Archiv der Kategorie: Forschung

Gleich klappt’s – gleich klappt’s nicht

Verfahren ermöglicht anhand von Gehirnsignalen eine Prognose, ob Menschen eine Bewegung präzise ausführen werden

Ob eine Türe aufschließen oder nach einem Gegenstand greifen: Selbst einfache, oft ausgeübte Bewegungsaufgaben lösen Menschen nicht immer gleich gut – mal sind sie schneller, mal langsamer, mal genauer, mal weniger präzise. Ein Teil dieser von Forscherinnen und Forschern als Leistungsvariabilität bezeichneten Schwankungen ist auf Unterschiede in der Gehirnaktivität zurückzuführen. Eine fächerübergreifende Nachwuchsforschungsgruppe des Exzellenzclusters BrainLinks-BrainTools der Universität Freiburg um den Informatiker Dr. Michael Tangermann hat einen selbstlernenden Algorithmus entwickelt, der es erlaubt, kurz vor der Ausführung einer motorischen Aufgabe deren Präzision vorherzusagen. Das Verfahren könnte zukünftig eingesetzt werden, um sportwissenschaftliche Trainingsmethoden sowie die Rehabilitation von Patientinnen und Patienten nach einem Schlaganfall zu verbessern. Die Studie ist im Fachjournal „Frontiers in Human Neuroscience“ erschienen.

Mithilfe der Elektroenzephalografie (EEG) wurden im Gehirn bereits vor Jahrzehnten Aktivitätsmuster entdeckt, die einer motorischen Handlung vorausgehen. Die Studie aus Freiburg basiert ebenfalls auf der Auswertung von EEG-Signalen. Die Forschenden untersuchten dazu 20 gesunde Probandinnen und Probanden im Durchschnittsalter von 53 Jahren. Diese versuchten, durch wiederholtes Drücken eines Kraftsensors einem vorgegebenen Pfad auf dem Computerbildschirm zu folgen. Vor und während der Übungen wurde ihre Gehirnaktivität aufgezeichnet. Ein Algorithmus lernte, innerhalb der komplexen Gehirnsignale wichtige Merkmale zu erkennen, mit deren Hilfe vorhersagbar ist, wie gut der Proband die motorische Übung bewältigen wird. Solche Verfahren des maschinellen Lernens werden oft im Zusammenhang mit hochdimensionalen Daten und großen Datenmengen verwendet, etwa zur Verbesserung von Suchmaschinen. Basierend auf vielen Einzelbeispielen lernt der Algorithmus eine Vorschrift, die es ihm erlaubt, auch zukünftige, unbekannte Datensätze zu entschlüsseln.

Im nächsten Schritt wollen die Forscher beleuchten, inwieweit sich derartige Vorhersagemodelle praktisch nutzen lassen. Für die motorische Rehabilitation von Schlaganfallpatienten könnte es etwa hilfreich sein, den Start einer Bewegungsaufgabe kurzzeitig zu verzögern, bis ein geeigneter Hirnzustand vorliegt. Diesen Trainingseffekt will das Team gemeinsam mit Forschern des Universitätsklinikums Freiburg in einer Studie untersuchen.

Originalveröffentlichung:
Meinel, A./Castaño-Candamil, S./Reis, J./Tangermann, M. (2016): Pre-Trial EEG-Based Single-Trial Motor Performance Prediction to Enhance Neuroergonomics for a Hand Force Task. In: Frontiers in Neuroscience.
DOI: 10.3389/fnhum.2016.00170
URL: http://journal.frontiersin.org/article/10.3389/fnhum.2016.00170/full

Freiburger Forscher melden: Neue Zika-Diagnostik zuverlässig

Neue Zika-Diagnostik zuverlässig

Freiburger Forscher weisen hohe Treffsicherheit eines neuen, kommerziellen Zikavirus-Tests nach

Das Zikavirus breitet sich derzeit rasant in Süd- und Mittelamerika aus. Ein wichtiges diagnostisches Kriterium ist der Nachweis von Antikörpern im Blut, die gegen das Zikavirus gerichtet sind. Doch bisher verfügbare Tests reagierten oft auch auf Antikörper gegen verwandte Viren, wie das von Zecken übertragene FSME-Virus oder eine entsprechende Schutzimpfung. Forscher des Universitätsklinikums Freiburg konnten nun nachweisen, dass ein neuer, seit Kurzem kommerziell erhältlicher Antikörper-Test durch solche früher erfolgten Infektionen oder Impfungen nicht gestört wird. Ihre Ergebnisse präsentierten die Wissenschaftler im Fachmagazin Eurosurveillance. Das Universitätsklinikums Freiburg ist eine der ersten Kliniken in Deutschland, die die neue Zikavirus-Diagnostik einsetzt und vorrätig hält.

