Schlagwort-Archive: Patienten

Arzt-Patienten-Beziehung wird durch Transparenz gestärkt

Wenn Patienten vollen Zugang zu ihren medizinischen Daten erhalten, verbessert sich Arzt-Patienten-Beziehung

Erhöhte Transparenz in der medizinischen Versorgung stärkt zudem Mitarbeit, Verständnis und Selbstfürsorge der Behandelten

Prof. Dr. Tobias Esch

Prof. Dr. Tobias Esch

Wenn Patienten vollen Zugriff auf ihre medizinischen Befunde und die Notizen des Arztes zu ihrer Erkrankung erhalten, verbessert dies die Arzt-Patienten-Beziehung erheblich. Dies hat eine Gruppe von Forschern der Universität Witten/Herdecke (UW/H) und der Harvard University (Boston, USA) herausgefunden. Zudem stärkt die erhöhte Transparenz in der Behandlung die Mitarbeit und das Selbstmanagement der Patienten, verbessert das Verständnis der medizinischen Probleme und unterstützt die Selbstfürsorge.

„Nach Studienlage versteht etwa die Hälfte der Patienten, die zum Arzt gehen, nicht genau, was gerade besprochen wurde“, erläutert der Studienleiter Prof. Dr. Tobias Esch. Der 45-Jährige hat an der Harvard Medical School zum Thema Arzt-Patienten-Beziehung geforscht und ist nun Professor für Integrierte Gesundheitsversorgung und -förderung an der UW/H. „Durch das OpenNotes-Projekt hat sich das Verständnis für das Besprochene radikal verbessert. Dadurch, dass die Patienten alles noch einmal nachlesen und auch die Notizen der Ärzte online einsehen können, haben sie die Möglichkeit, sich noch intensiver mit dem Thema zu beschäftigen, etwas noch einmal nachzulesen oder mit Angehörigen und Bekannten darüber zu sprechen.“ Als das Projekt OpenNotes in den USA ins Leben gerufen wurde, seien viele Ärzte skeptisch gewesen. „Wir wollten herausfinden, wie sich die Beziehung zwischen Arzt und Patient verändert, wenn den Patienten volle Transparenz gewährt wird. Das für viele durchaus erstaunliche Ergebnis war, dass sich die Beziehung deutlich verbessert.“ So ist mittlerweile auch die Skepsis der Ärzte gewichen. Prof. Esch: „Am Anfang hatten wir 120.000 Patienten, die sich beteiligt haben. Mittlerweile sind schon rund acht Millionen dabei. In zwei Jahren möchten wir 50 Millionen Leute erreichen.“

Überlegungen, wie Patienten aktiv in ihre Heilung einbezogen werden können, beschäftigen den Forscher schon seit längerer Zeit. „Ich glaube, OpenNotes kann hier eine gute Lösung sein“, so Esch. „In der Zukunft wird es für Ärzte immer wichtiger werden, nicht nur die Krankheit des Patienten zu betrachten, sondern gemeinsam mit dem Patienten an seiner Genesung zu arbeiten. Dazu muss er involviert sein, verstehen, was passiert und sich als aktiven Teil der Behandlung ansehen. Patienten, die sich eingebunden fühlen, erzielen in der Regel auch bessere Therapieerfolge. Dafür brauchen wir eine patientenbasierte und integrative Medizin.“

In der Studie gaben mehr als 77 Prozent der Patienten an, durch OpenNotes mehr Kontrolle über ihre Behandlung zu haben als zuvor. Mehr als 60 Prozent konnten durch das Programm ihre Medikation korrekt oder besser dosieren. Und fast alle Befragten fanden mindestens einmal einen Irrtum oder ein Missverständnis in den Unterlagen, die sie dank der freien Zugänglichkeit schnell korrigieren lassen konnten. Einige Patienten gaben zudem zu, Informationen zum Schutz ihrer Privatsphäre zunächst zurückgehalten zu haben, bis ihnen durch die Einsicht in die Unterlagen klar geworden sei, dass sie zur Behandlung wichtig seien.

