikerin Laura Edwards geleitet.

Blutdruckmessungen wurden auch angeboten, um potenzielle Freiwillige für eine umfassendere und vertraute Gesundheitsuntersuchung zu gewinnen.

Bekannterweise kann anhaltender Bluthochdruck (Hypertonie) das Risiko für eine Reihe schwerer und potenziell lebensbedrohlicher Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen.

Das Forschungsteam stufte die Einzelhandelsgeschäfte in Einkaufszentren als „ungesund“ ein, wenn es sich entweder um einen Fast-Food-Imbiss, einen Bookmaker, einen Sonnenstudio oder ein Zahltag-Darlehensgeschäft handelte, in Übereinstimmung mit einem Bericht der Royal Society of Public Health (RSPH), der die britischen Stadteinkaufszentren nach ihren „ungesunden“ und „gesunden“ Einzelhandelsgeschäften bewertet.

Laut diesem Bericht bieten „gesunde Geschäfte“ zahlreiche Möglichkeiten zur Gesundheitsoptimierung wie saubere Luft, Sicherheit, Lärmreduzierung, transparente Beschilderung und leichten Zugang, aber auch Gesundheitsfürsorge und Entspannung in vor Ort, zum Beispiel Gesundheitschecks und erschwingliche Bio-Produkte. Diese Geschäfte fördern aktiv gesunde Entscheidungen wie Raucherentwöhnung. Schließlich verfügen sie auch über Freizeitzentren, Grünflächen sowie andere inklusive und integrative Gemeinschaftsräume, die Gelegenheiten bieten, Freunde zu treffen, Kontakte zu knüpfen und Ausgrenzung zu verhindern.

Die Forscher errechneten auch eine Grundpunktzahl der „Ungesundheit“ jedes Einkaufszentrums, d.h. den Anteil der am Testtag eröffneten „ungesunden“ Einzelhandelsgeschäfte im Verhältnis zur Gesamtzahl der im Einkaufszentrum eröffneten Einzelhandelsgeschäfte.

Die Pop-Up-Gesundheitscheckstationen wurden in vier Einkaufszentren aus den Top 10 der „ungesündesten“ Einkaufszentren aus dem RSPH-Ranking und drei aus den Top 15 der „gesündesten“ Einkaufszentren aus dem Ranking eingerichtet.

Bei der Analyse fanden die Forscher einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der erwachsenen Probanden, bei denen ein erhöhter Blutdruck vermutet oder diagnostiziert wurde (wiederholte Blutdruckmessungen bei oder über 140/90 mmHg) und dem für jedes Einkaufszentrum entwickelten „Ungesundheitswert“, der ein statistisch signifikantes Ergebnis war.

Sie stellten auch fest, dass in den drei „gesunden“ Einkaufszentren, die im RSPH-Berichtsranking (Bristol, Cambridge und Nottingham) ausgewertet wurden, 20 von 152 Erwachsenen (13,1%) bei Wiederholungsuntersuchungen Bluthochdruckwerte hatten.

In den vier untersuchten „ungesunden“ Einkaufszentren (Coventry, Preston, Northampton, Stoke-on-Trent) hatten 45 von 199 Erwachsenen (22,6%) Bluthochdruckwerte.

Der Unterschied im Anteil der Messwerte von Bluthochdruck in „gesunden“ gegenüber „ungesunden“ Einkaufszentren war ebenfalls ein statistisch signifikantes Ergebnis, was zu einer um 72 Prozent erhöhten Wahrscheinlichkeit führte, dass in einem „ungesunden“ Einkaufszentrum im Vergleich zu einem „gesunden“ Einkaufszentrum ein Verdacht auf Bluthochdruck besteht.

Die Studie hat ihre Grenzen, einschließlich der Bewertungen von Pop-Up-Gesundheitskontrollstationen, die keine definitive Diagnose eines hohen Blutdrucks bieten können. 