Infektionen mit dem Zikavirus in der Schwangerschaft können die Gehirn- und Schädelentwicklung des Ungeborenen schwerwiegend stören. Eine solche Mikrozephalie kann zu geistiger Behinderung führen und sogar tödlich sein. Die Sicherheit, die der neue Test bietet, ist darum vor allem für Schwangere relevant. „Im schlimmsten Fall konnte bisher ein falscher Verdacht zu einem unbegründeten Schwangerschaftsabbruch führen“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Marcus Panning, Oberarzt am Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg. „In Zukunft sollte niemand mehr durch ein fälschlicherweise positives Testergebnisse verunsichert werden“, so Prof. Panning weiter, der sich seit über 15 Jahren intensiv mit tropischen Viruserkrankungen beschäftigt. Für ihre Studie untersuchten die Forscher insgesamt 114 Zikavirus-freie Blutproben von Personen mit laborbestätigter FSME-Infektion, FSME-Impfung, Hepatitis C, Dengue-Infektion oder Gelbfieberimpfung, sowie zur Kontrolle elf Proben mit Antikörpern gegen Zikaviren. In allen Fällen lieferte der Test das richtige Ergebnis. Die Blutproben stammten aus der Blutserum-Bank des Instituts für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg. Dort werden Proben mindestens für zehn Jahre anonymisiert und datenschutz-konform aufbewahrt. „Dadurch können wir auf eine sehr große Zahl und Vielfalt von Proben zurückgreifen“, sagt Prof. Panning.

In Deutschland schätzt Prof. Panning die Ansteckungsgefahr mit dem Zikavirus als sehr gering ein: „Bislang ist nicht einmal sicher nachgewiesen, ob die in Süddeutschland sporadisch vorkommende Asiatische Tigermücke das Virus übertragen kann.“

Etwa jeder fünfte Zikavirus-Infizierte entwickelt Symptome wie Fieber, fleckigen Hautausschlag, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Gelenkschmerzen, die alle nach etwa einer Woche abklingen. Eine Behandlung der Infektion ist bislang nicht möglich. Bei Verdacht auf eine Zikavirus-Infektion wird eine labordiagnostische Abklärung empfohlen. Hiermit kann auch eine länger zurückliegende Infektion erkannt werden.

Titel der Originalarbeit: High specificity of a novel Zika virus ELISA in European patients after exposure to different flaviviruses

DOI: 10.2807/1560-7917.ES.2016.21.16.30203

Link zur Publikation: www.eurosurveillance.org/ViewArticle.aspx?ArticleId=21450  

Weitere Informationen:
Institut für Virologie
Forschungsgruppe Prof. Panning (englisch)
Übersichtsseite des Robert-Koch-Instituts zu Zikavirus-Infektionen

Studie könnte zum besseren Verständnis von Hirnerkrankungen beitragen

Neurowissenschaftler entdecken bislang unbekannte Funktion von Cannabinoid-Rezeptor
Studie könnte zum besseren Verständnis von Hirnerkrankungen beitragen

Berlin, 02.05.2016 Im Gehirn herrscht ein sensibles Zusammenspiel von Signalstoffen und zellulärer Aktivität. Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) haben in diesem Orchester einen weiteren Akteur identifiziert: In einer Laborstudie stellten sie fest, dass der sogenannte Cannabinoid-Rezeptor Typ 2 die Informationsverarbeitung innerhalb des Hippocampus beeinflusst. Dieses Hirnareal ist maßgeblich an der Bildung von Langzeit-Erinnerungen beteiligt. Die Erkenntnisse könnten zu einem besseren Verständnis der Krankheitsmechanismen von Schizophrenie und Alzheimer beitragen, sie sind im aktuellen im Fachjournal Neuron* veröffentlicht.

Der Cannabinoid-Rezeptor Typ 2, auch CB2-Rezeptor genannt, ist ein spezielles Membranprotein, über das eine Zelle chemische Signale empfangen kann. Dadurch wird ihre Aktivität gesteuert. „Dieser Rezeptor galt bisher vor allem als Teil des Immunsystems, ohne Funktion in Nervenzellen. Unsere Studie zeigt nun, dass er auch für die Signalverarbeitung des Gehirns eine wichtige Rolle spielt“, erläutert Prof. Dr. Dietmar Schmitz, Direktor des Neurowissenschaftlichen Forschungszentrums an der Charité (NWFZ) und Berliner Standortsprecher des DZNE. Neben Berliner Fachkollegen haben sich an der aktuellen Studie auch Wissenschaftler der Universität Bonn und des US-amerikanischen National Institute on Drug Abuse beteiligt.