„Letztlich ist dieser transparente Ansatz ein Gewinn für beide Seiten”, sagt Prof. Esch. „Die Patienten haben mehr Vertrauen, nehmen ihre Medikamente wie verschrieben, erinnern sich besser an das Besprochene und arbeiten aktiv an ihrer Gesundung mit. Die Ärzte können dadurch ihre Kommunikation verbessern, haben besser informierte und vorbereitete Patienten und auch andere Ärzte und Pflegende können besser über die gewünschte Behandlung unterrichtet werden. Und zu guter Letzt hilft das auch dem Gesundheitssystem. Wenn besser kommuniziert und die Dosierung der Medikamente eingehalten wird, medizinische Fehler vermieden werden und der Arzt seine Zeit effizienter nutzen kann, reduziert das am Ende auch die Kosten der Behandlung.“

Die Studie finden Sie unter: http://bmjopen.bmj.com/content/6/1/e010034.full

Biomarker für Herzschädigung bei Schlaganfallpatienten unzuverlässig

Berlin, 08.04.2016 Eine erhöhte Konzentration des Herzenzyms Troponin im Blut eines Menschen kann auf eine akute Erkrankung der Herzkranzgefäße hinweisen. Troponin wird deshalb zur Diagnose eines Herzinfarktes eingesetzt. Allerdings tritt ein erhöhter Troponinspiegel auch bei vielen Schlaganfallpatienten auf. Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin konnten jetzt nachweisen, dass die höhere Konzentration des Enzyms bei Schlaganfallpatienten in den allermeisten Fällen nicht mit einer akuten Erkrankung der Herzkranzgefäße verbunden ist. Diese Erkenntnis ist entscheidend, da die leitliniengerechte Therapie eines Herzinfarkts eine starke Blutverdünnung beinhaltet, die aber für Patienten mit einem Schlaganfall gefährlich sein kann. Die Ergebnisse der Studie sind jetzt in der Fachzeitschrift Circulation* publiziert.

Schlaganfall ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Jedes Jahr erleiden fast 270.000 Menschen eine solche Durchblutungsstörung des Gehirns. Einige dieser Patienten weisen zudem eine erhöhte Konzentration des Herzenzyms Troponin auf. „Die Entstehungsmechanismen erhöhter Herzenzyme bei Patienten, die sich vordergründig mit Schlaganfallsymptomen in der Notaufnahme vorstellen, sind unklar“, sagt Privatdozent Dr. Christian Nolte, Oberarzt an der Klinik für Neurologie am Campus Benjamin Franklin und Wissenschaftler am Centrum für Schlaganfallforschung Berlin. „Wir wollten daher herausfinden, wie häufig eine koronare Pathologie die Ursache für den erhöhten Enzymspiegel ist“, fügt Dr. Hans-Christian Mochmann, Oberarzt an der Klinik für Kardiologie hinzu.

Mittels Herzkatheter untersuchten die Wissenschaftler aus der Klinik für Kardiologie und Neurologie Schlaganfallpatienten mit erhöhten Enzymwerten sowie Patienten, die sich aufgrund von Brustschmerz in der Notaufnahme vorstellten und deren Blut ebenfalls eine erhöhte Konzentration an Troponin zeigte. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Patienten mit akutem Schlaganfall und einem erhöhten Troponinspiegel deutlich weniger wahrscheinlich eine therapiebedürftige Herzkranzgefäßerkrankung aufweisen als Patienten mit Brustschmerzen. Der Unterschied war mit 24 Prozent gegenüber 79 Prozent hochsignifikant, obwohl beide Patientengruppen ähnlich hohe Ausgangswerte hatten. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse erscheint es nicht gerechtfertigt, bei Patienten mit akutem Schlaganfall und erhöhtem Troponin routinemäßig invasive diagnostische Verfahren wie die Koronarangiographie durchzuführen. „Diese Erkenntnis ist für die Behandlungsrichtlinien entscheidend, die in diesem Punkt bisher vage formuliert sind“, kommentiert Privatdozent Christian Nolte die Ergebnisse der Studie.

*Mochmann HC, Scheitz JF, Petzold GC, Haeusler KG, Audebert HJ, Laufs U, Schneider C, Landmesser U, Werner N, Endres M, Witzenbichler B, Nolte CH; TRELAS Study Group. Coronary Angiographic Findings in Acute Ischemic Stroke Patients With Elevated Cardiac Troponin: The Troponin Elevation in Acute Ischemic Stroke (TRELAS) Study. Circulation. 2016 Mar 1. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.115.018547.