Die Ergebnisse können auf Strategien für gezielte Diagnostik und Screening des Blutdrucks in Einkaufszentren hinweisen, die Gegenstand weiterer Untersuchungen sein könnten, möglicherweise im Zusammenhang mit dem Abbau gesundheitlicher Ungleichheiten.

Die Studie ist in der Zeitschrift BMC Public Health veröffentlicht.

David Crabb, Professor für Statistik und Sehforschung an der City, University of London und Leiter des Forschungsteams, erklärte:

Weniger als die Hälfte der Erwachsenen im Alter von 40-74 Jahren, denen der kostenlose NHS-Gesundheitscheck angeboten wurde, nahm ihn in Anspruch. Die British Heart Foundation hat kürzlich auch das Gesundheitspersonal des NHS aufgefordert, Blutdruckkontrollen in Fitnessstudios, Friseursalons und Fußballstadien durchzuführen und Blutdruckkontrollen am Arbeitsplatz anzubieten. Wir wissen, dass weitere effektivere Methoden zum Screening von Menschen auf Bluthochdruck erforderlich sind, und diese Studie bietet einen Einblick in einige Möglichkeiten, die ergriffen werden können.

In unserer Studie war über die Hälfte der Befragten, die einen Bluthochdruck hatten, sich der Erkrankung bewusst oder berichtete von Bluthochdruck in der Vergangenheit. Es kann sein, dass Unterschiede zwischen „ungesunden“ und „gesunden“ Einkaufszentren auf Unterschiede bei der Erkennung von Bluthochdruck, der Behandlung von Bluthochdruck oder einer Kombination aus beiden zurückzuführen sind.  Beide haben eine erhebliche Bedeutung für die öffentliche Gesundheit, und ihr Zusammenhang mit dem sozioökonomischen Status sollte weiter untersucht werden.“

Shirley Cramer CBE, Geschäftsführerin der Royal Society for Public Health, kommentierte:

Unsere Forschung hat gezeigt, wie sich ungesunde Unternehmen in Bereichen konzentrieren, in denen die Lebenserwartung bereits niedriger ist. Die Aufdeckung und Beseitigung der gesundheitlichen Ungleichheiten ist eine Priorität des öffentlichen Gesundheitswesens“.

Künstliche Intelligenz in Medizin und Neurowissenschaft

Vortrag am 28.01.2019 zu den Chancen und Herausforderungen der Technologie

Andreas Meyer‐Lindenberg. Foto: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim

Künstliche Intelligenz (KI) und die Methoden des maschinellen Lernens haben in den letzten Jahren dramatische Fortschritte gemacht. Auf Einladung des Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) wird Prof. Dr. Andreas Meyer‐Lindenberg, Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim, am 28. Januar 2019 über die Anwendung von KI in der Psychiatrie sprechen. In seinem Vortrag wird er die methodischen Entwicklungen von KI in den Bereichen Medizin und Neurowissenschaft darstellen, Anwendungsfelder in der Psychiatrie aufzeigen und auf Risiken der Technologie hinweisen. Im Anschluss besteht die Möglichkeit zur Diskussion mit dem Experten.

Süßigkeiten soweit das Auge reicht

Es gibt viel Kritik am Ernährungsreport 2019

foodwatch zum „Ernährungsreport 2019“ von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner

Süßigkeiten werden gerne als Belohnung gegeben, das setzt falsche Anreise.
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Berlin, 10. Januar 2019. Zu dem gestern von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner vorgestellten „Ernährungsreport 2019“ erklärt Martin Rücker, Geschäftsführer der Verbraucherorganisation foodwatch: 

„Wir sollten die Arbeit des Ernährungsministeriums nicht an der Qualität seiner PR-Aktivitäten messen, sondern an seinem verbraucherschutzpolitischen Handeln. Die Menschen erwarten wirksame Maßnahmen für eine bessere Tierhaltung oder zur Förderung eines gesunden Lebensmittelangebots, aber gewiss keine Scheinpolitik. Frau Klöckner offenbart ein fragwürdiges Verständnis von ihrem Amt als Bundesernährungsministerin. Sie verteidigt wirtschaftliche Interessen gegen Anliegen des Verbraucherschutzes, wenn sie allein auf freiwillige Maßnahmen setzt. Ein freiwilliges Tierwohl-Label wird am katastrophalen Gesundheitszustand zahlreicher Nutztiere kaum etwas ändern. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Lebensmittelindustrie, den Zucker zu reduzieren, ist zum Scheitern verurteilt. 