Wie die Forscher im Tiermodell nachweisen konnten, hebt der CB2-Rezeptor die Erregungsschwelle von Nervenzellen des Hippocampus. „Die Arbeitsweise des Gehirns beruht darauf, dass Nervenimpulse auf nachgeschaltete Zellen in manchen Situationen erregend, in anderen Fällen unterdrückend wirken“, sagt Dr. Vanessa Stempel, Erstautorin der aktuellen Veröffentlichung. „Der CB2-Rezeptor wirkt wie eine Stellschraube, mit der solche Kommunikationsprozesse justiert werden“, so die Wissenschaftlerin weiter, die inzwischen im britischen Cambridge forscht.

Der CB2-Rezeptor zählt zum endogenen Cannabinoid-Systems (ECS). Diese Familie aus Rezeptoren und Botenstoffen kommt bei vielen Lebewesen vor, so auch beim Menschen. Es handelt sich um ein biochemisches Regelsystem, das an der Steuerung zahlreicher physiologischer Vorgänge beteiligt ist. Sein Name basiert auf der bereits länger bekannten Tatsache, dass Wirkstoffe der Cannabispflanze an Rezeptoren des ECS ankoppeln. Bislang sind zwei Sorten solcher Rezeptoren bekannt. Der CB2-Rezeptor hat keine psychoaktive Wirkung. Die durch Einnahme von Cannabis aufgelösten Rauscheffekte werden daher dem Cannabinoid-Rezeptor Typ 1 zugeschrieben.

Die Ergebnisse der aktuellen Studie könnten zum besseren Verständnis von Krankheitsmechanismen beitragen und einen Ansatzpunkt für neuartige Medikamente aufzeigen. „Bei Schizophrenie, Depression, Alzheimer und anderen neuropsychiatrischen Erkrankungen ist die Hirnaktivität gestört. Pharmaka, die an den CB2-Rezeptor binden, könnten die Aktivität der Hirnzellen möglicherweise beeinflussen und somit Bestandteil einer Therapie sein“, resümiert Prof. Schmitz.

*A. Vanessa Stempel, Alexander Stumpf, Hai-Ying Zhang, Tugba Özdogan, Ulrike Pannasch, Anne-Kathrin Theis, David-Marian Otte, Alexandra Wojtalla, Ildikó Rácz, Alexey Ponomarenko, Zheng-Xiong Xi, Andreas Zimmer, Dietmar Schmitz. Cannabinoid type 2 receptors mediate a cell type-specific plasticity in the hippocampus. April 2016, Neuron. doi: 10.1016/j.neuron.2016.03.034.
http://www.cell.com/neuron/fulltext/S0896-6273(16)30025-3

Biomarker für Herzschädigung bei Schlaganfallpatienten unzuverlässig

Berlin, 08.04.2016 Eine erhöhte Konzentration des Herzenzyms Troponin im Blut eines Menschen kann auf eine akute Erkrankung der Herzkranzgefäße hinweisen. Troponin wird deshalb zur Diagnose eines Herzinfarktes eingesetzt. Allerdings tritt ein erhöhter Troponinspiegel auch bei vielen Schlaganfallpatienten auf. Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin konnten jetzt nachweisen, dass die höhere Konzentration des Enzyms bei Schlaganfallpatienten in den allermeisten Fällen nicht mit einer akuten Erkrankung der Herzkranzgefäße verbunden ist. Diese Erkenntnis ist entscheidend, da die leitliniengerechte Therapie eines Herzinfarkts eine starke Blutverdünnung beinhaltet, die aber für Patienten mit einem Schlaganfall gefährlich sein kann. Die Ergebnisse der Studie sind jetzt in der Fachzeitschrift Circulation* publiziert.

Schlaganfall ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Jedes Jahr erleiden fast 270.000 Menschen eine solche Durchblutungsstörung des Gehirns. Einige dieser Patienten weisen zudem eine erhöhte Konzentration des Herzenzyms Troponin auf. „Die Entstehungsmechanismen erhöhter Herzenzyme bei Patienten, die sich vordergründig mit Schlaganfallsymptomen in der Notaufnahme vorstellen, sind unklar“, sagt Privatdozent Dr. Christian Nolte, Oberarzt an der Klinik für Neurologie am Campus Benjamin Franklin und Wissenschaftler am Centrum für Schlaganfallforschung Berlin. „Wir wollten daher herausfinden, wie häufig eine koronare Pathologie die Ursache für den erhöhten Enzymspiegel ist“, fügt Dr. Hans-Christian Mochmann, Oberarzt an der Klinik für Kardiologie hinzu.