Infoveranstaltung zu diabetes-bedingten Fußschmerzen

Vorträge für Patienten und Fachpublikum im interdisziplinären Schmerzzentrum des Universitätsklinikums Freiburg

Schlecht heilende Wunden, Kribbeln, Taubheit und brennende Schmerzen sind typische Symptome des diabetischen Fußsyndroms, das oft in Kombination mit einer Nervenschädigung auftritt. Jeder vierte Diabetes-Kranke leidet mindestens einmal im Leben an dieser Erkrankung. Im fünften Teil der Veranstaltungsreihe ‚Schmerzbehandlung Hand in Hand‘ informieren Experten des Interdisziplinären Schmerzzentrums am Universitätsklinikum Freiburg Fachpublikum und Patienten über aktuelle Behandlungsverfahren bei chronischen Schmerzerkrankungen. Dabei wird über die Therapie des diabetischen Fußsyndroms und der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie aus internistischer und schmerz-medizinischer Sicht berichtet.
 
Samstag, den 16.04.2016,
9:00 – 12:00 Uhr (Fachpublikum) und
12:30 – 14:00 Uhr (Patientenveranstaltung)
im Konferenzraum 2 im Neurozentrum
Universitätsklinikum Freiburg
Breisacher Str. 64

In der Patientenveranstaltung stellen die Referenten aktuelle Konzepte der Blutzuckereinstellung  vor und informieren die Zuhörer über den Stand der medikamentösen Schmerzbehandlung. In diesem Zusammenhang wird auch eine lokale Therapie mittels eines Pflasters erläutert, die kürzlich für die Schmerzbehandlung bei Diabetes mellitus zugelassen wurde. Außerdem erfahren die Zuhörer Details über Erfolge und Wirkweise der Rückenmarksstimulation bei schweren Schmerzen aufgrund eines diabetischen Fußsyndroms.

In der Veranstaltung für das Fachpublikum spricht Prof. Dr. Jochen Seufert, Leiter der Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie an der Klinik für Innere Medizin II des Universitätsklinikums Freiburg, über Diagnose und Therapie des diabetischen Fußsyndroms. Danach informiert Dr. Peter Behrens, Oberarzt am Interdisziplinären Schmerzzentrum des Universitätsklinikums Freiburg, über die medikamentöse Schmerztherapie der diabetischen Polyneuropathie. Über die Ergebnisse und die Wirkweise der neuromodulativen Schmerztherapie der diabetischen Polyneuropathie berichtet Dr. Kristin Kieselbach, Ärztliche Leiterin des Interdisziplinären Schmerzzentrums des Universitätsklinikums Freiburg.

Der Eintritt ist frei, um telefonische Voranmeldung unter 0761 270-50200 oder -93490 wird gebeten.

Pneumokokken sind die häufigste Ursache für Lungenentzündungen

Pneumokokken-Impfung – Mit Blick auf ältere Patienten wird falscher Impfstoff favorisiert

 

Female doctor preparing syringe for injection

Female doctor preparing syringe for injection

(02.03.2016) Pneumokokken sind die häufigste Ursache für Lungenentzündungen. Menschen über 60 Jahre sind besonders gefährdet: Bei ihnen sind 80 Prozent der Erkrankungen auf die Bakterien zurückzuführen. Seit Jahren wird daher zu einer Impfung geraten. Nun ist jedoch eine Diskussion um das Vakzin entbrannt: In einem Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) widersprechen Experten der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO). Co-Autor Prof. Dr. Hans Jürgen Heppner, Sprecher der AG-Impfen der DGG, Chefarzt der Geriatrischen Klinik und Tagesklinik am Helios Klinikum Schwelm und Inhaber des Lehrstuhls für Geriatrie an der Universität Witten/Herdecke, erläutert die Hintergründe.

Es ist ein Disput, der weitreichende Konsequenzen für die Gesundheit älterer Patienten haben könnte: Wie zum Jahreswechsel aus Kreisen der STIKO verlautete, soll der Konjugatimpfstoff PCV 13 nicht mehr neben der Standardimpfung mit dem Polysaccharidimpfstoff PPSV23 empfohlen werden. Bislang wurde dieser gleichberechtigt neben dem Konjugatimpfstoff PCV13 genannt.

Dies entspricht nicht der aktuellen Datenlage, sind sich Experten der DGG und DGP einig. Gemeinsam haben sie nun ein Positionspapier veröffentlicht, das nicht nur darauf drängt, weiterhin PCV13 für die Impfung von Patienten über 60 Jahren zu empfehlen – sondern ihm sogar möglichst den Vorzug zu geben.