Süße Getränke
Süße Getränke sind sehr beliebt
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Wir brauchen eine verständliche Lebensmittelampel für Zucker, Fett & Co., ein Verbot für die Vermarktung ungesunder Lebensmittel an Kinder und eine ‚Limo-Steuer‘, damit Hersteller einen Anreiz haben, weniger Zucker in ihre Getränke zu mischen. Bereits vergangenes Jahr haben mehr als 2.000 Ärztinnen und Ärzte in Deutschland Frau Klöckner zum Handeln aufgefordert – aber die Ministerin stellt sich taub. Andere Länder machen längst Ernst im Kampf gegen Fettleibigkeit und führen Ampelkennzeichnungen ein, beschränken die Werbung an Kinder oder besteuern überzuckerte Limonaden. Deutschland hinkt im Kampf gegen Fehlernährung und die massiven Folgeerkrankungen der internationalen Entwicklung meilenweit hinterher – und Frau Klöckner trägt dafür Verantwortung. Es reicht eben nicht, die Hersteller freundlich zu bitten, etwas weniger Zucker in ihre Produkte zu kippen – denn das sind nun einmal die Produkte, die sich am profitabelsten verkaufen lassen.“

„Hauptsache, es schmeckt. Das ist 99 Prozent der Deutschen beim Essen wichtig“, meldet die Ärztezeitung: http://bit.ly/2sfHEjc

Alkohol und Zucker
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Hintergrund:

Der „Ernährungsreport“ ist eine jährliche repräsentative Umfrage des Bundesernährungsministeriums unter 1.000 Verbraucherinnen und Verbrauchern über Ess- und Einkaufsgewohnheiten – abrufbar unter: t1p.de/xwon
Vergangenes Jahr forderten 2.000 Ärztinnen und Ärzten, Krankenkassen und Fachgesellschaften die Bundesregierung zum Handeln auf – siehe: t1p.de/c85o

Deutsche Diabetes Gesellschaft zum Ernährungsreport 2019:

Ministerin Klöckner stellt sich gegen die Verbraucher 

Berlin – Zum Ernährungsreport 2019 des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erklärt Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft DDG: 

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„Der Report enthält eine klare Handlungsaufforderung an die Ernährungsministerin: 91 Prozent der Befragten wollen, dass Lebensmittel gesund sind. Doch zurzeit ist in Deutschland das Gegenteil Realität: Viele Fertiglebensmittel sind zu süß, zu fett, zu salzig. Daran wird auch die Nationale Reduktionsstrategie von Frau Klöckner nicht viel ändern, denn die darin bisher vereinbarten Ziele sind viel zu gering – und sie sind nur freiwillig. Damit ignoriert Frau Klöckner ganz klar den Befund, dass 84 Prozent der Befragten den Zuckeranteil in Fertiggerichten reduzieren möchten. 

An mehreren anderen Stellen erscheint die Interpretation des Ministeriums deutlich zu positiv. So sollte der Befund, dass fast 30 Prozent der Bevölkerung nicht täglich Obst und Gemüse essen, eigentlich ein Weckruf für eine Ernährungsministerin sein. Frau Klöckner sieht darin offenbar kein Problem. Dabei fordern Wissenschaftler schon länger, die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse abzuschaffen und im Gegenzug ungesunde Lebensmittel stärker zu besteuern. 

Viele kritische Punkte fragt der Bericht auch gar nicht ab, etwa die Frage, ob die Verbraucher die derzeitige Lebensmittelkennzeichnung verstehen.“