Mittels Herzkatheter untersuchten die Wissenschaftler aus der Klinik für Kardiologie und Neurologie Schlaganfallpatienten mit erhöhten Enzymwerten sowie Patienten, die sich aufgrund von Brustschmerz in der Notaufnahme vorstellten und deren Blut ebenfalls eine erhöhte Konzentration an Troponin zeigte. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Patienten mit akutem Schlaganfall und einem erhöhten Troponinspiegel deutlich weniger wahrscheinlich eine therapiebedürftige Herzkranzgefäßerkrankung aufweisen als Patienten mit Brustschmerzen. Der Unterschied war mit 24 Prozent gegenüber 79 Prozent hochsignifikant, obwohl beide Patientengruppen ähnlich hohe Ausgangswerte hatten. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse erscheint es nicht gerechtfertigt, bei Patienten mit akutem Schlaganfall und erhöhtem Troponin routinemäßig invasive diagnostische Verfahren wie die Koronarangiographie durchzuführen. „Diese Erkenntnis ist für die Behandlungsrichtlinien entscheidend, die in diesem Punkt bisher vage formuliert sind“, kommentiert Privatdozent Christian Nolte die Ergebnisse der Studie.

*Mochmann HC, Scheitz JF, Petzold GC, Haeusler KG, Audebert HJ, Laufs U, Schneider C, Landmesser U, Werner N, Endres M, Witzenbichler B, Nolte CH; TRELAS Study Group. Coronary Angiographic Findings in Acute Ischemic Stroke Patients With Elevated Cardiac Troponin: The Troponin Elevation in Acute Ischemic Stroke (TRELAS) Study. Circulation. 2016 Mar 1. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.115.018547.

Teilnehmerinnen für Studie „Magersucht“ gesucht

Neurobiologische Grundlagen der Magersucht verstehen

Teilnehmerinnen für Studie zu Angsterleben und Bindungsängsten bei bestehender oder überwundener Anorexie gesucht

Obwohl sie meist stark untergewichtig sind, haben Magersüchtige große Angst zuzunehmen. Außerdem geht eine Magersucht, auch Anorexia nervosa genannt, oft mit Ängsten vor nahen Beziehungen und Intimität einher. Ob sich gesteigertes Angsterleben und veränderte Beziehungswahrnehmung in der Gehirnaktivität nachweisen lassen, untersuchen derzeit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Freiburg. „Wir möchten die Grundlagen der Erkrankung besser verstehen und dadurch langfristig zur Weiterentwicklung von Therapiekonzepten beitragen“, sagt Studienleiter PD Dr. Andreas Joos, Oberarzt an der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg. Für die Studie werden Probandinnen gesucht, die entweder derzeit unter Magersucht leiden oder die Erkrankung erfolgreich überwunden haben.

Die Untersuchung besteht aus zwei Terminen: Zunächst wird in einem Gespräch die konkrete Erkrankungssituation erfasst. Beim zweiten Termin wird die Hirnaktivität mittels funktioneller Magnetresonanztomografie aufgezeichnet, während die Teilnehmerinnen verschiedene Aufgaben zu den Themenbereichen Angst und Bindung durchführen. Zudem nehmen die Ärzte Blutproben, in der das Stress-Hormon Kortison und das für Bindungsverhalten wichtige Hormon Oxytocin bestimmt werden. Neben akut erkrankten Frauen werden auch solche untersucht, die die Erkrankung überwunden haben. „Durch den Vergleich möchten wir verstehen, inwieweit sich mögliche Veränderungen wieder zurückbilden können“, sagt Dr. Joos.

Die Studie wird in Zusammenarbeit mit der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg durchgeführt und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Teilnehmen können Frauen über 18 Jahre mit bestehender oder überwundener Anorexia nervosa, die aktuell keine Psychopharmaka einnehmen. Die Aufwandsentschädigung beträgt 50 Euro. Anfallende Fahrtkosten werden zusätzlich erstattet.

Interessenten an einer Studienteilnahme können sich an PD Dr. Andreas Joos (andreas.joos@uniklinik-freiburg.de, Telefon: 0761 270-68710) wenden.