Ältere Patienten bei der Empfehlung nicht wirklich bedacht

Prof._Dr._Hans_Juergen_Heppner_web„Der Konjugatimpfstoff ist wirksamer für ältere Menschen als der Polysaccharidimpfstoff“, sagt Prof. Hans-Jürgen Heppner. Gemeinsam mit Prof. Dr. Santiago Ewig (Herne/Bochum), Prof. Dr. Mathias Pletz (Jena) und Prof. Dr. Tobias Welte (Hannover) ist er überzeugt, das die STIKO zu viel Gewicht auf die Rate der invasiven Infektionen durch Pneumokokken legt. Stattdessen müsste beachtet werden, dass Pneumokokken Auslöser bei 80 Prozent der Lungenentzündungen sind. „Eine Lungenentzündung ist für ältere Menschen eine Katastrophe. Auch wenn diese Patienten erfolgreich behandelt werden, verlieren sie oft an Selbständigkeit und Funktionalität, wodurch die Mortalität auch ein halbes Jahr später noch hoch bleibt.“
Gestützt auf eine breite Datenbasis, kommen die Experten darüber hinaus zu dem Schluss, dass eine Impfung mit PPSV23 eine geringere Wirkung hat – auch was die Dauer des Schutzes angeht. Studien zufolge scheint dieser bereits nach zwei Jahren abzunehmen. Bei PCV13 hält er dagegen sogar nach vier Jahren an.
Starker Impfstoff und schwacher Impfstoff – es wird der falsche favorisiert

Auch der Effekt, wenn die zwei unterschiedlichen Impfstoffe nacheinander gegeben werden, fällt demnach unterschiedlich aus. Wird nach einer PPSV23-Impfung mit dem gleichen Vakzin oder PCV13 „aufgefrischt“, ist die Wirkung schwächer als zuvor. Wird erst PCV13 gegeben und später mit PPSV23 geimpft, ergibt sich den Experten zufolge eine „Booster-Reaktion“.
„Für uns sind das eindeutige Gründe, warum wir PCV13 favorisieren“, sagt Prof. Heppner, der sich auch in der Arbeitsgruppe Impfen der DGG unter der Leitung von Frau Dr. Anja Kwetkat engagiert. Er erhofft sich, dass das Positionspapier ein Signal an andere Geriater ist. „Wir wollen damit die Kollegen wachrütteln: Sie sollen zum einen die Gefahr der Pneumokokken-Pneumonie stärker wahrnehmen. Und zum anderen sollen sie vermehrt das Gespräch mit den Patienten suchen – laut Zahlen von 2010 sind bislang nur 20 Prozent in der Altersgruppe geimpft. Dank des Positionspapiers haben die Kollegen nun die wissenschaftliche Grundlage, warum eine Impfung sinnvoll ist und welcher Impfstoff hierfür optimaler Weise ausgewählt werden sollte.“

„Stellungnahme zur Empfehlung der Pneumokokken-Impfung für Erwachsene
– Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG)“

Sind Digitale Gesundheitsangebote verlässlich?

Studie zeigt: Digitale Gesundheitsangebote nicht verlässlich
DGIM warnt vor ungeprüften Online-Portalen

Wiesbaden – Im Jahr 2014 suchten fast 15 Millionen Menschen in Deutschland im Internet nach Informationen über Krankheiten und Rat für die eigene Gesundheit. Entsprechend wächst die Zahl der Portale und Apps, die Patienten eine Diagnose oder einen Handlungsvorschlag anbieten. Doch eine aktuelle Studie zeigt, dass diese „Tools“ oft ungenau sind. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) warnt deshalb davor, sich allein auf ferndiagnostische Hilfsmittel zu verlassen. Tipps aus dem Netz können den Rat des Arztes nicht ersetzen.

Mobile Dienstleister verheißen Suchenden, Wartezeiten in der Arztpraxis zu umgehen und die Selbständigkeit von Patienten zu fördern: Internetportale oder Apps, die dabei helfen, medizinische Symptome zu deuten, werden immer beliebter. Die App „iTriage“ beispielsweise berät jährlich 50 Millionen Nutzer in Gesundheitsfragen, bei triefender Nase, Rückenschmerz oder anderen Beschwerden. „Telemedizin und andere internetbasierte Techniken haben ein großes Zukunftspotential“, sagt Professor Dr. med Gerd Hasenfuß, Vorsitzender der DGIM. Dennoch seien Gesundheits-Apps und Portale mit Vorsicht zu nutzen, wie eine Studie des British Medical Journals (BMJ) jetzt nahelegt. Demnach sind die Technik und die Berechnung von medizinischen Daten nicht so weit entwickelt, dass Online-Tools eine ärztliche Diagnose ersetzen können. „Elektronische Informationstools sind in der Medizin nicht mehr wegzudenken, auch wir Ärzte nutzen sie ja täglich in der Klinik“, meint der Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Georg-August-Universität Göttingen. „Doch die Anwendungen müssen technisch ausgereift sein, qualitätsgesichert und es muss medizinische Expertise einfließen“, so Professor Hasenfuß.