Mikrosensoren für die personalisierte Krebstherapie

Forscher der Universität und des Universitätsklinikums Freiburg entwickeln Alternativen zu Tierversuchen

Zellkulturgefäß mit integrierten Mikrosensoren. Foto: Dr. Andreas Weltin

Zellkulturgefäß mit integrierten Mikrosensoren. Foto: Dr. Andreas Weltin

Das Land Baden-Württemberg fördert im Programm „Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch“ ein gemeinsames Projekt der Arbeitsgruppe Sensoren von Prof. Dr. Gerald Urban, Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK) der Albert-Ludwigs-Universität, und der Arbeitsgruppe Molekulare Onkologie von Dr. Jochen Maurer vom Universitätsklinikum Freiburg/Deutschen Krebsforschungszentrum für zwei Jahre mit 160.000 Euro. Ziel des Projekts ist die Etablierung einer Methode für die personalisierte Medizin, basierend auf dreidimensionalen (3D) Zellkulturen, die mittels Mikrosensortechnologie überwacht werden.

Für das Forschungsprojekt werden 3D-Zellkulturen von Triple negativem Brustkrebs verwendet, einer häufigen, extrem aggressiven Form von Mammakarzinomen, die besonders stark zur Metastasierung neigt. Im Kulturgefäß eingebaute, miniaturisierte Bio- und Chemo-Sensoren, ähnlich groß wie die Zellen selbst, erfassen den Stoffwechsel der Tumorzellen und zeigen die patientenspezifische Reaktion auf zugegebene Therapeutika nahezu in Echtzeit an. Die in der Arbeitsgruppe Sensoren für diesen Einsatz entwickelte Technologie erlaubt es, den zellulären Stoffwechsel, anhand des Sauerstoff- und Glucoseverbrauchs in der unmittelbaren Umgebung der Zellen gemessen, kontinuierlich und präzise zu überwachen.

Die Verknüpfung von Mikrosystemtechnik mit 3D-Zellkulturen anstatt eines Tiermodells ist der Kernaspekt einer Perspektive, die weit über die geplante Anwendung hinaus Tierversuche in der klinischen Routine vermeiden sowie neue, schnellere und schonende Therapien für Patientinnen und Patienten mit verschiedenen Krankheiten ermöglichen soll. „In diesem Projekt profitieren wir von der Zusammenarbeit zweier hochspezialisierter Gruppen in der Onkologie und in der Mikrosystemtechnik. Wir hoffen damit sowohl zur personalisierten Krebstherapie als auch zum Tierschutz wichtige Beiträge zu leisten“, fasst Dr. Jochen Kieninger, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter am IMTEK, die Bedeutung der Arbeiten zusammen.

Epilepsie: Neue Forschungsergebnisse

Ausgefeilte Datenanalyse ersetzt riskante Hirn-Stimulation

Messmethode könnte in Anfallsprävention und Therapiekontrolle helfen

Epilepsieforschung

Ziel der Epilepsieforschung: Sensoren auf der Oberfläche des Gehirns messen dessen Aktivität. Pathologische Veränderungen führen direkt zu einer Stimulation des Gehirns durch eine implantierte Elektrode, so dass es zur Normalisierung der Hirnaktivität kommt. Derartige Systeme werden von Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Freiburg und der Universität Freiburg im Exzellenzcluster BrainLinks-BrainTools entwickelt.
Bildquelle: BrainLinks-BrainTools / Universität Freiburg

Als eine der Hauptursachen von Epilepsie gilt eine übermäßig starke Grunderregung des Gehirns. Diese konnten Ärzte bislang nur messen, indem sie das Gehirn des Patienten elektrisch oder magnetisch stimulierten, was jedoch aufwändig ist und einen epileptischen Anfall auslösen kann. Nun präsentiert ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Universitätsklinikums Freiburg in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Proceedings of the National Society (PNAS) eine mathematische Analyse-Methode, um den Erregungszustand des Gehirns ohne äußeren Einfluss zu bestimmen. Das Verfahren macht die Messung sicherer, ermöglicht Langzeit-Untersuchungen und stellt eine objektive Therapiekontrolle in Aussicht. Außerdem zeigen die Forscher, dass die Erregbarkeit des Gehirns stark vom Schlaf-Wach-Rhythmus abhängt.

Rund 600.000 Menschen in Deutschland leiden an Epilepsie, der häufigsten neurologischen Erkrankung. Insbesondere für Patienten mit starker Epilepsie stellen die Krampfanfälle eine starke Einschränkung und Gefährdung im Alltag dar. Eine zuverlässige Vorhersagetechnik konnte bislang nicht entwickelt werden.

Ausgefeilte Mathematik macht riskante Hirn-Stimulation überflüssig

Als Maß für die Grunderregung untersuchten die Forscher, wie stark verschiedene Bereiche des Gehirns im Gleichtakt arbeiten. Diese synchrone Aktivität ist bekanntermaßen bei Epilepsie erhöht. Bisher wurde dafür mit Hilfe der Elektroenzephalografie (EEG) gemessen, wie sich die Hirnströme nach einer direkten Stimulation des Gehirns verändern. Nun gelang es den Forschern diese Grunderregung in den EEG-Daten auch ohne Stimulation zu zeigen. Im direkten Vergleich mit der bisherigen Methode wiesen sie nach, dass die neue Methode bereits sehr zuverlässig funktioniert.

„Es ist uns erstmals gelungen, die Erregbarkeit des Gehirns ohne vorherige Stimulation zu messen“, sagt der Ko-Autor der Studie Prof. Dr. Andreas Schulze-Bonhage, Leiter des Epilepsiezentrums an der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Freiburg und Mitglied des Exzellenzclusters BrainLinks-BrainTools der Universität Freiburg. „Damit ist eine wichtige Grundlage geschaffen, um auch längerfristige Messungen, etwa zur Sicherung einer guten Anfallskontrolle, zu ermöglichen“, so Prof. Schulze-Bonhage.

Bedeutung für Therapiekontrolle und Anfallsprävention

Die Forscher zeigten außerdem, dass die Erregbarkeit des Gehirns unter anti-epileptischen Medikamenten zurückging. In Zukunft ließe sich damit der Erfolg von Therapien in Echtzeit kontrollieren. Auch für die Anfallsvorhersage könnte die Methode von Bedeutung werden. „Wir haben die Hoffnung, anhand des Erregungsmusters Phasen besonders hoher Anfallswahrscheinlichkeit identifizieren zu können“, sagt Prof. Schulze-Bonhage. Die Patienten könnten sich in diesen Phasen besonders vorsichtig verhalten und etwa Autofahrten unterlassen. Zudem würde dies zeitlich gezielte Behandlungen ermöglichen.

Ohne Schlaf wird das Gehirn besonders leicht erregbar

Auch der Schlaf-Wach-Rhythmus hat nach Erkenntnissen der Forscher Einfluss auf den Erregungszustand des Gehirns. Die Messungen zeigten starke Schwankungen im Tagesverlauf. Zudem wurde bei acht gesunden Probanden während eines 40-stündigen Schlafentzugs die Erregbarkeit gemessen. Je länger die Probanden wach waren, desto höher war auch der gemessene Erregungszustand des Gehirns. „Das passt zu der Beobachtung, dass epileptische Anfälle gehäuft bei Schlafmangel auftreten“, sagt Prof. Schulze-Bonhage. „Außerdem gibt es einen wichtigen Hinweis auf eine ganz grundlegende Funktion des Schlafes: nämlich eine Normalisierung der Hirnerregbarkeit.“

Messung der Hirnaktivität

Für seine Studie wertete das Wissenschaftler-Konsortium aus Deutschland, USA und Australien Daten von zwölf Epilepsie-Patienten aus. Alle Patienten waren medikamentös nur mangelhaft behandelbar. In Vorbereitung auf eine deshalb notwendige operative Epilepsie-Therapie wurde die Hirnaktivität mit EEG-Elektroden gemessen. Die Elektroden wurden dafür neurochirurgisch auf oder in die Gehirnoberfläche implantiert. Bei den gesunden Probanden wurden die EEG-Elektroden auf der Kopfhaut platziert.

Weitere Untersuchungen müssen nun prüfen, ob unterschiedliche Formen der Epilepsie im Erregungsmuster voneinander abweichen und wie gut die Vorhersagekraft bei einzelnen Patienten ist. Diese Informationen sind eine Grundvoraussetzung für mögliche Verfahren zur Anfallsvorhersage.

Original-Titel der Arbeit: Intrinsic excitability measures track antiepileptic drug action and uncover increasing/decreasing excitability over the wake/sleep cycle.

DOI: 10.1073/pnas.1513716112

Omega 3 Nahrungsergänzungsmittel und Depression

Leider fehlt uns die Zeit, um alle wichtigen Informationen zu übersetzen, deshalb veröffentlichen wir hier ab und zu auch die englischen Orignaltexte.

Insufficient evidence for the use of Omega 3 supplements in treating depression

New research out today concludes that there is insufficient evidence for the use of taking an Omega 3 fatty acid supplement in treating major depressive disorder.