In der BMJ-Studie untersuchten Forscher 23 internationale Online-Portale auf ihre Tauglichkeit zur Ferndiagnose. Davon gaben acht nach Eingabe der Symptome eine Diagnose an, vier empfahlen entsprechende Handlungsmaßnahmen und elf gaben beides an. Die Ergebnisse waren ernüchternd: In nur etwa einem Drittel aller Fälle nannten die Portale die richtige Diagnose und bei 58 Prozent der Patientenanfragen listeten sie den korrekten Befund unter den Top 20 der genannten Vorschläge. „Das gibt dem Nutzer noch nicht einmal eine Fifty-Fifty-Chance auf eine zuverlässige Deutung seiner Beschwerden“, gibt DGIM-Generalsekretär Professor Dr. med Dr. h.c. Ulrich R. Fölsch aus Kiel zu bedenken.

Etwas bessere Resultate lieferten Programme, die dem Patienten nach Eingabe der Symptome einen Handlungsvorschlag geben: Insgesamt stimmten 57 Prozent der Angaben. Insbesondere bei Symptomen, die einen Notfall suggerierten, gaben diese Tools in 80 Prozent der Fälle die Empfehlung, einen Arzt oder ein Krankenhaus aufzusuchen. Weniger verlässlich waren die Ergebnisse bei Patienten, die ihre Beschwerden ohne medizinische Hilfe in den Griff bekommen können: Lediglich bei einem Drittel lagen die Portale hier richtig. „Mit Blick auf diese Ergebnisse können wir nicht dazu raten, die Entscheidung für oder gegen einen Arztbesuch von einer App abhängig zu machen“, sagt Professor Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe vom Herz- und Diabeteszentrum NRW. Er leitet die DGIM-Kommission Telemedizin, in der Experten der DGIM bereits seit rund zwei Jahren Möglichkeiten und Grenzen digitaler Anwendungen für die Medizin erörtern.

Die Technik habe ein hohes Potential, müsse aber weiterentwickelt werden. „Telemedizinische Anwendungen könnten künftig das Gesundheitssystem nachhaltig entlasten“, so Professor Tschöpe. Denkbar wäre beispielsweise, chronisch Kranken Kontroll-Untersuchungen beim Arzt zu ersparen. Die Ergebnisse dieser Studie nimmt die Fachgesellschaft zum Anlass, auf weiteren Entwicklungsbedarf hinzuweisen – und warnt Patienten davor, sich bei Krankheitssymptomen allein auf Apps und Online-Tools zu verlassen.

Literatur: Hannah L Semigran, Jeffrey A Linder, Courtney Gidengil, Ateev Mehrotra, Evaluation of symptom checkers for self diagnosis and triage: audit study, BMJ 2015; 351:h3480

Nicht alle Patienten profitieren von einer Änderung ihres Lebensstiles

Diabetes Typ 2: Nicht alle Patienten profitieren von Lebensstiländerung

Berlin, Mai 2015 –In Deutschland sind mehr als sechs Millionen Menschen an Diabetes erkrankt, die meisten davon an Diabetes Typ 2. Jedes Jahr kommen etwa 270 000 Neuerkrankungen hinzu. In vielen Fällen helfen Bewegung, Ernährungsumstellung und Gewichtsabnahme, um das Risiko für Diabetes Typ 2 zu senken. Doch neuere Untersuchungen zeigen: Nicht jeder profitiert gleich stark von einer Veränderung des Lebensstils. Das Tübinger-Lebensstil-Interventionsprogramm (TULIP) und die darauf basierende deutschlandweite Prädiabetes-Lebensstil-Interventionsstudie (PLIS) des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) untersuchen, warum manche Menschen zum Beispiel trotz Gewichtsabnahme und sogar bei Normalgewicht an Diabetes Typ 2 erkranken. Genetische Faktoren sowie der Anteil des Bauch- und Leberfetts scheinen hierbei eine besondere Rolle zu spielen.