Omega 3 fatty acids are widely thought to be essential for good health and are naturally found in fatty fish, such as tuna, seafood and some nuts and seeds.

Omega 3 fatty acids have been widely promoted globally and are readily available, over-the-counter supplement. These supplements have hugely increased in popularity over the last decade together with a range of other supplements including ginseng, garlic, green tea, as well as vitamins, minerals and herbal products.

More recently there have been various studies that have suggested a role for Omega 3 fatty acid supplementation in treating major depressive disorder. Adults with major depressive disorders are characterized by depressed mood or a lack of pleasure in previously enjoyed activities for at least two weeks, in the absence of any physical cause, that impact on everyday life.

Figures published by the World Health Organization in 2011 estimated major depressive disorders to account for 3% of global ill health and projections for 2030 suggest an increase to 6% or 7%.

A new Cochrane review, published today in the Cochrane Library, gathered together data from 26 randomized trials involving a total of 1,458 participants. The trials investigated the impact of giving an Omega 3 fatty acid supplement in a capsule form and compared it to a dummy pill. In one study, involving 40 participants, they also investigated the impact of the same supplementation compared to an anti-depressant treatment.

The Cochrane authors found that whilst people who were given Omega 3 fatty acids reported lower symptom scores than people with the dummy pill, the effect was small and there were important limitations that undermined their confidence in the results. Their analyses showed that although similar numbers of people experienced side effects, more data would be required to understand the risks of taking Omega 3 fatty acids.

Lead author, Katherine Appleton from Bournemouth University said, “We found a small-to-modest positive effect of Omega 3 fatty acids compared to placebo, but the size of this effect is unlikely to be meaningful to people with depression, and we considered the evidence to be of low or very low quality. All studies contributing to our analyses were of direct relevance to our research question, but most of these studies are small and of low quality.”

She added, “At present, we just don’t have enough high quality evidence to determine the effects of Omega 3 fatty acids as a treatment for major depressive disorder. It’s important that people who suffer from depression are aware of this, so that they can make more informed choices about treatment.”

Alzheimer: entscheidender Durchbruch fehlt noch

Die Müllabfuhr im Gehirn ankurbeln
Können körpereigene Abwehrzellen für den Kampf gegen Alzheimer mobilisiert werden?

Berlin, Oktober .2015 Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben untersucht, inwieweit spezielle Zellen des Immunsystems, sogenannte Makrophagen oder Fresszellen, für die Entsorgung der alzheimertypischen Eiweißablagerungen im Gehirn genutzt werden können. Die Ergebnisse der Studie sind in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals The Journal of Experimental Medicine* veröffentlicht.

Mehr als 20 Prozent der über 85-jährigen Menschen weltweit leiden an einer Alzheimer-Demenz. Wichtiger Ansatzpunkt für die Erforschung der Krankheit sind die Beta-Amyloid-Plaques (Aβ-Plaques). Diese Eiweißfragmente lagern sich im Gehirn von Alzheimer-Patienten ab und stehen im Zentrum der Krankheitsentstehung. Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Frank Heppner, Direktor des Instituts für Neuropathologie an der Charité, konnte bereits in früheren Arbeiten zeigen, dass die Immunzellen des Gehirns, die Mikroglia, bei Alzheimer-Patienten nicht mehr richtig funktionieren und sozusagen erlahmen. Sie kommen ihrer Aufgabe des Abräumens fremder Substanzen, wie dem krankhaften Aβ-Eiweiß, nicht mehr nach.

In ihrer aktuellen Studie haben die Forscher nun untersucht, ob möglicherweise die „Schwesternzellen“ der Mikroglia, die Makrophagen, das sind Immunzellen des Blutes und innerer Organe, ins Gehirn geschleust werden könnten, damit sie dort die Aufgabe der funktionsuntüchtigen Mikroglia übernehmen. Dazu entwickelten die Forscher zunächst ein Mausmodell, in dem die Mikrogliazellen der an Alzheimer erkrankten Mäuse ausgeschaltet waren. Angesichts dieser Notsituation setzte das Gehirn eine Art Zuwanderungsprogramm in Kraft: Innerhalb kurzer Zeit wurde es von aus der Peripherie stammenden Makrophagen bevölkert, die aus dem Blutstrom eingewandert sind. Anschließend entwickelten sie sich zu Mikroglia-ähnlichen Zellen, die die Pathologie der Krankheit jedoch nicht veränderten; sie ignorierten die krankhaften Aβ-Eiweiße und lagerten sich nicht einmal an diese an. Zu einem identischen Ergebnis kommt auch die Studie einer Arbeitsgruppe der Universität Tübingen, die ebenfalls in der aktuellen Ausgabe des Journal of Experimental Medicine veröffentlicht ist.

„Um die neuen, aus der Peripherie stammenden Makrophagen für das Aβ-Eiweiß zu interessieren, haben wir den Alzheimer-Mäusen, deren Mikrogliazellen durch periphere Fresszellen ausgetauscht waren, eine Aβ-Impfung verabreicht“, erläutert Prof. Heppner. „Ein Verfahren, das derzeit auch in diversen klinischen Studien untersucht wird und Gegenstand intensiver Diskussionen ist“, fügt er hinzu. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Makrophagen auch unter dieser zusätzlichen Stimulation nicht effizienter als die hirneigenen Mikrogliazellen sind. „Offensichtlich bedarf es eines anderen oder weiteren Stimulus, damit residente Mikroglia oder deren aus der Peripherie stammende Schwesternzellen ihr eigentlich vorhandenes Potenzial abrufen können“, so Prof. Heppner. „Unsere Daten sind jedoch insofern relevant, da viele aktuelle Studien unabhängig voneinander zeigen, dass insbesondere der Mikroglia eine große Bedeutung bei der Entstehung und dem Fortschreiten der Alzheimer-Erkrankung zukommt. Deshalb ist, nicht zuletzt für die Entwicklung neuer Therapieansätze, eine detaillierte Aufklärung von Rolle und Funktion der Mikrogliazellen und Makrophagen bei der Alzheimer Erkrankung fundamental.“

In Folgestudien wollen die Wissenschaftler nun versuchen, diesen fehlenden Stimulus zu identifizieren, damit die Fresszellen ihrer eigentlichen Funktion wieder nachkommen können.

*Impact of peripheral myeloid cells on amyloid-ß pathology in Alzheimer’s disease–like mice. Stefan Prokop, Kelly R. Miller, Natalia Drost, Susann Handrick, Vidhu Mathur, Jian Luo, Anja Wegner, Tony Wyss-Coray and Frank L. Heppner. J. Exp. Med. 12. Oktober 2015. DOI: 10.1084/jem.20150479.

Neue Studie zu Knie- und Hüftprothesen-OP

Möglicherweise erhöhtes Herzinfarktrisiko unmittelbar nach der Endoprothetik-OP

Im Gegensatz zu jüngsten Berichten fanden in Boston ansässige Forscher heraus, dass Arthrose-Patienten, die einen Knie- oder Hüftegelenkersatz erhalten hatten, ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt in der frühen postoperativen Phase aufwiesen.

Eine Veröffentlichung in der Zeitschrift Arthritis & Rheumatology des American College of Rheumatology (ACR) zeigt, dass ein langfristiges Risiko von Herzinfarkten nicht nachweisbar ist. Es besteht jedoch ein langfristiges Risiko für venöse Thromboembolien – Blutgerinnsel in Venen und Lunge. Arthrose ist die häufigste Form von Arthritis. Betroffen sind rd. 27 Millionen Amerikaner im Alter von 25, so die ACR.Da sich Gelenkknorpel und Knochen im Laufe der Jahre verschlechtern, kann eine Knie- oder Hüftoperation die einzige Möglichkeit sein, um Schmerzen und Steifheit zu lindern, und eine Wiederherstellung der Mobilität zu erreichen.

Frühere Studien schätzen, dass 1,8 Millionen Endoprothetik Verfahren jedes Jahr weltweit durchgeführt werden. Dies ist vor allem der alternden Bevölkerung geschuldet.

Die vorliegende Kohortenstudie schließt 13.849 Patienten ein, die sich einer Kniegelenksersatz-Operation unterzogen und 13.849 Kontrollpersonen, die nicht operiert wurden. Die Patienten waren 50 Jahre oder älter und hatten eine diagnostizierte Knie- oder Hüftarthrose. Der Untersuchungszeitraum lag zwischen 2000 und 2012. Die Ergebnisse zeigten, dass 306 Patienten in der Endoprothetik-Gruppe und 286 in der Nicht-OP-Gruppe einen Herzinfarkt während der postoperativen Phase erlitten hatten.

Unsere Ergebnisse liefern den ersten bevölkerungsbezogenen Hinweise, dass Patienten mit einer Arthrose und einer Knie-oder Hüft-OP langfristig eher mit einer Lungenembolie rechnen müssen, als mit einem Herzinfarkt, bestätigt Dr. Yuging Zhang, D.Sc. Professor of Medicine and Epidemology in Boston