Diabetes zählt zu den häufigsten chronischen Erkrankungen weltweit. Über 90 Prozent der Betroffenen hat einen Diabetes Typ 2, der durch mangelnde Bewegung und kalorienreiche Ernährung sowie Übergewicht begünstigt wird. Bislang war die moderate Umstellung des Lebensstils zu kalorienärmerer Ernährung, Sport und Gewichtsabnahme die erfolgversprechendste Methode, die Stoffwechsellage zu verbessern und Folgeerkrankungen vorzubeugen. „Doch die Studien zeigen auch, dass diese Methode nicht bei jedem Teilnehmer gleich effektiv ist“, erklärt Professor Dr. med. Norbert Stefan, Kongresspräsident des Diabetes Kongresses 2015. „Untersuchungen zufolge müssen sieben Personen mit einer Vorstufe des Diabetes über einen Behandlungszeitraum von drei Jahren solch eine Lebensstilintervention vornehmen, damit bei einer Person ein Diabetes tatsächlich verhindert werden kann.“

Im Tübinger Lebensstil-Interventions-Programm (TULIP) untersuchen Norbert Stefan und seine Kollegen, warum manche Patienten weniger stark oder auch gar nicht auf die Veränderung der Lebensgewohnheiten ansprechen. „Hierbei stellten wir fest, dass das Diabetesrisiko durch eine Änderung der Lebensgewohnheiten nicht immer sinkt“, führt Stefan, Leiter der Abteilung Klinisch-experimentelle Diabetologie der Medizinischen Klinik IV des Universitätsklinikums Tübingen, aus. Die Experten vermuten, dass genetische Variationen, welche die Insulinwirkung und die Insulinproduktion beeinflussen, der Grund für die unterschiedlichen Erfolge bei den Patienten sind. Beispielsweise steht ein Rezeptor des Fettgewebshormons Adiponektin im Fokus. Das Protein und Hepatokin Fetuin-A, das bei Fettleber vermehrt ausgeschüttet wird, spielt offensichtlich ebenso eine bedeutende Rolle. Denn es senkt die Insulinwirkung in den Körperzellen und steigert die Produktion von Entzündungsstoffen. „Diese sogenannten Biomarker können wir künftig eventuell dafür nutzen, das persönliche Diabetesrisiko besser vorherzusagen und zu ermitteln, welche Patienten von einer Umstellung des Lebensstils tatsächlich profitieren“, prognostiziert Stefan. Mit diesen Erkenntnissen könnte eventuell auch der Zusammenhang zwischen Fettleber, Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauferkrankungen aufgedeckt werden.

Sind Bluttransfusionen gefährlich?

Die ARD zeigte am 24. November 2014 die Reportage „Böses Blut“.

Hier eine Stellungnahme der Uniklinik Freiburg zum Thema. Stellungnahme_BösesBlut, die wir auf Anfrage erhalten haben.

Böses Blut – Kehrtwende in der Intensivmedizin

24.11.2014 | 44:25 Min. | UT | Verfügbar bis 24.11.2015 | Quelle: Das Erste

Bluttransfusionen können Leben retten, keine Frage. Nach Unfällen und großen Operationen gleichen sie bedrohliche Blutverluste aus. Immer mehr Analysen aber bestätigen: Bluttransfusionen können gefährlich sein. Lebensgefährlich. Die Patienten ahnen davon nichts – und weder die Ärzte noch die Betreiber des Blutspende-Systems haben großes Interesse an Aufklärung. Die einen wollen mangels Alternativen nicht unnötig Panik schüren, die anderen sorgen sich um ihr Geschäftsmodell. Blutspenden werden auch in Zukunft für Notfälle gebraucht. Die SWR-Dokumentation von Ulrike Gehring zeigt, dass dennoch ein Umdenken in der Intensivmedizin unausweichlich ist. Sie zeigt bisher unbekannte Risiken von Transfusionen auf und stellt eine Gruppe mutiger Ärzte vor, die gemeinsam an Alternativen arbeiten. Und dabei auf viele Widerstände stoßen.

Öffentliche Veranstaltung – Familiärer Brustkrebs

Familiärer Brustkrebs – Wo stehen wir heute?

Öffentliche Veranstaltung am 3. Dezember für Patienten, Interessierte und
Ärzte

Das Brustzentrum des Universitätsklinikums Freiburg lädt ein zum 4.
Südbadischen Senologie Symposium, das am 3. Dezember 2014 von 17.00 bis
19.30 Uhr im Hörsaal der Klinik für Frauenheilkunde (Eingang Kreißsaal)
stattfindet. Das Symposium richtet sich an Ärztinnen und Ärzte, Patienten
und Interessierte. Die Teilnahme ist kostenlos, ein Voranmeldung nicht
notwendig.

Folgende Experten des Universitätsklinikums Freiburg werden den aktuellen
Stand sowie Neuerungen bei Früherkennung, genetischer Testung oder auch
prophylaktischen Operationen bei familiärer Belastung und familiärem
Brustkrebs besprechen: Prof. Dr. Dr. Judith Fischer, Ärztliche Direktorin
des Instituts für Humangenetik, Prof. Dr. Elmar Stickeler Ärztlicher Leiter
des Brustzentrums, und PD Dr. Vincenzo Penna, Oberarzt in der Klinik für
Plastische und Handchirurgie. Evelyn Heeg, Autorin des Buches „Oben ohne –
Die Entscheidung zu leben“ wird die Konsequenzen, die sich für Betroffene
aus einer präventiven Brustentfernung ergeben, abschließend aus ihrer ganz
persönlichen Sicht vorstellen.

Über 55.000 Frauen erhalten jährlich die Diagnose Brustkrebs. Bei mehr als
5.000 Betroffenen besteht eine familiäre Vorbelastung. Das Thema hat in den
vergangenen Jahren einige Aufmerksamkeit erlangt, nicht zuletzt, weil
betroffene Prominente wie die Schauspielerin Angelina Jolie und die
Sängerin Kylie Minogue mit ihrer Erkrankung an die Öffentlichkeit gegangen
sind.

Hautkrebsmedikament kann Blutkrebs fördern

Freiburger Wissenschaftler publizieren im Journal of Clinical Investigation

Bunt und gefährlich:  Zellen der Chronisch Lymphatischen Leukämie erscheinen unter dem Fluoreszenz-Mikroskop dreifarbig. Rot: Zytoskelett, blau: Zellkern, grün: Zytoplasma.  Foto: © Uniklinikum Freiburg/Niuscha Yaktapour

Bunt und gefährlich:
Zellen der Chronisch Lymphatischen Leukämie erscheinen unter dem Fluoreszenz-Mikroskop dreifarbig. Rot: Zytoskelett, blau: Zellkern, grün: Zytoplasma.
Foto: © Uniklinikum Freiburg/Niuscha Yaktapour

Das Hautkrebsmedikament Vemurafenib kann den Blutkrebs „Chronisch Lymphatische Leukämie“ begünstigen. An Patienten- und Labordaten zeigten dies Wissenschaftler der Klinik für Innere Medizin I und der Klinik für Dermatologie und Venerologie des Universitätsklinikums Freiburg sowie des Instituts für molekulare Medizin und Zellforschung und des Exzellenzcluster BIOSS ‚Centre for Biological Signalling Studies‘ der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Unter Laborbedingungen gelang es den Forschern den Ausbruch der Leukämie mit einem zweiten Medikament zu unterdrücken. Potenziell betroffen sind nach Aussagen der Ärzte alle mit Vemurafenib behandelten Patienten. Die Forscher empfehlen daher eine zukünftig engmaschigere Kontrolle bestimmter Blutwerte bei Vemurafenib-Gabe. Die Studie ist in der renommierten Fachzeitschrift Journal of Clinical Investigation erschienen und wurde in der Fachzeitschrift Cancer Discovery hervorgehoben.

Das Melanom, auch schwarzer Hautkrebs genannt, ist eine der gefährlichsten Krebsarten. Mit zwei seit 2011 zugelassenen Medikamenten (Vemurafenib und Dabrafenib) können knapp die Hälfte der Patienten erfolgreich behandelt werden. Doch nun zeigen Freiburger Wissenschaftler erstmals, dass das Medikament den Ausbruch einer Chronisch Lymphatischen Leukämie begünstigen kann. Dabei kommt es zur übermäßigen Vermehrung weißer Blutkörperchen. Vermutlich war die Leukämie bei dem untersuchten Patienten bereits zuvor latent vorhanden, wurde durch die Behandlung jedoch aktiv. „Die neu entdeckte Nebenwirkung kann potentiell bei jedem Patienten auftreten, der mit einem solchen Medikament behandelt wird“, erklärt Prof. Dr. Robert Zeiser und empfiehlt: „In Zukunft sollte das Blutbild während einer solchen Therapie regelmäßig auf derartige Veränderungen hin untersucht werden.“

Im untersuchten Fall normalisierte sich die Zahl der Blutzellen nach Absetzen des Medikaments wieder. Dies ist nach Aussage der Ärzte aber nicht zwangsläufig. Im Labor konnte die Erst-Autorin der Studie, Niuscha Yaktapour, durch Gabe eines zweiten Wirkstoffs die Leukämie-Zellen hemmen. Dass ein Krebsmedikament die Vermehrung eigentlich gesunder Zellen anregt, wird als ‚paradoxe Aktivierung‘ bezeichnet. Die aktuelle Studie beschreibt erstmals den genauen Mechanismus in den entsprechenden CLL- Zellen und erlaubt damit auch die zielgerichtete Suche nach weiteren Medikamenten.

Möglich geworden war die Identifizierung der neuen Nebenwirkung durch die enge Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachdisziplinen und der klinischen und Grundlagenforschung. „Die Studie ist ein hervorragendes Beispiel für interdisziplinäre Zusammenarbeit“, sagt Dr. Tilman Brummer. „Besonders erfreulich ist, dass wir auf allen Ebenen davon profitieren können: in der Grundlagenforschung, Diagnostik und Therapie.“

Originaltitel der Arbeit: BRAF inhibitor–associated ERK activation drives development of chronic lymphocytic leukemia doi:10.1172/JCI76539

Link zum Online-Artikel: www.jci.org/articles/view/76539  

Gegen die Schmerzen im Kopf

Patienten für Studie zur Migränebewältigung gesucht

Für eine klinische Studie an der Klinik für Psychosomatische Medizin und
Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg, die den Einfluss eines
achtsamkeitsbasierten kognitiven Trainings zur Migränebewältigung
untersucht, werden Probandinnen und Probanden gesucht, die regelmäßig unter
Migränetattacken leiden. Die Probanden erhalten die Möglichkeit zur
Teilnahme an einem über neun Wochen verlaufenden, einmal wöchentlich
stattfindenden Gruppentraining mit etwa zwölf Teilnehmern. Darin wird ein
verbesserter Umgang mit der Erkrankung und den daraus häufig resultierenden
Einschränkungen anvisiert. Es handelt sich nicht um eine
Medikamentenstudie.

Im Gruppentraining wird primär ein achtsamkeitsbasierter Ansatz in
Kombination mit bewährten Techniken aus dem
kognitiv-verhaltenstherapeutischen Bereich angewendet. Bausteine sind unter
anderem geleitete Meditationen, Körperübungen, schulende Einheiten zum
Thema Stress- und Schmerzbewältigung sowie ein hoher Anteil an
Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmern und der Kursleitung. Übungen
für das persönliche Vertiefen zu Hause runden den Ansatz ab. Bei dem
angebotenen Training handelt es sich um ein innovatives
Schmerzbewältigungstraining speziell für Migränepatienten, welches im
deutschen Sprachraum nun erstmals vom Universitätsklinikum Freiburg
bewertet wird.

Der Studienbeginn ist Anfang Januar 2015. Die Teilnehmer werden in zwei
zufällig ausgewählte Gruppen eingeteilt.  Der erste Kurs beginnt Ende
Januar, der zweite Kurs beginnt Ende April / Anfang Mai. Voraussetzungen
zur Studienteilnahme sind neben dem Erfüllen der Einschlusskriterien
(Migräneattacken) die Bereitschaft zur regelmäßigen Kursteilnahme und zum
Absolvieren täglicher Übungseinheiten im Rahmen eines
Hausaufgabenprogramms. Zusätzlich sollte die Bereitschaft zum Ausfüllen
eines Kopfschmerztagebuches vorhanden sein. Das Training wird im Rahmen der
Studienteilnahme kostenlos angeboten, um einen freiwilligen
Selbstkostenanteil von 35 Euro wird gebeten. Interessierte werden nach
einem kurzen Telefonat zu einem Studieneinschlusstermin ins
Universitätsklinikum eingeladen.  Bei dem Termin erfolgen eine kurze
ärztliche Abklärung sowie eine detaillierte Studienaufklärung durch die
Studienleitung.

An der Studienteilnahme Interessierte können bis zum 05. Dezember 2014
entweder per E-Mail an ronja.pohl@uniklinik-freiburg.de oder telefonisch
unter 0761 270-68823 (Dienstag und Donnerstag 10.00 Uhr bis 12.30 Uhr sowie
14.00 Uhr bis 19.00 Uhr) Kontakt aufnehmen. Bei einer Kontaktaufnahme per
E-Mail sollten die Telefonnummer und Kontaktzeiten angegeben werden.